Tagesordnungspunkt

TOP Ö 6: Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 27.10.2001 zum Thema Ganztagsschulen

BezeichnungInhalt
Sitzung:28.03.2002   SZ-04FDN3O 
Beschluss:noch nicht festgelegt
Abstimmung:JA-Stimmen:0 NEIN-Stimmen:0 Enthaltungen:0
DokumenttypBezeichnungAktionen

 

Reg.Rätin Huber wies darauf hin, daß die Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN mit Schreiben vom 27.10.2001 Antrag auf folgenden Kreistagsbeschluß gestellt habe: “Der Kreistag des Landkreises Miltenberg legt Wert darauf, daß in seinem Landkreis die Option besteht, Ganztagsschulen einzurichten. Er behält sich die Entscheidung darüber, ob dies eine Schule in seiner Trägerschaft (eines seiner Gymnasien, eine seiner Realschulen) oder in Zusammenarbeit mit den Bürgermeistern eine Grund- bzw. Hauptschule ist, offen. Der Landrat wird gebeten, die Bayer. Staatsregierung über diesen Beschluß zu informieren.

 

Als Begründung führe die Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN an, die Bayer. Staatsregierung plane die Errichtung einiger weniger Ganztagsschulen. In der momentanen Diskussion werde deutlich, daß diese Ganztagsschulen nicht in ländlichen Gebieten errichtet werden sollten. Neben einer verbesserten Vereinbarkeit von Beruf und Familie biete die Ganztagsschule eine große pädagogische Chance, da sie u.a. einen anderen Lernrhythmus und aufwendigere Lernmethoden ermögliche. Diese pädagogische Chance sollten alle Kinder haben, unabhängig davon, welche Schulart sie besuchen, ob sie in der Stadt oder auf dem Land leben. Die Entscheidung der Bayer. Staatsregierung habe unmittelbare Auswirkungen auf die Schullandschaft im Kreisgebiet. Deshalb sei es wichtig, daß der Kreistag Miltenberg seine Meinung dazu äußere und der Bayer. Staatsregierung zur Kenntnis gebe.

 

Dazu seien folgende Hinweise veranlaßt: Mit dem Begriff “Ganztagsschule” seien nach dem Konzept des Bayer. Kultusministeriums zwei Modelle gemeint:

 

1.  Tagesangebote für Schülerinnen und Schüler bis 16 Jahre (Schulen mit Ganztagsangeboten). Die Tagesangebote dienen der Förderung und Betreuung der Schülerinnen und Schüler, der sozial präventiven Hilfestellung für gefährdete Kinder und Jugendliche und der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Sie liegen in kommunaler oder freier Trägerschaft in enger Kooperation mit der Schule. Das Betreuungsangebot könne Mittagsverpflegung, Hausaufgabenbetreuung, sportliche, musische und gestalterische Aktivitäten, interkulturelle Fördermaßnahmen, Unterstützung bei schulischen Problemen etc. umfassen. Der Besuch der Tagesangebote sei freiwillig. Die Eltern entscheiden, ob sie die Angebote nutzen wollen oder nicht.

 

2.  Rhythmisierte Tagesschule (Ganztagschule im engeren Sinne). Die Rhythmisierte Tagesschule soll erhebliche Bildungs- und Erziehungsdefizite beseitigen helfen und Bildungsangebote an Schulen in einem besonders schwierigen sozialen Umfeld unterbreiten. Als präventive bildungspolitische Maßnahmen fallen sie in den Aufgabenbereich des Staates. Im Unterrichtsgeschehen soll hier mehr Zeit für die Fächer Deutsch und Mathematik, interkulturelles Lernen und muttersprachlichen Ergänzungsunterricht, aber auch die Förderung von besonders begabten Schülerinnen und Schülern vorgesehen werden.

 

Die Bayer. Staatsregierung plane keine flächendeckende Errichtung von Rhythmisierten Tagesschulen. Vielmehr sollen diese nur an besonders sozialen Brennpunkten entstehen. Der Schwerpunkt liege hier auf einer schulischen Ausgestaltung mit sozialpädagogischer Begleitung. Diese Angebote seien nicht nur für das achtklassige Gymnasium, sondern auch für Hauptschulen, Realschulen und Wirtschaftsschulen vorgesehen (jeweils nicht flächendeckend, sondern an sozialen Brennpunkten). Die Entscheidung über die Einrichtung einer Rhythmisierten Tagesschule komme der Bayer. Staatsregierung zu.

 

Anregungen zu Standorten von Rhythmisierten Tagesschulen könne der Landkreis Miltenberg nur für solche Schulen treffen, die in seiner Trägerschaft stehen (Gymnasien in Miltenberg, Elsenfeld und Erlenbach a.Main; Realschulen in Miltenberg, Elsenfeld und  Obernburg a.Main; Janusz-Korzcak-Schule Elsenfeld und Heinrich-Ernst-Stötzner-Schule Miltenberg). Aussagen über Schulen in der Trägerschaft der Kommunen stehen ihm nicht zu.

 

Ob an den Schulen des Landkreises Miltenberg Bedarf für die Einrichtung einer Ganztagsschule (Rhythmisierte Tagesschule) bestehe, sei bislang ungeklärt. Anregungen zur Errichtung von Rhythmisierten Tagesschulen seien nur sinnvoll, wenn auch Bedarf seitens der Eltern bzw. Schüler bestehe.

 

Wie in der Kreistagssitzung am 11.10.2001 berichtet, engagiere sich der Landkreis Miltenberg im Bereich Tagesangebote bereits in großem Maße. Er leiste insofern bereits zum jetzigen Zeitpunkt einen Beitrag zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Auch hier sei bislang ungeklärt, ob ein über die bisherigen Angebote hinausgehender Bedarf bestehe.

 

Landrat Schwing bemerkte, daß die Antragsteller wollen, daß der Landkreis Miltenberg die Einrichtung einer Ganztagsschule beantrage. Dies sei zum jetzigen Zeitpunkt jedoch nicht möglich, weil zunächst der Bedarf ermittelt und entschieden werden müsse, an welcher Schule eine solche Einrichtung geschaffen werde. Im Volksschulbereich sei der Landkreis Miltenberg nicht zuständig. Anläßlich der letzten Bürgermeister-Dienstbesprechung seien die Herren Bürgermeister gebeten worden, für diesen Bereich Bedarfsermittlungen durchzuführen.

 

Wenn es jetzt nur darum gehe, möglichst schnell den Freistaat Bayern aufzufordern, im Landkreis Miltenberg eine Ganztagsschule einzurichten, müsse der vorliegende Antrag abgelehnt werden. Wenn es darum gehe, die Mittagsbetreuung weiter auszubauen, schlage er (Landrat Schwing) vor, das Thema heute nicht weiter zu vertiefen, sondern die Bedarfsermittlungen abzuwarten.

 

Kreisrat Klüpfel wies darauf hin, daß im Antrag nichts davon stehe, daß sofort eine Ganztagsschule eingerichtet werden soll, sondern daß sich der Landkreis Miltenberg die Option dafür offenhalten soll. Es sei richtig, daß vor einer Entscheidung  der Bedarf ermittelt werden müsse. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen wolle nur, daß nichts verpaßt werde. Weiter werde zu bedenken gegeben, daß unsere Region vergleichbar sei mit sozialen Brennpunkten, wie z.B. München. Es sei festzustellen, daß viele Jugendliche, besonders ausländische, aus dem bestehenden System herausfallen. Es gehe daher darum, Verbesserungen in die Wege zu leiten.

 

Landrat Schwing bemerkte zur Äußerung von Kreisrat Klüpfel bezüglich des sozialen Brennpunktes, problematisch sei, daß der Landkreis Miltenberg ein Flächenlandkreis sei. Wenn an einer Schule eine Ganztagsschule eingerichtet werde, müssen alle Schüler aus dem gesamten Landkreis dorthin gebracht werden. In Städten gebe es dieses Problem nicht.

 

Kreisrat Andre sagte, der vorliegende Antrag sei allgemein gefaßt. Der Landkreis Miltenberg habe drei Gymnasien, drei Staatl. Realschulen und zwei Sondervolksschulen. Ob dafür Bedarf für eine Ganztagsschule bestehe, könne heute noch nicht gesagt werden. Aus diesem Grund sollten die Bedarfsergebnisse abgewartet werden. Ob im Volksschulbereich Bedarf für eine Ganztagsschule bestehe, wage er zu bezweifeln. Nachdem wegen der Mittagsbetreuung vom Bayer. Kultusministerium eine Initiative gestartet worden sei, werde das Johannes-Butzbach-Gymnasium Miltenberg zur Bedarfsfeststellung die Eltern anschreiben.

 

Kreisrat Dr. Linduschka sprach sich ebenfalls dafür aus, die Entscheidung bezüglich einer Ganztagsschule dem Kreistag der nächsten Wahlperiode zu überlassen. Dazu müßten Vorberatungen im Jugendhilfe- und Kreisausschuß erfolgen. Er sei sicher, daß sich die Rahmenbedingungen in Bayern bald ändern werden, nachdem Nachholbedarf bestehe. In Baden-Württemberg und Hessen gebe es bereits flächendeckend Ganztagsschulen.

 

Kreisrat Dr. Fahn bestätigte die Aussage von Kreisrat Dr. Linduschka. Ihm sei wichtig, daß mit dem Konzept das Finanzierungskonzept erstellt werde.

 

Landrat Schwing sagte, wenn sich Bedarf für eine Ganztagsschule abzeichne, müsse gemeinsam ein Konzept entwickelt werden. Die Finanzierung sei klar: Die Ganztagsschule sei Pflichtaufgabe und daher vom Freistaat Bayern zu finanzieren. Wegen der räumlichen Voraussetzungen müsse bei Generalsanierung von Schulen an die Ganztagsschule gedacht werden.

 

Kreisrat Klüpfel erklärte, die Diskussion habe ihn überzeugt, daß das Problem nicht vergessen sei. Er könne sich daher mit dem Vorschlag von Landrat Schwing einverstanden erklären.

 

Landrat Schwing sicherte abschließend zu, daß die Verwaltung das Thema Ganztagsschule nach Vorliegen der Bedarfsergebnisse unaufgefordert dem Kreistag zur Entscheidung unterbreiten werde.

 

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