Tagesordnungspunkt
TOP Ö 6: Weitere Förderung der Flüchtlings- und Integrationsberatung durch den Caritasverband für den Landkreis Miltenberg e.V. ab 01.01.2021
Bezeichnung | Inhalt |
---|---|
Sitzung: | 06.10.2020 BKS/002/2020 |
Beschluss: | einstimmig beschlossen |
Dokumenttyp | Bezeichnung | Aktionen |
---|
Der
Ausschuss für Bildung, Kultur und Soziales fasst den einstimmigen
Beschluss:
1.
Der Landkreis Miltenberg ist auch für
die Zeit ab 01.01.2021 weiterhin damit einverstanden, dass der Caritasverband
für den Landkreis Miltenberg e.V. (Kreiscaritasverband) die Flüchtlings- und Integrationsberatung
(FIB) im Sinne der staatlichen „Beratungs- und Integrationsrichtlinie (BIR)“ im
Landkreis alleine durchführt und ist weiterhin bereit, die Wahrnehmung dieser
Aufgabe finanziell zu unterstützen.
Die Höhe der Förderung wird jährlich neu
festgelegt.
2.
Die Förderung im Jahr 2021 beträgt
maximal 50.000 € unter dem Vorbehalt, dass
·
ganzjährig tatsächlich (rechnerisch) 3,0
förderfähige Vollzeitkräfte für die Flüchtlings- und Integrationsberatung
eingesetzt werden,
·
die Förderung nach BIR beantragt wird,
·
mindestens der geforderte Eigenanteil nach
BIR von Caritas selbst finanziert wird.
3.
Die Förderung ist zweckgebunden für die
Finanzierung von Kostenbestandteilen, deren Förderung durch Drittmittelgeber
die staatliche Förderung nicht mindert.
Herr Vill trägt
vor, dass über die Bezuschussung der FIB zuletzt in den Sitzungen des
Bildungsausschusses am 11.07. (nicht-öffentlich) sowie 04.12.2019 beschlossen
und berichtet worden sei.
Beratungs- und
Integrationsrichtlinie (BIR), kommunale Zuständigkeit:
Im Rahmen eines Paradigmenwechsels
ist seit 01.01.2018 die frühere Asylsozialberatung in der neuen Flüchtlings-
und Integrationsberatung (FIB) aufgegangen. Dies ist Teil eines staatlichen
Gesamtkonzepts, das in der staatlichen „Beratungs- und Integrationsrichtlinie
(BIR)“ abgebildet ist.
Ab diesem
Zeitpunkt hat der Freistaat die ausschließliche Förderung der Beratung und
Betreuung von Leistungsberechtigten nach dem Asylbewerberleistungsgesetz aufgegeben
und den Fokus nunmehr auch auf die Integration der bleibeberechtigten Personen
gerichtet. Damit hat der Freistaat den von ihm geförderten Asylsozialberatungsstellen
die weitergehende Beratung der bleibeberechtigten Klienten auch nach deren
Anerkennung ermöglicht.
Die Integration
von Neuzugewanderten gilt nach herrschender Meinung als gesamtgesellschaftliche
Aufgabe. Die Landkreise und kreisfreien Städte als Wohn- und Arbeitsort von
Bleibeberechtigten sind dabei ein zentraler Aufgabenträger. Sie können
Integration durch eigene Beratungsangebote und Einrichtungen unterstützen oder
– so wie wir – sich der Träger der Wohlfahrtspflege bedienen.
Während die früher
ausschließliche Beratung während des Asylverfahrens als staatliche Aufgabe
anzusehen (und damit zu finanzieren) war, sind durch den ganzheitlichen
Beratungs- und Betreuungsansatz nunmehr auch die Landkreise und kreisfreien
Städte aufgefordert, eine regelhafte Beteiligung an der Flüchtlings- und
Integrationsberatung zu prüfen, je geringer der Anteil der
Leistungsberechtigten nach dem Asylbewerberleistungsgesetz am Beratungsklientel
wird.
Auf den
vorangehenden Info-TOP „Flüchtlingsituation …“ wird insoweit verwiesen. Der
Anteil der Leistungsberechtigten nach dem Asylbewerberleistungsgesetz ist
permanent rückläufig. Die Gesamtzahl der Beratungsklientel nimmt zugleich von
Jahr zu Jahr immer noch leicht zu.
Der Freistaat
Bayern fördert die FIB im Rahmen verfügbarer Haushaltsmittel. Rechnerisch
betrug die staatliche Förderung zuletzt 80 % der reinen Personalkosten. Dies
deckte bei unserem Caritasverband de facto aber stets nur ca. 70 % der
tatsächlichen Personalkosten (ohne Sachkosten) ab, weil die Förderung nach
Kostenpauschalen erfolgt.
Die Gültigkeit der
aktuellen BIR ist bis zum 31.12.2020 befristet. Eine Nachfolgeregelung – die
BIR II – liegt bislang nur in einem Entwurf (Stand: Mai 2020, Anlage) vor. Die
letztendlich ab 01.01.2021 gültige konkrete Schlussfassung war zum Zeitpunkt
der Vorlagenerstellung noch nicht bekanntgegeben. Über Details der Förderung
erfolgte zuletzt noch Abstimmung zwischen den kommunalen Spitztenverbänden, den
Spitzenverbänden der Wohlfahrtspflege und dem Bayer. Innenministerium.
Zusammenarbeit mit
Caritas läuft gut und ist hilfreich und nützlich für uns
Die Zusammenarbeit
der FIB mit Jobcenter und Sozialamt verläuft im Landkreis Miltenberg ganz überwiegend
sehr gut und konstruktiv. Unterschiedliche Auffassungen werden in der Regel im
Gespräch (also nicht etwa durch Rechtsmitteleinlegung) geklärt. Die Berater
helfen auch bei der Beantragung von Sozialleistungen und beim Kontakt mit
Jobcenter und Sozialamt. Dies läuft nicht in allen Landkreisen so gut wie bei
uns.
Dass die
Unterbringung einer großen Anzahl von Flüchtlingen in den Jahren 2015 und 2016
bei uns friedlich und ohne große Zwischenfälle ablief, ist neben dem Engagement
vieler Ehrenamtlicher ein großes Stück weit auch Verdienst der
Asylsozialberatung des Kreiscaritasverbandes.
Es ist uns daher
ein Anliegen, dass die Flüchtlings- und Integrationsberatung durch den
Kreiscaritasverband weiter besteht. Würde das dortige Beratungsangebot
wegbrechen, müsste die Aufgabe durch landkreiseigenenes Personal sichergestellt
werden.
Die Ansiedlung der
FIB beim Kreiscaritasverband macht aber aufgrund der dortigen vielfältigen
sonstigen Beratungsangebote und Vernetzungen, insbesondere mit vielen
Ehrenamtlichen, Sinn.
Dies wird auch von
den anderen Wohlfahrtsverbänden im Landkreis bestätigt.
Seitherige Finanzierung:
Seit 2015
bezuschusst der Landkreis Miltenberg die Asylsozialberatung bzw. FIB wie folgt:
|
Beschäftigte |
Personalkosten
(AG-Brutto) |
Sachkosten- pauschale (20 %) |
Gesamtpersonal aufwand |
Landkreis zuschuss |
|
2015 |
3,5 |
197.541,00 € |
39.508,20 € |
237.049,20 € |
20.000,00 € |
Sachkostenzuschuss |
2016 |
6,0 |
284.921,00 € |
56.984,20 € |
341.905,20 € |
28.500,00 € |
Sachkostenzuschuss |
2017 |
7,0 |
425.035,00 € |
85.007,00 € |
510.042,00 € |
34.000,00 € |
Sachkostenzuschuss |
2018 |
5,5 |
337.184,00 € |
67.436,80 € |
404.620,80 € |
27.500,00 € |
Sachkostenzuschuss |
2019 |
4,0 |
262.863,00 € |
52.572,60 € |
315.435,60 € |
25.000,00 € |
Sachkostenzuschuss |
2020 |
3,0 |
208.816,00 € |
41.763,20 € |
250.579,20 € |
49.000,00 € |
Zuschuss zu Sach- und Personalkosten |
2021 |
|
|
|
|
|
|
Bei von Jahr zu
Jahr sogar leicht steigender Gesamtzahl der Beratungsklientel ist die Zahl der
für die Aufgabe eingesetzten Fachkräfte seit 2017 rückläufig. Dabei waren die
Caritasmitarbeiter schon im Jahr 2019, damals noch mit 4,0 rechnerischen VZK (5
Köpfe), bereits gut ausgelastet
In den Jahren 2015
bis 2019 trug die katholische Kirche (Diözesancaritasverband e.V.) noch in
großzügiger Weise einen großen Teil der Kosten der FIB.
Durch den immer
enger werden Finanzspielraum (sinkende Mitgliederzahlen, rückläufige
Steuereinnahmen, nicht zuletzt auch durch Corona) hat die katholische Kirche
schon im letzten Jahr einen Rückzug aus der Mitfinanzierung der FIB
angekündigt. Bei der evangelischen Kirche (Diakonie) ist die Situation ähnlich.
Eine bereits im
August direkt an den Diözesancaritasverband gerichtete Anfrage hinsichtlich der
dortigen konkreten Möglichkeit bzw. Bereitschaft zur Mitfinanzierung der Kosten
war zum Zeitpunkt der Erstellung dieser Vorlage noch unbeantwortet.
Somit ist für 2021
im Augenblick weder die exakte Höhe der staatlichen Förderung (konkrete
Neufassung BIR II) genau bekannt noch die etwa zu erwartende Beteiligung der
Kirche.
Zugleich brauchen
aber die (engagierten und kompetenten) FIB-Mitarbeiter des Caritasverbandes
dringend eine Perspektive über ihre Weiterbeschäftigung ab 01.01.2021.
Finanzierung 2021:
Daher hat die
Vorstandschaft des Caritasverbandes für den Landkreis Miltenberg e.V. am
18.09.2020 beschlossen, die FIB mit 3,0 VZK zunächst für das Jahr 2021
weiterhin aufrecht zu erhalten, „unabhängig
davon, ob wir von unserem Dachverband oder von der Diözese eine finanzielle
Unterstützung bekommen oder nicht“, sofern der Landkreis sein finanzielles
Engagement entsprechend dem Vorjahr aufrechterhält.
Damit trägt der
Kreiscaritasverband das Kostenrisiko für die Deckungslücke, die vorbehaltlich
unserer vorschlagsgemäßen Zustimmung auf verbleibende 60.000 € geschätzt wird,
und sichert damit die Aufrechterhaltung der FIB im Landkreis Miltenberg
zunächst für ein weiteres Jahr.
Unsere Förderung muss
ausdrücklich gewährt werden „für die Finanzierung von Kostenbestandteilen,
deren Förderung durch Drittmittelgeber die staatliche Förderung nicht mindert“
weil bei zweckidentischer Förderung die Gefahr besteht, dass der staatliche
Zuschuss gekürzt wird (Ziff. 2.7 BIR-E).
Über die weitere
Finanzierung bzw. Umsetzung der Aufgabe ab 2022 kann vermutlich frühestens etwa
Mitte 2021 gesprochen und entschieden werden.
Landrat Jens Marco Scherf lobt die sehr gute Arbeit in der Flüchtlings- und Integrationsberatung.
Einig ist sich der Ausschuss, dass man die drei Vollzeitstellen als Untergrenze halten müsse, sonst sei die Beratung nicht mehr möglich. Dass die Beratung weiter nötig sei, habe Herr Vill mit den aktuellen Flüchtlingszahlen im vorangegangenen Tagesordnungspunkt gezeigt.. So sinke die Zahl der neu ankommenden Flüchtlinge zwar ständig, die Gesamtzahl der hier lebenden Ausländer – und damit der Beratungsbedarf – steige aber.