Tagesordnungspunkt

TOP Ö 11: Zentrum für lokales Freiwilligenmanagement

BezeichnungInhalt
Sitzung:14.12.2020   KT/009/2020 
Beschluss:mehrheitlich abgelehnt
Abstimmung: Ja: 27, Nein: 29
DokumenttypBezeichnungAktionen

Der Kreistag lehnt mehrheitlich mit 27:29 Stimmen ab,

 

gefördert durch das Bayerischen Staatsministeriums für Familie Arbeit und Soziales, ein Zentrum für lokales Freiwilligenmanagement einzurichten und mit einer Halbtagsstelle zu besetzen, zunächst befristet auf ein Jahr.


Landrat Scherf trägt vor, dass die bestehende Koordinationsstelle Bürgerschaftliches Engagement des Landkreises Miltenberg im Rahmen einer halben Stelle unterstützt, berät und das bereits bestehende Spektrum an bürgerschaftlichem Engagement begleitet, u.a. auch und gerade im Bereich unserer Vereine im Landkreis. Zusätzlich steht die Aufgabe der Entwicklung von Instrumenten der Wertschätzung für das bürgerschaftliche Engagement im Vordergrund. Zu nennen ist hier der Bürgerpreis, der gemeinsam mit der Sparkasse Miltenberg-Obernburg verliehen wird.

 

Für die Aufgaben im Zusammenhang mit der Ausgabe und Betreuung der Bayerischen Ehrenamtskarte des Freistaates Bayern steht ebenfalls eine halbe Stelle zur Verfügung. Im Landkreis gibt es über 2500 Karteninhaber*innen und eine große Zahl an Akzeptanzpartner*innen.

 

Darüber hinaus gibt es einen besonderen Unterstützungsbedarf seitens der Vereine und des bürgerschaftlichen Engagements im Landkreis Miltenberg. Ausdrücklich im Bereich der Akquise von Menschen, die sich ehrenamtlich bzw. bürgerschaftlich engagieren wollen, fordern die Vereine im Landkreis Miltenberg seit längerem zusätzliche Unterstützung in Form eines sogenannten lokalen Freiwilligenmanagements.

 

Ein solches Zentrum für lokales Freiwilligenmanagement wurde wiederholt gefordert, u.a. 

  • bei der Fachtagung für ehrenamtlich Tätige im Jahr 2015 im Landratsamt,
  • beim Treffen der Fair-Trade-Initiativen im Jahr 2018 in Mömlingen,
  • bei der Zukunftswerkstatt führender Vertreterinnen und Vertreter der Musikverbände im Landkreis Miltenberg im Februar 2019 und
  • bei der gemeinsamen Tagung der Fachstelle für bürgerschaftliches Engagement und der Gleichstellungsstelle im Jahr 2019.
  • Nicht zuletzt wurde bei der Erstellung des seniorenpolitischen Gesamtkonzeptes für den Landkreis Miltenberg eine solche Ehrenamts-Börse bzw. ein Zentrum für lokales Freiwilligenmanagement angeregt.

 

Aus diesem Grund hat die Koordinationsstelle Bürgerschaftliches Engagement des Landkreises Miltenberg an einem Interessenbekundungsverfahren des Bayerischen Staatsministeriums für Familie, Arbeit und Soziales im Oktober 2020 teilgenommen und wurde in der Folge in Kenntnis gesetzt, dass der Landkreis Miltenberg für die Modellförderung ausgewählt wurde und der entsprechende Antrag bis zum 04.11.20 eingereicht werden muss. Dies geschah vorsorglich unter Vorbehalt des Entscheids des Kreistags. Eine Vorberatung im zuständigen Ausschuss für Bildung, Kultur und Soziales war nicht mehr möglich, da kein Sitzungstermin mehr anstand. Bei der staatlichen Förderung handelt sich um die Förderung einer Vollzeitstelle für ein Jahr, die Höhe der Förderung beträgt 30.000 Euro, für den Landkreis fallen zusätzliche Personalkosten in Höhe von 43.372 Euro (Die Reduzierung auf eine halbe Stelle statt einer vollen Stelle ist grundsätzlich möglich). Eine Fortführung der Förderung im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel ist grundsätzlich vorgesehen.

 

Mit der Einrichtung eines Freiwilligenmanagements können neue Aufgabenfelder erschlossen bzw. genutzt werden. Ein besonderer Fokus soll hierbei auf der Unterstützung und fachlichen Beratung für gemeinwohlorientierte Organisationen wie Vereinen liegen. Die Unterstützung wird bestehen in

 

  • Engagementberatung und –vermittlung,
  • Qualifizierung und Fortbildung,
  • Öffentlichkeits- und Lobbyarbeit,
  • Projektarbeit,
  • Regionaler Vernetzung, auch mit der Wirtschaft im Rahmen der Corporate Social Responsibility,
  • direkten Dienstleistungen für die Bürgerinnen und Bürger des Landkreises (Matching),
  • Verstärkte Gewinnung von bislang im Engagement unterrepräsentierten Bevölkerungsgruppen.

 

 

Herr Kreisrat Dr. Herrmann führt für die Fraktion der Neue Mitte aus, dass er den Zeitpunkt für die Einrichtung eines solchen Zentrums für sehr ungünstig halte. Man würde ein schlechtes Signal setzen, das Geld zu Coronazeiten für ein solches Zentrum einzurichten.

 

Herr Kreisrat Schwing schließt sich seinem Vorredner an. Die Vereine im Landkreis bräuchten aktuell keine weitere Stelle im Landratsamt. Ehrenamtliches Engagement laufe mit viel Herzblut vor Ort ab in den Vereinen. Die Herausforderung, die die Vereine aktuell hätten, seien die finanzielle Situation und die Mitgliedergewinnung. Aktuell müssten sich die Vereine anstrengen, ihre Jugendlichen und Mitglieder übeerhaupt zu halten.

Die Stelle werde aktuell mit 30T Euro gefördert, am Landkreis blieben 43T Euro hängen. Wenn die Förderung wegfalle, seien es 70T Euro im Jahr. Er schlägt vor, dieses Geld gemäß dem CSU-Antrag den Vereinen direkt an die Hand zu geben. Die CSU werde dem Beschlussvorschlag nicht folgen.

 

Frau Kreisrätin Klug erklärt, wie schwierig es sei, Menschen für bürgerschaftliches Engagement zu gewinnen. Sie persönlich sehe es gerade jetzt als Zeichen der Hoffnung für die vielen Vereine, eine solche Stelle einzuführen. Wissenschaftliche Daten aus einem Workshop von 2019 zeigten, dass es den Freiwilligen nicht so wichtig sei, finanzielle Unterstützung zu bekommen. An Platz 1 stehe der Spaß und die Freude an der Arbeit im Verein. An letzter Stelle die Finanzierung.

In diesem Zusammenhang sehe sie es als eine Aufgabe, die man auf Landkreisebene ansiedeln sollte. Sie plädiert dafür, diese Stelle für ein Jahr einzurichten, aber gleichzeitig den Gemeinden den Auftrag mitzugeben, vor Ort Schnittstellen zu organisieren.

Sie spricht für eine große Mehrheit aus ihrer Freie Wähler-Fraktion, die Halbzeitstelle einzuführen.

Außerdem fordere sie aber, dass die Stelle entsprechend evaluiert werde und frühzeitig dem Kreistag die Ergebnisse vorgetragen würden. Wenn eine Stelle bereits nach einem Jahr auslaufe, müsse man ermessen können, wie sinnvoll die Einrichtung einer solchen Stelle sei.

 

Frau Kreisrätin Dr. Schüßler schließt sich ihrer Vorrednerin an. Sie halte diese Art der Förderung des bürgerschaftlichen Engagements für sehr zielgerichtet. Es sei gut, dass mit dieser Stelle auf verschiedene Bedürfnisse der einzelnen Vereine oder einzelnen Ehrenamtlichen eingegangen werden könne. Nicht zuletzt sei dieses sinnvolle Projekt momentan glücklicherweise auch noch durch das Staatsministerium für Bildung förderfähig. Wenn man mit Vereinen spreche, höre man ganz oft, dass Geld nicht das Problem sei, auch nicht in Zeiten von Corona, sondern die Sorgen drehten sich eher darum, wie alles weitergehen werde. Sie hält den Zeitpunkt, jetzt für eine solche Stelle abzustimmen, für sinnvoll, auch wenn man im ersten Moment denken könnte, dass sie aus wenig Aktivität bestehe. Sie hält es für ein gutes Signal, dass es weitergehen soll und dass es wichtig sei, alles zusammenzuhalten. Die Einführung einer Stelle würde auch von vielen Organisationen unterstützt. Sie sieht ihre Aufgabe als Kreisrätin darin, das Ohr da zu haben, was Menschen wollten und brauchen. Wenn es in der politischen Handlungskompetenz des Kreistages liege, möchte sie daher gerne eine Unterstützung dazu leisten. Vereine und Ehrenamtliche seien definitiv und förderfähig, deshalb sollte man die Gelegenheit nutzen, diese Stelle einzuführen.

 

Herr Kreisrat Härtel weist darauf hin, dass in der Coronapandemie viele Vereine unter ganz großen Problemen leiden würden, d.h. die Kinder könnten nicht mehr zu Proben oder Trainingseinheiten kommen, die Mitglieder würden davonlaufen. Es gelte, nach dieser Pandemie die Leute wieder zurückzugewinnen. Dazu benötigten die Vereine Ansprechpartner für ihre sicher ganz individuellen Fragen. Wenn das durch diese Stelle möglich sei, habe man eine ganz wichtige Aufgabe erfüllt. Es sei für die SPD-Fraktion sinnvoller, diese Stelle einzurichten als nach dem Gießkannenprinzip einen bestimmten Betrag an die Vereine auszuschütten. Die anstehenden Aufgaben könne die bestehende Stelle „Bürgerschaftliches Engagement“ sicher nicht leisten, deswegen befürworte die SPD-Fraktion die Einrichtung des Freiwilligenmanagements mit einer halben Stelle.

 

Herr Kreisrat Rüth nimmt Stellung zu den wissenschaftlichen Daten aus dem Workshop von 2019, dem Frau Kreisrätin Klug beigewohnt hat. Dieser Workshop habe unter komplett anderen Rahmenbedingungen stattgefunden als die letzten 9 Monate das ganze gesellschaftliches Leben prägen. Diese neun Monate hätten auch nachhaltige Auswirkungen; nicht nur auf das Thema Gesundheit und Finanzen, sondern auch auf die Sozialstruktur, insbesondere auf die Vereine. Da seien die Rahmenparameter aus seiner Sicht komplett anders als die Grundlagen dieser Untersuchung gewesen seien.

Er stimmt zu, dass Vereinsarbeit Spaß machen solle. Dies sei der Hauptmotivator. Aber der Motivator könne nur dann funktionieren, wenn man funktionierende Vereine haben. Geld sei nicht alles, aber ohne Geld sei auch alles nichts. Das gelte auch für die ehrenamtliche Arbeit, egal bei welcher Organisation oder bei welchem Verein. Darauf müsse man jetzt Priorität legen und schauen, dass man die Mitglieder, die noch da seien, auch binden könne.

Bei Personalkosten von 70T Euro pro Jahr rede, müsse das Anforderungsprofil n einem hohen Bereich liegen. Eine solche Stelle könne alleine nicht arbeiten, sondern benötige Zuarbeit von außen. Das funktioniere nicht ohne Workshops und Besprechungen, wo wieder genau diejenigen eingebunden würden, die ohnehin in den Vereinen überlastet seien. Man habe mit Sicherheit keine Zeit, sich noch in Diskussionsrunden einzubringen. Im Landratsamt gebe es genug Ansprechpartner für jedes Fachgebiet. Man müsse dem ganzen Thema keine zusätzliche Stelle überstülpen.

 

Frau Kreisrätin Stellrecht-Schmidt sei selbst aktuell im Bereich der Integrationsbeauftragten der Stadt Freudenberg aktiv. Sie könne im Moment an einer Weiterbildung teilnehmen, wobei es um Teilhabe im Ehrenamt gehe. Sie selbst sei zwar in verschiedenen Vereinen aktiv, nehme aber aus dieser Fortbildung noch extrem viel mit. Wenn man jetzt dieser Stelle zustimme, werde man nicht sofort eine Person bekommen, sondern eventuell in drei bis sechs Monaten. In dieser Zeit erhoffe sie sich, dass Corona das Leben nicht mehr so bestimme. Letztendlich stehe und falle es auch alles mit dieser Person, die diese Stelle ausfülle. Man sollte dem Ehrenamt eine Chance geben. Sie sehe darin eine gute Möglichkeit.

 

Herr Kreisrat Stich findet es interessant, dass die CSU sich gegen das Förderprogramm ihrer eigenen Staatsregierung stellt. Er möchte seine Verwunderung zum Ausdruck bringen, weil die Staatsregierung ja nicht aus Jux und Dollerei so ein Programm auflege.

 

Herr Kreisrat Frey führt die ödp-Fraktion aus, dass er gegen diese Stelle sei, weil es nicht originäre Aufgabe des Landkreises sei. Es handele sich um Steuergelder, egal ob der Kreis oder das Land bezahle, mit denen man sehr verantwortungsvoll umgehen müsse. Es sei ihm wichtig, dass man gegen diese Stelle stimmen könne und trotzdem sehr für das Ehrenamt sein.

 

Herr Kreisrät Zöller erklärt, dass sich die Freien Wähler in Bezug auf diese Stelle nicht einig seien. Die FW hätten die Stellen immer ganz besonders im Blick, deswegen habe man im Kreisausschuss bei „Bildung integriert“ die Kürzung auf eine 0,5-Stelle vorgeschlagen. Diese Stelle solle seiner Meinung nach auch mit einer 0,5-Stelle besetzt werden.

 

Landrat Scherf lässt über den weitergehenden Auftrag auf eine Vollzeitstelle nicht abstimmen, weil aus der Diskussion klar sei, dass dies abgelehnt werde und lässt somit gleich über die Einrichtung eines 0,5-Stelle abstimmen.

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