Tagesordnungspunkt

TOP Ö 5: Erneuerung Wärmeerzeugungsanlage im Landratsamt Miltenberg
Sachstandsinformation und Beschluss

BezeichnungInhalt
Sitzung:25.09.2018   BAUV/004/2018 
Beschluss:mehrheitlich beschlossen
Abstimmung: Ja: 10, Nein: 4
DokumenttypBezeichnungAktionen

Der Ausschuss für Bau und Verkehr beauftragt die Verwaltung

 

mehrheitlich (10:4  Stimmen),

 

die Erneuerung der Wärmeerzeugungsanlage mit folgender Vorgabe zu planen:

Gas-Brennwertkaskade 300 kW (4 x 75 kW) + Gas-BHKW 20 kWel / 40 kWth (Hauptgebäude) und Gas-Brennwertkaskade 110 kW (2 x 55 kW) (Nordgebäude)


Herr Wosnik trägt vor, dass die Wärmeerzeugungsanlagen im Landratsamt Miltenberg seit dem Bau der Gebäudeteile nicht erneuert worden sind. Sowohl im Hauptgebäude als auch im Nordflügel befinden sich eigenständige Heizungsanlagen aus den Jahren 1990 und 1993. Dabei handelt es sich um verschiedene Niedertemperatur-Gaskessel der Firma Fröling. Es empfiehlt sich nun eine Entscheidung in Bezug auf die künftige Wärmeversorgung des Landratsamtes zu treffen, da die Gaskessel das Ende ihrer statistischen Lebensdauer erreicht haben und den Austausch der Anlagen vorzubereiten.

Infolgedessen hat das Landratsamt Miltenberg das Ingenieurbüro Wohlfromm damit beauftragt, eine Energieuntersuchung durchzuführen. Dabei wurden die Energieverbräuche der letzten Jahre ausgewertet. Hierbei wurden die Lastgänge der Anlagen und die technischen und räumlichen Gegebenheiten zugrunde gelegt, um auf dieser Grundlage verschiedene Varianten für die zukünftige Energieversorgung zu betrachten.

Der Einsatz von strombetriebenen Wärmepumpen wurde aufgrund der benötigten hohen Vorlauftemperaturen in den Heizkreisen ausgeschlossen. Ebenso stellt solarthermische Wärmeerzeugung keine Alternative dar, da der Warmwasserbedarf im Landratsamt im Sommer nur sehr gering ist.

Eine Anbindung an das Nahwärmenetz der FRIPA wurde kostenmäßig nicht weiter untersucht, weil eine redundante Wärmeversorgung im Fall von Wartungsarbeiten weiter benötigt wird und eine kurzfristige Machbarkeit durch die notwendige Verbindungsleitung von fast einem Kilometer inklusive Bahnquerung nicht gegeben ist.

Darüber hinaus wurde eine Lösung mit einer Gas-Wärmepumpe betrachtet, von der seitens der Ingenieurbüros ebenfalls abgeraten wurde, da eine Aufstellung auf dem Dach aufgrund der hohen Schallemissionen und des Gewichtes von ca. einer Tonne nicht sinnvoll ist.

Tiefer geprüft wurden deshalb folgende Varianten:

      I.        Gas-Brennwertkaskade 300kW (Hauptgebäude) + Gas-Brennwertkaskade 100kW (Nordflügel)

    II.        Wärmeverbund, Gas-Brennwertkaskade 360kW + Gas-Blockheizkraftwerk 20kW el

   III.        Gas-Brennwertkaskade 300kW (Hauptgebäude) + Gas-Brennwertkaskade 110kW (Nordflügel) + Gas-Blockheizkraftwerk 20kW el/40 kW th

  IV.        Wärmeverbund, Gas-Brennwertkaskade 300kW + Pelletkessel 100 kW

    V.        (Nahwärme FRIPA)

  VI.        Wärmeverbund, Pelletheizung externe Aufstellung 300 kW

In Bezug auf das BHKW wurde von Seiten des Ingenieurbüros eine Abschätzung durchgeführt, wie sich dieses auf die bestehende sowie die geplante Erweiterung der Photovoltaik (PV)-Anlage auswirken würde. Dabei ergab sich, dass das BHKW nahezu keinen Einfluss auf die PV-Anlage haben würde aufgrund der jahreszeitlichen Verschiebungen bei der Stromproduktion und dem relativ hohen Stromverbrauch des Landratsamtes.

Option a)

Aus monetärer Sicht empfiehlt sich aktuell fraglos eine der Lösungen mit Gasbrennwertkesseln. Ein Wärmeverbund ist aufgrund der nötigen Tiefbauarbeiten im Allgemeinen und den Schwierigkeiten bei der Leitungsführung (bestehende Leitungen im Gehweg, Höhenversetzung der Gebäude, Aufzugschächte im betroffenen Bereich) mit Herausforderungen verbunden. Daher sieht der UB 5 zu einen eine Umsetzung der Variante III mit getrennten Gas-Brennwertkesseln und Gas-BHKW als sinnvoll an. Die geschätzten Kosten inklusive Planungskosten und Beträge für Mess-, Steuerungs- und Regelungstechnik (MSR-Technik) liegen bei rd. 195.000 €.

Bei Zusammenfassung der verbrauchs-, kapital- und betriebsgebundenen Kosten abzüglich Vergütungen über 15 Jahre entsteht ein Betrag von rd. 110.000 €. Dieser liegt minimal über der Variante ohne BHKW und 3,6% über den Bestandskosten.

Jedoch hätte diese Lösung insgesamt höhere CO2-Emissionen (171,4 t CO2) zur Folge als die rechnerische Bestandslösung (168,2 t CO2). Der Landkreis hat Gaslieferverträge geschlossen, die einen Ausgleich der CO2-Emissionen durch den Erwerb von CO2-Emissionsminderungsrechten vorsehen. Deshalb greift das Argument des erhöhten CO2-Ausstoßes nicht vollständig.

 

Option b)

Die mit dem integrierten Energie und Klimakonzept des Landkreises beschlossene und gewollte Vorbildfunktion der öffentlichen Hand fordert aus Sicht des UB 5 jedoch eine genauere Betrachtung der Variante VI mit den deutlich geringeren Emissionswerten. Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang, dass die Ziele des Pariser Klimaabkommen deutlich ambitioniertere Vorgaben auf europäischer und nationaler Ebene erfordern als heute. Die EU strebt daher eine Nachjustierung der europäischen Ziele für 2030 an und will bis Ende des Jahres eine neue, deutlich ambitionierte Langfriststrategie vorlegen. Dies könnte auch nochmalige Veränderungen beim Emissionshandel bedeuten, was die Brennstoffkosten beim Gas nach einem Anstieg des CO2-Preises in den letzten Monaten nochmals deutlich erhöhen könnte. Auf nationaler Ebene sind solche Zeichen bisher nicht ersichtlich, aber zwangsweise in den folgenden Jahren als Umsetzung der europäischen Politik durchaus zu erwarten.

Die Variante III (Option a)) mit weiterhin unvermindert hohen Treibhausgasemissionen erscheint vor diesem Hintergrund zumindest fragwürdig. Nicht zuletzt weil diese Entscheidung die Weichen für die nächsten zwei bis drei Jahrzehnte stellen soll. Deswegen wird dem Ausschuss für Bau und Verkehr ebenso die Variante einer Pelletheizung mit externer Aufstellung und einem Wärmeverbund als zweite Möglichkeit  zur Entscheidung vorgelegt. In diesem Falle würde eine Containerlösung angestrebt inklusive einem Pufferspeicher und einem Pelletlager mit einem Volumen von 40 m3. Die angesetzten Investitionskosten liegen hier bei rd. 350.000 €. Die Gesamtkosten, hochgerechnet auf einen Zeitraum von 15 Jahren, liegen bei rd. 120.000 € und damit 10,7 % über Option a); jedoch würden, mit 40,5 t CO2, weniger als ein Viertel der CO2-Emissionen anfallen.

Allerdings gilt es die bereits dargestellten Herausforderungen bei einem Wärmeverbund zu beachten. Ferner muss trotz ständiger Parkplatznot am Landratsamt ein Platz für die Aufstellung des Containers gefunden werden (ca. 30 m2). Dies kann entweder zum Wegfall von Stellplätzen oder zu noch nicht abschätzbaren Mehrkosten für eine aufgeständerte Anlage führen. Ferner stellt sich zudem die Problematik der Anlieferung der Pellets mit einem Lkw und der damit verbundenen Geräuschentwicklung. Außerdem muss beachtet werden, dass der Container mit einer Höhe bis zu 6,50 m eine deutliche Veränderung des Erscheinungsbildes hervorrufen würde. Hinzu kommen ein höherer Personalaufwand für den Betrieb der Anlage und die nötige Ascheentsorgung nach dem Kreislaufwirtschaftsgesetz.

Dies zeigt deutlich auf, dass diese Variante (Pelletkessel) nicht nur mit erhöhten Kosten, sondern auch mit Herausforderungen verbunden ist. Nichtsdestotrotz könnte sich eine solche Option als innovatives Projekt mit Vorbildcharakter erweisen. Eine vergleichbare Anlage wurde in der Grundschule Bischbrunn besichtigt und läuft dort seit Jahren störungsfrei und zur vollen Zufriedenheit der Nutzer und des Betreibers.

 

Der UB 5 bittet unter dem Gesichtspunkt des Klimaschutzes zu entscheiden, welche der beiden vorgeschlagenen Varianten umgesetzt werden soll.

 

 

Kreisrat Schuck fragt, ob der Strom des BHKW für Notstrom mitgenutzt werden könne.

 

Herr Wosnik antwortet, dass das Landratsamt so mit Stromnotversorgung ausgerüstet sei, dass das Lagezentrum und die zentralen IT-Techniken mit Strom über ein Notstromaggregat versorgt werden. Darüber hinaus habe das Landratsamt keine katastrophensichere Stromversorgung. Insofern könnte ein BHKW mit 20kW el einen Beitrag dazu leisten, aber d.h. nicht, dass damit das ganze Landratsamt betrieben werden könne. Machbar sei es aber.

 

Kreisrätin Becker möchte wissen, ob die Kessel nur alt oder kaputt seien.

 

Man plane nicht, die Kessel sofort auszutauschen, so Wosnik. Das Ingenieurbüro sei bereits seit über einem Jahr an dieser Untersuchung, weil es sehr sorgfältig untersucht sein müsse. Das UB 5 wolle für den Fall gerüstet sein, wenn sich die Anlage als schwierig erweise.

 

Weiterhin fragt Kreisrätin Becker, ob ein Container für die Pellets in der Tiefgarage gelagert werden könnte.

 

Herr Wosnik sagt, dass diese Lagerung ausgeschlossen sei, weil ein Tiefgaragenstellplatz deutlich teurer sei als ein ebenerdiger Stellplatz. Zum anderen habe man in der Tiefgarage keine große Geschosshöhe. Bei einem Pellet benötige man immer eine schräg geneigte Fläche am unteren Ende, das heiße, das reduziere das Volumen. Dies seien die Gründe gewesen, warum man diese Idee nicht weiter verfolgt habe. Die Parkplatzsituation um das Landratsamt sei auch sehr schwierig, daher habe das UB 5 gesagt, dass die oberirdische Lösung die bessere sei. Für die Stellplätze wäre es die beste Lösung, wenn die großen Flächen aufgeständert werden. Dadurch würden sogar überdachte Stellplätze entstehen.

 

Herr Wosnik antwortet auf die Frage von Kreisrat Schuck, dass die Fripa insgesamt sieben Papiermaschinen habe, wovon drei für Wärmenutzung geeignet seien. Die Abwärmeenergie wäre sicherlich vorhanden. Was das Ganze schwierig mache, sei die Leitungsführung. Während das Schulzentrum mit Leitungen angeschlossen worden sei, die zu 70% auf dem Grundstück des Landkreises liegen, die restlichen 30% laufen durch öffentlichen Straßenraum, der wenig installiert sei, sei es so, dass man in der Brückenstraße hochinstallierte Bereiche hätten. Dort seien so viele Leitungen im Boden, dass das die Kosten extrem in die Höhe treiben würde. Zum anderen hätte man noch die Schwierigkeit, dass man unter der Bahntrasse durchmüsse. Dies sei nicht einfach, mit dem Eisenbahnbundesamt Vereinbarungen zu schließen. Man habe auch Nachforschungen angestellt, weil die WFB den Bahnhof Miltenberg verbessern will und auch die Unterführung machen will. Auch die gehen nicht an das vorhandene Tunnelprofil ran, weil es zu aufwendig ist, das zu ändern. Die Kosten wären deutlich höher als für das Schulzentrum.

 

Kreisrat Scholtka tendiert wegen der Kosten und Umbaukosten zu Option a). Er würde sich wünschen, dass der UB 5 die Verbundlösung prüfe.

 

Diese Variante sei bis zum Leitungsweg geprüft worden, so Wosnik. Das würde allerdings auch zu Mehrkosten führen. Die Verwaltung habe sich für die zwei Optionen entschieden, entweder 100% ökologische Vorbildleistung oder 100% wirtschaftlich. Jede andere Option sei auch machbar.

 

Kreisrätin Becker betont, dass Klimaschutz wichtig sei. Deswegen sollte man sich nicht nur von dem Gedanken leiten lassen, was kostengünstiger sei. Ein Amt habe eine Vorbildfunktion. Man könne vom Bürger nicht erwarten, was man selber nicht mache.

 

Herr Jeßberger, B 5.1, sagt, dass sieben Varianten untersucht worden seien. Die günstigste Variante sei die 1:1-Erneuerung der bestehenden Kesselanlage. Es bestehe kein großer Kostenunterschied. Der Wärmeverbund sei grundsätzlich sinnvoll, aber von der Umsetzung so schwierig, dass man fachlich davon abrate.

 

Herr Schneider, Klimaschutzmanager, plädiert für die Pellets-Lösung. Es sei zwar eine hohe Investition, aber klimatechnisch sei diese Lösung natürlich besser.

 

Kreisrätin Dolzer-Lausberger merkt an, dass bei Option b) auch ein Wärmeverbund eingerichtet werden müsse und somit die gleichen Schwierigkeiten bei der Umsetzung bestünden.

 

Herr Wosnik antwortet, dass das stimmt. Der Aufwand sei deutlich höher. Wenn das Landratsamt tatsächlich eine Vorbildfunktion im Bereich Klimaschutz machen wolle, dann sei der UB 5 auch bereit, diese erhöhten Schwierigkeiten auf sich zu nehmen und zu sagen, dass man es trotzdem mache, auch wenn es technisch sehr anspruchsvoll sei. Wenn es nur darum gehe, eine günstige Lösung zu finden, dann sage der UB 5, dass die Variante a) das einfachste wäre.

 

Landrat Scherf fasst zusammen, dass sich dieser extreme Aufwand lohne, wenn man etwas Innovatives für den Klimaschutz machen will, aber nicht für die kommerzielle Lösung.

 

Kreisrat Zöller plädiert für Option a). Die Gemeinde Mönchberg hätte auch vor der Entscheidung gestanden und habe sich für ein Gasblockheizkraftwerk entschieden.

 

Kreisrat Scholtka fasst zusammen, dass mit einem BHKW auch etwas wesentlich ökologischeres mache als bisher. Man produziere jetzt damit auch Strom, insofern sei man damit auf der richtigen Seite. Für den Preis wäre eine CO²-Einsparung zu teuer. Mit diesem Geld könne man andere Dinge tun wie z.B. Solaranlagen bauen.

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