Tagesordnungspunkt
TOP Ö 1: Ausweitung des Sprachvermittlungsangebots im Landkreis Miltenberg
Bezeichnung | Inhalt |
---|---|
Sitzung: | 04.12.2019 BKS/004/2019 |
Beschluss: | einstimmig beschlossen |
Dokumenttyp | Bezeichnung | Aktionen |
---|
Der Ausschuss fasst den einstimmigen
B e s c h l u s s:
Die Verwaltung wird ermächtigt, mit dem Caritasverband für den Landkreis
Miltenberg e.V. (Caritasverband) zunächst befristet bis 31.12.2020 eine
Vereinbarung zur Ausweitung des Sprachvermittlerangebots im Landkreis
Miltenberg auf der Grundlage folgender Eckpunkte abzuschließen:
1. Der Caritasverband wird frühestens ab
01.01.2020 mit der Akquise, Schulung und Vermittlung von ehrenamtlichen
Sprachvermittlern insbesondere bei Behörden, Beratungsstellen und medizinischen
Dienstleistern sowie der Auszahlung der festgelegten Aufwandsentschädigungen
beauftragt.
2. Die Sprachvermittlung für die Bereiche
Schulen, Kindertageseinrichtungen, Beratungsstellen im
erzieherisch-pädagogischen Bereich und die Dienste des Jugendamtes im Landkreis
Miltenberg im Rahmen der bestehenden Vereinbarung durch den Verein „Frauen für
Frauen e.V.“ Erlenbach bleibt unberührt. Die genannten Bereiche sind von der
Sprachvermittlung durch Caritas ausgenommen
3. Die an die ehrenamtlichen Sprachvermittler zu
zahlende Aufwandsentschädigung erfolgt in einheitlich gleicher Höhe, wie bei
der Sprachvermittlung durch „Frauen für Frauen e. V.“ (derzeit 3,75 € je
angefangene Viertelstunde; Fahrzeiten sind Arbeitszeiten).
4. Caritas erhält vom Landkreis vollständige
Erstattung der an die ehrenamtlichen Sprachvermittler gezahlten
Aufwandsentschädigungen.
5. Zur Abdeckung des sozialpädagogischen
Personalaufwands (konzeptionelle Arbeit, Akquise und Schulung der
ehrenamtlichen Sprachvermittler) erfolgt eine Aufstockung der vom Freistaat
Bayern und dem Landkreis Miltenberg bereits geförderten
Integrationslotsenstelle (früher: Ehrenamtskoordination) um ca. 0,2
rechnerische Vollzeitkräfte (VZK; 8 Wochenstunden).
6. Zur Abdeckung des Personalaufwands für die
Verwaltungstätigkeit (insbesondere Vermittlung der ehrenamtlichen
Sprachvermittler, Auszahlung und Abrechnung der Aufwandsentschädigungen)
erfolgt eine Erstattung des Personalkostenaufwand für 10 Wochenstunden einer
Verwaltungskraft, Einstufung vergleichbar TVöD EG 5 zuzüglich 20 %
Sachkostenpauschale abzüglich eines Eigenanteils des Trägers von 10 %.
7. Vorschüsse sind möglich.
8. Soweit vorstehend nicht anderes vorgegeben ist, orientiert sich die konzeptionelle Vorgehensweise im Wesentlichen an der Praxis der Sprachvermittlerangebote von Stadt und Landkreis Aschaffenburg.
Herr Vill trägt
vor, dass es ehrenamtliche kommunal vermittelte und geförderte Sprachvermittler
im Stadtbereich Aschaffenburg bereits seit 2008 und beim Landkreis
Aschaffenburg seit Oktober 2017 gibt. Sie leisten auf niedrigschwelliger Ebene
(keine offizielle Dolmetschertätigkeit) Übersetzungsdienste für Menschen mit
sprachlichen Verständigungsproblemen bei Gesprächen mit Behörden,
Beratungsstellen, medizinischen Dienstleistern, Schulen oder
Kindertageseinrichtungen und sollen dabei, soweit möglich, auch
Kulturverständnis vermitteln. Finanzielle Bedürftigkeit wird nicht geprüft.
Im Landkreis
Miltenberg gibt es unter Federführung des Kreisjugendamtes seit Mai 2014
ebenfalls ein solches Angebot, allerdings begrenzt auf Schulen,
Kindertageseinrichtungen, Beratungsstellen im erzieherisch-pädagogischen
Bereich sowie die Dienste des Jugendamtes im Landkreis Miltenberg. Mit der
Vermittlung der Sprachvermittler ist gemäß Beschluss des Jugendhilfeausschusses
vom 04.05.2016 der Verein „Frauen für Frauen e.V.“ Erlenbach beauftragt.
Von verschiedener Seite wurde an die Landkreisverwaltung der dringende
Wunsch herangetragen, auch bei uns das Angebot vergleichbar Stadt und Landkreis
Aschaffenburg aufzustocken:
·
im Rahmen des Workshops „Gesundheitliche
Chancengleichheit“ der Gesundheitsregionplus am 14.11.18 zur
Unterstützung der ärztlichen Betreuung von Menschen mit Migrationshintergrund,
·
seitens der Asylsozialberatung bei der
„Integrationsbesprechung“ beim Jobcenter am 17.12.18,
·
in dem vom Kreistag im Juli 2019 beschlossenen
„Seniorenpolitischen Gesamtkonzept“ 2019, Handlungsfeld 7 „Besondere
Zielgruppen“, Maßnahmenempfehlung Nr. 6 (Seite 114, ergänzende Hinweise) für
Seniorinnen und Senioren mit Migrationshintergrund,
·
im Sommer 2019 durch unsere Betreuungsstelle, weil
für zu Betreuende mit Sprachproblemen kaum Betreuer zu finden seien.
In Aschaffenburg
erfolgt die Vermittlung der Sprachvermittler über behördliches Personal, zum
Teil sozialpädagogisches Fachpersonal (konzeptionelle Arbeit, Akquise und
Schulung der ehrenamtlichen Sprachvermittler), zum Teil Verwaltungsmitarbeiter
(insbesondere Vermittlung und Auszahlung der Aufwandsentschädigungen).
Bewährtes Konzept
ist, dass die Anforderung im Regelfall ausschließlich durch die oben genannten
Stellen, medizinischen Dienstleister, öffentlichen Einrichtungen und sozialen
Träger erfolgt und zwar ausschließlich per E-Mail und innerhalb einer
festzulegenden Frist rechtzeitig vor dem Termin. Bestellungen per Telefon sowie
Anforderungen durch Privatpersonen sind grundsätzlich nicht vorgesehen.
Eine Zusammenarbeit
mit dem Caritaskreisverband bietet sich deshalb an, weil dort bereits die Ehrenamtskoordinationsstelle für den
Flüchtlingsbereich (Integrationslotsin Angelika Spalek) angesiedelt ist, die
mit 80 % der Personal- und Sachkosten vom Freistaat Bayern nach der Beratungs-
und Integrationsrichtlinie (BIR) gefördert wird. Die Akquise und Schulung der
ehrenamtlichen Sprachvermittler sowie die konzeptionelle Arbeit fallen in den
Aufgabenbereich dieser Stelle. Der Landkreis muss sich an der Finanzierung
dieser Stelle nur mit 10 % der zuwendungsfähigen Projektausgaben beteiligen
(siehe Bildungsausschuss vom 14.11.2016 und 09.04.2018; Info-Schreiben an die
Ausschussmitglieder vom 25.07.2017). Die Aufstockung der Integrationslotsenstelle
von 0,5 um ca. 0,2 auf ca. 0,7 VZK läge noch im förderfähigen Rahmen. Sie würde
eine Erhöhung der Landkreisbeteiligung von 3.193,68 € (in 2019 für 2018)
um 2.000 bis 3.000 € auf geschätzt ca. 5.000 bis 6.000 € für die
Integrationslotsenstelle bedeuten. Die BIR gilt aktuell befristet bis
31.12.2020, wird aber für die Folgejahre verlängert.
Weiterer Aspekt,
der für die Beauftragung des Caritasverbandes spricht, ist der dort bereits
vorhandene umfangreiche Pool an Ehrenamtlichen und Dolmetschern.
Probleme mit der
Zuständigkeitsabgrenzung zwischen Caritas und „Frauen für Frauen e.V.“ sind
nicht zu erwarten, weil die beantragenden Institutionen entweder dem einen oder
dem anderen Zuständigkeitsbereich angehören und daher immer die gleiche
Ansprechstelle haben.
Die an die
ehrenamtlichen Sprachvermittler zu zahlende Aufwandsentschädigung (derzeit
bei uns 3,75 € je angefangene Viertelstunde; Fahrzeiten sind Arbeitszeiten)
sollte für die beiden Anbieter im Landkreis Miltenberg aber jedenfalls
identisch sein, weil es sein kann, dass Ehrenamtliche unter Umständen von
beiden Vermittlungsstellen angefragt werden; Unterschiede bei der
Aufwandsentschädigung wären schwer zu begründen.
Der für „Frauen für
Frauen e.V.“ vom Jugendhilfeausschuss festgelegte Betrag sollte unverändert
bleiben. Er ergab für das Jahr 2018 einen Durchschnittsbetrag je Einsatz von
(10.186 € : 434 Einsätze =) 23,47 €. Dieser Betrag liegt etwas über der
Pauschale von 20 € im Landkreis Aschaffenburg aber deutlich unter dem im
Stadtbereich gewährten Betrag.
Durch die
Erweiterung des Einsatzbereichs wird sich der finanzielle Aufwand rein für die
Aufwandsentschädigungen (ohne Personal- und Verwaltungskosten) bei uns von
10.186,25 € (= 2018 über „Frauen für Frauen e.V.“) um anfänglich
schätzungsweise 10.000 bis 20.000 € p.A. (= zusätzliche Zahlung über Caritas)
auf insgesamt 20.000 bis 30.000 € erhöhen (zum Vergleich Stadt AB in 2018 ca.
97.000 €; Landkreis AB von 11/17 – 10/18 22.620 €).
Für die Erstattung
des Personal- und Sachaufwands für den Verwaltungsbereich werden nach
übereinstimmender Schätzung durch Caritas sowie unserer Personalstelle ca.
11.000 bis 12.000 € p.A. anfallen.
Damit würden sich
die jährlichen Mehraufwendungen für den Landkreis Miltenberg durch die
vorgeschlagene Ausweitung des Sprachvermittlerangebots auf insgesamt ca.
29.000 € belaufen.
Die Überlegungen
sind sowohl mit den anderen Wohlfahrtsverbänden im Landkreis (Sitzung der ARGE
Wohlfahrt am 16.10.2019) als auch mit dem Caritasverband abgestimmt.
Das detaillierte
Konzept wird mit Caritas noch abgestimmt. Es soll sich aber im Wesentlichen an
der Praxis der Sprachvermittlerangebote von Stadt und Landkreis Aschaffenburg
orientieren.
Ergänzend wird auf
die beiliegende Übersichtstabelle sowie die Internetseiten des Vereins „Frauen
für Frauen e. V.“ sowie der Stadt und des Landkreises Aschaffenburg
http://fff-erlenbach.de/FFF/Projekte/Sprachvermittler/Sprachvermittler.html
verwiesen.
Kreisrat Lieb
möchte wissen, ob die Verlängerungen bedarfsorientiert seien.
Weiterhin fragt er,
ob die einzelnen Maßnahmen/Kurse spitz oder pauschal abgerechnet würden.
Herr Vill
antwortet, dass alle Beschlüsse bis Ende 2020 gefasst worden seien. Es sei gewünscht worden, dass man diese
Beschlüsse dem neuen Kreistag für die nächste Kreistagsperiode wieder vorlege.
Ein Aspekt sei auch, dass die BIR, auf der die Förderung der Integrationslotsen
beruhe, auch nur bis 31.12.2020 gelte. Im Herbst 2020 könne er dann vortragen,
wie die Förderung der BIR 2021 ff. sei.
Caritas zahle den
ehrenamtlichen Dolmetschern 3,75 € pro angefangene ¼ Stunde aus und rechne dann
mit dem Landratsamt genau ab.
Kreisrat Frey sagt, dass dieses Geld aus ökonomischen und sozialen
Gründen sehr gut angelegt sei.