Tagesordnungspunkt
TOP Ö 4: Güterverkehrskonzept auf der Schiene
Sachstandsinformation
Bezeichnung | Inhalt |
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Sitzung: | 17.03.2022 EBV/007/2022 |
Beschluss: | zur Kenntnis genommen |
Dokumenttyp | Bezeichnung | Aktionen |
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Beschluss:
Die Mitglieder des Ausschusses nehmen die Ausführungen zur Kenntnis.
Herr
Scherf leitet zum Thema „Güterverkehrskonzept auf der Schiene“ über.
Hintergrund des Konzeptes sei, dass der landkreiseigene Schwerlastverkehr
aufgrund der stark industriellen Prägung des Landkreises zugenommen habe. Viele
Unternehmen hätten ihr Interesse bekundet, den Güterverkehr auf die Schiene zu
verlagern. Die Umsetzung scheitere jedoch daran, dass die DB mangels
entsprechender Infrastruktur keine geeigneten Angebote unterbreiten könne, wie
die Güter aus dem Landkreis heraustransportiert werden können. Ab Aschaffenburg
sei ein Weitertransport ohne Probleme möglich. In Kooperation mit dem Freistaat
Bayern soll daher eine Machbarkeitsstudie zur Verlagerung des Güterverkehrs aus
Industriebetrieben des Landkreises auf die Schiene erstellt werden.
Herr
Scherf begrüßt zum Thema Herrn Kocholl von der Railistics GmbH, der per Video
zugeschaltet ist.
Herr
Wosnik erläutert, dass die Beratungsleistungen zur Erstellung einer
Machbarkeitsstudie für den schienengebundenen Güterverkehr im Landkreis
Miltenberg inhaltlich zuletzt in den Sitzungen des Ausschusses für Energie, Bau
und Verkehr am 08.12.2020 und 02.03.2021 beraten wurden. Über die Vergabe der
Leistungen an das Konsortium aus Railistics und SSP wurde in der Sitzung des
Ausschusses vom 05.10.2021 berichtet. Der vorgesehene Kick-Off-Workshop fand am
12.10.2021 statt. Das Protokoll dieser Veranstaltung wurde als Anlage zu diesem
Tagesordnungspunkt zur Verfügung gestellt. Mittlerweile liege ein erster
Zwischenbericht vor. Dessen wesentliche Inhalte werden nachfolgend kurz
dargestellt.
Herr
Kocholl, Consultant bei Railistics GmbH, stellt das Güterverkehrskonzept auf
der Schiene gemäß Präsentation vor.
Bedarfsanalyse
Die Bedarfsanalyse ist weitgehend abgeschlossen und
zeigt ein erhebliches Potential für eine Verlagerung von Transporten auf die
Schiene.
Klärung der Leistungsfähigkeit der vorhandenen Infrastruktur
Die vorhandene Infrastruktur wird, was den
Gleiskörperzustand und die bestehenden Bahnhöfe angeht, als gut konstatiert.
Auch die möglichen Gleisanschlussbedingungen für einige Firmen mit größerem
Bedarf an Transporten werden in erster Abschätzung positiv beurteilt. Hingegen
wird in den bisherigen Ergebnissen deutlich, dass es an Aufstell- und
Servicegleisen für das Handling verschiedener Güter und an entsprechenden
Verlademöglichkeiten fehlt.
Mülltransporte der Müllumladestation Erlenbach
Eine erste Abschätzung zum Thema Mülltransport in
die Müllverbrennungsanlage in Schweinfurt führt zu dem Ergebnis, dass dies
unter den gegebenen Umständen nicht wirtschaftlich umsetzbar wäre.
Infrastruktur
Eine Kreuzung könnte am Haltepunkt Sulzbach am Main
realisiert werden.
Für
weitere regelmäßige Güterzüge von Unternehmen mit Sitz in Miltenberg, Amorbach,
Kleinheubach ergibt sich nach ersten Erkenntnissen die Notwendigkeit für ein
Gleis, um die Wagengruppen zusammenzuführen (Servicegleis). Das Gleis sollte im
Bereich Miltenberg angeordnet werden und über eine Nutzlänge für einen Ganzzug
verfügen. Ob dafür die Notwendigkeit besteht, kann erst nach Auswertung der
Befragungsergebnisse festgestellt werden.
Ob
weitere Ausweich- und Überholmöglichkeiten zwischen Freudenberg und Miltenberg
erforderlich wären, ergibt sich erst in der weiteren Bearbeitung. Vor allem ist
hier der Fahrzeugverwerter in Faulbach ausschlaggebend. Die
Infrastruktureingabe in zwei Szenarien ist bereits abgeschlossen. Im Szenario I
wurde die bestehende Infrastruktur als Basis herangezogen. Im Szenario II wurde
eine Elektrifizierung des Abschnittes Miltenberg – Aschaffenburg angenommen und
die Geschwindigkeiten gemäß den Vorgaben aus dem Deutschlandtakt angehoben.
Die Ergebnisse dieser Szenarien liegen bislang der
Kreisverwaltung noch nicht vor.
Weiteres Vorgehen
Im weiteren Verfahren wird angeregt, dass sich die
Steuerungsgruppe mit den nächsten Schritten in der Erstellung der
Machbarkeitsstudie befassen sollte.
Die Steuerungsgruppe besteht aus:
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Landrat Scherf
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Herrn Brückner, Reg Ufr.
·
Herr Schmitt, Bgm. Amorbach
·
Hr. Münig, Bgm. Kleinheubach
·
Hr. Klag, OWA
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Hr. Schneider, ICO
·
Herrn Greber, IHK
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Herrn Wosnik, Landratsamt UB 5
·
Herr Schuck, Kreisrat
·
Herr Dr. Bohnhoff, Kreisrat
·
Herr Dr. Fahn, Kreisrat
Die nächste Zusammenkunft der
Steuerungsgruppe ist für den 29.März geplant. Zusätzlich soll es in einem
größeren Kreis eine Ideenschmiede zu diesem Thema geben, bei der weitere
Meinungen und Stellungnahmen eingeholt werden.
Bereits jetzt sei erkennbar, dass
in dieser Untersuchung Potential für den Landkreis und die Kreisentwicklung
stecke. Dies treffe umso mehr vor dem Hintergrund der letzten zwei Wochen zu
Tage getretenen Problematik der Energieversorgung für den Güterverkehr zu.
Betrachtet man sich die Effizienz des Schienengüterverkehrs in Bezug auf den
CO2-Ausstoß und Treibhausgasausstoß, so ist dieser beim Tonnen- und
Güterkilometer beim Lkw elfmal so hoch wie bei der Bahn. Damit liegt die Bahn
auch noch vor dem Binnenschiffsverkehr.
Herr Fahn bedankt sich für den
Zwischenbericht. Er wecke die Hoffnung, den Mülltransport doch noch auf die
Schiene verlagern zu können. Dies sei schon 1994 vom Kreistag beschlossen
worden. Lt. Präsentation handelt es sich um eine Gesamtmüllmenge von 48.000 t
p/a aus Stadt Aschaffenburg und den Landkreisen Aschaffenburg und Miltenberg.
Das bedeute für ihn, dass das Konzept gemeinsam entwickelt und in den
entsprechenden Gremien behandelt werden müsse. Die Studie habe auch erbracht,
dass tagsüber keine Transportkapazitäten frei seien. Eine Verlagerung in die
Nachtstunden von 0:35 bis 4:41 Uhr sei daher denkbar. Wie bekannt ist, wurde
der Vertrag für den Mülltransport per Lkw verlängert und laufe am 31.12.2023
aus. Es müssten aus seiner Sicht Anstrengungen unternommen werden, damit der
Mülltransport nach Ablauf dieses Zeitraums auf die Schiene verlagert werden
könne.
Herr Bohnhoff weist darauf hin,
dass die Steuerungsgruppe in Sachen Mülltransport den kompletten Entsorgungsweg
im Blick haben sollte. Es reiche nicht aus, Zwischenlagerkapazitäten zu
schaffen, die Müllmengen zu bündeln und zum Müllheizkraftwerk zu verbringen.
Auch dort müssten entsprechende Lagerkapazitäten vorhanden sein, damit das
Vorhaben an den Gegebenheiten vor Ort nicht scheitere.
Herr Wosnik erläutert zu den von
Gremiumsmitgliedern aufgeworfenen Themen, dass Stadt und Landkreis
Aschaffenburg bereits im Vorfeld Interesse gezeigt haben, an dem Konzept
mitzuwirken. Er gehe daher davon aus, dass bei Erarbeitung entsprechender
landkreisübergreifender Ergebnisse diese auch in den dortigen Gremien behandelt
werden. Der Hinweis auf freie Kapazitäten in der Nacht sei zwar richtig,
erfasse aber nicht die gesamte Problematik. Es seien nicht nur die Fahrzeiten,
sondern auch der Einsatz geeigneter Transportmittel zu klären, damit man sich
nicht den Unmut sämtlicher Anwohner wegen Lärmbelästigung zuziehe. Die Studie
umfasse letztendlich auch die Frage der Ausgestaltung eines Mülltransports auf
der Schiene, damit dieser technisch bis zum Entsorger funktioniere. Der Kontakt
zum GKS bestehe bereits. Allerdings müsse an dieser Stelle auch erwähnt werden,
dass es sich nur um eine Machbarkeitsstudie handele. Eine Machbarkeitsstudie
sei ein Blick in die Zukunft und nicht ein konkretes Umsetzungskonzept, damit
in zwei Jahren der Müll auf der Schiene nach Schweinfurt komme. Bei solchen
Konzeptprojekten sei oftmals Geduld vonnöten.
Herr Eppig bemängelt, dass die
Studie zwar visionär die Möglichkeit der Verlagerung von Gütern auf die Schiene
sehe, aber zu wenig auf erforderliche Umschlagseinrichtungen eingehe. Aus
seiner Sicht könne der Schienenverkehr nur dann attraktiver gestaltet werden,
wenn dezentrale Umschlageinrichtungen angeboten werden. Für Josera und Acordis,
die bereits über Gleisanschlüsse verfügen, stelle sich diese Frage nicht.
Andere Unternehmen ohne Gleisanschluss müssten per Lkw anliefern, was wieder zu
einer gewissen Verkehrsdichte und damit einhergehend zu Schwierigkeiten führen
könne. Die Umschlagplätze müssten deshalb dezentral, d.h. nicht in
Aschaffenburg oder Miltenberg, sondern „auf der grünen Wiese“ eingerichtet
werden, damit keine Anwohner durch Lkw-Verkehr und CO2-Ausstoß belastet würden.
Auch stelle sich zumindest beim Mülltransport die Frage, ob nicht analog der früheren
Autozüge künftig Lkw- bzw. entsprechende Containerzüge nach Schweinfurt fahren
könnten. Diese Themen seien in der Studie bislang zu wenig berücksichtigt
worden.
Herr Wosnik bestätigt, dass
Unternehmen, die über keinen eigenen Gleisanschluss verfügen, Lösungen
angeboten werden müssen. Die bislang aus dem Gremium angesprochenen Punkte
seien bereits in der Steuerungsgruppe in der Diskussion. Allerdings sollen noch
die Ideen aus dem Ideenworkshop abgewartet werden, bei der die Firmen
eingebunden sind. Aufgrund der derzeitigen Energiepreisentwicklung zeigen diese
ein großes Interesse an der Studie. Zudem handele es sich bei der heutigen
Information nur um einen Zwischenbericht.
Herr Kocholl ergänzt, dass
Umschlageinrichtungen für alle Firmen öffentlich zugänglich sein werden. In
Abhängigkeit von den zu transportierenden Gütern müsse der Umschlagplatz
ausgebaut werden. Zum Thema Mülltransporte nach Schweinfurt sei noch
anzumerken, dass in der Nacht zwar ein Zeitfenster für Fahrten zur Verfügung
stehe. Dieses sei aber so begrenzt, dass aufgrund der Lokomotiv- und
Wagenbindung die Mülltransporte irgendwo auf der Strecke „zwischenparken“
müssten, um das nächste Zeitfenster für eine Weiterfahrt abzuwarten. Dies wirke
sich natürlich auch auf die Kosten der Mülltransporte aus.
Herr Scherf fasst zusammen, dass
zuerst ermittelt werden müsse, welche Nachfrage bestehe und dann könne die
Infrastruktur dafür geschaffen werden.
Herr Schuck fragt nach, ob in das
Gutachten auch eingeflossen sei, dass je nach Transportgut unterschiedliche
Transportmöglichkeiten vorgehalten werden müssen, z.B. Zellstoff in einem
trockenen Behälter, Müll in einem Großraumcontainer, Futtermittel in Silos.
Sehe man die in der Präsentation genannten Gesamtmengen an transportieren
Gütern, müssten Logistiker diese Mengen hinsichtlich des Transports
kombinieren. Das Gutachten lasse die Einbeziehung dieser Thematik nicht
unbedingt erkennen.
Herr Wosnik erläutert kurz, dass
das Gutachten natürlich auf die verschiedenen angefragten Fraktionen sowie die
hierfür erforderlichen Umschlageinrichtungen eingehen werde. Man werde aber nur
die Güter näher betrachten, deren Bedarf mittelfristig am realistischen
umzusetzen sind.
Herr Bohnhoff fragt an, ob für
einen CO2-neutralen Gütertransport die Elektrifizierung der Bahn in das
Gutachten einbezogen wurde.
Herr Scherf bestätigt, dass dies
im Konzept berücksichtigt sei. Denn solange auf der Strecke Miltenberg –
Aschaffenburg dieselbetriebene Fahrzeuge eingesetzt würden, führe dies aufgrund
des Traktionswechsel von Diesel auf Strom in Aschaffenburg zu einem Zeitverlust
und zu Mehrkosten. Die CO2-Berechnung, die Herr Wosnik dargelegt habe,
berücksichtige den Anteil des Dieselverkehres auf der Schiene insgesamt. Die
Elektrifizierung der Maintal-Bahn sei momentan Gegenstand in einer
entsprechenden, vom Freistaat Bayern finanziell geförderten Untersuchung durch
die bayerische Eisenbahn Gesellschaft. Der Auftrag für die Studie sei bereits
vergeben. Eine Elektrifizierung der Maintal-Bahn wäre nicht nur eine deutliche Erleichterung
für mehr Güterverkehr, sondern diene auch der Realisierung des
Deutschlandtaktes, der ab 2030 gefahren werden soll. Infrastrukturelle
Hemmnisse auf der Maintal-Bahn seien u.a. das fehlende Ausweichgleis bei
Sulzbach sowie die ausstehende Elektrifizierung an sich.