Tagesordnungspunkt

TOP Ö 7: Vorstellung des Endberichts der Machbarkeitsstudie und des weiteren Prozesses der Biosphärenregion Spessart

BezeichnungInhalt
Sitzung:27.02.2024   KT/023/2024 
Beschluss:mehrheitlich beschlossen
Abstimmung: Nein: 1
DokumenttypBezeichnungAktionen

Ursprünglicher Beschlussvorschlag der Verwaltung:

 

Die Mitglieder des Kreistags nehmen die Ergebnisse der Machbarkeitsstudie Biosphärenregion Spessart zur Kenntnis. Diese bilden die fachliche Grundlage dafür, den Prozess der Entscheidungsfindung über eine offizielle Antragstellung auf Anerkennung des Spessarts als Biosphärenregion ergebnisoffen weiterzuverfolgen. Im nächsten Schritt treten die Landkreise Aschaffenburg, Main-Spessart und Miltenberg in den Dialog mit den Kommunen, um deren Bereitschaft zu erörtern, sich einer Antragstellung anzuschließen und gegebenenfalls gegen angemessene Ausgleichsleistungen durch den Freistaat Bayern freiwillig kommunale Flächen in eine mögliche Kernzonenkulisse einzubringen.

 

Textergänzungsvorschlag Herr Bohnhoff:

Hierfür sind keine weiteren Haushaltsmittel erforderlich.

 

Alternativer Textergänzungsvorschlag Herr Fieger:

Außer den üblichen Kosten der laufenden Verwaltung sind hierfür derzeit keine relevanten Haushaltsmittel erforderlich.

 

Textvorschlag Landrat Scherf:

Der Landkreis wird abgesehen von den üblichen Kosten der laufenden Verwaltung keine finanziellen Ressourcen aufwenden, außer es besteht zur Information von Gemeinden die Notwendigkeit hierzu.

 

Her Fath-Halbig plädiert dafür, den Beschlussvorschlag der Verwaltung unverändert zu übernehmen.

 

Herr Fieger erklärt, dass die CSU-Fraktion dem Beschlussvorschlag ohne Ergänzung nicht zustimmen könne.

 

Folgender Beschluss wird mehrheitlich – bei einer Gegenstimme – gefasst:

 

Die Mitglieder des Kreistags nehmen die Ergebnisse der Machbarkeitsstudie Biosphärenregion Spessart zur Kenntnis. Diese bilden die fachliche Grundlage dafür, den Prozess der Entscheidungsfindung über eine offizielle Antragstellung auf Anerkennung des Spessarts als Biosphärenregion ergebnisoffen weiterzuverfolgen. Im nächsten Schritt treten die Landkreise Aschaffenburg, Main-Spessart und Miltenberg in den Dialog mit den Kommunen, um deren Bereitschaft zu erörtern, sich einer Antragstellung anzuschließen und gegebenenfalls gegen angemessene Ausgleichsleistungen durch den Freistaat Bayern freiwillig kommunale Flächen in eine mögliche Kernzonenkulisse einzubringen. Der Landkreis wird abgesehen von den üblichen Kosten der laufenden Verwaltung keine finanziellen Ressourcen aufwenden, außer es besteht zur Information von Gemeinden die Notwendigkeit hierzu.


Landrat Scherf begrüßt Herrn Dr. Oliver Konopik von der Regierung von Unterfranken, Herrn Sebastian Kühl, Abteilungsleiter im Landratsamt Main-Spessart, Herrn Dr. Oliver Kaiser, Geschäftsführer des Naturparks Spessart, Herrn Stefan Pache, Leiter der Umweltabteilung am Landratsamt Miltenberg sowie Frau Susanne Seidel für die Kreisentwicklung am Landratsamt Miltenberg.

 

Landrat Scherf begrüßt ebenfalls die geladenen und anwesenden Bürgermeister*innen, die nicht dem Kreistag angehören: Kai Hohmann aus dem Markt Elsenfeld, Christoph Becker von der Stadt Erlenbach, Wolfgang Hörnig von der Gemeinde Faulbach sowie Herrn Adamek, Zweiter Bürgermeister von der Stadt Stadtprozelten. Herr Scherf bittet um Zustimmung des Kreistages, dass diese Personen die Möglichkeit erhalten, Fragen zu dem TOP zu stellen.

 

Über WebEx wird Herr Raphael Süßenbacher vom Planungsbüro E.C.O. zugeschaltet. Dieser stellt mittels separater Präsentation die Ergebnisse der Machbarkeitsstudie vor.

 

Sitzungsvorlage:

 

Der Kreistag hat in seiner Sitzung vom 16. Februar 2022 die Durchführung einer Machbarkeitsstudie zur Realisierung einer Biosphärenregion Spessart unter Beteiligung des Landkreises an den damit verbundenen Sach- und Personalkosten beschlossen.

 

Ziel der von der Bietergemeinschaft E.C.O. Institut für Ökologie (Klagenfurt) und ifuplan Institut für Umweltplanung und Raumentwicklung GmbH & Co. KG (München) zu erstellenden Machbarkeitsstudie war es, in einem ergebnisoffenen, transparenten Prüf- und Beteiligungsprozess die Frage zu klären, ob und wie der Spessart die Kriterien für eine Antragstellung auf Anerkennung als Biosphärenregion erfüllen kann und wie die Akteure in der Region die Biosphärenregions-Idee bewerten.

 

Für die Studie ergab sich daher eine Zweiteilung in die Untersuchung der

  1. formalen Machbarkeit: Überprüfung der offiziellen Antrags- und Bewertungskriterien der UNESCO
  2. gesellschaftlichen Akzeptanz: Beteiligungsprozess zur Chancen-Risiko-Bewertung für wichtige regionale Handlungsfelder

 

Außerdem wurden Entwicklungsperspektiven für den Naturpark Spessart und für eine länderübergreifende Biosphärenregion Bayern/Hessen identifiziert.

 

Die Machbarkeitsstudie wurde im Zeitraum Juli 2022 bis Dezember 2023 durchgeführt.

 

Deren Ergebnisse samt Handlungsempfehlungen werden von Herrn Süßenbacher vom Planungsbüro E.C.O. dem Kreistag vorgestellt.

 

Beratung:

 

Es werden Fragen aus dem Gremien ausführlich erörtert und wie folgt beantwortet:

-       Kernflächen definieren vs. Vorrangflächen für Windkraft: Windkraftnutzung ist außerhalb der Kernzonen möglich, die Gemeinde ist bei der Ermittlung der potentiellen Vorrangflächen für die Windkraft im Vorfeld des Ausweisungsverfahrens durch den Regionalen Planungsverband beteiligt

-       Rohstoff Holz hat hohe Bedeutung als Energieträger; noch große Potenziale bei der Förderung regionaler Kreisläufe; 97 % einer potenziellen Biosphäre ermöglicht eine Waldbewirtschaftung; noch für zehn Jahre die Möglichkeit für Waldumbaumaßnahmen (für eine bessere Klimafähigkeit) in der Kernzone möglich

-       Eichenwälder beziehen sich nicht nur auf Kern-, sondern auch Pflegezonen; dieser Punkt kann offengelassen werden; wird ein Wald außer Nutzung gestellt, wird wahrscheinlich die Buche nachrücken – Natur wird sich in Kernzone selbst entwickeln, deren Entwicklung schwer prognostizierbar ist; teilweise leidet die Buche sehr unter der trockenen Hitze und gibt wieder Raum für die hitzebeständigere Eiche

-       in der Rhön ist die Kernzone über eine Naturschutzgebietsverordnung der Regierung von Unterfranken geschützt; gibt wichtige Übergangsphasen bei Gefahrenpotenzialen zum Waldumbau; unabhängig davon besteht die Möglichkeit von Ausnahmen und Befreiungen im Einzelfall, z.B. bei Schädlingsbefall in der Kernzone; zuständig ist die Regierung von Unterfranken

-       Wiesenflächen muss man pflegen und offenhalten, daher keine Einbríngung in die Kernzone sinnvoll wegen der drohenden Verbuschung und Verwaldung möglich, deshalb Konzentration auf Waldflächen für die Kernzone

-       für größere Effizienz und Hebung von Synergien wird der Übergang vom Naturpark in ein Biosphärenreservat empfohlen, keine Erhaltung von Parallelstrukturen

-       in der Pflege- und Entwicklungszone mit 97% der Fläche einer möglichen Biosphäre gelten die heutigen Einschränkungen durch die Verordnungen (Landschaftsschutzgebiete) weiter; nur die Kernzone (sofern noch nicht Naturschutzgebiet oder Naturwald) unterliegt dann künftig weiteren Einschränkungen

-       Prognose für die Kernzone: aktuell noch keine Kulisse für eine Zonierung, erst der Dialog mit den Kommunen, man ist auf Kommunalwaldflächen angewiesen; im Ergebnisbericht wird es keine Überraschungen geben, nur für die Kernzone gibt es Einschränkungen aufgrund des Prozessschutzes

-       es wird mit allen Gemeinden gesprochen, die im Bereich des Landschaftsschutzgebietes = Naturpark Spessart liegen und die Bereitschaft zur Antragsunterstützung und zur Flächeneinbringung in die Kernzone abgefragt; am 21.04.2023 alle Naturparkgemeinden abgefragt; durch Machbarkeitsstudie nun weitere Informationen

-       Tourismus ist noch nicht auf dem Niveau von 2019; Trend zum Urlaub in Deutschland – dieses Potenzial gilt es auszuschöpfen; Spessart ist Zielgruppenstark bei älteren Ehepaaren, auch jüngere Menschen und Familien als Zielgruppe ins Auge fassen und Angebote entwickeln; das Label Biosphärenreservat kann positiv Besucherzahlen steigern

-       Onlinebefragung der Bevölkerung aus den vier Landkreisen mit 3.200 Personen, keine repräsentative Befragung der Bevölkerung; falls gewünscht, dann in einem weiteren Schritt

-       Kosten für die Kommunen in den nächsten Schritten: direkte Kosten sind Ausarbeitung des Nominierungsdossiers; ggf. externe Kosten (abhängig von interner Ressourcenabdeckung durch die Verwaltung bei Öffentlichkeitsarbeit und Antragstellung) – aktueller Fokus auf der Auseinandersetzung mit dem Thema innerhalb der Gemeinden; heute kein Votum, ob Spessart Biosphärenregion werden soll oder nicht, heute nur Votum zur ergebnisoffener Entscheidungsfindung der Kommunen durch Antragstellung und ggf. Flächeneinbringung; erneute Beschäftigung im Kreistag erst nach Vorliegen von ausreichend positiver Stellungnahmen der betroffenen Gemeinden

-       vorliegende Stellungnahmen von Verbänden: ablehnend: Wir im Spessart e.V.; befürwortend: LBV, BUND/Freunde des Spessarts, DAV, Deutsche Initiative Mountainbike, Spessartbund; neutral: BBV, Bund Deutscher Forstleute – zentrale Aussagen werden in den Endbericht aufgenommen

-       Beschlusstextvorlage ist für alle drei Landkreise Aschaffenburg. Main-Spessart und Miltenberg wortgleich, die Stadt Aschaffenburg hat modifiziert aufgrund ihrer Position als eigene Kommune mit entsprechenden Waldbesitz, die somit Flächen in die Kernzone einbringen kann

 

Stellungnahmen der Fraktionen:

 

Freie Wähler – Herr Zöller:

-       lobt ergebnisoffenen Beschlussvorschlag

-       nächster Schritt: Abstimmung mit den Kommunen und Konsensfindung

-       sieht Gefahr, dass die Kommunen keine Flächen für die Kernzone zur Verfügung stellen wollen

-       bittet um Aufnahme ins Protokoll, dass der Waldpakt von 2023 weiterhin Bestand hat und der Freistaat Bayern kaum weitere staatliche Waldflächen einbringen wird, die Kernzonen müssen folglich wesentlich in kommunalen Wäldern liegen

-       signalisiert eine mehrheitliche Zustimmung seiner Fraktion

 

Bündnis 90/DIE GRÜNEN – Frau Schüßler:

-       freut sich über das Ergebnis der Studie

-       sieht Entwicklungschance für den Spessart

-       Aufgabe der Mandatsträger, die Infos an die Gremien und Menschen weiter zu tragen, zu beraten, Sorgen zu nehmen

-       heute nicht eine Entscheidung vorwegnehmen, diese liegt bei den Kommunen

-       signalisiert eine Zustimmung zum Beschlussvorschlag, um Weg frei zu machen für weitere Entscheidungsfindung

 

ÖDP/BLU – Frau Frey:

-       Beschlussvorschlag darf nicht abgelehnt werden, wäre nur Steuerverschwendung wegen der bisherigen Kosten

-       das positive Ergebnis ist die Erkenntnis der Machbarkeit, jetzt fängt eigentliche Arbeit bei der Suche nach dem „Wie?“ der Realisierbarkeit an

-       aus der Entwicklung der Kernzonen lernt man für den Rest des Waldes und den aktiven Waldumbau

-       Fraktion wird dem Beschlussvorschlag zustimmen, hätte sich deutlichere Stellungnahme gewünscht

 

Neue Mitte – Herr Oettinger:

-       hätte die heutige Diskussion lieber erst geführt, wenn die betroffenen beteiligten Gemeinden ernsthaft abgefragt worden wären und bereits Gemeinderats-/Stadtratsbeschlüsse vorliegen

-       die betroffenen Kommunen müssen sich ernsthaft mit den Informationen auseinandersetzen

-       die Auflagen in den Zonen sollten explizit vorher und vollständig benannt werden

-       sieht sich außer Stande, ein Votum abzugeben, ohne ein verbindliches Votum derjenigen, die damit leben müssen oder wollen, vorliegen zu haben

 

CSU – Herr Bohnhoff:

-       Thema ist nicht einfach

-       Befragung der Kommunen ist richtig

-       wünscht eine Änderung des Beschlusstextes zur Präzisierung und daher Ergänzung um die Passage „Hierfür sind keine weiteren Haushaltsmittel erforderlich“

-       Info G. Rüth: 9 Kommunen von Röllbach bis Rotenbuch wollen erst einmal die Ausweisung der Vorrangflächen für Windkraft abwarten

 

SPD – Herr Paulus:

-       sieht Vorteile für Tourismus und Landwirtschaft

-       sieht Konflikte zwischen Stadt- und Landbevölkerung

-       Chancen, auch im Kontext des Klimawandels, müssen herausgearbeitet werden

-       Kommunikation mit den Kommunen ist wichtig, Zeit für Diskussion nehmen

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