Tagesordnungspunkt

TOP Ö 7: Künftiges Vorgehen bei der Beschaffung Energie – Strom
Beratung und Beschlussfassung

BezeichnungInhalt
Sitzung:17.03.2022   EBV/007/2022 
Beschluss:einstimmig beschlossen
DokumenttypBezeichnungAktionen

Es wird folgender Beschluss einstimmig gefasst:

 

Der Ausschuss nimmt die vorgeschlagene Vorgehensweise zur Strombeschaffung zustimmend zur Kenntnis und beschließt die Strombeschaffung für das Lieferjahr 2023 in Form eines Tranchenmodells in der Qualität „100 % Ökostrom mit Neuanlagenquote“ an einen Energiedienstleister mit Zugang zur Strombörse zu vergeben.


Herr Wosnik, der Kreisbaumeister, trägt vor.

 

Der Landkreis Miltenberg hat 2015 einen unbefristeten Dienstleistungsvertrag für Teilnahmen an Bündelausschreibungen für die kommunale Strombeschaffung geschlossen und an der Beschaffung für die Lieferjahre 2020 bis 2022 teilgenommen. Dabei wurde die Alternative „Ökostrom mit Neuanlagenquote“ als Beschaffungsart gewählt.

 

Nun steht die neue Strombeschaffung ab dem Lieferjahr 2023 an.

 

Gegen die bislang verfolgte Vorgehensweise sprechen die aktuelle Marktlage mit starken Preisschwankungen, die Gefahr, dass der Zuschlag für die Beschaffung zu einem ungünstigen Zeitpunkt erfolgt und damit unter Umständen ein hoher Preis für einen Zeitraum von mehreren Jahren feststeht.

Weiterhin hat die Verwaltung neue Erkenntnisse bezüglich der Vergabemodalitäten für Energie, deren Preis sich auf einer Börse bildet (wie es z.B. bei Strom der Fall ist). Gemäß einem Schreiben des Bayerischen Kommunalen Prüfungsverbands vom 23.04.2019 besteht für die Energiebeschaffung an der Börse keine Ausschreibungspflicht. Demnach kann nach § 14 Abs. 4 Ziff. 6 VgV lediglich der Händler, der die Beschaffung an der Börse durchführt, ausgeschrieben werden.

Aus den vorliegenden Gründen soll der Strom in Zukunft über ein Tranchenmodell beschafft werden. Das bedeutet, dass der Strom nicht zu einem Fixpreis für einen längeren Lieferzeitrum beschafft wird, sondern in kürzeren Abständen, z. B. 10-mal pro Jahr, eingekauft wird, um damit näherungsweise den mittleren Strompreis im Jahresverlauf abzubilden.

 

Aktuell bezieht der Landkreis für seine Verbrauchsstellen entsprechend eines Beschluss des Kreistags vom 05.02.2018 Ökostrom mit Neuanlagenquote. Beim Bezug von Ökostrom mit Neuanlagenquote verpflichtet sich der Auftragnehmer, dass mindestens 50 % des gelieferten Stroms pro Kalenderjahr aus Neuanlagen stammt. Die Erfüllung dieser Vorgaben kann mittels Stromzertifikaten erbracht werden. Da der Landkreis bereits Ökostrom bezieht, sollte nicht auf Normalstrom zurückgestellt werden und weiterhin Ökostrom mit Neuanlagenquote bezogen werden. Auf diese Weise wird der Landkreis seiner Vorbildfunktion gerecht. Des Weiteren sollten alle Abnahmestellen in ein Verfahren eingebracht werden, sodass nur ein Dienstleister den Zuschlag erhält und die Dienstleistungsgebühr nur einmal anfällt.

Die regionalen Energieversorger können den Landkreis bei der Beschaffung von Strom von der Strombörse im Rahmen eines Tranchenmodells unterstützen. Die erwartete Dienstleistungsgebühr für die Leistungen des Stromhändlers lässt eine Unterschwellenvergabe zu. Die Verwaltung schlägt vor, das zuvor genannte Tranchenmodell zunächst für ein Lieferjahr zu beauftragen, um mit dem Verfahren erste Erfahrungen zu sammeln.

 

Es wird empfohlen, die Beschaffung von „100 % Ökostrom mit Neuanlagenquote“ für das Lieferjahr 2023 in Form eines Tranchenmodells im Rahmen der Beauftragung eines Energiedienstleisters, der Zugang zur Strombörse hat, zu beschließen.

 

Die Vorgehensweise wird von der Vergabeberatung an der Regierung von Unterfranken mitgetragen.

 

Herr Schuck fragt an, ob es bei diesem Modell die Möglichkeit gebe, hiesige Kommunen bzw. Stromerzeuger (z.B. mit Windkraft in Mömlingen) zu bevorzugen, damit davon Anreize für die lokale Stromerzeugung ausgehen.

Herr Wosnik erläutert, dass dies nicht möglich sei. Jeder, der Strom erzeuge, könne damit an die Strombörse gehen. Der Landkreis beabsichtige nun, den Strom an der Börse zu kaufen. Eine Einflussnahme, wie der Strom erzeug werde bzw. von wo er komme, gebe es nicht. Somit gebe es auch keine Anreize, selber Energieerzeuger zu werden. Eine Kooperation mit zugelassenen regionalen Händlern/Versorgungsunternehmen wie z.B. EMB sei natürlich möglich und beabsichtigt.

 

 

Herr Schuck fragt angesichts der täglich variablen Dieselpreisentwicklung nach, wie der Prozess der Strompreisgestaltung im Modell ablaufe.

Herr Wosnik erläutert, dass es bei diesem Modell grundsätzlich möglich sei, den Strom dreimal, fünfmal oder zwölfmal im Jahr bzw. auch über ein Jahr hinaus einzukaufen. Momentan werde der Strom einmal für zwei Jahre geordert. Liege der Preis an dem Einkaufstag sehr hoch, gelte die Preisbindung für die vereinbarte Zeit.  Bei langfristigen Einkäufen seien somit keine Preisanpassungen bei steigenden Energiepreisen möglich. Bei dem neuen Modell könne der Preis am Einkaufstag mal hoch oder auch mal niedriger liegen, so dass sich der Preis langfristig nivelliere. Die Zeitabstände, in welchen die Käufe getätigt werden sollen, werden gemeinsam mit dem Händler und unter Berücksichtigung dessen Einschätzung zu den Strompreisschwankungen im Voraus festgelegt. Ein spontaner Kauf aufgrund der an diesem Tag günstigen Strompreise sei nicht möglich. Insoweit handele es sich daher um ein automatisiertes Verfahren.

 

Herr Eppig hinterfragt, ob bereits eine Öffnungsklausel existiere bzw.  in den Vertrag aufgenommen werden könne, dass bei extrem günstigen Strompreisen, die Zeitdauer des Einkaufs z.B. von den vorher vereinbarten zwei Monaten auf vier Monate verlängert werden könnte.

Herr Wosnik erwidert, dass dieses Thema noch nicht angesprochen worden sei. Vorerst gehe es darum, aus der bisherigen Bündelausschreibung herauszukommen und das mit der Beschlussfassung beabsichtige Tranchenmodell ein Jahr lang auszuprobieren und dann zu bewerten.

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