Tagesordnungspunkt

TOP Ö 3: Beratungsstelle für Senioren und pflegende Angehörige (BSA)
Weitere Förderung ab 01.01.2021
Eingliederung einer Wohnberatung ab 01.01.2021
Pflegestützpunkt

BezeichnungInhalt
Sitzung:06.10.2020   BKS/002/2020 
Beschluss:einstimmig beschlossen
DokumenttypBezeichnungAktionen

Nach eingehender Beratung zu diesem Beschluss in TOP 1 und TOP 2 der Tagesordnung wird dem Kreistag empfohlen, zu beschließen:

1.    Fortsetzung der Förderung der BSA ab 01.01.2021:

Der Landkreis Miltenberg gewährt ab 01.01.2021 bis auf Weiteres, längstens bis vorläufig 31.12.2026, eine Förderung für die „Beratungsstelle für Senioren und pflegende Angehörige (BSA)“ von jährlich bis zu 60.000,00 €, soweit

  • nach Ausschöpfung von Fördermöglichkeiten durch Dritte und
  • nach Abzug eines Eigenanteils der beteiligten Verbände und Einrichtungen von 10 % der Gesamtkosten

ein ungedeckter Bedarf in mindestens dieser Höhe verbleibt.

2.    Wohnberatungsstelle:

2.1.      Sobald der vorläufige Maßnahmebeginn hierfür vom Bayerischen Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales genehmigt ist, soll eine in die BSA einzugliedernde Wohnberatungsstelle im Jahr 2021 die Beratungsarbeit aufnehmen. Die angemessenen Personalkosten der dafür eingestellten 0,5 Vollzeitkraft (VZK) werden bis auf Weiteres, längstens bis vorläufig 31.12.2026, neben der Förderung nach vorstehender Ziff. 1 zusätzlich übernommen. Die Finanzierung der Wohnberatungsstelle wird durch vorstehende Ziff. 1. nicht berührt.

2.2.      Die Fördermöglichkeit durch den Freistaat Bayern nach der Förderrichtlinie „Selbstbestimmt Leben im Alter (SeLA)“ ist in Anspruch zu nehmen. Die Finanzierung der Wohnberatungsstelle (Personal- sowie Sach- und Gemeinkosten) erfolgt in den Jahren 2021 und 2022, soweit möglich, über diese Förderung.

2.3.      Soweit dies im Jahr 2021 aus Gründen, die nicht von der BSA zu vertreten sind, ganz oder teilweise nicht möglich ist, trägt der Landkreis Miltenberg die nicht durch staatliche Förderung abgedeckten reinen angemessenen Personalkosten der Wohnberatungsstelle (Arbeitgeberbrutto). Ggf. ungedeckte Sach- und Gemeinkosten finanziert die BSA als Eigenanteil.

2.4.      Ungeachtet der Grundsatzregelung in Ziff. 2.1 wird über die Details der Förderung ab 01.01.2022 erneut beschlossen.

3.    Die Finanzierung nach vorstehenden Ziff. 1. und 2. erfolgt unter der Voraussetzung, dass ein Vertreter des Landkreises bei den Sitzungen der beratenden und entscheidenden Gremien beteiligt wird.

4.    Pflegestützpunkt:

4.1.      Zusätzlich zum bereits vorhandenen Beratungspersonal soll in die BSA ein Pflegestützpunkt (PSP) nach § 7 c Sozialgesetzbuch (SGB) XI mit 2,0 VZK Beratungskräften eingegliedert werden.

Ziel ist ein PSP im Rahmen des Angestelltenmodells mit finanzieller Beteiligung des Bezirks Unterfranken mit der BSA als beauftragter Stelle.

Landkreispersonal soll nicht im Pflegestützpunkt beschäftigt werden.

4.2.  Die Verwaltung wird beauftragt, diesbezügliche Verhandlungen auf der Grundlage der vorgetragenen Überlegungen mit den zu beteiligenden Stellen aufzunehmen.


Sachstand:

Umsetzung von Maßnahmeempfehlungen aus dem Seniorenpolitschen Gesamtkonzept (SPGK) 2019

Der Beschlussvorschlag beinhaltet ausnahmslos die Umsetzung von Maßnahmeempfehlungen (ME), die der Kreistag auf einstimmige Empfehlung des Bildungsausschusses (Sitzung am 11.07.2019) im Juli 2019 mit Verabschiedung des SPGK 2019 bereits beschlossen hat:

·         „Erhaltung der Fachstelle für pflegende Angehörige im Rahmen der Beratungsstelle für Senioren und pflegende Angehörige“ (ME 5 zu HF 6 „Unterstützung pflegender Angehöriger“ (S. 102))

Zahlreiche ME des SPGK sind darüberhinaus an die Adresse der BSA gerichtet.

·         „Finanzierung der Einrichtung einer kostenfreien, neutralen und unabhängigen Bau- und Wohnberatung im Hinblick auf Barrierefreiheit für alle Bürger/innen im Landkreis“ (ME 8 zu HF 1 „Wohnen zuhause“ (S. 38))

·         „Verbesserung der Informationen für pflegende Angehörige zu bestehenden Entlastungsangeboten“ über PSP (ME 1 + 2 zu HF 6 „Unterstützung pflegender Angehöriger“ (S. 101))

·         „Aufbau von Pflegestützpunkten und Verzahnung mit der Beratungsstelle für Senioren und pflegende Angehörige“ (ME 4 zu HF 9 „Kooperations- u. Vernetzungsstrukturen“ (S. 130))

Freiwillige Leistung oder Pflichtleistung des Landkreises?

Die Zuständigkeit des Landkreises für die vorgeschlagenen Maßnahmen ergibt sich aus der sogenannten „Altenhilfe“ gemäß § 71 Abs. 2 Ziff. 3 und 4 Sozialgesetzbuch (SGB) XII.

Diese vorwiegend bedarfsunabhängig sicherzustellende Form der Sozialhilfe umfasst Beratung und Unterstützung im Vor- und Umfeld von Pflege, in Fragen zu Wohnformen bei Unterstützungs-, Betreuungs- oder Pflegebedarf sowie zu Diensten, die Betreuung oder Pflege leisten und zu allen Fragen der Inanspruchnahme altersgerechter Dienste. Für die Altenhilfe sind in Bayern die Landkreise und kreisfreien Städte zuständig.

Die Zuständigkeit für die „Hilfe zur Pflege“ im Rahmen der Sozialhilfe (§§ 61 ff. SGB XII) liegt in Bayern seit 2018 dagegen bei den Bezirken. Im Rahmen der allgemeinen Beratungs- und Unterstützungspflicht (§§ 11 SGB XII sowie 14 SGB I) resultiert hieraus auch eine Mitzuständigkeit des Bezirks vor allem beim PSP aber je nach Beratungsinhalten auch bei der allgemeinen Förderung der BSA.

Hierbei muss aber auch die vorrangige Beratungspflicht der Pflegekassen im Bereich der Pflegeleistungen beachtet werden, der von dort jedoch durch vorgesehene Finanzierung von 2/3 der Kosten des PSP durch die Kassen Rechnung getragen wird.

Leistungen der Sozialhilfe sind eine Pflichtaufgabe im eigenen Wirkungskreis der zuständigen Träger.

Weitere Förderung der BSA ab 01.01.2021

Die „Beratungsstelle für Senioren und pflegende Angehörige“ (BSA) besteht seit 2008.

Zuletzt wurde im Bildungsausschuss am 09.04. bzw. Kreistag am 07.05.2018 berichtet und beschlossen, ab 01.07.2018 bis vorläufig 31.12.2020, jährlich bis zu 70.000,00 € zu gewähren, soweit nach Ausschöpfung von Fördermöglichkeiten durch Dritte sowie nach Abzug eines Eigenanteils der beteiligten Verbände und Einrichtungen von 10 % der Gesamtkosten ein ungedeckter Bedarf in mindestens dieser Höhe verbleibt. Hintergrund der Erhöhung waren steigende Beratungsfallzahlen.

Trägerin ist eine Arbeitsgemeinschaft aus allen großen Wohlfahrtsverbänden im Landkreis sowie zahlreicher stationärer und ambulanter Pflegeeinrichtungen (= Kuratorium BSA). Durch dieses einzigartige Konstrukt gewährleistet die Beratungsstelle eine trägerunabhängige und neutrale Beratung von Senioren, Pflegebedürftigen und deren Angehörigen.

Bis Juni 2020 beschäftigte die BSA in ihrer Hauptstelle in Miltenberg, Brückenstr. 19, und den beiden Zweigstellen in Erlenbach, Bahnstr. 22, sowie Stadtprozelten, Hauptstr. 131, noch drei Mitarbeiter/innen („Köpfe“) bzw. 2,0 rechnerische VZK und setzte sich zusammen aus

·         der Fachstelle für pflegende Angehörige (FpA), 1,5 VZK (Hr. Schmitt, Fr. Hofmann)

·         der Beratungsstelle Demenz Untermain (BDU), 0,5 VZK (Fr. Marquart)

(siehe Folie 20 des Info-TOPs „Sachstand Pflegestützpunkt …“)

Neben ihrer originären Aufgabe, nämlich der fachkompetenten Beratungstätigkeit, organisiert die BSA Vorträge, Kurse und Treffen für pflegende Angehörige, Schulungen für Alltagsbegleiter für De-menzkranke, Demenz-Gottesdienste, Öffentlichkeitsarbeit z.B. mit dem Demenzmobil, Info-Veranstaltungen oder in Zusammenarbeit mit der Seniorenfachstelle des Landratsamtes Schulungen von Ansprechpartnern/innen für Senioren in den Landkreisgemeinden und vieles mehr. Weitere Informationen können dem beiliegenden Sachbericht 2019 sowie der Internetseite der Be-ratungsstelle http://www.seniorenberatung-mil.de/ entnommen werden.

Außer vom Landkreis wird die Stelle gefördert vom Bezirk Unterfranken (ausschließlich und voll-ständig BDU) und dem Freistaat Bayern (zuletzt ca. 25.000 € für die „Fachstelle für pflegende Angehörige“).

Die Stiftung Altenhilfe hatte darüber hinaus für die Jahre 2008 bis 2012 zunächst eine Anschubfinanzierung gegeben. Nach Wegfall der Förderung durch die Stiftung Altenhilfe erbrachte der Landkreis vom 01.01.2013 bis 30.06.2018 eine Förderung von jährlich bis zu 50.000 €, wobei die Verbände einen Eigenanteil von mindestens 10 % der Gesamtkosten erbringen müssen. Ab 01.07.2018 wurde die jährliche Förderung auf bis zu 70.000 € erhöht.

 

Bewilligt bis zu …

Gezahlt für …

Trägeranteil

2013

50.000,00 €

43.402,88 €

55.219,22 €

2014

50.000,00 €

43.857,65 €

38.513,15 €

2015

50.000,00 €

42.120,71 €

43.997,25 €

2016

50.000,00 €

44.341,21 €

7.570,10 €

2017

50.000,00 €

48.355,00 €

7.873,11 €

2018

60.000,00 €

60.000,00 €

16.946,54 €

2019

70.000,00 €

70.000,00 €

15.888,68 €

Der Verwendungsnachweis der Jahre 2018 und 2019 kann der beiliegenden Ergebnisrechnung BSA 2018-2019 entnommen werden. Daraus geht hervor, dass nach der Personalaufstockung Mitte 2018 unser zugesagter Zuschuss nicht mehr ganz ausreichte, um 90 % der Kosten zu übernehmen.

Die BSA lebt maßgeblich auch vom solidarischen Miteinander und der Mitwirkungsbereitschaft der beteiligten Verbände und Einrichtungen.

Der grundsätzliche Beschluss für die Übernahme der Förderung der Beratungsstelle aus Land-kreismitteln erfolgte in den Sitzungen des Bildungsausschusses am 29.11.2012 und des Kreistags am 17.12.2012, nachdem in diesem Zusammenhang gleichzeitig die Investitionskostenförderung der ambulanten Pflegedienste (zuletzt 102.900 € für das Jahr 2012) für die Zeit ab 01.01.2013 eingestellt worden war.

Die Beratungszahlen – hier vornehmlich der von uns im Wesentlichen geförderten Fachstelle für pflegende Angehörige – sind seit Eröffnung der Beratungsstelle kontinuierlich gestiegen von um 100 pro Jahr in den Anfangs- und Aufbaujahren auf zuletzt 755 im Jahr 2019 (siehe S. 11 des beiliegenden Sachberichts bzw. Folie 8 des Info-TOPs „Sachstand Pflegestützpunkt …“).

Die Qualität der Beratungsarbeit der BSA wird von allen Seiten anerkannt.

Aufgrund der vorstehend geschilderten Umstände erscheint die Erhaltung der BSA durch die Fortsetzung der Förderung auch ab 2021 geboten und sachgerecht. Aufgrund der zugesagten Beteiligung des Bezirks Unterfranken mit jährlich 10.000 € kann sie aber (ungeachtet der zu erwartenden Kosten für Wohnberatung und Landkreisanteil am PSP) von bis zu 70.000 € auf bis zu 60.000 € abgesenkt werden.

Die zugesagte Förderbeteiligung des Bezirks Unterfranken ist angemessen und sachgerecht. Dabei ist neben der gleichzeitigen Beratungspflicht der Pflegekassen im Bereich der Pflegeleistungen auch zu sehen, dass der Bezirk daneben noch die Kosten trägt bzw. zugesagt hat für

·         die BDU (Kosten Standort Landkreis Miltenberg ca. 30.000 € p. A.) sowie

·         den Bezirksanteil am PSP (bis zu ca. 34.000 € p. A.) bzw. bis zur Arbeitsaufnahme des PSP die Kosten für die 14-tägige Beratung durch Bezirkspersonal

Eingliederung einer Wohnberatung ab 2021

Auf den vorangehenden Info-TOP „Eingliederung einer Wohnberatung in die Beratungsstelle für Senioren und pflegende Angehörige (BSA)“ wird verwiesen.

Die Wohnberatung ist vor allem Landkreisaufgabe im Rahmen der Altenhilfe.

In anderen Landkreisen und kreisfreien Städten wird für die Erledigung der Aufgabe kommunales Personal beschäftigt.

Vor dem Hintergrund des von uns seit Jahren verfolgten Prinzips der Beratung aus einer Hand und der Vermeidung kommunal finanzierter Doppelstrukturen macht es bei uns Sinn, auch diese Stelle an die BSA anzudocken.

Das Arbeitgeberbrutto für die Stelle (0,5 VZK) lag 2020 bei jährlich ca. 30.000 € (BRK-Tarif S 12 St. 2) und entspricht im öffentlichen Dienst etwa TVöD (SuE) 11b St. 2.

Die „Koordinierungsstelle Wohnen“, mit der der SeLA-Antrag abgestimmt wurde, empfiehlt Aufteilung des SeLA-Zuschusses auf je 20.000 € in 2021 und 2022.

Nicht durch staatliche Förderung abgedeckte reine Personalkosten der Wohnberatungsstelle trägt 2021 der Landkreis Miltenberg. 2021 ungedeckte Sach- und Gemeinkosten finanziert die BSA als Eigenanteil. Nach dem Projektstart in 2021 wird man dann sehen können, in welcher Höhe Sachkosten (z.B. auch Fahrtkostenerstattung) für die Stelle anfallen. Diese Details der Förderung ab 2022 sind dann im nächsten Jahr auch im Zusammenhang mit Änderungen wegen der Eingliederung des PSP zu verhandeln und zu beschließen.

Pflegestützpunkt

Auf den vorangehenden Info-TOP „Sachstand Pflegestützpunkt im Landkreis Miltenberg“ wird verwiesen.

Die Aufstockung des Gesamtpersonalvolumens der BSA (siehe Folie 20 des Info-TOPs „Sachstand Pflegestützpunkt …“) ist angesichts der im Info-TOP dargestellten kontinuierlichen Steigerung der Beratungszahlen sachgerecht und ermöglicht die Ausweitung des Beratungsangebots im bevölkerungsstärkeren nördlichen Landkreis bei einem Kostenanteil des Landkreises von 1/6.

Sofern vorschlagsgemäß entschieden würde, wäre die weitere Vorgehensweise:

·         Umwandlung des BSA-Trägerkuratoriums (bislang BGB-Gesellschaft) in eine geeignete Rechtsform (z.B. e. V.) und parallel

·         Stellung des Errichtungsantrags gemeinsam mit dem Bezirk an die „Kommission Pflegestützpunkte“

Voraussichtlicher Kostenbeitrag für den Landkreis 2022 (Verhandlungsziel):

Reduzierter BSA-Zuschuss

     60.000,00 €

Wohnberatung ca.

     31.000,00 €

Landkreisanteil an kommunalen PSP-Kosten, ca.

     34.000,00 €

Gesamt, ca.

   125.000,00 €

Dafür 4,5 Beratungskräfte für den Landkreis (2019: 2,0 / 70.000 € Landkreiszuschuss)

Die Details der Förderung ab 2022 sind im 2. Halbjahr 2021 zu verhandeln und festzulegen.

Der Beschlussvorschlag ist mit der Geschäftsführung der BSA abgestimmt.

 

Landrat Scherf bittet die Mitglieder des Ausschusses, in den Fraktionen zu informieren und zu beraten, da man diesen extrem komplexen Sachverhalt in der Sitzung des Kreistages am 19. Oktober nicht noch einmal in dieser Tiefe vorstellen könne. Herr Vill stehe in der kommenden Woche für Rückfragen gerne zur Verfügung.

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