Tagesordnungspunkt

TOP Ö 3: Bildungskoordination von Neuzugewanderten

BezeichnungInhalt
Sitzung:12.07.2017   BKS/003/2017 
Beschluss:zur Kenntnis genommen
DokumenttypBezeichnungAktionen

Die Mitglieder des Ausschusses nehmen die Ausführungen zur Kenntnis.


Frau Zeug berichtet, dass aktuell über 1.500 anerkannte Geflüchtete und  Asylbewerber im Landkreis (Stand: Juni 2017) leben. Die Arbeitsschwerpunkte der kommunalen Koordinierung „Bildung Neuzugewanderte“ lagen in den vergangenen drei Monaten darauf, mit der Umsetzung der geplanten Projekte für Neuzugewanderte zu beginnen, und fortlaufend Bedarfe von Geflüchteten hinsichtlich Bildung- und Beratung zu sammeln.

Folgende Projekte sind in Planung bzw. Umsetzung:

 

1.1 Durchführung der Veranstaltungsreihe „Mein Weg in Deutschland“ für Neuzugewanderte

Um auf den sehr hohen Bedarf an Information und Beratung zu Bildung, Ausbildung und Arbeitsmarkt der neuzugewanderten Bürger zu reagieren, startete eine Veranstaltungsreihe im Mai 2017. Es werden die Themen duale Ausbildung, Anerkennung ausländischer Schul- und Berufsabschlüsse, Studium an der Hochschule Aschaffenburg, das Flüchtlingsprogramm der Dualen Hochschule Mosbach und die Wirtschaftsregion Bayerischer Untermain präsentiert. Dolmetscherinnen für Arabisch und Farsi begleiten die Informationsreihe.

Die Veranstaltungen werden gut besucht. Die Maßnahme zeigt, dass es einen großen individuellen Orientierungsbedarf bzgl. Ausbildung und Arbeitsmarkt bei den Teilnehmern gibt. Insbesondere die Personengruppe aus dem ersten Sprachkurs im Landkreis, der mit dem Niveau B2 im August abschließen wird, sowie Teilnehmer aus dem Integrationskurs melden großen individuellen Beratungsbedarf hinsichtlich beruflicher Orientierung und Anerkennung von Qualifikationen an. Auf Wunsch der Teilnehmer wird die Veranstaltungsreihe nach den Sommerferien weitergeführt werden.

ð  Die Auswertung der Veranstaltungsreihe zeigt, dass eine Fortführung sinnvoll ist und überlegt werden sollte, wie individuelle Beratungsangebote hinsichtlich Ausbildung und Beruf bei Neuzugewanderten im LKR weiter optimiert werden könnten.

 

1.2 Erstellung einer Wegweiser-Webseite für Neuzugewanderte

Eine mehrsprachige Webseite zu Bildung im Landkreis Miltenberg wird aktuell auf dem Landratsamt-Portal aufgebaut.  Eine Unterseite dient als „Wegweiser“ für Neuzugewanderte. Bildungsakteure und Bildungsangebote werden beschrieben und Links zu entsprechenden Webseiten aufgezeigt. Neuzugewanderte werden über Multiplikatoren, wie z. B. Asylsozial-, Migrationsberatung, Sprachkursanbieter, Jobcenter und Arbeitsagentur auf die Webseite aufmerksam gemacht werden. Der Webauftritt soll mehrsprachig umgesetzt werden. Erste Bausteine der Webseite wurden erstellt.

ð  Die Webseite schafft Transparenz über vor Ort tätige Bildungsakteure sowie vorhandene Bildungs- und Beratungsangebote

 

1.3 Kompetenzerhebung von Neuzugewanderten

Der Landkreis strebt die Schaffung eines einheitlichen Verfahrens zur Kompetenzerhebung von Neuzugewanderten an. Im ersten Schritt werden „best practice“ Beispiele der Kompetenzerhebung recherchiert. Zusätzlich werden von der Bildungskoordination migrationsspezifische Verfahren der individuellen Kompetenzfeststellung des IQ Netzwerk Bayern mit einer Gruppe Neuzugewanderter pilothaft getestet. Ziel ist es, auf den hohen Beratungsbedarf bei Geflüchteten zu reagieren und mit den Teilnehmenden individuell zu analysieren, wie die nächsten geeigneten Schritte beim Übergang vom Spracherwerb in Ausbildung und Arbeitsmarkt aussehen könnten. Die Ergebnisse der Auswertung der getesteten Verfahren soll ausgewählten Netzwerkpartnern im Anschluss präsentiert werden, um gemeinsam den Prozess der Etablierung geeigneter Verfahren bzgl. Ausbildung, Schullaufbahn, Beruf für den Landkreis anzustoßen.

ð  Pilothafte Durchführung einer individuellen Kompetenzerhebung unterstützt Neuzugewanderte bei der beruflichen Orientierung

ð  Handlungsempfehlungen für die Entwicklung eines einheitlichen landkreisweiten Verfahrens werden abgeleitet

 

 

Kreisrätin Wolf-Pleßmann fragt nach, ob auf der Homepage der Namen einer Ansprechpartner*in genannt werde, wenn persönliche Fragen auftauchten.

 

Frau Zeug antwortet, dass Verweise auf verschiedene Beratungsstellen geplant seien.

 

Kreisrat Dr. Linduschka fragt nach, ob für Betroffene die Sprache in Bezug auf die Webseite eine große Hürde darstelle, sich dort zu informieren. Er möchte wissen, ob es eine Möglichkeit auf der Webseite gebe, um dies zu erleichtern.

Kreisrat Dr. Linduschka bemerkt, dass es  bundes- oder landesweit keine vergleichbaren Untersuchungen gebe zur Anerkennung ausländischer Abschlüsse oder Qualifikationen. Jemand wie Frau Zeug vor Ort oder andere, die diese Kosten hätten, würden eigentlich eine Basisarbeit machen, die zur Information  weitergereicht werde und dann zu solchen Ergebnissen führen könne, auf die andere aufbauen können.

 

Frau Zeug antwortet, dass die Mehrsprachigkeit von Anfang an ein Thema war. Wenn die Webseite auf Deutsch fertiggestellt sei, werde sie in verschiedene Sprachen übersetzt werden.

 

Bezüglich angewandter Forschung in dem Bereich sagt Frau Zeug, dass es natürlich Forschungen in dem Bereich Anerkennung ausländischer Qualifikationen gebe. Auch viele Großstädte, die schon seit Dekaden mit einem großen Migrantenanteil leben, hätten auch zum Teil schon angewandte Instrumentarien entwickelt. Aber gerade für den ländlichen Raum sei es eine Herausforderung und man könne nicht 1:1 Dinge von der Stadt aufs Land übertragen. Sie versuche, sehr viel an Informationen zusammenzutragen. Wenn sie ein Zeugnis vorgelegt bekomme, was auf Deutsch beglaubigt übersetzt sei, sei sie auch in der Lage, eine Einschätzung zu geben, wo sie so eine Person hin verweisen könne. In ihrer Funktion habe sie allerdings keine Sprechstunde, weil das Förderprogramm das so nicht zulasse. Sie verweise dann an Beratungsstellen, die recht weit seien, nämlich in Aschaffenburg, die aber zum Teil auch sehr ressourceneng begrenzt seien.

 

Kreisrätin Fecher möchte wissen, wie weit die Auswertung der Erfassung der ausländischen Bildungsabschlüsse und Kompetenzen sei.

 

Frau Zeug gibt zur Antwort, dass es gerade bei den Ausbildungsberufen übergeordnete Stellen der Kammern gebe, die die Gleichwertigkeit feststellen können. Durch das Anerkennungsgesetz von Qualifikationen, das es seit 2012 in Deutschland gibt, gebe es das Recht, seine Qualifikation anerkennen zu lassen. Der Weg sei allerdings weit, und das Verfahren sei sehr aufwändig.

 

Kreisrätin Kreuzer fragt, wie man die Analphabeten stärken könne, weil die mit der Webseite nichts anfangen könnten.

 

Frau Zeug sagt, dass es durch die politische Lage unterschiedliche Bewertungen gebe auf Bleibeperspektive und dementsprechend Aufenthaltssituation von Menschen. Strukturell gebe es für die, die anerkannt seien oder mit hoher Bleibeperspektive Möglichkeiten, die staatlich vorgesehen seien, z.B. Alphabetisierungskurse, die seit 2017 auch im Landkreis Miltenberg angeboten würden. Die Personen, die im Verfahren stünden oder eine schlechte Bleibeperspektive hätten, könnten sich ehrenamtlich weiterbilden. Es gebe viele ganz engagierte, fast schon ehrenamtliche Schulen, aber auch in fast jedem Helferkreis im Landkreis gebe es auch ehrenamtlichen Sprachunterricht.

 

Landrat Scherf fügt hinzu, dass sich im Frühjahr die Bayerische IHK ganz massiv eingesetzt und beim Bayerischen Innenministerium enormen Druck ausgeübt habe, dass sich die Haltung gegenüber dem Herkunftsland Afghanistan ändert.

 

Kreisrat Frey fragt nach Möglichkeiten, bei dieser schwierigen Aufgabe auf bereits integrierte Personen mit arabischem Sprachhintergrund oder kulturellem Hintergrund zurückzugreifen, die behilflich sein könnten.

 

Frau Zeug antwortet, dass das eine sehr gute und wichtige Idee sei. Von ihrer  her sei sie aber keine Integrationsberaterin. Der Vorschlag sei allerdings ein sehr guter Impuls, wo sie darüber nachdenken würde, ob man daraus etwas entwickeln könnte oder  solche Ehrenamtler gezielt versuche, anzusprechen.

 

Landrat Scherf ergänzt, dass es viele Aufgabenbereiche gebe, aber nicht alle vom Landkreis abgedeckt werden könnten.

 

Kreisrat Stappel sieht die Arbeit von Frau Zeug für die Zukunft sehr positiv. Er geht davon aus, dass die Bewertungskriterien der Handwerkskammer in der Zukunft so sein werden, dass diese Leute, die ihre Anerkennung des Berufes fordern, sich bei der Kammer einigen Bewertungskriterien unterwerfen müssen. Die Leute der Kammer versuchen alles, diese Menschen einzubinden, weil der Facharbeitermangel noch nie so groß war. Er betont, dass die Kammern alles tun, um diese Menschen in die Wirtschaft einzubinden. Er geht davon aus, dass bei den Bewertungskriterien die deutsche Sprache mit das wichtigste Instrument von allem ist. Ohne die Sprache wird man keinen Erfolg haben. Das müsste man auch den Leuten nahelegen, dass wenn sie sich der Sache stellen, dann sollen sie bitte so freundlich sein und erst einmal Deutsch lernen. Dann hätten sie eine riesen Chance auf Einbindung und Anerkennung.

 

Landrat Scherf stimmt Kreisrat Stappel zu, dass Sprache das A und O sei. Insgesamt wäre es sehr wünschenswert, wenn man für die Flüchtlinge aus Afghanistan eine vernünftige Rechtsgrundlage hätte, dass sie hier auch die Möglichkeiten hätten, um diesen Weg auch so gehen zu können. Er möchte positiv unterstreichen, was die Handwerkskammern und die Industrie- und Handelskammern in Bayern im Großen leisten. Es sei, runtergebrochen auf die einzelnen sowohl Handwerks-, Handels- und Industriegebiete, vorbildlich, wie dieses Thema angepackt werde. Dies sei eine große Unterstützung.

 

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