Tagesordnungspunkt

TOP Ö 6: Beitritt des Landkreis Miltenberg zur Weinheimer Initiative

BezeichnungInhalt
Sitzung:18.10.2018   KT/004/2018 
Beschluss:mehrheitlich beschlossen
Abstimmung: Nein: 2
DokumenttypBezeichnungAktionen

Der Kreistag beschließt bei zwei Gegenstimmen,

 

dass der Landkreis Miltenberg der kommunalen „Arbeitsgemeinschaft Weinheimer Initiative“ und dem damit verbundenen eingetragenen Förderverein beitritt und dafür ab dem Jahr 2019 Haushaltsmittel in Höhe von jeweils 6.000€ p.a. bereitstellt.


Landrat Scherf trägt vor, dass für den Landkreis Miltenberg mit einem außerordentlich hohen Anteil beruflich qualifizierter Arbeitskräfte und einer Wirtschaft, die stark vom verarbeitenden Gewerbe geprägt ist, der demographische Wandel eine besondere Herausforderung bedeutet. Prognosen deuten auf einen sinkenden Anteil der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter, gleichzeitig wird insgesamt ein Bevölkerungsrückgang vorausgesagt. Vor diesem Hintergrund erleben wir eine dynamische wirtschaftliche Entwicklung: ein steigender Fachkräftebedarf trifft auf ein schrumpfendes Arbeitskräftepotential.

 

Für einen Teil der Jugendlichen gestaltet sich der Übergang von der Schule in den Beruf weiterhin als Problem: besonders für Schulabbrecher*innen, Abgänger*innen ohne Abschluss, Mittelschüler*innen mit oder ohne Migrationshintergrund oder aus sozial schwachen Milieus. Jedes Jahr verlassen – im Landkreis Miltenberg dank umfangreicher Bemühungen mit sinkender Tendenz - Schülerinnen und Schüler die allgemeinbildende Schule ohne Abschluss (2017: 64) oder mit einem Förderschulabschluss (2017:13). Trotz der zurückgehenden Zahl an Bewerber*innen übersteigt im Landkreis Miltenberg die Nachfrage nach Ausbildungsstellen das Angebot von Ausbildungsplätzen im dualen System der Berufsausbildung. Erschwerend kommen die Passungsprobleme auf dem Ausbildungsmarkt hinzu. Ein Teil der Jugendlichen landet im sogenannten Übergangssystem in verschiedenen Maßnahmen, aus denen ein Einstieg in eine Ausbildung nicht selten misslingt. Hier hat der Landkreis Miltenberg u.a. mit der Etablierung der Jugendsozialarbeit an der Johannes-de-Lasalle-Berufsschule und den beruflichen Schulen im Landkreis Miltenberg sowie mit der Gründung der Jugendarbeitsagentur bereits reagiert. Letztere verstetigt u.a. die international gewürdigte „Ausbildungsinitiative Asyl“ des Landkreises Miltenberg als Unterstützungsmaßnahme für alle Jugendlichen mit Förderbedarf bei der beruflichen und gesellschaftlichen Integration.

 

Aktuell belegt der Landkreis Miltenberg mit der ersten Bildungskonferenz seine Verantwortung, die Aktivitäten und Angebote an der Schwelle Schule-Beruf zu stützen und lokal zu koordinieren. Diese Bildungskonferenz geht zurück auf die Kooperationsvereinbarung „Jugend stärken im Landkreis Miltenberg“ und die Zertifizierung des Landkreises Miltenberg durch den Freistaat Bayern als Bildungsregion.

 

Damit all diese Maßnahmen Wirkung erzielen, bietet sich ein fachlicher Austausch mit Landkreisen an, die ebenfalls einen Schwerpunkt in der beruflichen Bildung haben. Aufgrund der öffentlichen Wirkung unserer Maßnahmen erhielten wir die Einladung, der „Arbeitsgemeinschaft Weinheimer Initiative“ beizutreten.

 

Was ist die Weinheimer Initiative?

Im Jahr 2008 gründete sich die Arbeitsgemeinschaft Weinheimer Initiative, um Jugendlichen beim Übergang von der Schule in eine Berufsausbildung zu helfen. Die Mitglieder sind in erster Linie Städte und Landkreise, die mit der Gründung der Arbeitsgemeinschaft auf die erheblichen sozialen Folgekosten nicht gelingender beruflicher Integration hinweisen. Sie eint, dass sie dem Verlust von Zukunftsfähigkeit und der Gefährdung des sozialen Zusammenhalts entgegentreten. Die vorrangige Aufgabe der Arbeitsgemeinschaft ist es, die eigene Arbeit der beteiligten Städte und Kreise bei der kontinuierlichen Verbesserung der Anstrengungen „vor Ort“ zu unterstützen. Die Arbeitsgemeinschaft versteht sich daneben als Anwaltschaft für die Übernahme von gemeinsamer kommunalpolitischer und bürgerschaftlicher Verantwortung und für Kommunale Koordinierung im Übergang Schule – Arbeitswelt. Die gemeinsame Verantwortung von Kommune, Bürgerschaft, Stiftungen, Bildungseinrichtungen und Wirtschaft für gelingende Bildungs- und Übergangsprozesse zu entwickeln, gehört zu den zentralen Zielen.

Die Arbeitsgemeinschaft besteht seit über zehn Jahren und ihr gehören u.a. die Städte Weinheim, Rodgau, Kassel, Dortmund oder Mannheim sowie die Landkreise Offenbach, Rhein-Neckar oder Göttingen und die Region Hannover an.

 

Arbeitsweise

Die mitarbeitenden Städte und Kreise werden zugleich durch Erfahrungsaustausch, Beratung und Berichterstattung in ihrer Arbeit gestärkt. Konkret sind die Mitglieder jährlich zu je einem Fachtag, einer Jahrestagung eingeladen, in denen Wissenschaftler und kommunale Praktiker gleichermaßen zu Wort kommen. Eine Sommerklausur gibt Raum, zentrale Zukunftsfragen kommunaler Übergangsgestaltung zu diskutieren. Daneben gibt die Initiative laufend Fachveröffentlichungen, Handreichungen und Positionspapiere heraus. Die Modellbildung erfolgt dabei aus der konkreten Praxis „vor Ort“ heraus. Je nach Bedarf gibt es zu aktuellen Themen Facharbeitsgruppen und Austauschveranstaltungen.

Die Arbeitsgemeinschaft streitet für bessere Rahmenbedingungen für eine dauerhafte Übernahme kommunaler Koordinierungsverantwortung. Sie setzt sich dabei insbesondere im Gesetzgebungsprozess und bei der Ausgestaltung von Förderprogrammen bei Ländern und Bund ein, darüber hinaus z.B. bei der Bundesagentur für Arbeit.

 

Nutzen für die Kreisentwicklung:

Die Vernetzung und der fachliche Austausch mit engagierten Kommunen werden unterstützt. Von Bedeutung ist dabei der Landkreis Offenbach,  der schon lange engagiert das Feld Übergang Schule-Beruf bearbeitet und zu dem über die Metropolregion FrankfurtRheinMain bereits regionale Beziehungen bestehen. Darüber hinaus bietet die Arbeitsgemeinschaft Chancen, dass der Landkreis Miltenberg überregional wahrgenommen wird.

 

Der Landkreis wird außerdem beim Erreichen folgender Ziele unterstützt:

 

-          Etablieren einer lokalen Verantwortungsgemeinschaft mit allen Akteuren, die auf die berufliche Bildung und die Übergänge von Schule in Beruf Einfluss haben und für deren wirksame Gestaltung gebraucht werden;

-          Wege in die Arbeitswelt werden so gestaltet, dass sich allen Jugendlichen der Sinn einer beruflichen Ausbildung und die Chance auf persönlich gute Zukunftsperspektiven eröffnet;

-          Einsatz für eine Verbesserung der Rahmenbedingungen, um lokal Verantwortung in der Bildung zu übernehmen

 

Aus diesem Grund schlägt die Verwaltung vor, dass der Landkreis Miltenberg der „Arbeitsgemeinschaft Weinheimer Initiative“ und dem damit verbundenen eingetragenen Förderverein beitritt und damit seine Verantwortung bekräftigt, federführend im Rahmen einer lokalen Verantwortungsgemeinschaft aller einschlägigen Akteure tätig zu werden.

 

Der Beschlussvorschlag wurde vom Ausschuss für Bildung, Kultur und Soziales in seiner Sitzung am 04.10.2018 mehrheitlich bei einer Gegenstimme empfohlen.

 

 

Auf Nachfrage von Kreisrat Reinhard kündigt Landrat Scherf an, den Kreisgremien jährlich einen Bericht über diese Zusammenarbeit vorzulegen.

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