Tagesordnungspunkt

TOP Ö 10: Haushaltsentwurf 2024 für das Sachgebiet: Kinder, Jugend und Familie

BezeichnungInhalt
Sitzung:20.11.2023   JHA/006/2023 
Beschluss:einstimmig beschlossen
DokumenttypBezeichnungAktionen

Folgender Beschluss wird einstimmig gefasst:

 

Der Haushaltsansatz 2024 für das Sachgebiet Kinder, Jugend und Familie (Jugendamt) bei Ausgaben von 16.431.280 € sowie Einnahmen von 4.642.562 €, d.h. mit einem Zuschussbedarf des Landkreises Miltenberg für 2024 in Höhe von 11.788.718 € wird angenommen und dem Kreistag zur Zustimmung empfohlen.


Herr Rätz, Leiter SG 22, berichtet zum TOP Haushalt. Haptische Exemplare werden an die Anwesenden verteilt:

 

Vorläufiges Ergebnis 2023

Für das Sachgebiet Kinder, Jugend und Familie werden im HH-Jahr 2023 Ausgaben i.H.v. 14.196.412 € und Einnahmen i.H.v. 3.717.700 € erwartet. Somit beträgt der Zuschussbedarf des Landkreises Miltenberg in diesem Jahr voraussichtlich 10.478.712 €. Der im Mai 2023 vom Jugendhilfeausschuss empfohlene Zuschussbedarf sah in der Planung 10.263.270 € vor.

Damit liegt der reale Zuschussbedarf um 2% (-215.442 €) über dem angesetzten Bedarf. Wesentliche Gründe hierfür sind:

 

1.)    +11 T€ Minderaufwand in Produktgruppe 36.1 Kindertageseinrichtungen und Tagespflege

·         +48 T€ weniger Zuschüsse für Elternbeiträge in den Kitas

·         -33 T€ höhere Förderung für Kinder in Tagespflege

·         -4 T€ mehr Zuschüsse im Bereich externe Projekte

2.)    -9 T€ Mehraufwand in Produktgruppe 36.2 Jugendarbeit

·         -4 T€ mehr im Bereich externe Projekte (außerschulische Jugendbildung)

·         -5 T€ mehr im Bereich Freizeit und Erholung

3.)    +116 T€ Minderaufwand in Produktgruppe 36.31 JaS, Jugendberufshilfe und Prävention

·         +21 T€ weniger bei JaS und Jugendberufshilfe (-10 Teilnehmerbeiträge u.
+30 weniger Sachkosten)

·         +95 T€ weniger im Bereich Prävention (+95 nicht abgerufene oder benötigte Förderung)

4.)    -34 T€ Mehraufwand in Produktgruppe 36.32 Förderung der Erziehung und Familie

·         -28 T€ weniger Förderung (-11) u. Aufwand (+37) im Bereich Förderung/Beratung

·         -71 T€ weniger Erträge (-13) bei mehr Aufwand (-58) bei Unterbringung von Eltern mit Kind

·         +9 T€ weniger für begleitete Umgänge und die Versorgung von Kindern in Notsituationen

5.)    +146 T€ Minderaufwand in Produktgruppe 36.33 Hilfen zur Erziehung

·         +56 T€ weniger für individuelle Erziehungshilfen

·         +68 T€ weniger für Soziale Gruppenarbeit

·         +48 T€ weniger für Erziehungsbeistandschaften (+/- 0% Fallzahlen und
-6 % Leistungsmonate)

·         -81 T€ mehr für Sozialpädagogische Familienhilfe (+28% Fallzahlen und
+37% Leistungsmonate)

·         +311 T€ weniger für Erziehung in Heilpädagogischen Tagesgruppen

·         +489 T€ weniger für Pflegekinderwesen bei nahezu unveränderten Fällen, aber
+300 T€ Fallabgaben

·         -744 T€ mehr für Heimerziehung bei -14% Fällen und +11 Leistungsmonate und
-50 T€ Fallübernahmen)

6.)    -482 T€ Mehraufwand in Produktgruppe 36.34 Inobhutnahme, Eingliederungshilfe, jg. Volljährige

·         +287 T€ weniger bei der Hilfe für junge Volljährige

·         -89 T€ mehr für Inobhutnahmen und vorläufige Maßnahmen

·         -86 T€ mehr für ambulante Eingliederungshilfe (+19% Fälle und +33% Leistungsmonate)

·         -16 T€ mehr für teilstationäre Eingliederungshilfe

·         -578T€ mehr stationäre Eingliederungshilfe (+33% Fälle u. Leistungsmonate mit -370T€ Fallübernahmen)

7.)    +26 T€ Minderaufwand in Produktgruppe 36.35 bis 36.39 Weitere Aufgaben und Hilfen

·         +26 T€ (Summenbildung aus sieben Produkten mit verhältnismäßig geringem Umsatz)

8.)    -14 T€ Mehraufwand in Produktgruppe 36.75 Förderung von Beratungsstellen

·         -14 T€ Kostensteigerung inkl. periodenfremde Rückerstattung Erziehungsberatungsstelle

 

Ansatz 2024

Für kommendes Jahr werden Ausgaben i.H.v. 16.431.280 € und Einnahmen i.H.v. 4.642.562 € veranschlagt. Der beabsichtigte Ansatz liegt mit 1.310.006 € oder 13% über dem letztjährigen Ergebnis oder sogar um 1.525.448 € oder 15% über dem Ansatz für 2023.

 

Die für 2023 einkalkulierten Mehraufwendungen um 15% (1,5 Mio. €) setzen sich im Wesentlichen aus nachfolgenden Hintergründen zusammen:

 

1.)    +31 T€ Minderaufwand in Produktgruppe 36.1 Kindertageseinrichtungen und Tagespflege

·         +40 T€ Anpassung wegen Ausbleibens von kalkulierten Mehrübernahmen bei Elternbeiträgen in den Kitas im Zusammenhang mit der Wohngeldreform

·         +24 T€ mehr Zuschüsse von Bund und Land für Kinder in Tagespflege

·         +12 T€ Mehreinnahmen bei den Elternbeiträgen

·         -42 T€ Anpassung der gestiegenen Ausgaben bei der Förderung von Kindern in Tagespflege

·         - 4 T€ steigende Ausgaben für Sprachvermittler

2.)    -24 T€ Mehraufwand in Produktgruppe 36.2 Jugendarbeit

·         -7 T€ insg. bei mehr Einnahmen durch Teilnehmer (+2) und weniger Erstattung im Bereich KJR (-9)

·         -13 T€ trotz Angebotsanpassung höhere Kosten (Material -4 u. Instandhaltung -9) bei Bildung und Freizeit

·         -5 T€ Aufwandsanpassung im Bereich der Freien Jugendarbeit (KJR)

3.)    -78 T€ Mehraufwand in Produktgruppe 36.31 JaS, Jugendberufshilfe und Prävention

·         -2 T€ steigender Aufwand bei JaS und Jugendberufshilfe

·         -76 T€ Aufstockung auf ganzjährige Finanzierung der Beratungsstelle bei sexuellem Missbrauch

4.)    -381 T€ Mehraufwand in Produktgruppe 36.32 Förderung der Erziehung und Familie

·         -7 T€ Anpassung Kostenerstattung Dritter und Erträge für zusätzliche Bundesmittel

·         -9 T€ Kostensteigerung Familienstützpunkte

·         -370 T€ höhere Schutznotwendigkeiten und Fallaufkommen bei Unterbringung der Eltern mit Kind

·         +5 T€ Anpassung der Kosten bei begleiteten Umgängen

5.)    -376 T€ Mehraufwand in Produktgruppe 36.33 Hilfen zur Erziehung

·         +36 T€ Kostenanpassung bei individuellen Erziehungshilfen

·         -14 T€ Ansatzanpassung für Erziehungsbeistandschaften (nach wie vor auf hohem Niveau)

·         -154 T€ mehr für Sozialpädagogische Familienhilfe (steigende strukturierende Hilfebedarfe + Schutz)

·         +134 T€ Ausgabenanpassung im Bereich der Erziehung in Heilpädagogischen Tagesgruppen

·         -378 T€ Ansatzanpassung für steigende Kosten trotz 14% weniger stationäre Unterbringung Beginn 2024

6.)    -612 T€ Mehraufwand in Produktgruppe 36.34 Inobhutnahme, Eingliederungshilfe, jg. Volljährige

·         -11 T€ Kostenanpassung im Bereich der jungen Volljährigen

·         -52 T€ Kostenanpassung bei Inobhutnahmen und vorläufigen Maßnahmen

·         -128 T€ steigende Inanspruchnahme für ambulante Eingliederungshilfe

·         -46 T€ steigende Inanspruchnahme für teilstationäre Eingliederungshilfe

·         -375 T€ Anpassung für stationäre Eingliederungshilfe

7.)    +/- 0 T€ unveränderter Ansatz in Produktgruppe 36.35 bis 36.39 Weitere Aufgaben und Hilfen

·         +/- 0 T€ (Summenbildung aus sieben Produkten mit verhältnismäßig geringem Umsatz)

8.)    -86 T€ Mehraufwand in Produktgruppe 36.75 Förderung von Beratungsstellen

·         -86 T€ Kostensteigerung ohne periodenfremde Rückerstattung Erziehungsberatungsstelle

 

Trotz sehr guter Fallsteuerung durch den ASD und relativ wenig Personalfluktuation haben uns bereits in 2023 die Vorboten von massiven Kostensteigerungen ereilt. Im Haushaltsentwurf 2024 sind diese bereits einkalkuliert. Nicht nur die ambulanten Kosten auf einem zunehmend knappen Honorarkräftemarkt ziehen stark an; insbesondere steigen auch stationäre Entgeltsätze bundesweit zwischen 10% und 15% und belasten die kommunalen Haushalte. Einher geht dies mit generellen Platzverknappungen bei regulären Kinder- und Jugendheimen, welche ihre Ursachen im Fachkräftemangel, aber auch in kontinuierlich steigenden Verpflichtungen bei der Unterbringung von unbegleiteten minderjährigen Ausländern haben. Dies alles hat bereits jetzt Folgeauswirkungen: Neben den Kostensteigerungen verbleiben auch in Schutz genommene Kinder und Jugendliche immer länger in den Inobhutnahmestellen, weil Anschlussmaßnahmen nicht rechtzeitig gefunden werden. Dies wiederum bedingt, dass das Jugendamt zunehmend Schwierigkeiten hat, bei Kindeswohlgefährdungen aber auch im Bereich der UMA überhaupt eine Unterbringung zu finden. Reguläre Unterbringungen sind spätestens seit Mitte 2023 auch im LK Miltenberg nicht mehr möglich. Im Bereich der UMA be- und entstehen bereits Notunterkünfte und Konzepte, die fern ab von gesetzlichen Standards sind. Dieses alles setzt das System der Jugendhilfe auch bei uns zunehmend unter Stress. Teilweise dauert es Wochen und Monate, Kinder- und Jugendliche unterzubringen oder Hilfen für Familien starten zu lassen. Und fast unbemerkt widmen wir uns hierbei weiterhin der Umsetzung der größten Gesetzesreform des SGB VIII seit 30 Jahren. Quo vadis Jugendhilfe?

 

Beratung:

 

Es werden die finanziellen Aspekte aus dem übertragenden Wirkungskreis, die finanzielle Belastungssituation der Gemeinden und eine mögliche Gegenfinanzierung über Förderrungen und Zuschüsse diskutiert.

 

Herr Rätz berichtet von einem strukturellen Problem und den gesetzlichen Vorgaben, die es zu erfüllen gilt. In diesem schwierigen Spagat liegt der Fokus des Jugendamtes auf Hilfe zur Selbsthilfe. Die Sozialpädagogik sucht immer das notwendigste, geeignetste und wirtschaftlichste Mittel zur Hilfe, um sich selbst überflüssig zu machen.

 

Herr Rätz bietet allen Kreistagsmitgliedern an, bei Beratungen zu hospitieren.

 

Herr Härtel wünscht eine frühere Fertigstellung der Sitzungsvorlage sowie eine Behandlung zu Anfang einer Sitzung.

Herr Feil erläutert, dass Unterlagen immer so schnell, wie es möglich ist, zur Verfügung gestellt werden. Beim Jugendhilfeausschuss liegt die Sondersituation vor, dass dieser aus rein fachlicher Sicht über die Sinnhaftigkeit von Maßnahmen entscheidet und Empfehlungsbeschlüsse fassen kann. Konkrete Anregungen zum Haushalt können natürlich gerne gemacht werden. Am 4.12.2023 wird im Kreisausschuss zu möglichen finanziellen Einsparpotenzialen beraten. Die endgültige Beschlussfassung und Verantwortung des Haushaltes erfolgt durch den Kreistag. Der Jugendhilfehaushalt beinhaltet viele gebundene Ausgaben.

 

Herr Adams von der Diakonie wirbt dafür, keine Streichungen bei der Jugend- und Jugendsozialarbeit vorzunehmen, denn diese dienen primär der Prävention, damit weniger Heimerziehung stattfinden muss. Inobhutnahmen lassen sich nicht vermeiden. Wenn diese weiter zunehmen, muss sich die ganze Gesellschaft Gedanken um tragfähige Lösungen machen.

Die Jugendhilfe ist genauso reaktiv wie die Sozialhilfe und hängt von anderen Variablen des sozialen Gemeinwesens ab. Fallzahlen sowie weitere Rahmenbedingungen bestimmen die Ausgaben. Daher sind Landkreise untereinander nur schwer vergleichbar. Die Jugendhilfe trägt ein Stück dazu bei, dass Jugendliche arbeitsfähig bleiben und damit auch zu Wohlstand und Wirtschaft beitragen.

 

Das Gremium stellt fest, dass die Aufgaben des Jugendamtes immer weiter zunehmen. Vor diesem Hintergrund wird die personelle Situation beleuchtet.

Herr Rätz verweist auf eine spezielle Untersuchung für das Jugendamt in 2024 hin. Aus dieser folgen neben der Schaffung von Transparenz auch gezielte Berechnungen zum personellen Bedarf. Er rechnet nicht mit einer großen Mehrung an Personal. Personelle Kürzungen wurden bereits vorgenommen und werden je nach Ergebnis der Untersuchung auch noch zu Anpassungen führen.

Herr Rätz nimmt für sich in Anspruch, dass er die letzten Jahre immer so berechnet hat, dass der Aufwand, der gesetzlich zu erfüllen ist, nicht exorbitant gerecht wurde. Es wird längst nicht alles gemacht, was gesetzlich vorgeschrieben ist. Aber das, was gemacht werden muss, um nicht in eine Schieflage zu geraten, wird gemacht.

Herr Rätz versucht, mit dem Jugendamt dem Landkreis etwas an die Hand zu geben, dass seine Arbeitgeber und Strukturen so funktionieren, dass die Probleme gelöst werden und nicht dem Mittelstand auch noch zur Last fallen. Sondern, dass es möglichst eine Entlastung gibt für die Wirtschaft und soziale Infrastruktur, dies ist sein persönlicher Anspruch.

 

Die Aufgaben des Jugendamtes mehren sich stetig. Der Gesetzgeber ändert in großem Umfang Gesetze. Aufgrund der Reformen der großen Koalition wurden 70 oder 80 Gesetze von 119 bereits angepasst. Nächstes Jahr wird der Verfahrenslotse nach gesetzlicher Vorgabe installiert.

Die Fälle mehren sich bundesweit. Zurzeit hat der Landkreis Miltenberg 513 Fälle in der Eingliederungshilfe und Hilfe zur Erziehung. Im Jahr 2028 warten beim Bezirk 700 Fälle, die das Jugendamt Miltenberg noch zusätzlich dazu bekommen müsste.

 

Herr Brummer berichtet vom Prozess und den Kosten einer Schulbegleitung sowie die vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen dem Jugendamt und dem Schulamt.

 

Das Gremium lobt Herrn Rätz für seine ausführlichen Erläuterungen sowie sein leidenschaftliches Engagement. Herr Oettinger schließt sich dem Dank an. Insbesondere mit den Beispielen hat Herr Rätz dem Gremium sehr anschaulich Probleme und Kosten verdeutlicht.

Herr Rätz gibt den Dank gerne an seine Mitarbeiter*innen weiter.

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