Tagesordnungspunkt
TOP Ö 2: Aktuelles aus dem ÖPNV
Bezeichnung | Inhalt |
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Sitzung: | 09.05.2019 KA/005/2019 |
Beschluss: | zur Kenntnis genommen |
Dokumenttyp | Bezeichnung | Aktionen |
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Die Mitglieder des Ausschusses
nehmen die Ausführungen zur Kenntnis.
Herr Betz, Nahverkehrsbeauftragter der Landkreise Miltenberg und
Aschaffenburg, informiert über Aktuelles und wirft einen Blick auf die künftige
strategische Ausrichtung des ÖPNV im Landkreis Miltenberg.
1.
Zukunftsuntersuchung Madonnenlandbahn
In der Sitzung des Kreisausschusses am 08.10.2018 wurde, basierend auf
den damals voraussichtlichen Kosten in Höhe von 70.000 Euro für die
Untersuchung, einer Übernahme von 50% der Kosten durch das Land
Baden-Württemberg und einer hälftigen Teilung zwischen den beiden Landkreisen,
ein Zuschuss des Landkreises Miltenberg in Höhe von 17.500 Euro beschlossen.
Nachdem das Land Baden-Württemberg zusätzlich auch die optionalen
Untersuchungen einer Durchbindung bis nach Osterburken bzw. die Wirkung der
Variante „Ringzug“ untersuchen läßt, hat sich der Kostenbetrag des
Gesamtgutachtens auf 102.000 Euro erhöht.
Das Land Baden-Württemberg übernimmt weiterhin 50% der Kosten, also
51.000 Euro. Sofern der Zuschuss des Landkreises Miltenberg wie beschlossen
bleibt, steigt der Anteil des Neckar-Odenwald-Kreises somit auf dann 33.500
Euro.
Da beide nun zusätzlich zu untersuchende Optionen auch positive
Wirkungen für den Landkreis Miltenberg entwickeln könnten, fragte der
Neckar-Odenwald-Kreis an, ob auch eine Beteiligung des Landkreises Miltenberg
an den Mehrkosten, bis hin zu einer hälftigen Teilung denkbar sei.
Landrat Scherf ergänzt, dass er Anfang der Woche mit Landrat Brötel habe
sprechen können. Dieser hätte bei der Auftaktveranstaltung einen sehr guten
Eindruck von diesem Fachbüro erhalten. Er plädiert dafür, dass man die Kosten
weiterhin partnerschaftlich aufteile. Man brauche einen Quantensprung bei der
Madonnenlandbahn, damit sie auch für den Alltagverkehr eine ernstzunehmende
gute Verkehrsalternative darstelle. Die Kosten seien mit dem Kreiskämmerer
abgesprochen.
Herr Betz antwortet auf Nachfrage, dass der Anteil des Landkreises
Miltenberg somit von 17.500 Euro auf 25.500 Euro steigen könnte.
2. Zukünftige
strategische Ausrichtung des ÖPNV im Landkreis Miltenberg
Seit der Aufgabenzuweisung des ÖPNV über das BayÖPNVG im Jahr 1994
konnte der öffentliche Nahverkehr über viele Jahre im Landkreis Miltenberg –
trotz eines vergleichsweise guten Angebotsniveaus – eigenwirtschaftlich gehalten werden. Betriebskostenzuschüsse
waren die Ausnahme und dienten häufig der Markterkundung, dem Testen neuer
Angebote bzw. Fahrplanverbesserungen.
Früh wurden Taktverkehre auf den Buslinien sowie eine enge Verzahnung
mit dem Schienenpersonennahverkehr (SPNV) vor allem auf der Maintalbahn
umgesetzt.
Das gute Angebot führte zu einem Anstieg der Fahrgastzahlen von 17 Mio.
pro Jahr in 1994 auf mittlerweile rund 30 Mio. in 2017, die mitgewachsenen
Fahrgelderlöse trugen lange zum Erhalt der Eigenwirtschaftlichkeit bei.
Das finanzielle Engagement des Landkreises zielte darauf ab,
Zusatzverkehre auszuprobieren, Angebote zu verbessern, deren Marktakzeptanz zu
testen, Infrastrukturen wie Unterstellhallen und die Barrierefreiheit zu
verbessern sowie über Marketingmaßnahmen die Qualität des ÖPNV zu vermitteln.
Die oben genannte Entwicklung der Fahrgastzahlen zeigt: Mit Erfolg!
Die Kündigung der VAB-Verträge durch die DB Regio, mit dem Ziel eine
neue Aufteilung der Fahrgelderlöse zu ihren Gunsten zu erreichen, hat hier eine
deutliche Zäsur bewirkt. Vor dem Hintergrund deutlicher Erlösminderungen bei
den Busunternehmen werden anstehende Wiederbeantragungen von auslaufenden
Konzessionen kritisch durchleuchtet. Im Jahr 2015 musste der Landkreis
Miltenberg erstmals ein Linienbündel, für das kein eigenwirtschaftlicher Antrag
mehr gestellt wurde, europaweit ausschreiben. Nach der Vergabe liegt das
wirtschaftliche Risiko nun beim Landkreis.
Für einzelne weitere Genehmigungen liegen bereits Absagen vor, andere
sind noch offen. Erstmals überhaupt hat ein Unternehmen während der Laufzeit
der Genehmigung den Antrag auf Entbindung von der Betriebspflicht gestellt. In
deren Folge musste der Landkreis zunächst eine Notvergabe, parallel dazu nun
ein reguläres Vergabeverfahren gemäß EU 1370/2007 durchführen.
In der Tendenz muss man – wenn man das Angebotsniveau nicht
verschlechtern will - mit einer
zunehmenden Gemeinwirtschaftlichkeit im ÖPNV rechnen, bei der der Landkreis
zunehmend in der wirtschaftlichen Verantwortung stehen wird. Damit verbunden
ist auch ein signifikant steigender Finanzierungsaufwand des Kreises.
Gleichwohl hat der Landkreis das Ziel, den ÖPNV weiter auszubauen,
sowohl für Berufspendler*innen, als auch für Freizeit- und
Gelegenheitsfahrende. Ansatz hierfür sind möglichst direkte, umsteigefreie und
somit schnelle Verbindungen in die Zentren am Bayerischen Untermain aber auch
der Metropolregion Rhein-Main.
Dies kann durch Verknüpfung bestehender Linien, ggf. auch durch kurze
Lückenschlüsse erfolgen.
Daneben können aber auch neue Linien – eventuell in Kooperation mit
benachbarten Aufgabenträgern –z.B. zur S-Bahn Rhein-Main, aber auch als
Schnellverbindungen in Zentren benachbarter Landkreise zielführend sein.
Umsteigefreiheit und zügige Linienführungen machen den ÖPNV für
Pendler*innen attraktiv, ersteres dient aber auch der wachsenden Gruppe älterer
Fahrgäste, die möglichst ohne Umstieg ihr Ziel erreichen wollen.
Gleichwohl ist es aber auch erforderlich, bestehende Angebote zu
beobachten und deren Betriebsweise in wirtschaftlicher Hinsicht zu prüfen, ggf.
umzustellen, oder im schlechtesten Falle auch zurückzunehmen. Vor diesem
Hintergrund kommen neuen, alternativen ÖPNV-Formen eine zunehmende Bedeutung
zu.
3. Alternative
Bedienungsformen in Schwachlastzeiten bzw. nachfrageschwachen Teilräumen
Bereits heute werden in Tagesrandlagen, aber auch in dünner besiedelten
Teilen des Landkreises ÖPNV-Angebote auf Abruf angeboten. Was in Städten wie
Aschaffenburg, mit einer hohen Dichte an Taxiunternehmen als „Anruf-Sammel-Taxi
(AST) ausgestaltet ist, wird im Landkreis Miltenberg als „Rufbus“ angeboten.
Vor allem im Umfeld von Miltenberg bietet das örtliche Unternehmen
Fahrten am Wochenende oder am späten Abend in dieser Form an, der Kunde meldet
sich mit einem zeitlichen Vorlauf bei der vom Unternehmen vorgehaltenen „Rufbuszentrale“ an, die Fahrt wird nur bei
Bestellung gefahren, Kosten entstehen daher nur dann wenn tatsächlich gefahren
wird. Dieses Modell bietet somit eine erweiterte Verfügbarkeit von
ÖPNV-Leistungen zu einem auch im eigenwirtschaftlichen Verkehr vertretbarem
Aufwand.
Am 26.02.2019 fand – unter Teilnahme der Regierung von Unterfranken -
eine Vorstellung des neuen Anbieters „ioki“
im Landratsamt Miltenberg statt. Ioki ist ein Start-Up- Unternehmen des
DB-Konzerns und bietet mit einem leistungsfähigen Hintergrundsystem eine
Plattform für digitale Mobilitätslösungen in dünn besiedelten Räumen oder
Schwachlastzeiten an. Der Kontakt ist ein Ergebnis der aktiven Mitwirkung des
Landkreises Miltenberg in den Facharbeitsgruppen des Strategieforums der
Metropolregion Frankfurt-Rhein-Main.
Einer Marktuntersuchung, einer Definition geeigneter Räume oder
Zeitfenster, einer Berechnung des erwartbaren Nachfragepotentials und der
Simulation der erwartbaren Nachfrage folgt eine Planung der erforderlichen Fahrzeuge
und Ressourcen.
Für die erste Erprobung dieses Systems bietet sich räumlich das
Linienbündel Amorbach mit seinen vielen kleinen Ortsteilen, einer insgesamt
eher dünnen Besiedlung, damit einhergehend einer schmalen Nachfrage nach
ÖPNV-Leistungen außerhalb des Schülerverkehrs an. Denkbar wäre hier ein Ersatz
von einigen Busleistungen durch digital buch- und kombinierbare Abholfahrten.
Hiermit würde sich die Versorgungsleistung des ÖPNV für die aktuellen und
potentiell neuen Nutzer*innen durch die flexible und verlässliche Buchbarkeit
spürbar erhöhen.
Für Abendverkehre bietet sich der Raum Miltenberg mit den umgebenden
Gemeinden an. Mehrfach hat der Landkreis auf Wünsche aus der Bevölkerung oder
den Gemeinden reagiert und testweise zusätzliche Busse am Abend bis teilweise
Mitternacht auf Probe installiert. Alle Versuche scheiterten an einer insgesamt
zu niedrigen Auslastung für ein busgestütztes System. Hier könnte eine digitale
„On-Demand-Lösung“ eine wirtschaftlich akzeptable und aufgrund der flexiblen
Buchbarkeit eine deutlich attraktivere und kundengemäßere Alternative sein. Die
beiden Testfelder „Amorbach“ und „Miltenberg am Abend“ würden sich betrieblich
ergänzen, da die erforderlichen Fahrzeuge in beiden Räumen nacheinander
bedienen könnten.
Ein weiteres Einsatzfeld könnte die Zuführung bzw. Verteilung der
Berufspendler*innen von den Bahnhöfen Miltenberg und Kleinheubach zu bzw. von
den Firmen im Raum Miltenberg darstellen. Hier bestehen konzeptionelle
Gespräche mit Unternehmen des Arbeitskreises Wirtschaft & Politik in
Kleinheubach, da diese sich im Jahr 2018 unterstützungssuchend an Landrat
Scherf und Bürgermeister Danninger gewandt hatten.
Das Gremium steht der digitalen On-Demand-Lösung sehr positiv gegenüber.
Landrat Scherf sagt, dass dieses Projekt eine Qualitätssteigerung
gegenüber dem standardisierten Busverkehr darstelle, da es flexibleres Fahren
jenseits der Fahrpläne ermögliche, und somit auch neue Kundenkreise ansprechen
könne.
4. Aktueller Stand
der Vergabeverfahren für die Linienbündel „Regiobus Miltenberg“ und „Elsavatal“
Das Linienbündel „Regiobus Miltenberg“ wurde im Nachgang zur Entbindung
von der Betriebspflicht gemäß Beschluss im Rahmen einer Notvergabe bis Ende
2020 an den bisherigen Betreiber beauftragt, um die Bedienung der Bevölkerung
im ÖPNV sicherzustellen.
Parallel dazu muss nun die eigentliche wettbewerbliche Vergabe
vorbereitet werden.
Eine Bewertung des Fahrplanangebotes anhand von ermittelten Fahrgastzahlen
wurde vorgenommen, das Grundkonstrukt soll beibehalten werden, sehr schwach
nachgefragte Fahrten entweder ausgelegt oder mit anderen Fahrten kombiniert
werden, um die Fahrleistungen wirtschaftlicher darstellen zu können. Eine erste
Analyse läßt darauf hoffen, dass man das Fahrtvolumen um ca. 10% optimieren kann, ohne das Fahrangebot für die
Nutzer wesentlich zu verringern.
Im Linienbündel „Elsavatal“ läuft derzeit das gleiche Verfahren, auch
dort ist eine begrenzte Reduzierung des Leistungsangebotes ohne substanziellen
Verlust der Qualität wohl möglich.
Kreisrat Weber bemerkt zur Schnittstelle Bahn und Bus, dass bei der
Digitalisierung seine Wunschvorstellung wäre, dass man in der Bahn genau
mitgeteilt bekomme, welcher Bus im Anschluss wann und wo wegfahre. Er möchte
wissen, ob so etwas mit angedacht sei. Weiterhin möchte er wissen, ob die Bahn
eine Minute stehenbleibe, damit es mit dem Anschlussbus klappe, ob die Bahn
sich darauf einlasse.
Kreisrat Weber sei bei einem Treffen mit dem Fahrgastbeirat der
Westfrankenbahn gewesen. Bei der VAB gebe es so etwas nicht. Gerade bei den
Momenten Übergang Bahn-Bus sei es dem Beirat oft passiert, dass sich auch
Buskunden an ihn Fahrgastbeirat gewendet hätten. Jetzt sei der Auftrag
entstanden, den er weitergibt, einmal zu prüfen, ob die VAB einen
Fahrgastbeirat installieren würde.
Landrat Scherf nimmt das gerne als Antrag mit auf. Die Westfrankenbahn
habe einen Fahrgastbeirat gegründet, weil es eine Vergabebestimmung der
Bayerischen Eisenbahngesellschaft gewesen sei.
Weiterhin antwortet Landrat Scherf, dass die Software vorhanden sei.
Die neuen Züge der Westfrankenbahn würden auch die Anschlussbusse angeben.
Herr Betz ergänzt, dass es im Busbereich Displayanzeigen gebe, wo auf
die Anschlüsse hingewiesen werde, sowohl für die Schiene als auch für den Bus.
Zum Fahrgastbeirat erklärt Herr Betz, dass Kreisrat Dr. Fahn sich
damals sehr darum bemüht hätte, dass eine entsprechende Formulierung auch im
Nahverkehrsplan aufgenommen werde. Diese stehe auch drin, dass mittelfristig
die Schaffung eines Fahrgastbeirates VAB angestrebt werde.