Tagesordnungspunkt

TOP Ö 6: Aktueller Bericht zur Lage in der Corona-Pandemie

BezeichnungInhalt
Sitzung:01.12.2020   KA/004/2020 
Beschluss:zur Kenntnis genommen
DokumenttypBezeichnungAktionen

Die Mitglieder des Ausschusses nehmen die Ausführungen zur Kenntnis.


Landrat Scherf trägt anhand beiliegender Präsentation den Sachstand zur Corona-Pandemie im Landkreis vor.

Obwohl die Zahl der aktuell Infizierten auf knapp unter 300 gesunken sei – Höchststand war am 20. November mit 465 Fällen –, brauche es weiter Disziplin und das Einhalten der Infektionsschutzregeln. Angesichts der hohen Belastung des Gesundheitsamts in Sachen Kontaktnachverfolgung sei die telefonische Erreichbarkeit derzeit nicht gegeben. Er empfiehlt deshalb Kontaktaufnahme per Mail unter infektionsschutz@lra-mil.de , das Ordnungsamt stehe per Mail unter ordnungsamt@lra-mil.de für Fragen bereit und das Servicetelefon sei unter Telefon 09371/501-716 an sieben Tagen pro Woche erreichbar.

Die Kontaktnachverfolgung funktioniere zurzeit innerhalb eines Tages. Wenn Meldungen aber am späten Nachmittag kommen, könne es sein, dass die Nachverfolgung erst am Tag darauf abgeschlossen sei. Die Tests zeigten zudem, dass Schulen und Kindertagesstätten keine Infektionsherde seien, sagte Scherf.

Er hebt die Leistungen aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Gesundheitsamts hervor, die teilweise bis zu 600 Überstunden angesammelt hätten, was angesichts einer Sieben-Tages-Woche mit täglich bis zu zwölf Arbeitsstunden kein Wunder sei. Unterstützt werde das Gesundheitsamt, das derzeit mit 28,5 Stellen besetzt ist, von vier sogenannten Ad-Hoc-Kräften des Staats, fünf Polizeibeamten und elf Soldaten der Bundeswehr. Eine weitere Aufstockung sei geplant. Hierfür habe man im Hof des Landratsamts Container mit 15 Arbeitsplätzen aufgestellt. Im Testzentrum in Miltenberg würden pro Tag bis zu 525 Tests genommen, am Samstag seien es bis zu 350 Tests. Alleine im November habe das BRK über 10.000 Menschen getestet, lobt der Landrat die ausgezeichnete Zusammenarbeit mit BRK, Helios-Klinik, der Kassenärztlichen Vereinigung und den Labors.

Zurzeit werde das Impfzentrum vorbereitet, das an der Helios-Klinik in Miltenberg entstehen soll. Hier sollen bis zu 300 Impfungen pro Tag möglich sein.

Landrat Scherf zeigt sich optimistisch, dass der Landkreis alles hinbekomme.

 

 

Über einen Vorgang berichtet Landrat Scherf wie folgt:

 

„Liebe Kreisrätinnen und Kreisräte,

 

ich möchte Sie über einen Vorgang ausführlicher informieren: Gerade die Bürgermeister*innen unter Ihnen kennen in den vergangenen Monaten eine Zunahme von verbalen Beleidigungen oder Bedrohungen. Besonders perfide sind meines Erachtens die Andeutungen und Doppeldeutigkeiten aus dem rechtsradikalen & rechtsextremen Bereich, wenn, ich zitiere nun, vom „Volksfeind“ oder vom „Tag der Abrechnung“ gesprochen wird.

 

Etwas überrascht wurden meine bayerischen Landratskolleg*innen durch ein Schreiben aus dem Landtag, Absenderin: Katrin Ebner-Steiner, AfD-Fraktionsvorsitzende im bayerischen Landtag.

 

In dem Schreiben fordert die AfD mich und meine Kolleg*innen auf, alles dafür zu tun, die Maskenpflicht für Grundschüler auszusetzen. Vielleicht etwas verspätet wird an den Mut appelliert, sich gegen ein totalitäres Hygieneregime zu stellen.

 

Ich stelle hier genau die Widerstandsrhetorik fest, die wir bereits bei „Jana aus Kassel“ und einigen anderen erleben, die damit alle Opfer des totalitären Naziregimes verhöhnen.

 

Ebenfalls ein rhetorisches & politisches Stopp-Signal setze ich an einer zweiten Stelle: "In einer späteren Zeit werden alle Maßnahmen und das Verhalten aller Verantwortlichen sicher noch einmal in einem anderen Licht gewürdigt werden", heißt es in dem Brief an mich.

 

Unterzeichnerin Ebner-Steiner hat inzwischen öffentlich erklärt, als mein Landratskollege Stefan Löwl diese Drohungen öffentlich kommentiert hat, sie könne die Aufregung nicht verstehen: Jede politische Entscheidung werde früher oder später auf ihren Erfolgsgehalt hin gewürdigt. Und, so Ebner-Steiner, wer Angst habe, sich dieser politischen Verantwortung zu stellen, sollte nicht in der Politik tätig sein.

Gleichzeitig warf sie den Kritikern des Briefs vor, einen "neuerlichen Versuch" zu unternehmen, "einen AfD-Vertreter mit einer abstrusen Konstruktion zu diffamieren."

 

Ich bitte Sie, liebe Kreisrätinnen und Kreisräte, fallen Sie nicht auf diese „Wolf im Schafspelz Taktik“ der AfD herein! Das, was die AfD in diesem Schreiben offenbart, ist ein typisches Muster der AfD-Kommunikation. Es werden doppeldeutige Formulierungen genutzt, um gleichzeitig die eigene Anhängerschaft zu bedienen und Kritik an sich abperlen lassen zu können, um sich anschließend wieder als Opfer stilisieren zu können. Das mediale Karussell dreht sich so weiter, man hält die Anhängerschaft bei der Stange und gleichzeitig kann man immer abstreiten, es so gemeint zu haben.

Ich erinnere aber daran, dass Björn Höcke bei seinem Besuch in Unterfranken unseren Polizist*innen zugerufen hat: „Wechseln Sie die Seite, bevor es zu spät ist“. Die AfD spielt mit den Verweisen auf einen möglichen rechten Putsch, auch mit der eingangs erwähnten Diffamierung als „Volksfeind“. Das war die Bezeichnung für die Menschen, die das Konzentrationslager Dachau gesperrt wurden.

 

Landtagspräsidentin Ilse Aigner hat meinem Kollegen erklärt, sie habe keine Handhabe gegen solch zweideutig verfasste Schreiben. Grundsätzlich habe jeder Abgeordnete das Recht, sich an die Landrät*innen zu wenden. Es sei jedoch schlecht für die Demokratie und auch falsch, solche Briefe zu verfassen - gerade in einer Zeit, in der Kommunalpolitiker*innen zunehmend starken Angriffen ausgesetzt sind.

 

Öffentlich mache ich dies heute Ihnen gegenüber um ein Zeichen gegen diese Einschüchterung und Tabubrüche von rechts zu setzen. Wenn wir Stück für Stück immer mehr zulassen, wie dies die AfD derzeit austeste, würden wir Gefahr laufen, irgendwann an einem Punkt zu stehen, von dem aus wir nicht mehr zurückkommen.“

 

 

Kreisrat Paulus bittet Landrat Scherf, seinen Dank an die Mitarbeiter weiterzugeben. Das Testzentrum funktioniere und der Ablauf klappe sehr gut. Die Leistungen seien nicht groß genug wertzuschätzen.

Für den 6. Dezember sei ein sogenannter „Schweigemarsch“ der Querdenker-Bewegung "Wir stehen auf Miltenberg" angekündigt. Diese Gruppe sei eine Melange an aktiven Leuten, die ihn beunruhige. Viele Namen dieser Leute kenne man noch von früher aus den „rechts“ Angesiedelten, die sich hier mit Menschen zusammentäten, die Bedenken und Angst hätten. Man müsse und dürfe noch über jede Maßnahme diskutieren, ob sie sinnvoll sei oder nicht und dabei sollte man den Boden der noch guten Kommunikation nicht verlassen. Auf der anderen Seite müsse man Gesicht zeigen und dem entgegenstehen und sich zu Wort melden.

 

Landrat Scherf bedankt sich für die positive Rückmeldung und Rückendeckung.

 

Kreisrat Stich möchte aus seinem beruflichen Hintergrund als Rektor des Johannes-Butzbach-Gymnasiums dem Gesundheitsamt Danke sagen. Besonders bewundernswert sei, wie die Mitarbeiter immer noch so freundlich blieben. Er möchte auch ausdrücklich der Bundeswehr danken. Dies sage er auch aus Eigennutz, weil von den Schulen und andere Beamt*innen angeworben worden seien, die im Contact-Tracing hätten aushelfen sollen.

Zu den Querdenkern merkt er an, dass es die Politiker*innen schwer hätten. Aber auch an den Schulen schlage das Thema täglich auf. Das größte Problem sei, wenn Leute resistent gegen Argumentationen seien. Das sei ein bedenkliches Zeichen. Wenn die Bedingungen wieder besser würden, hofft er, wieder zum Diskurs zurückkehren zu können.

 

Kreisrat Dr. Bohnhoff schließt sich den Ausführungen an. Das Testzentrum funktioniere blendend.

Er fragt, ob man eine Statistik oder Darstellung habe, wie es der Wirtschaft gehe, z.B. Kurzarbeiterzahlen, Anfragen für Hilfen, etc. Das sei zwar eine andere Perspektive, aber die gehöre auch dazu.

 

Landrat Scherf antwortet, dass man genau aus diesem Grund zur nächsten Kreistagssitzung die Leiterin der Agentur für Arbeit, Frau Schulze-Middig, eingeladen habe.

In der letzten Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft und Touristik hätten die betroffenen Kammern, IHK und HWK, Mittelstandsvereinigung und andere Vertreter aus verschiedenen betroffenen Bereichen berichtet.

Im Moment stelle sich eher die Frage für die Unternehmen, ob sie diesen Lockdown gut hinbringen würden. Er habe im Oktober unmittelbar zurückgespiegelt bekommen, in denen wir als der Landkreis als regionale Maßnahme isoliert gewesen sei, dass ganz viele Betriebe große Sorgen hatten, ob Kindergärten und Schulen geschlossen würden, weil das ganz gravierende Auswirkungen auf die Wirtschaft gehabt hätte. Deswegen gebe es zwei fundamentale Gründe dafür, dass Kindergärten und Schulen offenbleiben. Der primäre sei, dass die Kinder die sozialen Kontakte hätten, aber die Grundlage sei dafür auch, dass die Eltern arbeiten gehen können.

Landrat Scherf sei in regelmäßigen Austausch mit IHK und HWK, wo immer die Möglichkeit bestünde, Probleme anzusprechen.

 

Kreisrat Zöller bedankt sich namens der Fraktion der Freien Wähler bei allen Mitarbeiter*innen, allen Hilfsorganisationen, bei der Bundeswehr und den anderen Unternehmensbereichen.

Auch bedankt er sich bei Landrat Scherf, dass er das Schreiben der AfD veröffentlicht habe und beglückwünscht die Wähler*innen des Landkreises Miltenberg, dass keine Mitglieder der AfD im Kreistag sitzen.

Er fragt, ob es möglich wäre, zur Personalausstattung des Impfzentrums einen Aufruf an Medizinstudent*innen, medizinische Fachangestellte usw. starten könne, die am Wochenende oder an freien Tagen bereit wären, zu helfen.

 

Landrat Scherf dankt für den Hinweis. Sobald das Thema konkret wäre, hake man nach.

 

Aus der IHK-Vollversammlung, wo Kreisrat Paulus Mitglied ist, bringt er mit, dass es Branchen gebe, die schwer betroffen seien. Das größte Problem aber habe die Tourismusbranche. Alle bei der IHK hofften, dass der Lockdown nicht zu lange dauere, da aktuell noch alles gestemmt werden könne, sich das aber bei einem längeren Lockdown ändern würde.

 

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