Tagesordnungspunkt
TOP Ö 9: Eilantrag der CSU-Fraktion: Gutachten zur Restverfüllung der Klärschlammdeponie Schippach
Bezeichnung | Inhalt |
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Sitzung: | 19.10.2000 SZ-03OOZSN |
Beschluss: | mehrheitlich beschlossen |
Abstimmung: | JA-Stimmen:0 NEIN-Stimmen:0 Enthaltungen:0 |
Dokumenttyp | Bezeichnung | Aktionen |
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Kreisrat Rüth brachte vor, daß in einem heute
in der Presse erschienenen Leserbrief geschrieben werde, daß zum Thema “Schippach
2000” das Gutachen des Öko-Institutes Darmstadt nicht mit dem Gutachten eines
freien Mitarbeiters verwechselt werden solle. Von diesem Leserbrief sei die
CSU-Fraktion überrascht gewesen. Die daraufhin angestellten Recherchen hätten
ergeben, daß möglicherweise überhaupt kein Gutachten des Öko-Institutes zur
Deponie Schippach vorliege. In der CSU-Fraktionssitzung habe man auf eine
entsprechende Frage erfahren, daß das Gutachten vom Mai 2000 weder namens noch
im Auftrag des Öko-Institutes Darmstadt erstellt worden sei. Schleierhaft sei
auch die Frage, wie das zweite Deckblatt auf das Gutachten gekommen sei. Auf
einem Deckblatt stehe lediglich der Name des Verfassers, auf dem anderen
Deckblatt stehe der Hinweis auf das Öko-Institut. Sollte hier etwas nicht in
Ordnung sein, könne das nicht akzeptiert werden. Das sog. Gutachten des
Öko-Institutes habe bei der Diskussion um die Verfüllung der Deponie Schippach
eine bedeutende Rolle gespielt. Für den Bürgerentscheid seien rd. 170.000,-- DM
an Steuergeldern ausgegeben worden. Deshalb seien die Ungereimtheiten zu
klären. Seltsam sei auch, daß u.a. in einem Internet-Presseartikel des Bund
Naturschutz vom 31.05.2000 und in einem Artikel des “Main-Echo” vom 09.06.2000
von den Verfassern (Mitarbeiter des Bund Naturschutz) ausdrücklich auf das
Öko-Institut hingewiesen worden sei.
Die CSU-Fraktion bitte Landrat Schwing und
die Verwaltung, der Sache nachzugehen und diesen seltsamen Hauch, der sich über
dieses Thema ausgebreitet habe, zu entfernen. Es könne nicht angehen, daß auf
einem Gutachten Öko stehe und kein Öko drin sei.
Landrat Schwing teilte mit, daß die Verwaltung auf diesen Umstand gestoßen sei, als sie auf Antrag der CSU-Fraktion mit dem Öko-Institut Darmstadt Verbindung aufgenommen und das Gutachten angesprochen habe. Die Vertreter der Landkreisverwaltung hätten von den Vertretern des Öko-Institutes die Antwort bekommen, das Öko-Institut habe bisher bezüglich der Klärschlammdeponie weder ein Gutachten erstellt, noch dazu jemandem einen Auftrag erteilt. Der Landrat habe daraufhin den absolut sauberen Weg gewählt. Er habe sich nicht an die Presse gewandt, sondern zunächst Kreisrat Dr. Fahn schriftlich über den Sachverhalt informiert und um eine Stellungnahme gebeten. Kreisrat Dr. Fahn habe darauf geantwortet, daß ihn die Angelegenheit nichts angehe und der Landrat das Schreiben dem Bund Naturschutz in Bayern e.V., Kreisgruppe Miltenberg, schicken solle, was auch erfolgt sei. Im Interesse von Kreisrat Dr. Fahn habe ihn der Landrat nochmals gebeten, die Angelegenheit aufzuklären. Sollte dies nicht geschehen, werde es Probleme geben. Kreisrat Dr. Fahn habe daraufhin ein Antwortschreiben zugesagt, welches bis heute ausstehe.
Kreisrat Dr. Fahn erinnerte an die
Kreistagssitzung vom 02.03.2000, in der eine ähnliche konzertierte Aktion gegen
ihn gestartet worden sei. Der Vorgang sei seit Wochen bekannt. Dazu bedürfe es
keines CSU-Antrages. Herr Ludger Nuphaus sei Mitarbeiter des Öko-Institutes
Darmstadt. Nachdem Landrat Schwing nur der Bund Naturschutz-Gruppe Miltenberg
einen Fragenkatalog geschickt habe, werde diese diesen Katalog in ihrer
nächsten Vorstandssitzung am 23.10.2000 behandeln und alle Fragen beantworten
und die Angelegenheit Punkt für Punkt aufklären. Die Initiative zur Erstellung
des besagten Gutachtens sei schließlich vom Bund Naturschutz ausgegangen.
Landrat Schwing wies dies entschieden zurück
und wies darauf hin, daß er Kreisrat Dr. Fahn bisher fair behandelt habe. Er
fragte, warum Kreisrat Dr. Fahn die Bund Naturschutz-Vorstandschaft brauche, um
die ihm gestellten Fragen zu beantworten. Kreisrat Dr. Fahn habe wochenlang behauptet,
das vorliegende Gutachten sei vom Öko-Institut Darmstadt.
Kreisrat Dr. Schüren sagte, er sei in
gewisser Weise fassungslos. Er werde mit dem heutigen Tag kein Mitglied der
Kreisgruppe Miltenberg des Bund Naturschutz in Bayern e.V. sein.
Kreisrat Scharrer bemerkte, verantwortlich
für das Urheberrecht sei das Öko-Institut Darmstadt. Wenn sich Kreisrat Rüth
als Ankläger aufspielen wolle, sei das seine Sache. Die Angelegenheit habe aber
mit der Kreistagssitzung nichts zu tun. Wenn das Öko-Institut der Meinung sei,
daß sein Name ungerechtfertigterweise verwendet worden sei, sei das Sache des
Öko-Institutes. Es könne aber nicht sein, daß aufgrund eines heute in der
Presse erschienen Leserbriefes zur Klärschlammdeponie Schippach die
Tagesordnung der Kreistagssitzung umgestellt werde. Kreisrat Rüth habe u.a. den
Vorwurf erhoben, einige Kreistagsmitglieder seien nach der Beschlußfassung
bezüglich der Deponie Schippach “umgefallen”. Dies weise er (Kreisrat Scharrer)
entschieden zurück. Er habe vielmehr gern den BürgerInnen von Rück und
Schippach geholfen. Im übrigen dürfe es nicht so sein, daß der Landrat
beschließe, welche Beschlüsse das Gremium zu fassen habe.
Reg.Amtmann Röcklein berichtete, daß man
anläßlich eines Gespräches mit Herrn Dehoust vom Öko-Institut Darmstadt und
Herr Burkhardt vom Ing.Büro ICP auf das von Kreisrat Dr. Fahn vorgelegte
Gutachten des Öko-Insitutes Darmstadt zu sprechen gekommen sei. Dabei habe Herr
Dehoust gesagt, daß vom Öko-Institut kein Gutachten für die Klärschlammdeponie
Schippach erstellt worden sei. Herr Ludger Nuphaus sei freier Mitarbeiter des
Öko-Institutes Darmstadt. Dieser habe das Gutachten weder im Auftrag des
Öko-Institutes erstellt, noch sei er autorisiert, den Namen “Öko-Institut” zu
verwenden. Herr Nuphaus habe Herrn Dehoust ein Exemplar des Gutachtens zur
Verfügung gestellt, allerdings ohne das erste Deckblatt.
Landrat Schwing erklärte, daß es nicht nur
Angelegenheit des Öko-Institutes, sondern selbstverständlich auch Angelegenheit
des Kreistages sei, zu klären, warum das Deckblatt mit dem Namen “Ökoinstitut
Darmstadt” auf das Gutachten gelangt sei. Schließlich müsse jemand damit ein bestimmtes
Ziel verfolgt haben.
Kreisrat Bieberle erinnerte daran, daß er
schon desöfteren im Ausschuß für Natur- und Umweltschutz und im Kreistag, sogar
von der Bürgerinitiative, angegriffen worden sei. Er fühle sich heute belogen
und betrogen und hoffe, daß Kreisrat Dr. Fahn die Angelegenheit aufkläre.
Ansonsten müßte er aufgefordert werden, persönliche Konsequenzen zu ziehen.
Kreisrat W. Zöller sagte, selbstverständlich
sei es Aufgabe des Öko-Institutes Darmstadt, über den Mißbrauch seines Namens
zu befinden. Im Kreistag gehe es jedoch darum, wie er informiert worden sei.
Nachdem festgestellt worden sei, daß das Deckblatt des vorgelegten Gutachtens
nicht ordnungsgemäß bzw. gefälscht worden sei, könne behauptet werden, der
Kreistag sei hinters Licht geführt worden und habe aufgrund dessen
Entscheidungen von großer Tragweite getroffen.
Kreisrat Eck äußerte sich nachdenklich. Bei
Veranstaltungen in Bürgstadt sei bei Diskussionen mehrmals das Gutachten des
Öko-Institutes Darmstadt genannt worden.
Jetzt stelle sich heraus, daß es ein solches Gutachten überhaupt nicht gebe.
Das erkläre, warum die Herausgabe des besagten Gutachtens bis nach dem
Bürgerentscheid hinausgezögert worden sei. Im Nachhinein bestätige das
Gutachten nämlich, daß das Ing.Büro ICP ein kompetentes Büro sei. Er (Kreisrat
Eck) gehöre dem Kreistag Miltenberg seit vielen Jahre an, könne sich aber nicht
erinnern, daß jemals solche Vorgehensweisen und Manipulationen vorgekommen
seien.
Landrat Schwing wies darauf hin, daß das
Gutachten des Öko-Institutes Darmstadt in mehreren Veröffentlichungen genannt
worden sei. Es sei schwer verständlich, warum die Leserbriefschreiberin, Frau
Heinzelmann, mehr wisse. Im übrigen sei eine Presseerklärung über das besagte
Gutachten bereits im Internet veröffentlicht.
Kreisrat Almritter vertrat die Meinung, daß
es nicht nur auf das Deckblatt des Gutachtens ankomme. Herr Ludger Nuphaus sei
schließlich freier Mitarbeiter des Öko-Institutes Darmstadt.
Landrat Schwing sagte dazu, die Kompetenz von
Herrn Ludger Nuphaus zweifle niemand an. Es gehe nur um die Frage, wer zur
Stellungnahme von Herrn Nuphaus das Deckblatt angefertigt habe und behaupte,
das Gutachten komme vom Öko-Institut Darmstadt.
Kreisrat Kern teilte mit, daß er, sollte der
Bund Naturschutz keine klärende Aussage treffen, ebenfalls austreten werde.
Kreisrätin Popp sagte, sie glaube nicht, daß
der Bürgerentscheid aufgrund des besagten Gutachtens erfolgreich durchgeführt
worden sei. Seitens der Bürgerinitiative seien viele fachkompetente Personen
eingeschaltet gewesen, außerdem habe die Bürgerinitiative selbst Gutachten über
die Finanzierung anfertigen lassen. Auftrag des Bürgerentscheids sei es, weiter
zu handeln. Es könne deshalb jetzt nicht noch tagelang über eine Formalie
gesprochen werden. Bezüglich des besagten Gutachtens werde ein Fehler
eingestanden. Das Gutachten sei mit Sicherheit inhaltlich richtig und wenn sich
die Bürgerinitiative darauf bezogen habe, sei das kein Betrug an der Bevölkerung des Landkreises
Miltenberg. Der Inhalt des Gutachtens sei schließlich Tatsache.
Landrat Schwing erklärte, daß es nicht um die
Bürgerinitiative und auch nicht um den Inhalt des Gutachtens gehe, sondern um
die Tatsache, daß jemand mit dem Gutachten einen falschen Eindruck erweckt
habe.
Kreisrätin Becker-Scharrer bestätigte die
Aussage von Kreisrätin Popp. Sie wies darauf hin, daß zwischen einer Anzeige
der CSU-Fraktion und dem, was das Gutachten herausgefunden habe, ein
Unterschied bestehe. Die CSU-Fraktion sehe den Splitter im Auge des anderen,
aber den Balken im eigenen Auge nicht. Sie (Kreisrätin Becker-Scharrer) wolle
Kreisrat Dr. Fahn nicht in Schutz nehmen; sie höre heute zum ersten Mal von der
Angelegenheit. Die ganze Aufregung sei ihr nicht verständlich. Wer sich ihrer
Meinung nach über das Deckblatt des Gutachtens aufrege, verhalte sich
“pharisäerhaft”.
Kreisrat Trützler meinte, es gehe hier um Lug
und Betrug. Der Kreistag müsse auf Aufklärung bestehen. Sollte sich
herausstellen, wie das Deckblatt fälschlicherweise auf das Gutachten gekommen
sei, wäre es unmöglich, wenn Kreisrat Dr. Fahn weiterhin Mitglied des
Kreistages Miltenberg bliebe.
Kreisrat Dr. Linduschka sagte, der Vorgang
könne nicht verharmlost werden, egal ob sich herausstelle, daß das Deckblatt
aus Absicht oder Versehen auf das Gutachten gekommen sei. Für ihn sei
entscheidend, ob mit dem CSU-Antrag konkrete Folgerungen persönlicher oder
inhaltlicher Art gezogen werden sollen. Oder könne gesagt werden, der
Bürgerentscheid sei unter falschen Voraussetzungen zustandegekommen.
Kreisrat Andre erklärte, es handele sich um
einen Auftrag an die Verwaltung, die Angelegenheit aufzuklären. Mit dem
Bürgerentscheid habe dies nichts zu tun.
Kreisrat Eck wies darauf hin, daß Kreisrat
Dr. Fahn sich als Vorsitzender des Bund Naturschutz in Bayern e.V., Kreisgruppe
Miltenberg, und als Vorsitzender der FWG-Fraktion äußere. Es gehe nicht an, daß
er sich hinter dem Bund Naturschutz “verschanze”. Kreisrätin Popp habe
versucht, von einem Fehler zu sprechen. Für ihn (Kreisrat Eck) sei die
Angelegenheit Manipulation seitens des Bund Naturschutz und Kreisrat Dr. Fahn
als Vorsitzender der FWG-Fraktion.
Kreisrat Dr. Schüren meinte, was Kreisrätin
Popp geäußert habe, sei unglaublich. Er trete aus einem Verband aus, dessen
Ziele er viele Jahre unterstützt habe. Er trete nicht aus, weil versehentlich
ein Deckblatt auf das Gutachten gelangt sei, sondern weil es sich im
vorliegenden Fall um einen Vorgang handele, der einer Urkundenfälschung
nahekomme. Dies sei kein Problem der FWG-Fraktion, sondern ein Problem von
Kreisrat Dr. Fahn oder des Bund Naturschutz, dem öffentlich die Leviten gelesen
gehören.
Kreisrat Klüpfel vertrat die Meinung, daß das
besagte Gutachten für die Entscheidung des Bürgerentscheids keine Rolle
gespielt habe. Das Engagement in dieser Angelegenheit sei von der Sache und von
der Überzeugung her bestimmt gewesen. Sollte sich bewußte Täuschung
herausstellen, mißbillige er dies auch, aber es könne nicht schon jetzt so
getan werden, als ob das Faktum wäre.
Kreisrat Oettinger berichtete, daß im Vorfeld
des Bürgerentscheids in Großheubach eine Veranstaltung mit Vertretern der
Bürgerinitiative stattgefunden habe. Gegenstand dieser Veranstaltung sei zu 80
% das besagte Gutachten gewesen. Selbst CSU-Wähler seien über den Inhalt des
Gutachtens betroffen gewesen. Nach dem, was sich zwischenzeitlich ergeben habe,
könne man sagen, daß mit dem Gutachten nicht nur die Wähler, sondern auch die
Bürgerinitiative, die sich auf das Gutachten gestützt habe, getäuscht worden
seien. Er (Kreisrat Oettinger) behaupte sogar, daß das Gutachten entscheidend
Einfluß auf den Ausgang des Bürgerentscheids genommen habe.
Kreisrat Dr. Fahn erklärte, er bleibe dabei,
daß der Vorgang lückenlos aufgeklärt und öffentlich gemacht werde. Richtig sei,
daß die Bund-Naturschutzgruppe Miltenberg das Öko-Institut Darmstadt gebeten
habe, einen Referenten zu benennen. Dies sei Herr Ludger Nuphaus gewesen.
Anläßlich einer Veranstaltung am 24.03.2000 sei Herr Nuphaus als freier
Mitarbeiter dieses Institutes vorgestellt worden. Das Gutachten sei dann am
24.05.2000 eingegangen. Es sei der Öffentlichkeit nicht bekannt gegeben worden,
weil die Presse erklärt habe, daß eine Woche vor dem Bürgerentscheid nichts
mehr veröffentlicht werde.
Landrat Schwing widersprach der Aussage von
Kreisrat Dr. Fahn. Tatsache sei, daß eine Presseerklärung zum Gutachten noch am
25.09.2000 im Internet veröffentlicht gewesen sei.
Auf Vorschlag von Landrat Schwing faßte der
Kreistag sodann einstimmig folgenden
B e s c h l u ß :
Die Landkreisverwaltung wird beauftragt, die
Angelegenheit aufzuklären. In diesem Zusammenhang ist zu überprüfen, ob gegen
die Geschäftsordnung für den Kreistag, den Kreisausschuß und weitere Ausschüsse
des Landkreises Miltenberg verstoßen wurde und ob der Anfangsverdacht einer
Straftat vorliegt. Das Ergebnis der Überprüfungen ist dem Ausschuß für Natur-
und Umweltschutz sowie dem Kreistag bekanntzugeben.