Tagesordnungspunkt

TOP Ö 2: Sachstandsbericht über die Gesundheitsregion plus Miltenberg

BezeichnungInhalt
Sitzung:18.12.2017   KT/005/2017 
Beschluss:zur Kenntnis genommen
DokumenttypBezeichnungAktionen

Die Mitglieder des Kreistags nehmen die Ausführungen zur Kenntnis.


Frau Ullrich, Geschäftsführerin Gesundheitsregionplus, berichtet anhand beiliegender Präsentation über die Gesundheitsregionplus Miltenberg.

 

Kreisrat Stappel dankt Frau Ullrich für ihr Engagement. Das Handwerk stehe auch voll und ganz hinter dieser Sache. Er dankt aber auch der AOK und der BKK, dass sie sehr unterstützend zur Gesundheitsregionplus beitragen.

 

Landrat Scherf sagt, dass die Förderung des „Betrieblichen Gesundheitsmanagements“ ein gutes Beispiel dafür sei, dass man in der Gesundheitsregion nicht immer Projekte neu erfinden müsse, sondern dass es darum gehe, Akteure zusammenzubringen; in diesem Fall die engagierten Krankenkassen und die Handwerkerschaft mit eher kleineren Betrieben, die von sich aus alleine überfordert wären, jetzt ein eigenes betriebliches Gesundheitsmanagement aus dem Boden zu stampfen.

 

Kreisrat Dr. Linduschka ist, auch nach der Mitarbeit in diesem Bereich, überzeugt davon, dass es eine sehr sinnvolle Einrichtung sei. Für den Landkreis Miltenberg, aber auch für die anderen Gesundheitsregionen, werde entscheidend sein, dass es gelinge, mehr Einfluss auf die Kassenärztliche Vereinigung Bayern zu nehmen und sie dazu zu bringen, dass sie Mitverantwortung übernehmen. In einem Netzverbund mit den anderen Gesundheitsregionen und unter Einbezug der Politik im Land Bayern gebe es vielleicht eine Chance, auf die KVB einzuwirken.

 

Landrat Scherf dankt Herrn Dr. Linduschka, dass er auch die dunklen Seiten dieser Arbeit anspreche. Man ignoriere das nicht. Der Landkreis habe sich an den Bayerischen Landkreistag gewandt, der aufgrund dieses Impulses eine Abfrage unter allen Landkreisen in Bayern durchgeführt habe, um Erfahrungen zu sammeln, weil man nur gemeinsam als bayerische Landkreise gegen die KVB etwas ausrichten könne.

Kreisrat Dr. Fahn dankt Frau Ullrich für den Bericht und sagt, dass das Ministerium eine flächendeckende Ausbreitung in Bayern anstrebe. Er findet gut, dass ähnlich wie beim Seniorenpolitischen Gesamtkonzept alle Akteure vor Ort hier mitarbeiten und mit eingebunden seien. Aber der Landkreis Miltenberg sei nur ein kleiner Baustein eines Gesamtkonzeptes. Deshalb seien viele Dinge noch nicht gelöst, wie die Versorgung des Landkreises mit Hausärzten, die Neukonzeption des Bereitschaftsdienstes oder die Versorgung mit Kinderärzten. Hierzu gebe es einen Beschluss vom Bayerischen Landtag vom 03.03.2015, der ganz klar einen bayernweit flächendeckenden Kinder- und Jugendärztebereitschaftsdienst fordere, der organisiert und verwaltet werden müsse. D.h., man müsse diesen Beschluss des Bayerischen Landtags immer noch umsetzen.

Eine positive Nachricht sei, dass in Unterfranken das Malteser-Kindepalliativteam starten könne. Noch im November hätten 115.000,00 € gefehlt. Hier seien Anträge von allen vier Parteien im Bayerischen Landtag erfolgreich.

Für die Zukunft wäre es wichtig, dass die Staatsregierung die Förderung der Modellregionen nicht nur bis 2020, sondern auch in den folgenden Jahren fördere. Er stelle immer wieder fest, dass die Staatsregierung viele gute Förderprogramme auflege, aber nach dem Auslaufen der Programme die Kommunen im Stich lassen würden. Dies müsse sich insgesamt ändern. Hier im Landkreis Miltenberg werde in dieser Richtung vorbildhaft gearbeitet.

 

Kreisrat Reinhard dankt Frau Ullrich für ihren Bericht. Er möchte wissen, warum nur die Hälfte der der Pflege- und Gesundheitseinrichtungen im Landkreis Miltenberg dem PflegeNetz Landkreis Miltenberg beigetreten seien. Er fragt, welche Voraussetzungen für einen Beitritt gelten würden oder ob es Hürden gebe.

 

Frau Ullrich antwortet, dass die Einrichtungen schriftlich beitreten und das PflegeNetz auch mitfinanzieren müssten. Es seien 5,00 € pro Pflegekraft zu leisten. Dies sei manchmal ein Hindernis für die Einrichtungen. Allerdings sei das PflegeNetz erst neu gegründet, und es werde sich positiv weiterentwickeln.

 

Kreisrat Dr. Hermann bemerkt, wenn er die Altersstruktur seiner Arztkolleg*innen und insgesamt das Alter der Bevölkerung im Landkreis betrachte, sehe man insgesamt einen Rückschritt. Die Hoffnung, dass man die KVB beeinflussen könne, sei sehr trügerisch. Er appelliert an die Gesundheitsregionplus, dass man sich schwerpunktmäßig darum kümmere, dass die ärztliche Versorgung verbessert werde. Sie drohe, aufgrund der Altersstruktur einzubrechen.

 

Landrat Scherf antwortet, dass es im Bericht von Frau Ullrich deutlich herausgestellt worden sei, dass man insgesamt in Deutschland aufgrund einer sehr schwierigen Altersstruktur die nächsten Jahre eine schwierige Phase haben würden. Die Maßnahmen, die seitens der Landes- und Bundespolitik ergriffen worden seien, zeigten die nächsten Jahre noch nicht die Wirkung.

Es sei das Schwerpunktthema in der Arbeitsgruppe Gesundheitsversorgung. Dabei gehe es einmal um den Weiterversorgungsverbund, ein anderer Baustein sei, dass jetzt daran gearbeitet werde, jungen Ärzt*innen zu zeigen, dass hier in der Region zu arbeiten Sinn mache. Eine für den einzelnen Arzt verträglichere Bereitschaftssituation sei auch Grundlage dafür, dass junge Mediziner*innen sich hier niederlassen würden.

 

Kreisrat Rüth findet die Lage insgesamt spannend. Der Altersdurchschnitt im Landkreis Miltenberg sei, gemessen am Gesamtdurchschnitt, nicht schlechter. Die Maßnahme, die hier ergriffen worden sei, möchte er loben. Er möchte aber herausstellen, dass die Gesundheitsregion plus ein gefördertes Konzept der Bayerischen Staatsregierung sei.

Wenn man Ärzte gewinnen wollen, müsse man vollkommen neue Wege gehen. Man habe etwa 70% der Medizinstudenten aus dem Bereich der Frauen. Es gebe Erhebungen, dass die jungen Ärztinnen Familie haben wollten, dass sie Work-Life-Balance haben wollten, und dass sie in Regionen tätig sein wollten, wo ein gutes Angebot vorherrsche an Kinderbetreuung, an kulturellen Angeboten etc. All das müsse gewährleistet werden. Es sei aber auch klar, dass der Trend in Richtung „Gemeinschaftspraxis“ gehe, wo sich beispielsweise sich auch zwei-drei Frauen eine Stelle am Land teilen könnten. Dies seien Modelle, die unterstützt werden müssten. Hier seien auch die Kommunalpolitiker gefordert.

Es habe eine spannende Diskussion, auch in den sozialen Netzwerken, über die neue Wahlleistungsstation im Krankenhaus Erlenbach gegeben. Dort habe Landrat Scherf geäußert, dass man nicht so viel machen könne, weil es ein privates Krankenhaus sei. In den sozialen Medien habe es seitens des Landrates geheißen, dass er hier nur über die Gesundheitsregion einwirken könne. Allerdings, so Rüth, gebe es auch einen Krankenhausbeirat, wo der Landrat und Mitglieder des Kreistags Mitglied seien. Kreisrat Rüth möchte wissen, welche Einflussmöglichkeiten der Beirat habe. Wenn ein Beirat tage, aber keine Einflussmöglichkeiten habe, dann frage er sich, was der Beirat mache. Der Krankenhausbeirat sei natürlich nicht vergleichbar mit dem Verwaltungsrat der Sparkasse, aber trotzdem wundere er sich, dass man nur über die Gesundheitsregion einwirken könne. Er schlägt vor, dass der Krankenhausbeirat im Kreistag einen Bericht abgebe, was an Maßnahmen geplant sei.

 

Landrat Scherf stimmt nicht zu, dass die Gesundheitsregionplus eine Einrichtung des Freistaates Bayern sei. Die Gesundheitsregionplus im Landkreis Miltenberg werde gefördert durch den Freistaat Bayern, aber die Arbeit und auch Geld werde vom Landkreis Miltenberg in das Projekt investiert. Die Gesundheitsregionplus sei ein kollegiales kooperatives Miteinander von Landratsamt Miltenberg und Freistaat Bayern.

Landrat Scherf dankt Kreisrat Rüth für die Erinnerung an den Beirat und seine eingeschränkte Einwirkungsmöglichkeit. Er habe als Kreisrat  gegen die Privatisierung des Krankenhauses gestimmt, u.a. weil die Einrichtung des Krankenhausbeiratesein Mittel ohne Hebel sei. Die Mitglieder machten viele Vorschläge und seien darauf angewiesen, dass es auf Wohlwollen treffe. Dies sei von Anfang an ein Konstruktionsfehler gewesen.

 

Kreisrat Dr. Linduschka ist sehr enttäuscht von Kreisrat Rüths Beitrag zum Thema Gesundheit. Kreisrat Rüth habe zwar die sogenannten neuen Wege genannt, aber was er beschrieben habe, sei Müll von vorgestern. Über diese Themen würde in den Arbeitsgruppen der Gesundheitsregionplus seit zwei Jahren intensiv geredet. Die Gemeinschaftspraxis sei seit Jahren Thema, das wisse jeder. Jeder wisse auch, dass die Lebensplanung der jungen Ärzt*innen anders sei. Das sei alles nichts Neues.

Kreisrat Dr. Linduschka regt sich darüber auf, dass Kreisrat Rüth Forderungen an den Krankenhausbeirat stelle. Wenn man so eine Organisation in einem Vertrag unterschreibe und wisse, dass ein Krankenhausbeirat froh sein müsse, wenn er informiert werde, und den jetzt als Hebel auszugeben, sei die Grenze, was noch seriös gesagt werden könne.

 

Kreisrat Frey bewertet die Gesundheitsregion als einen wirklich gut gemeinten und ernsthaften Versuch, den Defiziten entgegenzuwirken, die durch die allgemeine Gesundheitspolitik in Land und Bund entstanden seien. Er erinnert sich an den Verkauf der Krankenhaus GmbH, daher platze ihm gleich der Kragen. Es habe Leute gegeben, die dafür gewesen seien, dass die Krankenhaus GmbH im Eigentum vom Landkreis Miltenberg bleibe oder dass zumindest vor dem Verkauf eine klare Aufklärung stattfinde. Herr Rüth habe damals aktiv dazu beigetragen, dass das Gesundheitssystem zu einem Gesundheitsmarkt verkomme, indem private Anbieter ihre wirtschaftlichen Interessen in den Vordergrund stellen konnten. Dies könne ein Krankenhausbeirat jetzt nicht wieder glattbügeln.

 

Kreisrat Eppig sagt, dass sowohl die Helios Klinik als auch das Rhön-Klinikum in der Regel auf die Vorschläge des Krankenhausbeirates eingegangen seien. Die Idee, den ärztlichen Bereitschaftsdienst an einem Ort zusammenzuziehen sei auch aus dem Krankenhausbeirat hervorgegangen. Wenn die internen Kommunikationsflüsse der CSU nicht so funktionierten, dann brauche man im Kreistag nicht die anderen Beiratsmitglieder, die ihre ehrenamtliche Arbeit einbrächten, zu kritisieren.

 

Kreisrat Rüth macht deutlich, dass er niemanden angegriffen hätte. Er wolle nur wissen, wie es sich mit den Einflussmöglichkeiten des Krankenhausbeirats verhalte.

Zu Kreisrat Dr. Linduschka sagt er, dass er einmal genau hinschauen möge, was der damalige Gesundheitsminister Bahr aus der FDP alles gemacht bzw. nicht gemacht hätte. Wenn Kreisrat Dr. Linduschka der Meinung sei, dass die Themen alt wären, dann sage Kreisrat Rüth, dass es ein ganzes Maßnahmenpaket vom Freistaat Bayern gebe, auch von der KV. Dieses sehe vor, dass es enorme Gelder für die Ansiedlung auf dem Land gebe. Es gebe Programme für Studenten, um auf dem Land zu arbeiten. Es sei vieles gemacht worden. Am Ende des Tages sehe man, dass es mit Geld alleine nicht lösbar sei, weil andere Kriterien eine Rolle spielten.

Es habe damals bei dem Krankenhausbeschluss eine 2/3-Mehrheit gegeben. Es habe die CSU dafür gestimmt, die Freien Wähler mit einer Ausnahme und die Neue Mitte. Dass Kreisrat Rüth es alleine gewesen sein soll, so einfach könne man es sich auch nicht machen.

Kreisrat Rüth wolle es zwar nicht abwägen, aber wenn man Krankenhausdefizite zahlen müsste, dann würde die Situation im Landkreis anders aussehen und man könnte sich nicht immer wegen der niedrigen Kreisumlage feiern lassen.

 

Landrat Scherf sagt zum Abschluss, dass die große Stärke der Gesundheitsregionplus im Landratsamt Miltenberg sei, dass hier mit allen Beteiligten extrem sachorientiert gearbeitet werde und nach vorne gerichtet darüber spreche, was möglich sei. Deswegen hätte Kreisrat Dr. Linduschka gesagt, dass es alte Themen seien, dass 70% aller jungen Mediziner Frauen seien etc. Der Appell an die Fraktionen sei, das Angebot wahrzunehmen, dass alle sieben Fraktionen in den Arbeitsgruppen mitarbeiten könnten. Weiterhin bittet Landrat Scherf, die Informationen innerhalb der Fraktionen weiterzugeben. Wenn man gemeinsam an einem Strang nach vorne ziehe und an der Sache orientiert arbeite, könne man bei diesem extrem schwierigen Thema erfolgreich sein.

 

Kreisrat Paulus ergänzt, dass man hier zusammenarbeiten müsse, damit die ärztliche Versorgung auf dem Land bestehen bleibe. Damit habe man viel zu tun.

© 2011 Landratsamt Miltenberg | Brückenstr. 2 | 63897 Miltenberg | Tel: 09371 501-0
Fernwartung