Tagesordnungspunkt

TOP Ö 4: Landkreisweites Radverkehrskonzept
Empfehlungsbeschluss für Kreistag

BezeichnungInhalt
Sitzung:02.05.2019   BAUV/002/2019 
Beschluss:einstimmig beschlossen
DokumenttypBezeichnungAktionen

Der Ausschuss für Bau und Verkehr beschließt einstimmig,

 

dem Kreistag folgende Beschlüsse zu empfehlen:

 

·         Das Radverkehrsnetz wird als Zielkonzept für die zukünftige Radverkehrsförderung in den nächsten zehn Jahren beschlossen und dient der Verwaltung des Landkreises als Handlungsgrundlage.

·         Das infrastrukturelle Handlungsprogramm für die Kreisstraßen, das Bestandteil des Berichtes ist (Anlage), zu beschließen.

·         Für infrastrukturelle Maßnahmen in der Baulastträgerschaft des Landkreises in den Haushalten der kommenden 10 Jahre einen Betrag von bis zu 500.000 € jährlich einzuplanen.

·         Die Maßnahmen unter Berücksichtigung der Prioritäten und der jeweiligen Haushaltslage umzusetzen.

·         Die Umsetzung der Maßnahmen im Bereich Service und Kommunikation.

·         Die Stelle eines Radverkehrsbeauftragten im sachangemessenen Umfang zu schaffen.

·         Vor- und Nachteile einer Mitgliedschaft in der Arbeitsgemeinschaft fahrradfreundlicher Kommunen (AGFK) Bayern zu prüfen.

·         Städten und Gemeinden sowie dem Staatlichen Bauamt die Umsetzung des Handlungsprogramms mit den Prioritäten für die Bundes-, Staats- und Gemeindestraßen als Bestandteil des Radverkehrskonzeptes des Landkreises Miltenberg nahezulegen.

·         Prüfung der Umsetzung eines Förderprogrammes für die Förderung von Maßnahmen in der Bauträgerschaft der Landkreiskommunen mit einem Budget von 150.000 € einzuplanen.

 


Landrat Scherf bemerkt, dass über 2,5 Jahre an diesem Konzept gearbeitet worden sei. Der Schwerpunkt, den sich der Kreistag gesetzt hatte, sei, für das Alltagsfahren und auch gerade für das Berufspendeln die Potentiale des Radverkehrs noch deutlich besser nutzen zu können. Momentan würden rund 13% aller Verkehrswege mit dem Rad zurückgelegt. Ziel sei es, dies deutlich zu erhöhen.

Die Aufgabe heute sei es, das Konzept zu beraten und dann dem Kreistag mit den entsprechenden Handlungsempfehlungen zur Beschlussfassung zu empfehlen.

 

 

Herr Wosnik informiert den Ausschuss:

 

Überblick

Der Endbericht zur Erstellung des landkreisweiten Radverkehrskonzepts gliedert sich in drei Teilberichte:

·        Bericht zur Mobilitätsbefragung

·        Bericht zum Radverkehrskonzept: Unfallanalyse, Maßnahmenplanung, Priorisierung und Kostenschätzung sowie CO2-Bilanz und Anhang mit thematischen Karten

·        Bericht mit Hinweisen für die Kommunen und Anhang mit den kommunalen Katastern und Maßnahmenkarten

 

Wesentliche Inhalte:

 

Bericht zur Mobilitätsbefragung

 

Erhebung valider Daten zur Mobilität der Kreisbevölkerung für die Verkehrsplanung.

·                         Verkehrsmittelwahl nach Verkehrszwecken, Altersgruppen und Verkehrsmittelverfügbarkeit

·                         Verkehrsverflechtungen innerhalb der Gemeinden und zwischen den Gemeinden sowie Verkehre aus und in den Landkreis Miltenberg, bezogen auf die Bewohner des Landkreises Miltenberg

·                         Mobilitätskennziffern im interkommunalen Vergleich und nach Teilregionen im Hinblick auf Siedlungsdichte, Topografie und Verkehrsangebot

·                         Bewertung der Mobilitätskennzahlen des Landkreises Miltenberg im Vergleich zum Bundes- und Landesdurchschnitt und gegebenenfalls vergleichbaren Landkreisen

·                         Aktuelle Trends vor allem vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklungen im Landkreis Miltenberg

·                         Definition aufkommensstarker Verflechtungsachsen, um Potenziale für die Verlagerung von Kfz-Verkehrsleistung auf den ÖPNV und den Radverkehr zu identifizieren

·                         Aussagen zu spezifischen Aspekten der Nahmobilität im Landkreis, insbesondere in Bezug auf die Mobilität mit dem ÖPNV und Fahrrad

 

Bericht zum Radverkehrskonzept

 

Unfallanalyse

Zu den in den vergangenen fünf Jahren durchschnittlich rund 90 Unfällen mit Beteiligung von Radfahrern wurde der Unfalltyp, Unfallbeteiligte, Unfallort und Unfallgrund untersucht und bei der Maßnahmenplanung berücksichtigt.

Alarmierend sind die Unfallzahlen mit schwerverletzten und leichtverletzten Radfahrern außerorts: 89 Radfahrer wurden außerorts im Landkreis Miltenberg verletzt.

 

Netzplanung und Bestandserfassung

Alle Städte und Gemeinden, aber auch ihre Orts- und Stadtteile wurden in das kreisweite Radverkehrsnetz eingebunden. Die Binnenerschließung der Kernorte und ggf. zusätzliche Verbindungen wurden Inhalt der Radverkehrskonzeptionen der Städte und Gemeinden.

Darüber hinaus wurden wichtige Verkehrsziele überörtlicher Bedeutung, insbesondere weiterführende Schulen, wichtige Arbeitsplatzschwerpunkte und touristische Ziele von besonderer Bedeutung berücksichtigt.

Neben dem Netz für den Alltagsradverkehr wurden auch die touristischen Routen in das kreisweite Netz übernommen. Das BayernNetz wurde ebenfalls in das Radverkehrsnetz des Landkreises eingebunden.

Das aus den erhobenen Daten entwickelte Wunschliniennetz wurde im Rahmen der Beteiligung der Kommunen vorgestellt und abgestimmt. Es werden Verbindungen zwischen den Städten und Gemeinden des Landkreises sowie zu den Nachbarkreisen, als sogenannte „Wunschlinien“ skizziert, in drei Hierarchiestufen erstellt.

Auf der Grundlage dieses dreistufigen Netzes wurden die Kriterien aus den Richtlinien zur integrierten Netzgestaltung (RIN)[1] im Landkreis Miltenberg angewendet. Im Ergebnis stand ein Wunschliniennetz, welches mit dem Landratsamt und allen Kommunen des Kreises abgestimmt wurde. In einem weiteren Arbeitsschritt wurde hieraus ein Untersuchungsnetz für die Bestandserfassung erarbeitet und rund 800 km mögliche Streckenführungen mit dem Fahrrad erfasst, dokumentiert und teilweise zusammen mit Vertretern der Gemeinden abgefahren.

 

Maßnahmenprogramm und Leitprojekte

Neben einer für jede Kommune erstellten Dokumentation der Radverkehrsinfrastruktur, mit den  Ergebnissen der Bestandserfassung, wurde für jede Kommune eine Maßnahmenplanung durchgeführt. Hierbei wurde das Untersuchungsnetz in weiten Teilen, z.T. auch unter intensiver Beteiligung der örtlichen Ansprechpartner, noch einmal vor Ort in Augenschein genommen.

Die Maßnahmenplanung für den infrastrukturellen Teil wurde in das Bestandskataster eingefügt und zu einem Maßnahmenkataster fortentwickelt.

 

Parallel zur kommunalen Ebene wurden für den gesamten Landkreis Miltenberg Leitprojekte definiert, die den Handlungsrahmen für die nächsten 10 bis 15 Jahre umschreiben:

·        Leitprojekt - Mittlerer Standard auf dem Mainradweg

·        Leitprojekt - ERA-Standard in den übrigen Tälern

·        Leitprojekt - Mainquerungen

·        Leitprojekt - Reduzierung der Höchstgeschwindigkeit auf gering belasteten Straßen außerorts

·        Leitprojekt - E-Mobilität

·        Leitprojekt - Fahrradparken und B+R

·        Leitprojekt - Service und Kommunikation

 

Priorisierung und Kostenschätzungen

In Abstimmung mit dem Landkreis Miltenberg wurden den infrastrukturellen Maßnahmenempfehlungen Prioritäten auf der Grundlage von Netzzusammenhang, Verkehrssicherheit, Schulwegrelevanz und Bürgervotum zugewiesen.

Für alle Maßnahmen wurde eine Grobkostenermittlung auf der Basis von Kennzahlen erstellt.

 

Die Kommunen erhalten so eine Empfehlung für die Umsetzungsreihenfolge.

 

Energie- und Treibhausgas-Emissionsbilanz

Die Berechnung der Energie- und Treibhausgas-(CO2-)Emissionsbilanz stützt sich auf das Mengengerüst der Haushaltsbefragung für den Landkreis Miltenberg aus dem Jahr 2016/17. Durch die angenommene Steigerung des Radverkehrsanteils bis zum Jahr 2030 um 2 Prozentpunkte lässt sich eine Reduktion des motorisierten Verkehrsaufwands um 1,6 % erreichen.

 

Interne Abstimmung und Bürgerbeteiligung

Die Konzeptentwicklungsschritte wurden kontinuierlich intern mit den beteiligten Fachstellen, dem Staatlichen Bauamt Aschaffenburg und den Kommunen des Landkreises abgestimmt. Diese Abstimmungen nahmen einen besonderen Stellenwert ein und wurden an den entscheidenden Schnittstellen wie Netzkonzeption, Netzanalysen und Maßnahmenprogramm angesiedelt.

Darüber hinaus konnten und haben Bürgerinnen und Bürger im Rahmen der Mobilitätsbefragung, in drei Bürgerworkshops, per Email und später auch über den Wegedetektiv, Hinweise und Vorschläge geben

Die jeweiligen Schritte der Abstimmung und Bürgerbeteiligung werden in nachfolgender Grafik verdeutlicht.

Zusätzlich fand eine bilaterale Abstimmung zwischen dem Verkehrsplanungsbüro und den Kommunen zu allen nachgefragten Inhalten statt.

 

Bericht mit Hinweisen für die Kommunen

Der Bericht mit Hinweisen für die Kommunen und Anhang mit den kommunalen Katastern und Maßnahmenkarten enthält für jede der Landkreiskommunen mit ihren Ortsteilen:

·        eine kommunale Unfallkarte

·        eine Darstellung der Radverkehrsinfrastruktur im Bestand nach untermäßigen Breiten nach ERA, Mängel an Oberflächen und Ausbildung der Knotenpunkte

·        Maßnahmenkarte

·        Maßnahmenkataster, Baulast, Prioritäten

·        einen Erläuterungsbericht

Die Kommunen haben zum Teil den spezifischen Berichtsteil bereits in ihren Gremien besprochen und teilweise eine Umsetzung der dargestellten Maßnahmen beschlossen.

 

 

Eine Kurzfassung des Endberichts findet sich in der Anlage.

 

 

Diskutiert wird die Notwendigkeit einer Stelle für einen Radverkehrsbeauftragten. Die halten sowohl der Kreisbaumeister wie auch der Landrat und mehrere Kreisräte in Wortbeiträgen für notwendig.

 

Kreisrat Schüßler ist skeptisch gegenüber der Schaffung einer zusätzlichen Stelle.

 

Landrat Scherf sichert zu, dass zunächst nicht an eine volle Stelle gedacht sei, sondern entsprechend der Aufgaben.

 

Herr Wosnik betont, dass es bei der Umsetzung des Radverkehrskonzepts einen Kümmerer brauche, der nicht nur die Maßnahmen des Landkreises vorantreibt, sondern vor allem für die Koordination mit den Gemeinden und anderen Fachstellen verantwortlich sei. Dieser Beauftragte solle sich auch um die Klärung von Fördermöglichkeiten kümmern und den Fördertopf betreuen, so Wosnik.

 

Kreisrat Bieber berichtet dem Ausschuss, als die Stadt Miltenberg damals mit dem Radverkehrskonzept begonnen habe, hätte mit Hilfe des Mitarbeiters vom Landratsamt, Herrn Thiery, für die bundesweite Ausschreibung das Büro via an Land gezogen werden können. Es sei sinnvoll und gut gewesen, dass die Stadt Miltenberg im Landratsamt jemanden hatte, der die Fäden in der Hand hielt. Aus der Erkenntnis der Anfänge heraus hält Kreisrat Bieber den heutigen Beschluss für sinnvoll. Er stimmt zu, dass man jemanden brauche, der für das gesamte Konzept die Fäden in der Hand hält, Hilfestellung gebe und die Fördertöpfe kenne.

 

Angesichts der voranschreitenden E-Mobilität des Radverkehrs werde das Radfahrern künftig noch größere Bedeutung bekommen, so Kreisrat Linduschka. Deshalb sei es richtig, das Augenmerk verstärkt auf das Radfahren und die Bereitstellung einer guten Radinfrastruktur zu legen.

 

Kreisrat Wolz erachtet es für wichtig, dass bereits im Vorfeld die Sinnhaftigkeit und das Aufgabenfeld der neuen Stelle den Bürger*innen erklärt werde.

 

Herr Wosnik antwortet, dass die Fa. Via explizit für den Kreistag noch einmal Genaueres vorbereitet.

 

Landrat Scherf sichert zu, dass im Kreistag dargestellt werde, wie viele Einzelmaßnahmen vorgeschlagen werden.

 

Kreisrat Dotzel macht deutlich, dass das Radverkehrskonzept ein großes Rad sei, das man drehen wolle. Eine solche große Maßnahme habe der Landkreis bisher selten auf den Weg gebracht. Wenn der Landkreis bei diesem Konzept Geld dazugebe, sei das super, da die Eigenmittel der Kommune reduziert würden. Man müsse allerdings aufpassen, dass dadurch die staatlichen Leistungen nicht ersetzt würden.

Man solle sich auch damit auseinandersetzen, ob man das Know-How der vorhandenen Verbünde wie z.B. den ADFC einbinden könne.

Weiterhin solle der Landkreis in enger Abstimmung mit dem Straßenbauamt Aschaffenburg arbeiten, denn nur dann könne man auch auf die Zustimmung der Regierungsstelle hoffen.

 

Landrat Scherf bestätigt, dass man aufpassen müsse, da man mit diesen freiwilligen Leistungen im Bereich der Radwege in gemeindlicher Trägerschaft im Bereich fremder Aufgaben sei.

Der ADFC-Kreisverband Aschaffenburg-Miltenberg unterstütze den Landkreis bereits ehrenamtlich und sei mit an dessen Seite ebenso wie das Staatliche Bauamt.

 

Kreisrat Bieber wendet ein, dass die Mitgliedschaft im AGFK für die Stadt Miltenberg damals nicht erstrebenswert gewesen sei. Man habe ganz nüchtern erkennen müssen, dass die Aufgaben und Verpflichtungen, die man eingegangen wäre, ungleich höher gewesen wären als der Erfolg und der Effekt, den man daraus erzielen konnte. Deshalb habe man auf die Mitgliedschaft verzichtet.

 

Landrat Scherf bietet an, den Punkt dahingehend umzuformulieren, Vor- und Nachteile einer Mitgliedschaft in der AGFK zu prüfen.

 



[1]    Forschungsgesellschaft für Straßen und Verkehrswesen (FGSV): Richtlinien zur integrierten Netzgestaltung (RIN). Köln, 2008

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