Tagesordnungspunkt

TOP Ö 7: Energiegewinnung – Photovoltaikprojekt: Herausnahmeverfahren LSG in Eichenbühl

BezeichnungInhalt
Sitzung:19.10.2020   KT/008/2020 
Beschluss:mehrheitlich beschlossen
DokumenttypBezeichnungAktionen

Der Kreistag beschließt mehrheitlich

 

bei zwölf Gegenstimmen

 

die Herausnahme von Flächen in Eichenbühl aus dem Landschaftsschutzgebiet „Bayerischer Odenwald“.

 

 

Der Kreistag beschließt mehrheitlich

 

bei zwölf Gegenstimmen

 

die erste Verordnung des Landkreises zur Änderung des Landschaftsschutzgebiets Bayerischer Odenwald.

 


Sachverhalt:

 

Im Januar 2020 stellt die Gemeinde Eichenbühl zusammen mit der Fa. Trianel (Energieunternehmen) dem Landratsamt die Planungen zur Errichtung eines ca. 10 ha großen Solarparks auf der Ebenheider Höhe vor.

Zur Umsetzung des Projektes sind die Änderung des Flächennutzungsplans der Gemeinde Eichenbühl sowie eine Aufstellung eines Bebauungsplans erforderlich. Die entsprechenden Aufstellungsbeschlüsse wurden in der Sitzung des Gemeinderats vom 24.07.2019 bereits getroffen.

Aufgrund der Lage im Landschaftsschutzgebiet „Bayerischer Odenwald“ kann ein Flächennutzungsplan nicht genehmigt werden bzw. ein Bebauungsplan widerspricht den Zielen der Schutzgebietsverordnung.

Ein sog. Planen in eine Befreiungslage hinein, also das Inaussichtstellen einer Befreiung für das konkrete Vorhaben ist aufgrund der Größe der benötigten Fläche nicht möglich.

 

Um die Planungen zu verwirklichen, ist daher die Herausnahme der Flächen aus dem Landschaftsschutzgebiet erforderlich.

 

Die Gemeinde Eichenbühl hat in der Gemeinderatssitzung vom 04.03.2020 beschlossen, einen entsprechenden Antrag zu stellen, dieser wurde mit Schreiben vom 05.03.2020 beim Landratsamt gestellt.

 

Das Landschaftsschutzgebiet wurde 1982 als Schutzzone des Naturparks Bayerischer Odenwald durch das Bayerische Umweltministerium ausgewiesen. Zuletzt erfolgte 2017 eine Änderung der Schutzgebietsverordnung im Rahmen des Zonierungsverfahrens (Windkraft) durch den Bezirk Unterfranken.

Da der jetzt von einer Herausnahme betroffene Bereich sich ausschließlich im Gebiet des Landkreises Miltenberg befindet, ist der Landkreis für den Erlass der Änderungsverordnung zuständig (§ 51 Abs. 1 Nr. 3 BayNatSchG).

Voraussetzung einer Aufhebung ist, dass überwiegende sachliche Gründe die Zurückstellung der Naturschutzbelange rechtfertigen. Der Verordnungsgeber hat auch die Ziele der kommunalen Planungshoheit in den Blick zu nehmen und den betroffenen Belangen von Natur und Landschaft abwägend gegenüberzustellen.

 

Die Herausnahme für den Solarpark betrifft eine Fläche am Rande des Landschaftsschutzgebietes an der Landesgrenze zu Baden-Württemberg. Durch die Herausnahme nur dieser Fläche entstünde  eine „Insel“. Die Untere Naturschutzbehörde schlägt daher vor, die östlich angrenzenden Flächen Richtung Baden-Württemberg sowie auch die Flächen nördlich des geplanten Solarparks bis einschließlich des Gebäudekomplexes am Ebenheider Hof ebenfalls in das Verfahren einzubeziehen. Insgesamt würde das Landschaftsschutzgebiet somit um ca. 17 ha verkleinert.

Bei einer Gesamtfläche des Landschaftsschutzgebietes von ca. 29.643 ha im Landkreis würde nur ein geringer Anteil (0,057 %) seinen Schutzstatus verlieren.

 

Im vorliegenden Fall handelt es sich bei den Flächen neben dem Ebenheider Hof um intensiv genutztes Acker bzw. Dauergrünland. Es sind Flächen, die für sich alleine betrachtet zwar nicht die Voraussetzungen für eine Unterschutzstellung erfüllen, aber als Puffer für die wertvolleren Teile der Natur ebenfalls ausgewiesen wurden.

 

Alternativflächen außerhalb des Landschaftsschutzgebietes für die Errichtung der Solaranlage und damit der Erzeugung von erneuerbarer Energie sind aufgrund der großflächigen Ausdehnung des Schutzgebietes nur schwer zu finden, insbesondere auf dem Gebiet der Gemeinde Eichenbühl.

 

Im Änderungsverfahren wurden die Träger öffentlicher Belange - insbesondere die Naturschutzverbände - beteiligt. Außerdem wurde die Öffentlichkeit informiert (Bekanntmachung) und die Unterlagen waren für die Dauer eines Monats (01.07. – 31.07.2020) im Landratsamt und im Rathaus Eichenbühl einsehbar.

 

Nach Abschluss des Anhörungsverfahrens wurden die eingegangenen Rückmeldungen ausgewertet.

 

Keine Rückmeldung von

 

-     Landesbund für Vogelschutz

-     Deutscher Alpenverein

-     Schutzgemeinschaft Deutscher Wald

-     Verein zum Schutz der Bergwelt

-     Wanderverband Bayern

-     Verein Wildes Bayern

-     Landratsamt Main-Tauber-Kreis

-     Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft Bayern

 

Keine Bedenken bzw. Zustimmung:

 

-        Landratsamt – Sachgebiet 43: Schr. v. 29.06.2020

Keine Bedenken

 

-        Landratsamt – Sachgebiet 41: Schr. v. 06.07.2020

Hinweis auf mögliche Blendwirkung, Lichtreflektionen, Berücksichtigung der Hinweise der LAI bei Planung

 

-        Staatliches Bauamt Aschaffenburg: Schr. v. 08.07.2020

Keine Bedenken

 

-        Amt für ländliche Entwicklung Unterfranken: Schr. v. 08.07.2020

Keine Bedenken

 

-        Bezirk Unterfranken – Bezirksverwaltung: Schr. v. 08.07.2020

Verzicht auf Stellungnahme

 

-        Landratsamt – Sachgebiet 51: Schr. v. 13.07.2020

Bisher sind dem Sachgebiet die Planungsabsichten der Gemeinde nur aus der Tagespresse bekannt. Entsprechende Planungsunterlagen lagen noch nicht zur Beurteilung vor.

Hinweise zu Bebauungsplanverfahren, evtl. Alternativenprüfung

 

-        Bayerischer Jagdschutzverband Bayern e.V.: E-Mail v. 13.07.2020

Zustimmung: Herausnahme der Flächen aus Jagdpachtvertrag, Befriedet-Erklärung sowie Erfüllung der Auflagen des Naturschutzes

 

 

-        Regierung von Unterfranken – Regionalplanung: Schreiben vom 13.07.2020

Keine Bedenken

 

-        Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Karlstadt: E-Mail v. 17.07.2020

Keine Bedenken

 

-        Regionaler Planungsverband Bay. Untermain - Region 1: Sch. v. 15.07.2020

Keine Bedenken

 

-        Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege: Schr. v. 21.07.2020

Zustimmung mit Hinweis auf Erfordernis einer denkmalrechtlichen Erlaubnis bei zukünftigen Eingriffen

 

-        Landesfischereiverband Bayern: Schr. v. 28.07.2020

Keine Bedenken

 

-        Wasserwirtschaftsamt Aschaffenburg: Schr. v. 30.07.2020

Keine Anmerkungen

 

-        Stadt Freudenberg a.Main: Schr. v. 29.07.2020

Keine Einwände

 

Ablehnung:

 

-        Verein für Landschaftspflege und Artenschutz in Bayern e.V.: Schr. v. 31.07.2020

Beeinträchtigung des Schutzzwecks der Schutzgebietsverordnung, Alternativflächen auf vorhanden Gebäuden sollten vorrangig genutzt werden

 

-        Bund Naturschutz Kreisgruppe Miltenberg: Schr. v. 03.08.2020

Es sei nicht zielführend zur Förderung von Solarenergie offene und wirtschaftlich gut nutzbare Flächen heranzuziehen und damit den Flächenschwund voranzutreiben.

 

 

Höhere Naturschutzbehörde, Schr. vom 23.07.2020

Die Regierung von Unterfranken (Höhere Naturschutzbehörde) weist daraufhin, dass das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) am 04.05.2020 einen Vorlagebeschluss zum europäischen Gerichtshof (EuGH) erlassen hat. Auf diesen Umstand wurde auch durch ein UMS vom 29.06.2020 (Eingang 08.07.2020) hingewiesen. Zu diesem Zeitpunkt war das Herausnahmeverfahren allerdings bereits eingeleitet.

Inhaltlich geht es beim Vorlagebeschluss um die Frage, ob das Unionsrecht vor Erlass einer naturschutzrechtlich veranlassten Schutzgebietsverordnung auf Grundlage der SUP-Richtlinie eine Strategische Umweltprüfung oder eine Entscheidung der Mitgliedsstaaten über die Durchführung einer solchen Prüfung verlangt. Führt die Beantwortung der Fragen durch den Europäischen Gerichtshof zu einer unionsrechtlichen Pflicht einer Strategischen Umweltprüfung oder jedenfalls zu einer nationalrechtlichen Pflicht einer Vorprüfung, wären voraussichtlich jedenfalls sehr viele Ausweisungen von Schutzgebieten verfahrensfehlerhaft, die nach Ablauf der Umsetzungsfrist der SUP-Richtlinie am 21. Juli 2004 ergangen sind. Ein solcher Verfahrensfehler führt nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts grundsätzlich zur Unwirksamkeit der zur Ausweisung notwendigen Verordnung. Mit einer Entscheidung des EuGH ist erst im Sommer 2021 zu rechnen.

 

Grundsätzlich liegt für das Bebauungsplanverfahren, das für die Errichtung der PV-Anlage erforderlich ist, eine obligatorische SUP-Pflicht vor.

Nach Ansicht der UNB liegen allerdings die Voraussetzungen einer Ausnahme des § 37 UVPG vor.

Es handelt sich um die Nutzung nur eines kleinen Gebietes auf lokaler Ebene (17 ha von 3120 ha Gemeindegebiet, ca. 0,54 %), daher ist eine überschlägige Vorprüfung des Einzelfalls UVPG erforderlich.

 

Hierbei kommt die Untere Naturschutzbehörde zum Ergebnis, dass nach überschlägiger Prüfung  voraussichtlich nicht zu erwarten ist, dass von der geplanten PV-Anlage erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen ausgehen.

 

Die Gemeinde Eichenbühl teilte mit Schreiben vom 17.09.2020 nochmals mit, dass Alternativflächen außerhalb des Schutzgebietes nicht vorliegen. Insbesondere die Flächen in den Ortsteilen werden bereits durch 12 Windkraftanlagen in Anspruch genommen.

 

 

Der Ausschuss für Natur- und Umweltschutz hat in seiner Sitzung am 12.10.2020 dem Kreistag bei einer Gegenstimme den vorliegenden Beschluss empfohlen.

 

 

Die Mitglieder des Kreistages diskutieren intensiv und kontrovers.

Zum einen wird argumentiert, dass man regenerative Energien nutzen müsse, um den Klimaschutz voranzutreiben. Auch müsse man dem Flächeneigentümer zugestehen, dass er frei entscheiden dürfe, was er plant.

Andere Kreistagsmitglieder halten entgegen, dass Solaranlagen auf Dächern und anderen versiegelten Flächen errichtet werden sollten und kein Ackerland dafür geopfert werden sollte, selbst Grenzertragsböden nicht.

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