Tagesordnungspunkt

TOP Ö 3: Anhörung zur Teilfortschreibung des Landesentwicklungsprogramms Bayern (LEP) – Einleitung des Beteiligungsverfahrens nach Art. 6 i.V.m. Abs. 1 BayLplG

BezeichnungInhalt
Sitzung:23.04.2018   KA/002/2018 
Beschluss:zur Kenntnis genommen
DokumenttypBezeichnungAktionen

Der Kreisausschuss nimmt zur Kenntnis:

Der Landkreis Miltenberg hält seine geäußerten Forderungen, den bayerischen Untermain als bayerischer Kern der Metropolregion Frankfurt Rhein-Main analog als neue Metropole aufzunehmen, aufrecht. Die Bedenken gegenüber der Lockerung des Anbindegebots werden ebenfalls aufrechterhalten. Ferner wurden Bedenken gegenüber der Abstandsregelung zum Neubau oder Ersatzneubau von Hochspannungsfreileitungen geäußert, sowie zum Anhang 3 des Alpenplans. Es wurde angeregt, Regelungen aufzunehmen, die eine grenzüberschreitende Abstimmungs- und Berücksichtigungspflicht bei Planungen von Kommunen im Grenzgebiet z.B. zwischen Bayern und Baden-Württemberg beinhalten.


Herr Scherf informiert wie folgt über den Sachverhalt:

 

Mit Schreiben vom 16. November 2017 hat der Regionale Planungsverband Bayerischer Untermain allen Verbandsmitgliedern die Möglichkeit gegeben zur Teilfortschreibung des Landesentwicklungsprogramms Bayern (LEP)  im Rahmen der Einleitung des Beteiligungsverfahrens zum Entwurf vom November 2017 bis spätestens 13. Dezember 2017 Stellung zu nehmen.

 

Bereits im Juli 2016 bat das Bayerische Staatsministerium der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat alle Gemeinden, Städte und Landkreise in Bayern um Stellungnahme zum Entwurf der Verordnung über das Landesentwicklungsprogramm Bayern (LEP). Zu den Änderungen des Entwurfs vom November 2017 hat der Landkreis Miltenberg nach Beteiligung der Gemeinden nachfolgende Stellungnahme abgegeben:

Stellungnahme:

2.1 Zentrale Orte

Hier ergeben sich grundsätzlich keine für den Landkreis Miltenberg relevante Änderungen gegenüber dem ersten Beteiligungsverfahren. Neu eingeführt wurden die „Regionalzentren“. Hier wurde Würzburg (bisher als Oberzentrum) als Regionalzentrum eingestuft. Regionalzentren sollen in ihrer überregional bedeutsamen Versorgungsfunktion für den gehobenen und spezialisierten Bedarf weiterentwickelt werden und zur Stärkung eines weiten Umlandes positive Impulse setzen. Zudem verfügen sie über eine hochrangige Infrastrukturausstattung und sind bedeutende Wirtschaftsstandorte sowie Standorte für Universitäten oder großen Fachhochschulen. Die Stadt Würzburg erfüllt diese Merkmale, sodass gegenüber der Ausweisung der Stadt Würzburg als Regionalzentrum von Seiten des Landkreises Miltenberg keine Bedenken bestehen.

 

Für Mittelzentren wurde in die Begründung klarstellend aufgenommen, dass die Festlegung als Mittelzentrum nicht ausschließt, dass im Einzelfall auch oberzentrale Funktionen z. B. im Bildungsbereich wahrgenommen werden können. Die gilt insbesondere für Mittelzentren, die bereits eine umfassende Ausstattung mit mittelzentralen Einrichtungen und ein hohes wirtschaftliches Potenzial aufweisen. Diese Ergänzung wird von Seiten des Landkreises Miltenberg begrüßt.

 

Wir regten in unserer Stellungnahme vom 21. Oktober 2016 an, den bayerischen Untermain als bayerischen Kern der Metropolregion Frankfurt Rhein-Main analog zu den Städten München, Augsburg, Nürnberg, Fürth und Erlangen als neue Metropolen zu benennen. Hier hat sich keine Änderung ergeben. Unsere damalige Forderung halten wir dennoch aufrecht.

3.3 Vermeidung von Zersiedelung - Anbindegebot

In unserer Stellungnahme vom 21. Oktober 2016 haben wir gegen die vorgesehene Änderung starke Bedenken erhoben. Gem. Art. 141 der Verfassung des Freistaates Bayern ist mit Naturgütern schonend und sparsam umzugehen. Es gehört auch zu den vorrangigen Aufgaben des Staates, kennzeichnende Orts- und Landschaftsbilder zu schonen und zu erhalten. Nach § 1 Abs. 4 des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) sind Natur- und Kulturlandschaften  sowie großflächige unzerschnittene Landschaftsräume vor einer weiteren Zersiedelung zu bewahren. Zudem sollte eine wiederholte Nutzung bereits bebauter Flächen im Innenbereich vorrangig vor einer Inanspruchnahme weiterer Außenbereichsflächen geprüft werden. In der Begründung zum LEP wird einleitend ausgeführt, dass die Festlegungen zum Erhalt kompakter Siedlungsstrukturen mit dem Ziel der Anbindung einen zentralen Rahmen für eine geordnete Siedlungsentwicklung darstellen. Diesen Grundsätzen und dem verfassungsmäßigen Auftrag wird die beabsichtigte Lockerung des Anbindungsgebots nicht gerecht.

Wir haben weiterhin die Befürchtung geäußert, dass die Entwicklung nach und nach zu Nahversorgungsnutzungen und Betriebsleiterwohnungen führen wird, der Flächenverbrauch wird steigen. Vom Ausschuss für Umwelt und Landesentwicklung wurde angeregt, dass eine ausnahmsweise Abweichung vom Grundsatz der Zersiedelung der Landschaft nicht grundsätzlich gesetzlich zugelassen werden sollte, sondern die Entscheidungsbefugnis an die Landratsämter delegiert werden sollte. Dieser Auffassung haben wir uns angeschlossen.

Die im vorliegenden Entwurf vorgenommenen Änderungen gehen auf diese Argumente nicht ein. Insbesondere handelt es sich bei der neu eingeführten Einschränkung „ohne wesentliche Beeinträchtigung des Orts- und Landschaftsbildes“  sowie „kein geeigneter angebundener Alternativstandort vorhanden ist“ um unbestimmte und kaum greifbare Rechtsbegriffe. Auch die geforderte rechtliche Sicherung der „interkommunale Planung, Realisierung und Vermarktung“ stellt sich als kaum durchführbar bzw. überprüfbar heraus. Allein eine gute Verkehrsanbindung und die damit einhergehende Kostenreduzierung für den Gewerbebetrieb rechtfertigt die damit verbundene Zersiedelung der Landschaft nicht. Die Begründungen für die Ausweismöglichkeiten weiterer Gewerbegebiete z.B. an Autobahnanschlussstellen sind nicht überzeugend. Dem Angebot von Nachbarländern wie Österreich und Tschechien mit weiteren Gewerbegebieten zu begegnen, ist nicht der richtige Weg. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund des rasanten Flächenverbrauchs in Bayern. Stattdessen sollte der Ausweisung und Bebauung von Gewerbegebieten mit neuen strukturellen Vorgaben begegnet werden z.B. innerörtliche Verdichtung, Nutzung von brachliegenden Gewerbebauten etc. Die geäußerten Bedenken des Landkreises Miltenberg können durch die ergänzten Angaben nicht ausgeräumt werden.

 

5.3.1 Lage im Raum (Einzelhandelsgroßprojekte)

Dieser Punkt wurde präzisiert. Aufgrund der aktuellen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes kommt lt. Begründung derzeit der Wille des Normgebers bei der Anwendung der Ziele zur Steuerung von Einzelhandelsgroßprojekten nicht wie beabsichtigt zum Ausdruck. Das Anliegen zeitgemäße Nahversorgung in allen Gemeinden Bayerns zu ermöglichen, kann somit derzeit nicht umgesetzt werden. Um dies erreichen zu können, sind daher Klarstellungen erforderlich. Der Begriff „Einzelhandelsgroßprojekt“ wird durch die WörterBetriebe im Sinne des § 11 Abs. 3 Satz 1 der Baunutzungsverordnung sowie für Agglomerationen (Einzelhandelsgroßprojekte)“ ersetzt.

 

Hierunter fallen Betriebe bis 1.200 m² Verkaufsfläche, die ganz überwiegend dem Verkauf von Waren des Nahversorgungsbedarfs dienen, in allen Gemeinden; diese Auswirkungen sind unabhängig von den zentralörtlichen Funktionen anderer Gemeinden zulässig und unterliegen nur der Steuerung von Ziel 5.3.2 (an städtebaulich integrierten Standorten gebunden). Laut Begründung dient die Agglomerationsregelung dem Erhalt attraktiver Innenstädte und der Funktionsfähigkeit der „Zentralen Orte“. Mit der Regelung für Nahversorgungsbetriebe soll eine flächendeckend attraktive Nahversorgung ermöglicht werden. Einzelhandelsgroßprojekte, die überwiegend Waren des sonstigen Bedarfs vorhalten (z.B. Möbel-, Bau- und Gartenmärkte), sind nur in Mittel- und Oberzentren zulässig, da sie besondere Standortanforderungen aufweisen und aufgrund ihrer typischen Größenordnung besondere überörtliche Auswirkungen entfalten. Eine Ausnahme gilt dann, wenn ein Grundzentrum bereits überörtliche Versorgungsfunktionen (mindestens 1 Einzelhandelsgroßprojekt) für den sonstigen Bedarf tatsächlich wahrnimmt. In solchen Fällen ist im Interesse einer zeitgemäßen Fortentwicklung der Versorgungsfunktionen einer Gemeinde die Flächenausweisung zulässig. Mit dieser Präzisierung der Regelung besteht von Seiten des Landkreises Miltenberg Einverständnis.

 

6.1.2 Höchstspannungsfreileitungen

Die Regelung wurde dahingehend ergänzt, dass bei der Planung und Maßnahmen zum Neubau  oder Ersatzneubau von Höchstspannungsfreileitungen für eine ausreichende Wohnumfeldqualität der betroffenen Bevölkerung Abstände (400 m – im Geltungsbereich von Bebauungsplan oder im Innenbereich gem. § 34 BauGB, Schulen, Kindertagesstätten, Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen; und 200 m zu allen anderen Wohngebieten) festgelegt werden. Ein späteres Heranrücken von Wohnbebauung an eine Höchstspannungsfreileitung durch Bauleitplanung wird explizit jedoch nicht ausgeschlossen. Damit könnte diese Regelung „ausgehöhlt“ bzw. umgangen werden. Um eine ausreichende Wohnumfeldqualität sicherzustellen sollte daher das spätere Heranrücken von Wohnbebauung ebenfalls geregelt oder evtl. auch ausgeschlossen werden. Der Landkreis Miltenberg sieht Bedenken bezüglich dieser Regelung.

 

Anhang 3 Alpenplan – Blatt 1

Die vorgenommenen Änderungen im Anhang 3 Alpenplan betreffen die Erweiterung der Existenzgrundlage einiger weniger Einwohner (z.B. Balderschwang 327), hierfür sollten grundsätzliche und seit Jahrzehnten funktionierende und wichtige Schutzgebiete nicht geopfert werden. Strukturschwachen Gebiete wie z.B. die Rhön oder die Oberpfalz werden auch nicht, zumindest nicht in dem Maße u.a. per Aufweichung von Naturschutzgebieten besonders gefördert. Diese Änderung stellt in diesem Punkt eine unverhältnismäßige Maßnahme dar und kann in der Form nicht befürwortet werden. Gegen die Änderungen im Anhang 3 Alpenplan erhebt der Landkreis Miltenberg daher Bedenken.

 

Es wird ferner angeregt, bei einer künftigen Fortschreibung des Landesentwicklungsprogramms noch Regelungen dahingehend aufzunehmen, die eine grenzüberschreitende Abstimmungs- und Berücksichtigungspflicht bei Planungen von Kommunen im Grenzgebiet beinhaltet. Auswirkungen solcher Planungen auf ein angrenzendes Bundesland wie z.B. im Grenzgebiet zwischen Bayern und Baden-Württemberg bedürfen einer weitergehenden Regelung im Landesentwicklungsprogramm.

Der Themenbereich zur Änderung im Fluglärmschutzbereich der Flughäfen München, Salzburg und Lechfeld (Verlängerung der Übergangsfrist bis längstens 1. September 2023) betrifft den Landkreis Miltenberg nicht, sodass hierzu keine Ausführungen gemacht werden.

 

Zusammenfassende Würdigung:

Der Landkreis Miltenberg hält seine geäußerten Forderungen, den bayerischen Untermain als bayerischer Kern der Metropolregion Frankfurt Rhein-Main analog als neue Metropole aufzunehmen, aufrecht. Die Bedenken gegenüber der Lockerung des Anbindegebots werden ebenfalls aufrechterhalten. Ferner wurden Bedenken gegenüber der Abstandsregelung zum Neubau oder Ersatzneubau von Hochspannungsfreileitungen geäußert, da ein späteres Heranrücken von Wohnbebauung an eine Höchstspannungsfreileitung durch Bauleitplanung nicht explizit ausgeschlossen wird und damit diese Regelung „ausgehöhlt“ bzw. umgangen werden könnte. Die Änderungen gegenüber Anhang 3 des Alpenplans werden von Seiten des Landkreises als unverhältnismäßig gesehen. Abschließend wurde angeregt, Regelungen aufzunehmen, die eine grenzüberschreitende Abstimmungs- und Berücksichtigungspflicht bei Planungen von Kommunen im Grenzgebiet z.B. zwischen Bayern und Baden-Württemberg beinhalten.

 

Anmerkung:

Der Ministerrat hat am 20. Februar 2018 die LEP-Teilfortschreibung zu den Themen Zentrale Orte, Raum mit besonderem Handlungsbedarf, Anbindegebot, Einzelhandel und Höchstspannungsfreileitungen sowie zu den Themen Alpenplan und Fluglärmschutzbereiche abschließend beschlossen. Die LEP-Teilfortschreibung ist nach Veröffentlichung im Bayerischen Gesetz- und Verordnungsblatt  (GVBl.) am 01.03.2018 in Kraft getreten.

 

Die LEP-Teilfortschreibung kann unter der Adresse https://www.Landesentwicklung-bayern.de/Teilfortschreibung-lep/ abgerufen werden.

 

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