Tagesordnungspunkt

TOP Ö 14: Antrag der Stadt Stadtprozelten und der Großen Kreisstadt Wertheim: Weiterführung der Mainfähre Stadtprozelten-Mondfeld

BezeichnungInhalt
Sitzung:06.07.2020   KA/002/2020 
Beschluss:einstimmig beschlossen
DokumenttypBezeichnungAktionen

Der Kreisausschuss fasst den

 

einstimmigen Beschluss:

 

Der Kreisausschuss unterstützt die Bestrebungen zum Erhalt der Mainfähre zwischen Stadtprozelten und Mondfeld durch die Stadt Stadtprozelten und die Große Kreisstadt Wertheim.

 

Der Landrat wird beauftragt, mit den beiden Städten und dem Landkreis Main-Tauber zielführende Gespräche zum Erhalt der Fähre, u.U. in Trägerschaft der Großen Kreisstadt Wertheim, zu führen und dem Kreisausschuss das Konzept vorzulegen.


Sachverhalt:

 

Die Mondfelder Fähre verbindet die Wertheimer Ortschaft Mondfeld (Landkreis Main-Tauber) mit der bayerischen Stadt Stadtprozelten (Landkreis Miltenberg). Seit 1887 wird die Mainfähre im Familienbetrieb betrieben.

Die Fähre – Baujahr 1947, umgebaut 1975-1980 – hat eine Ladekapazität von 3 PKW oder 2 Transporter (Sprinter) oder 1 LKW und 1 PKW abhängig vom Ladegewicht oder 30 Personen.

Im Herbst 2020 geht der derzeitige Fährbetreiber in den Ruhestand. Sein Sohn muss bis dahin entscheiden, ob er den Familienbetrieb übernehmen wird.

Ständig steigende Kosten für Wartung, Treibstoff, Versicherungen, Sicherheitsprüfungen und Personal belasten das Familienunternehmen. Aufgrund der angespannten finanziellen Lage des Familienbetriebs sieht sich das Unternehmen außer Stande, die in diesem Jahr erforderlichen Investitionen/Reparaturen i. H. v. rund 55.000 € netto durchführen zu können. Auch kann der dringend benötigte festangestellte Mitarbeiter (als Ersatz für den in Rente gehenden Fährbetreiber) aufgrund des finanziellen Engpasses nicht eingestellt werden.

 

Nach Schätzungen der Unternehmerfamilie sind 70 % der Passagiere Berufsein- oder -auspendler. Mehrfach in der Woche werden zudem Rettungsfahrzeuge des BRK übergesetzt, da die Wegstrecke zur Hilfeleistung von der bayerischen Seite aus schneller ist als von Wertheim. Viele, vor allem ältere Bürger*innen Mondfelds nehmen die Fähre in Anspruch, um in Stadtprozelten Lebensmittel und Medikamente einzukaufen. Im Jahr 2019 wurde die Fähre von ca. 45.500 Fahrzeugen und von ca. 16.000 Personen (mehrheitlich mit dem Fahrrad) genutzt. Von April bis Oktober ist die Fähre wöchentlich 79 Stunden in Betrieb, von November bis März wöchentlich 69,5 Stunden.

 

Nach eingehender Prüfung sieht das Referat Wirtschaftsförderung, Stadtmarketing der Stadt Wertheim die einzige Möglichkeit für den Erhalt der Fähre in einem kommunalen Betrieb.

Eine Übernahme durch die Stadt Wertheim könnte zum 15. September 2020 erfolgen, zum Auslaufen des derzeit gültigen Fährzeugnisses.

Die Fähre stellt eine wesentliche, länderübergreifende Verbindung her. Sie verbindet die Landstraße 2310 des Landes Baden-Württemberg mit der Staatsstraße 2315 des Freistaats Bayern. Eine Kreisstraße ist damit durch die Fähre nicht verbunden.

Da die Fähre jedoch auch für die Stadt Stadtprozelten sowie für die Landkreise Main-Tauber und Miltenberg eine wichtige Erschließungsfunktion übernimmt, u.a. für die Radwegeverbindung und den Rettungsdienst, sollen die genannten Gebietskörperschaften an dem Vorhaben beteiligt werden.

Für eine mögliche Beteiligung kommen verschiedene Rechtsformen für kommunale Unternehmen in Frage, wobei in der Praxis zwei Formen am häufigsten anzutreffen sind: die Gründung eines kommunalen Betriebs in Form eines Regie- oder Eigenbetriebs bzw. die Gründung einer GmbH.

 

Vorrangiges Ziel dieser Kooperation ist es, Verluste auf verschiedene Partner zu verteilen. Eine geschätzte Aufwands- und Ertragsrechnung der Stadt Wertheim ergibt für das Geschäftsjahr 2020 einen Netto-Zuschussbedarf i. H. v. ca. 80.000 €. Ab dem Jahr 2021 wird mit jährlichen Verlusten
i. H. v. rund 70.000 € bis 80.000 € netto gerechnet.

 

Sollte die Gründung eines kommunalen Betriebs mit weiteren Partnern vollzogen werden, so schlägt die Stadt Wertheim vor, dass die Partner jährlich folgende Verluste (jeweils netto) übernehmen, ausgehend von einer Verlustsumme von 80.000 € netto:

Stadt Wertheim:  25 %, ca. 20.000 €

Stadt Stadtprozelten:  10 %, max. 8.000 €

Landkreis Main-Tauber:  32,5 %, max. 26.000 €

Landkreis Miltenberg:  32,5 %, max. 26.000 €

 

Die Stadt Wertheim hat einen Bedarf von drei Vollzeitkräften (EG 5 TVÖD) angenommen, welche das Fährpatent/den Fährführerschein haben, um die wöchentliche Fährzeit von 80 Stunden abdecken zu können. Noch nicht enthalten sind die Ausgaben für die Stelle des Betriebsleiters bzw. des Geschäftsführers, da diese abhängig von der gewählten Rechtsform sind.

 

Ob und inwieweit das Land Baden-Württemberg und der Freistaat Bayern den Fährbetrieb mit einmaligen Fördermitteln oder laufenden Zuschüssen unterstützen wird, steht derzeit noch nicht fest.

 

Der Stadtrat von Stadtprozelten hat sich in seiner Sitzung einstimmig für das von der Stadt Wertheim vorgeschlagene Betriebskonzept unter Beteiligung der beiden Städte und der Landkreise ausgesprochen und bittet den Landkreis Miltenberg, dieses Konzept zum kommunalen Weiterbetrieb der Mainfähre ebenfalls zu unterstützen

 

 

Kreisrat Luxem möchte wissen, ob es unter die Finanzierungen des ÖPNV falle oder ob es freiwillige Leistungen seien.

 

Landrat Scherf erklärt, dass man darüber streiten könne. Man könne beides argumentieren. Es sei die Verbindung zweier Staatsstraßen, die Aufgabe der Länder, damit hätte der Landkreis nichts zu tun. Man könne aber auch in die Richtung Radwegeverbindung gehen, was Aufgabe des Landkreises sei. Im Kern sei man sich allerdings darüber im Klaren, dass es keine Pflichtaufgabe des Landkreises sei.

 

Kreisrat Reinhard sagt, dass die Verbindung für die Radwege entscheidend sei. Das Mandat zum Verhandeln, um auch einige Fragen zu klären, die noch offen seien, das sie finanziell auch noch bewertet werden. Wichtig auch, was es an Zuschüssen gibt, dass das alles noch einmal mit reinkommt. Das Mandat entsprechend zu machen ja, aber bitte alles noch einmal konkret vorstellen.

 

Landrat Scherf entgegnet, dass er eine gewisse Sicherheit brauche, wenn er im Oktober etwas abschließe.

 

Kreisrat Reinhard sagt, dass es auf die Gesamtsumme ankomme.

 

Kreisrat Dr. Fahn sagt, dass es aus umweltpolitischen Gründen sehr wichtig sei, dass man Fähren erhalte, vor allem auch im Südspessart. Das sollte man auch weiter unterstützen. Es stehe in der Beschlussvorlage, dass es Zuschüsse vom Freistaat gebe. Er kenne das aus dem Landkreis Schweinfurt, da gebe es in Wippfeld eine Fähre, die auch unbedingt erhalten bleiben soll. Da habe sich der Landkreis einmalig mit 50.000 € beteiligt und es gebe auch eine jährliche Zuweisung vom Freistaat in Höhe von 50% des zuwendungsfähigen Fehlbetrages. Diese Zuschüsse sollten zusätzlich geprüft werden.

Die Fähre sei ein ganz wichtiger Bestandteil und sollte auch im Mobilitätskonzept einbezogen werden.

 

Kreisrat Oettinger sagt, dass es eine freiwillige Leistung sei, egal was diskutiert werde.

 

Kreisrat Dotzel sagt, dass die Fähre wichtig sei, weil es eine Radwegeverbindung von Bayern nach Baden-Württemberg sei. Diese Unterstützung solle gewährt werden durch eine jährliche Pauschale. Dies halte er für sinnvoller als eine prozentuale Beteiligung.

Er habe ein vergleichbares Beispiel aus dem Raum Volkach aufgetan. In Eisenheim werde von der Kommune eine Fähre alleine betrieben, weil sie die einzige Anrainerin auf beiden Mainseiten sei. Er habe sich mit dem bisherigen Bürgermeister Hoßmann über die Sanierung und der Betrieb der Fähre Eisenheim besprochen. Dort habe man die Fährrampe und den Fährkörper saniert. Wenn Sanierungskosten in diesem Bereich anfallen würden, dann sei das in Ordnung. Wenn man aber eine Kooperation benötige, um einen Defizitausgleich herzustellen, habe er die Aussage bekommen, dass es eine Mitfinanzierung vom Freistaat Bayern in Höhe von 50% gebe. Nachdem aber auch das Land Baden-Württemberg mit dabei sei, könnte man überlegen, was in dieser Hinsicht zu machen sei.

Insgesamt sei die Weiterführung noch nicht zukunftsfähig verhandelt. Die generelle Bereitschaft zur Unterstützung könnte signalisiert werden, jedoch seien die weiteren Betreiber wie die Kommunen, die beiden Länder und Landkreise gleichermaßen in den Betrieb und die Defizitfinanzierung einzubeziehen.

 

Kreisrat Zöller befürwortet für die Fraktion der Freien Wähler den Beschluss. Es sei eine freiwillige Leistung, aber wie schade wäre es, wenn man hier im Gremium nur Pflicht ausübe und nicht auch einmal über freiwillige Leistungen debattieren könne. Die Fähre sei etwas Historisches, etwas Kulturelles. Wenn man heute den Landrat beauftrage, sei er guter Dinge, dass er etwas Gutes für den Landkreis raushole.

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