Tagesordnungspunkt

TOP Ö 2: Betreiberverantwortung des Landkreises Miltenberg - Sachstand

BezeichnungInhalt
Sitzung:14.07.2020   EBV/003/2020 
Beschluss:zur Kenntnis genommen
DokumenttypBezeichnungAktionen

Die Mitglieder des Ausschusses nehmen die Informationen zur Kenntnis.


Herr Wosnik, Kreisbaumeister, und Herr Prof. Henning Balck, Büro Balck & Partner, erläutern, dass der Ausgangspunkt der Mitwirkung des Büros Balck und Partner die Motivation war, das Bauen des Landkreises nachhaltig auszurichten.

Dabei stand zunächst eine Abwägung der Nutzungsqualitäten und der Lebenszykluskosten für im Bestand verbleibende wie neu zu errichtende Anlagen und Bauteile.

Im Rahmen der Bearbeitung stellte sich heraus, dass die hohen avisierten Qualitäten im Bauen erreicht werden konnten, ohne die jeweiligen Budgets zu überziehen, oft sogar verbunden mit Kostenoptimierungen.

 

Wir unterscheiden nunmehr für unsere Arbeit drei Ebenen der (Betreiber-)Verantwortung im Bauen:

1.    Lebenszykluskosten: Betreiber als Sachwalter des Eigentümers

2.    Nutzungsqualitäten: als Verantwortung gegenüber dem Nutzer

3.    Betreiberverantwortung: als juristischer Aspekt: Verantwortung für Sicherheit und Gesundheit der Nutzer

 

Am Beispiel der Luftqualität wird dies, gerade in unserer momentanen Situation, in der das Thema Lufthygiene sehr empfindlich aufgenommen wird, sehr deutlich.

Jedoch wurde gerade in der Betrachtung des Lebenszyklus die Komponente der Betreiberverantwortung wesentlich.

 

Ebenso wichtig wie die Thematik Luft war uns ja auch an einer optimalen Belichtung der Schülerarbeitsplätze gelegen. Diese sollte aber aus Gründen der Nachhaltigkeit auch eine maximale Nutzung der natürlichen Belichtung sicherstellen.

 

Anhand dieser beiden Beispiele wird die Vorgehensweise klar, die uns, unter den anerkannten Kriterien des Leitfadens für nachhaltiges Bauen, zu sehr hochwertigen Gebäuden führt.

 

Dies war möglich, weil wir uns auf die sogenannten A-Kriterien konzentriert hatten.

Die Entwicklung seit diesem 2014/2015 eingeschlagenen Weg ist aber nicht stehen geblieben.

 

Bayern will noch engagierter als der Bund auf eine Klimaneutralität hinsteuern. Die bundesdeutschen Ziele, bis 2050 einen klimaneutralen Bestand zu erreichen, werden bereits auf 2040 vorgezogen. Die klimaneutrale Verwaltung bis 2030 steht im Raum.

 

Insgesamt wird klar, diese Ziele sind nur bei großer Anstrengung aller Beteiligten zu sichern. Diese Ziele werden jedoch auf der anderen Seite dazu führen, dass die direkten Energiekosten für die Gebäude deutlich zurückgehen.

 

Um angenehme und für die Bildung förderliche Arbeitsbedingungen dennoch zu sichern, bedarf es intelligenter Systeme.

Mit so viel Technik wie notwendig, aber so wenig wie möglich, wird der Haustechnikbereich künftig zum bestimmenden Faktor in Bezug auf die Qualität und die Kosten eines Gebäudes. Dazu gehört neben dem Energiemanagement zunehmend auch, vor allem mit wachsendem Technikanteil, die Instandhaltung.

Nachhaltigkeit kann hier nur heißen, dass wir unser Wissen über das Gebäude professionalisieren.

 

Das Wissen über ein Investitionsobjekt nimmt im Lauf der Erstellung des Gebäudes sehr stark zu. Im Bauprozess wird aus einer einfachen Ideenskizze im Architekturentwurf ein umfängliches Werk aus Plänen, Beschreibungen, Anlageschemen, Abnahme und Prüfbescheiden etc.

Traditionell endet aber der Bauprozess stets in einem massiven Informationsbruch zu Beginn der Betriebsphase.

 

Aus diesem Bruch resultieren nicht nur Nutzerunzufriedenheiten und erhöhte Betriebskosten, sondern auch handfeste juristische Problemstellungen, etwa beim Thema gesetzliche Wartungs- und Prüfpflichten, Rettungswege oder Brandschutz. Nach der Übergabe beginnt dann oft eine zeitweise recht mühsame und personalintensive Aufnahme der Objektdaten.

Teilweise können verlässliche Daten sogar nicht mehr erhoben werden. In der Folge dieses fehlenden Objektwissens ergeben sich keine klaren Betriebsprozesse und oft erhebliche Betreiberrisiken.

So ist zum Beispiel die Inbetriebnahme einer technischen Anlage Voraussetzung für die wiederkehrenden Prüfungen. Ist diese nicht rechtssicher dokumentiert, darf eine Anlage an und für sich nicht betrieben werden. Tatsächlich sind immer wieder gerade in diesem Bereich Dokumentationslücken, vor allem bei älteren Anlagen, vorhanden – und diese müssen immer wieder nachgebessert werden.

 

In der Projektbegleitung von HSG und JBG, zusammen mit dem Büro Balck und Partner, wurden Objektdaten herausgefiltert, die vor dem Hintergrund der genannten drei Ebenen der Bauherrn- und Betreiberverantwortung relevant sind. Auf dieser Grundlage wurden Prozessmodelle erarbeitet, als Voraussetzung für die Einführung einer Betreibersoftware (CAFM Computer Aided Facility Management).

 

Exakt diese Ausgangslage (unvollständige Bestandsdaten) wurde seitens des BKPV festgestellt und es wurde angeregt, hier grundlegend tätig zu werden.

 

Der Aufbau des Prozessabbildes wurde definiert. Dabei wurden die verschiedenen Organisationsbereiche und Beteiligten farblich hervorgehoben.

 

Jedem Prozess sind Prozessschritte zugeordnet, die auf Daten in Form von Dokumentationsinhalten beruhen und selbst wieder Daten erzeugen.

Soweit diese Daten innerhalb des CAFM-Systems vorgehalten werden sollen, ist dies durch ein Symbol dargestellt. Im Prozessmodellierungstool sind die Daten exakt beschrieben.

 

Auch hierzu findet sich der Ansatz im Bericht des BKPV, der gerade die Einbindung des Technikers in den Bauprozess fordert. Der Techniker kann die Anlagen später auf der Grundlage der Daten und Prozesse rechtssicher und wirtschaftlich betreiben. Hierzu ist es aber notwendig, dass sich Hochbauarchitekten und Techniker in einem Team befinden.

 

Die neue Organisationsstruktur des UB 5 bildet diese Voraussetzungen ab. Im Bereich UB 5.3 sollte jedoch noch eine Serviceleitstelle geschaffen werden, die zum einen für eine Aktualität der Bestandsdaten sorgen muss, die die Störmeldungen und Aufträge aus dem CAFM den jeweils Beteiligten in den beiden Betreiberteams zuordnet.

 

Hier besteht die Notwendigkeit und Möglichkeit, das für einen erfolgreichen Gebäudebetrieb notwendige Fachwissen im Bereich Gebäudeleittechnik und die softwaretechnische Kompetenz zur Anwendung eines CAFM-Systems miteinander zu kombinieren.

Die Entlastung der Verwaltung durch die eingerichtete Zentrale Vergabestelle stellt die verwaltungsseitigen Ressourcen für diese Serviceleitstelle ohne Personalmehrung im Verwaltungsbereich zur Verfügung. Die Stelle eines Fachingenieurs für Gebäudeleittechnik wäre allerdings neu zu schaffen.

 

 

Kreisrat Schuck fragt, ob man in Obernburg die Turnhallen bereits mit BIM (Building Information Modeling ist ein intelligenter, auf einem 3D-Modell basierender Prozess, der Architekten, Ingenieuren und Bauunternehmern Informationen und Werkzeuge für die effiziente Planung, Entwurf, Konstruktion und Verwaltung von Gebäuden und Infrastruktur bereitstellt) gebaut werden könne. Er könne sich vorstellen, dass man dadurch weniger Nachträge hätte.

 

Herr Wosnik sagt, dass man einen Satz von 18% der Nebenkosten für eine Planungsaufgabe vom Freistaat gefördert bekomme. BIM sei im Moment eine besondere Leistung und werde gesondert verhandelt, wobei man schnell in Bereichen von 35% Nebenkosten lande.

Lüftungsbauer und Heizungsbauer würden BIM bereits einsetzen. Auch der momentane Statiker, könne das machen, allerdings bei besonderer Vergütung. Das Problem entstehe dann allerdings beim Austausch, weil man über IFC-Schnittstellen o.ä. nach draußen gehen müsse. Das würde zusätzlicher Abstimmung bedürfen.

Man habe noch nicht darüber verhandelt, wie viel diese besondere Leistung kosten solle, auf jeden Fall sei es sei nicht im Standardpaket enthalten.

Es ginge dann auch so weit, dass der Architekt das alles zusammenführen müsse. Im Landratsamt sei man noch nicht dafür ausgerüstet, aber man sei auf der Spur.

 

Kreisrat Scholtka sagt, dass die Darstellung eigentlich nichts Neues sei, da es schon immer Bestandspläne und Bauwerksakten, gebe. In diesen Bauwerksakten würden die Bestandspläne dokumentiert. Es sei ein ganz normaler Vorgang beim Bau, dass es einen Entwurfs- und Ausführungsplan gebe und die Firma dann den sogenannten Bestandsplan machen müsse. Weiterhin sei es die Aufgabe des Architekten zu kontrollieren, ob dieser Plan stimme. Und genau hier sehe er die große Gefahr. Die Frage sei, wie man das Thema Kosten-Nutzung hinkriege. Man baue schon eine große Bürokratie auf, die entsprechend Geld koste. Und dann sei die Nachfrage, was man davon für einen Mehrwert habe. Der müsse ins Verhältnis gesetzt werden.

 

Herr Prof. Balck hat festgestellt, dass die Differenten zwischen Ausschreibungsdaten, und der späteren Schlussrechnungen, einschließlich Nachträgen, aus dem AVA-System herausgezogen werden können, um eine Basis für den späteren Betrieb zu generieren. Wir haben jetzt die Planer, mit einer eigenen Systematik über Excel-Tabellen, dahin hingeführt, dass dies auch so geschehen kann. Diese Vorgehensweise könnte in einer Dokumentationsrichtlinie festlegt werden. Es seien nicht die Bestandspläne, die gebraucht werden, sondern die Daten der wartungs- und prüfnotwendigen Anlagen, die führen uns weiter.

 

Kreisrat Dr. Bohnhoff möchte wissen, ob es bereits feststehe, welches CAFM-System es werden solle. Mit diesem Prozess müsste es eigentlich einen schnelleren Service geben und somit einen geringeren Personalbedarf darstellen Er möchte Energieeinsparung dadurch realisieren, dass die Schule optimiert arbeiten könne und Rechtssicherheit habe. Und dafür helfe eine Software. Jetzt würde die Kreisräte interessieren, wie diese Berechnung aussehe. Diesen anderen Bereich hätte er gerne noch beleuchtet.

 

Herr Prof. Balck antwortet, dass das Volumen an Anlagen und Bauteilen explosionsartig steige. Wenn die gleichen Personen das schaffen würden, habe man bereits eingespart.

 

Herr Wosnik ergänzt, dass der UB 5 in den letzten Jahren das Bauvolumen vervielfacht habe mit dem gleichen Personal. Jetzt werde es kein Einsparen von Personal geben, sondern es werde wieder eine Rückbesinnung auf Aufgaben geben, die im Moment liegenbleiben müssten.

Richtig ist, dass man ein neues CAFM-System suche. Richtig sei aber auch, dass bereits 2005 eines eingeführt wurde. Nur, dass man es nicht falschrum gemacht habe. Zuerst müssten die Prozesse analysiert werden, um zu sehen, welche man überhaupt unterstützt haben wolle. Das alte System sei ein großer Datenfriedhof, der nicht mehr revitalisiert werde, da man nicht die richtigen Daten eingegeben habe. Man wolle die 20% der Daten rausholen aus dem Gebäudeentstehungsprozess, die man hinterher für den Betrieb brauche, um damit dann 80% Erfolg sicherzustellen.

 

Kreisrat Eppig hält die Schaffung eines Fachingenieurs für eine solche Stelle übertrieben. Man habe in Großwallstadt auch genug Gebäude und Schulen, wo die Hausmeister zuständig seien. Die Hausmeister hätten Unterlagen, von welchen Firmen etwas gekauft worden sei und welche wartungsfirmen zuständig seien. Seiner Meinung nach müsse zuerst einmal die Kompetenz des Personals vor Ort geschult werden, dann bräuchte man einen Fachingenieur nicht. Für ihn sei das aufgeblasen.

 

Herr Wosnik antwortet, dass die Hausmeister sich vertrauensvoll an den UB 5 wenden, wenn die Gebäudeleittechnik nicht funktioniere. Dann sei der Standardprozess, dass jemand aus dem UB 5 sich an die Firma wendet, die die Gebäudeleittechnik programmiert habe. Das passiere nicht auf Ebene der Hausmeister. Der Hausmeister sei für kleine Reparaturen zuständig und Firmen, die hinzugerufen werden, anzuleiten. Bedienen sei die GLT von den Hausmeistern, und alle bekämen jetzt ähnliche Objektoberflächen. Die Stelle sei ähnlich wie die Fragestellung mit der BGV A3-Prüfung (Prüfung ortsveränderlicher Geräte und Maschinen). In einer der nächsten Sitzungen könne Herr Wosnik darlegen, welche Aufwände an externen Leistungen der UB 5 für Gebäudeleittechnik habe. Dann sollte man vielleicht an dem Punkt noch einmal anfangen, darüber zu diskutieren.

 

Für Kreisrat Dr. Bohnhoff sei das Wichtige, wenn man einer Personalmehrung zuspreche, dass man das ganze Paket kennen und auch nachher jemanden bei den Zahlen fassen wolle, um zu sehen, ob sich das denn auch bewahrheitet habe. Deshalb könne er zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht zustimmen. Es sei nicht gegen das Konzept, aber es würden die letzten 10% fehlen, und das seien die Zahlen am Schluss.

 

Herr Wosnik erwidert, dass heute kein Beschluss gefasst werden soll, sondern es werde nur über den Stand informiert. Wenn das ganze Projekt fertig sei, dann könne man das absehen und solche Zahlen liefern.

 

Landrat Scherf ergänzt, dass man heute Transparenz schaffe und den Ausschuss am Prozess beteilige. Deshalb habe man auch die Sitzungsvorlagen aufgrund der Komplexität im Vorfeld zur Verfügung gestellt.

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