Tagesordnungspunkt

TOP Ö 1: Bundesteilhabegesetz seit 1.1.2020

BezeichnungInhalt
Sitzung:30.11.2020   JHA/002/2020 
Beschluss:zur Kenntnis genommen
DokumenttypBezeichnungAktionen

Die Mitglieder des Ausschusses nehmen die Ausführungen zur Kenntnis.


Frau Schäfer, SG 222 – Erziehungshilfe und Kindeswohl, teilt mit, dass BTHG die Abkürzung für „Bundesteilhabegesetz“ ist. „Bundesteilhabegesetz“ ist ebenfalls eine Abkürzung und heißt offiziell: „Gesetz zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen“.

 

2008 haben die Vereinten Nationen ein Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen verabschiedet, die sog. UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK). In der UN-BRK steht, dass Menschen mit Behinderungen gleichberechtigte Menschen sind. Sie werden von Barrieren in der Umwelt und den Strukturen der Gesellschaft behindert. Diese moderne Sichtweise auf das Thema Behinderungen bedeutet, dass die Gesellschaft sich verändern muss, um Barrieren, die Menschen behindern, abzubauen.

 

Deutschland ist der UN-BRK im März 2009 beigetreten und hat somit zugestimmt, dass Menschen mit Behinderungen, die in Deutschland leben, ein Recht auf mehr Teilhabe und Selbstbestimmung haben. Um dieses Ziel umzusetzen, wurde das Bundesteilhabegesetz (BTHG) geschrieben. Mit dem BTHG soll die Eingliederungshilfe besser und moderner werden. Menschen mit Behinderungen sollen so leben können, wie Menschen ohne Behinderungen. Dafür soll jeder Mensch mit Behinderungen die Unterstützung bekommen, die er braucht. Dabei soll der Mensch im Mittelpunkt stehen, sog. Personenzentrierung.

 

Zu den größten Veränderungen zählt die Neudefinition des Behindertenbegriffs. Menschen mit Behinderungen, die Eingliederungshilfe beziehen, können mehr von ihrem Einkommen und Vermögen behalten. Leistungen sollen künftig „aus einer Hand“ erfolgen, das erfordert detaillierte Teilhabeplanverfahren sowie Kooperation und Koordination der Rehabilitationsträger.

 

Zu den Rehabilitationsträgern zählen neben der gesetzlichen Krankenkasse die Bundesagentur für Arbeit, der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung, der Träger der gesetzlichen Rentenversicherung, der Träger der Kriegsopferversorgung und Träger der Kriegsopferfürsorge, auch die Jugendhilfe. Bundesweit wurden außerdem Stellen zur ergänzenden unabhängigen Teilhabeberatung (EUTB) geschaffen.

 

Das BTHG verpflichtet die Rehaträger, frühzeitig drohende Behinderungen zu erkennen und gezielt Prävention noch vor Eintritt der Rehabilitation zu ermöglichen. Ziel ist es, bereits vor Eintritt einer chronischen Erkrankung oder Behinderung durch geeignete präventive Maßnahmen entgegenzuwirken. Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, der Sozialen Teilhabe und der Teilhabe an Bildung werden gestärkt.

 

Das BTHG tritt in vier Stufen in Kraft, beginnend mit dem 30.12.2016 bis zum 01.01.2023. Aktuell wurde die 3. Reformstufe (01.01.2020) eingeführt. Die Eingliederungshilfe wird sich ausschließlich auf Fachleistungen konzentrieren. Existenzsichernde Leistungen sollen durch die Sozialhilfe (SGB XII) oder die Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II) finanziert werden, so wie das auch bei Menschen ohne Behinderung gehandhabt wird.

 

Im Oktober 2020 wurde die „Eingliederungshilfe und Teilhabe“ als Fachdienst im Jugendamt aus dem Allgemeinen Sozialen Dienst und der Wirtschaftlichen Jugendhilfe herausspezialisiert.

 

 

Landrat Scherf fasst zusammen, dass der Bundesgesetzgeber versuche, den Blickwinkel zu ändern. Man müsse davon weggehen, den Menschen zu kategorisieren, sondern den einzelnen Menschen in den Blick zu nehmen. Behinderungen würden oftmals durch die Gesellschaft versucht. Eine wichtige Änderung sei, dass das Antragsverfahren vereinfacht werde. Es sei ein langer Weg, der vor der Gesellschaft liege, bis aus dem Ziel die Realität werde, dass Menschen aufgrund ihrer Einschränkungen von der Teilhabe nicht ausgeschlossen seien.

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