Tagesordnungspunkt

TOP Ö 6: Jugendamt in Zeiten der Pandemie

BezeichnungInhalt
Sitzung:25.05.2020   JHA/001/2020 
Beschluss:zur Kenntnis genommen
DokumenttypBezeichnungAktionen

Die Mitglieder des Ausschusses nehmen die Ausführungen zur Kenntnis.


Herr Rätz informiert, dass am Freitag, den 13.03.2020, das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege im Rahmen des Infektionsschutzgesetzes eine erste Allgemeinverfügung erließ, um notwendige Schutzmaßnahmen (Unterbrechung von Infektionsketten) gegen den Krankheitserreger SAR-CoV-2 („Corona-Virus“) zu treffen. Diese hatte mit wenigen Ausnahmen die Schließung (Betretungsverbot) aller Schulen und Kindertageseinrichtungen Bayerns bis zum 19.04.2020 zur unmittelbaren Folge. Der Allgemeinverfügung folgten weitere, so dass die Schließung zum Zeitpunkt dieser Vorlage bis 24.05.2020 verlängert wurde. Die Zeit war (und ist) gekennzeichnet durch viele politisch offiziell angekündigte Maßnahmen, die immer schneller bei den Fachdiensten, Kunden und auch Kooperationspartnern waren als die dazu gehörigen offiziellen Rechts- und Verwaltungsvorschriften. Gleichzeitig fand ein nahezu täglicher Fachaustausch zwischen der Regierung von Unterfranken, dem Bayrischem Landesjugendamt oder auch anderen Jugendämtern in Bezug auf neu zu lösende Problemlagen statt. Die Auswirkungen auf die Arbeit hat nahezu alle 17 Fachdienste im Sachgebiet Kinder, Jugend und Familie betroffen. Exemplarische seien hier drei Bereiche genannt.

 

Fachdienst Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflege:

Der Rechtsanspruch auf Betreuung nach § 24 SGB VIII wurde gegenüber Eltern von einem Tag auf den anderen eingeschränkt. Ausnahmen für eine Notbetreuung gab es nur für Alleinerziehende und Menschen, die in der sogenannten kritischen Infrastruktur tätig sind. Dieser Personenkreis und seine Berechtigungen und Ausnahmen änderten sich nahezu täglich in den ersten zwei Wochen. Hauptaufgabe des Fachdienstes war es, nach der am Freitagvormittag in der Presse bekannt gemachten Schließung, die Notbetreuung ab dem darauffolgenden Montag bereit zu stellen. Da die offiziellen Rahmenbedingungen erst am Freitagnachmittag vorlagen, gelang es erst im Laufe des darauffolgenden Mittwochs in 65 von 66 Kindertageseinrichtungen eine Notbetreuung in den Gemeinden vermelden zu können. Hierzu wurden Mitarbeiter aus dem Fachdienst der ambulanten Jugendhilfe per Direktion dem Fachdienst Kita zugeordnet, zwei feste Infotelefonnummern für Eltern und Fachpersonal installiert sowie tägliche Jourfixes mit Jugendamtsleitung und weiteren Fachkräften zur Koordination und Bewältigung der Krisensituation eingerichtet.

 

Fachdienst Jugendsozialarbeit an Schule (JaS):

Mit Schließung der Schulen war auch den Fachkräften der JaS ihre Möglichkeit zur persönlichen Einzelfallhilfe vor Ort genommen. Der Einsatz der Fachkräfte erfolgte zunächst vornehmlich im Homeoffice, aber auch in anderen Bereichen der Jugendhilfe zur Unterstützung des ASD und v.a. im Gesundheitsamt in der dortigen Quarantäneüberwachung und dem Bürgertelefon.

 

 

Landrat Scherf fügt hinzu, dass gerade die Jugendsozialarbeiter*innen Fantastisches geleistet hätten in Form ihrer Flexibilität und Einsatzfähigkeit. Gerade das „contact tracing“, das Nachverfolgen einer jeder einzelnen Infektion, sei auf dem Höhepunkt der Infektionen in vielen Gesundheitsämtern in Deutschland nicht mehr gelungen. Weil das Gesundheitsamt die Jugendsozialarber*innen hatten, habe tatsächlich jede einzelne Infektion nachverfolgt werden können. Die Sozialarber*innen hätten das contact tracing gemacht, sie hätten bei den Testungen geholfen, sie hätten das Bürgertelefon übernommen und das medizinische Telefon des Gesundheitssamtes untersützt. Der Landkreis hätte dieses Krisenmanagement nicht hinbekommen, wenn sie nicht so fantastisch flexibel gewesen wären. Sie hätten innerhalb kürzester Zeit geschult werden müssen. Das contact tracing sei das Allerwichtigste in der Bewältigung der Krise. Jetzt momentan habe das Gesundheitsamt staatliches Personal. Im Juli/August gehe man in die dritte Phase. Dann bekomme das Landratsamt Geld vom Staat und müsse sich wieder selber Personal für das contact tracing suchen.

 

 

Zum Fachdienst Allgemeiner Sozial Dienst (ASD) trägt Herr Rätz vor, dass sich im Rahmen der Überprüfung von Verdachtsfällen in Bezug auf Kindeswohlgefährdungen der ASD von Anfang in der Situation war, diesen auch vor Ort in Familien nachgehen zu müssen und auch Plätze für Inobhutnahmen zu finden. Die in viele Schutzkonzepte fest einbezogenen Lehrer, JaS-Fachkräfte, ambulanten Hilfen vor Ort oder Fachkräfte in Kindergärten waren mit einem Mal nicht mehr zur Sicherheit der Kinder- und Jugendlichen im Alltag verfügbar. Aufgrund der Erfahrungen in Wuhan, dass die Quarantäne zur Zunahme von Gewalt in den Familien führt, war der ASD zusätzlich alarmiert. Es galt, selbst den Kontakt in die Familien zu halten, sowie mit den beauftragen Fachkräften und Trägern und Heimen in Verbindung zu bleiben. Das Jugendamt Miltenberg hat seit Anbeginn der Ausgangsbeschränkungen in besonderen Einzelfällen mit Hilfe des ASD Kinder und Jugendliche in Heilpädagogischen Tagesstätten, Schulen oder Kindertageseinrichtungen in die Notbetreuung verweisen. Hierzu wurde aktiv im Rahmen des präventiven Kinderschutzes verstärkt auf Eltern zugegangen. Ferner wurden Kontaktdaten für Online-Beratung, Nottelefone und Online-Chats im Rahmen einer 24/7 Krisenintervention kommuniziert.

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