Klimawerkstatt bringt viele Maßnahmenideen hervor

Stellvertretender Landrat Bernd Schötterl diskutiert
Auch stellvertretender Landrat Bernd Schötterl (Mitte) beteiligte sich eifrig an den Diskussionen in der Klimawerkstatt im Landratsamt Miltenberg. Foto: Winfried Zang

Das Erreichen der Klimaneutralität ist das gemeinsame Ziel der Gebietskörperschaften Stadt Aschaffenburg sowie der Landkreise Aschaffenburg und Miltenberg. Mit dem Projekt „Pfade für eine klimaneutrale Region Bayerischer Untermain" soll eine Strategie entwickelt werden, wie die Region bis 2040 klimaneutral werden kann. In zwei Workshops haben am Mittwoch, 24. September, zunächst die Verwaltung des Landratsamts und am Abend die interessierte Öffentlichkeit Ansätze zu möglichen Klimaschutzmaßnahmen entwickelt.  

Amtierender Landrat Bernd Schötterl zeigte sich am Abend begeistert von der großen Zahl an Interessenten im großen Sitzungssaal des Landratsamts. Da, wo sonst 60 Kreistagsmitglieder Platz finden, befassten sich 60 Gäste mit der Frage, wie man zum Erreichen der Klimaneutralität beitragen kann. Schötterl zufolge hätten sich die Rahmenbedingungen seit dem ersten Klimaschutzkonzept im Jahr 2011 dramatisch geändert – aufgrund der politischen Weltlage, des Urteils des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2021, der zutage getretenen wirtschaftlichen Chancen des Klimaschutzes und – am wichtigsten – der Tatsache, dass die Folgen des Klimawandels auch am Untermain deutlich spürbar seien. Im Landkreis beginne man aber nicht bei Null, verwies er unter anderem auf das kommunale Energiemanagement, den Ausbau der erneuerbaren Energien, die Unterstützung des Öffentlichen Personennahverkehrs sowie des Radverkehrs.

Partner der Gebietskörperschaften bei den „Pfaden für eine klimaneutrale Region Bayerischer Untermain" ist das Nachhaltigkeits-Beratungsunternehmen B.A.U.M. Consult.
Luisa Rau zeigte das Ziel auf, in den Verwaltungen der Region bis 2035 klimaneutral zu werden, 2040 solle dies für die gesamte Region gelten. Bislang habe man einiges erreicht, nannte sie etwa das Solarpotenzialkataster, das 500-Dächer-Programm und die Kampagne Heimvooorteil. Aus den Zwischenergebnissen der Studie gehe hervor, dass ein großer Hebel zur Einsparung von Treibhausgasen im Bereich Wärme liege, den man speziell in den Haushalten und der Industrie ansetzen müsse.

In der Region habe der Treibhaugasausstoß im Jahr 2023 bei 9,6 Tonnen CO2 pro Einwohner und Jahr gelegen, sagte sie, damit liege man leicht unter dem Durchschnitt in Deutschland (10,3 Tonnen). Verglichen mit 2009, hätten die Emissionen insgesamt um rund 6 Prozent abgenommen. Bei den Haushalten sei der Rückgang mit 29 Prozent am stärksten ausgefallen. Nun gehe es darum, dass alle Beteiligten in ihren Liegenschaften an die energetische Optimierung gehen und in ihrem Wirkungskreis tätig werden. Wolf zufolge gelte es zudem, politisch Einfluss zu nehmen, um Ziele zu forcieren sowie Mitmenschen zu motivieren und zu aktivieren. Der zu entwickelnde Maßnahmenkatalog sei „das Herzstück“ des Klimaschutzkonzeptes, alle in den Workshops entwickelten, umsetzbaren Maßnahmen sollten von Energieagentur, Stadt und Landkreisen innerhalb der nächsten fünf Jahre angegangen werden. Mit gezieltem Personal- und Mitteleinsatz müsse der maximale Beitrag zur Klimaneutralität geleistet werden. Es gelte, regionale Ressourcen zu bündeln, zu strukturieren und alle Handlungsfelder zu bearbeiten.

In vier Arbeitsgruppen gingen die Gäste unter Regie der B.A.U.M.-Mitarbeitenden Joshua Dietz, Michael Weber, Luisa Rau und Susan Wolf an die Arbeit. Themen waren die Erneuerbare Energieversorgung, klimafreundliche Mobilität, Klimaschutz in Land- und Forstwirtschaft sowie nachhaltiges Sanieren, Bauen und Wohnen. Dabei ging es darum, zunächst das bislang Erreichte zusammenzutragen. Anschließend wurden Herausforderungen identifiziert, ehe die Gäste gefragt waren, vorbildliche Ideen zu benennen. Alle Punkte wurden niedergeschrieben und auf Tafeln platziert. In der Folge formulierten die Teilnehmenden Maßnahmenideen, definierten ein Ziel, listeten notwendige Akteure und Klärungsbedarfe auf und nannten mögliche erste Schritte.
Schnell waren die Gruppen in ihre Arbeit vertieft, es wurde eifrig diskutiert und es wurden erstaunlich viele Karteikarten ausgefüllt und Maßnahmenideen entwickelt.

In der Abschlussrunde wurden einige Ideen kurz vorgestellt. Dabei ging es etwa darum, Energie-Stammtische aufleben zu lassen. In den Bereichen Landwirtschaft, Weinbau und Forst könnten Fachleute im Austausch voneinander lernen, Anregungen sammeln und Ideen entwickeln. Eine weitere Idee war, klimaangepasstes Bauen zu fördern – etwa in Bezug auf Zisternen und Balkonkraftwerke. Auch genannt: Man solle Ansprechpersonen für die Vermeidung von Leerständen benennen und Paradebeispiele für gelungenes Sanieren öffentlichkeitswirksam präsentieren. Den Fahrradverkehr auszubauen und sicherer zu machen, lautete ein weiterer Vorschlag. Dazu zählen beispielsweise mehr Tempo-30-Zonen sowie die sichtbare Trennung von Fahrradverkehr und Fußgängern.
Mehr Menschen müssten auf die Schiene, dazu müsse die Attraktivität der Westfrankenbahn erhöht werden. In Sachen erneuerbarer Energien wurde das Ziel formuliert, die Sinnhaftigkeit erneuerbarer Energien sichtbarer zu machen und in ein positives Licht zu stellen. Warum nicht mit Vorbildbeispielen aus der Region auf Tour gehen, so ein Vorschlag. Etwa 20 Ideen kamen so zusammen. Ob, wie und mit welchem Aufwand sie umsetzbar sind, soll in nachgelagerten Fachwerkstätten untersucht werden.
Ideen müssten aber praktikabel, komfortabel und auch finanzierbar sein, stellte Bernd Schötterl fest, der den Workshop als „Mosaikbaustein“ des Klimaschutzkonzepts bezeichnete. Auch wenn manche Idee möglicherweise nicht oder nicht schnell umsetzbar sei, so gehe dennoch nichts verloren, versicherte er. Nach den Fachworkshops – einer pro Gebietskörperschaft – folgt noch 2025 ein Klima-Tisch, ehe die Fortschreibung des Klimaschutzkonzepts den politischen Gremien präsentiert wird.

Punkte wurden niedergeschrieben und auf Tafeln platziert
Bei der Schlussrunde der Klimawerkstatt war an den Tafeln eindrücklich zu sehen, wie viele Ideen die Gäste entwickelt hatten. Foto: Winfried Zang

Verwaltung will ebenfalls klimaneutral werden
Bereits am Vormittag war es in den Seminarräumen des Landratsamts um Ideen gegangen, wie auch die Landratsamtsverwaltung ihren Weg zur Klimaneutralität gestalten kann. Vor Mitarbeitenden der Verwaltung und Kreistagsmitgliedern verwies stellvertretender Landrat Bernd Schötterl auf den Auftrag aus dem Ausschuss für Energie, Bau und Verkehr im Jahr 2021, ein Konzept zu erarbeiten, wie die Verwaltung bis 2030 klimaneutral werden kann. Denn, so Schötterl, schließlich habe die öffentliche Hand eine besondere Verantwortung.
Als einen der ersten Schritte habe man sich für die Teilnahme am European Energy Award entschieden. Mit diesem Managementsystem habe man die Werkzeuge an die Hand bekommen, Klimaschutzaktivitäten systematisch zu planen, umzusetzen und zu überprüfen. Leider sei in der letzten Woche bekannt geworden, dass der Award zum Jahresende 2025 in Deutschland eingestellt werden wird. Nun prüfe man, ob man nicht noch bis Ende des Jahres eine Zertifizierung erreichen könne, ergänzte Klimaschutzmanager Sebastian Randig. Aber auch wenn das nicht gelingen sollte, so habe sich die Teilnahme laut Kreisbaumeister Andreas Wosnik dennoch gelohnt. Im Landratsamt habe man bereits einiges für den Klimaschutz getan, verwies Schötterl weiter auf den Bezug von 100 Prozent Ökostrom für die Liegenschaften, auf den Ausbau der Photovoltaik und die schrittweise Umstellung der Wärmeversorgung auf ökologische Alternativen. Man fördere die nachhaltige Mobilität der Mitarbeitenden durch das Jobticket und den Ausbau von Home-Office-Möglichkeiten, man erarbeite zudem Richtlinien für eine nachhaltige Beschaffung.
Joshua Dietz und Sandra Giglmaier (B.A.U.M.) gingen in der Folge auf die Treibhausbilanz des Landkreises ein, der pro Jahr etwa 1.700 Tonnen CO2 emittiert. 55 Prozent davon entfallen auf die Mobilität, 45 Prozent auf die Gebäudeenergie. Dietz sah aber Potenzial für weitere CO2-Einsparungen – etwa bei der Umrüstung der Nahwärme auf 100 Prozent erneuerbare Energien, die sukzessive Umstellung von Gasheizungen auf Wärmepumpe, Sanierungen (etwa der Berufsschule), die Verbesserung der Wärmerückgewinnung in Schulen durch besseres Lüftungsverhalten, die Verdopplung der Eigenstromerzeugung durch mehr Photovoltaik, die sukzessive Umstellung des gesamten Fuhrparks auf Elektroantriebe. Auch die Pendelmobilität könne man etwa durch Erhöhung des Anteils an Home-Office und mehr Anreisen mit ÖPNV und Rad umweltverträglicher gestalten.

In Gruppen wurden die bisherigen Maßnahmen bewertet und Vorschläge gesammelt, welche neuen Maßnahmen möglich sind. Aufgeteilt waren die Teilnehmenden auf die Teams „Mobilität und Fuhrpark“, „Gebäude und Energie“ sowie „Ressourcen, Digitalisierung und Kommunikation“. Ideen müssten aber wirtschaftlich darstellbar sein, lautete eine Prämisse. In der Folge wurden zahlreiche Vorschläge erarbeitet, wobei das Voranbringen der digitalen Prozesse als sehr wichtig beurteilt wurde. In Sachen Digitalisierung hat sich zwar bereits einiges getan, aber es sei noch einiges zu tun, so die Erkenntnis. Von einer umfassenden Digitalisierung hänge nämlich auch die Ausweitung des Home Office ab mit weniger Pendelverkehr als Folge. Auch Aspekte der Klimafreundlichkeit seien bei allen Beschaffungen anzustreben, so eine weitere Forderung. Gut wäre es, wenn man auch den Fuhrpark der kommunalen Abfallwirtschaft komplett auf Elektroantrieb umstellen könnte, aber hier gebe es für manche Maschinen keine Elektro-Alternative. Bei einem Verbrauch von rund 120.000 Liter Diesel pro Jahr könne man beim Umstieg 280 Tonnen CO2 einsparen, so eine Rechnung. E-Lademöglichkeiten am Arbeitsplatz schaffen, die bessere Information neuer Mitarbeitender über Mobilitätsangebote, der Einsatz von mehr Biokraftstoff für Bereitschafts- und Einsatzfahrzeuge – alle diese und viele weitere Ideen wurden gesammelt.

In seinen Schlussworten machte stellvertretender Landrat Bernd Schötterl klar, dass man angesichts der finanziellen Lage bei der Umsetzung leider auch auf die Liquidität achten müsse. Als nächste Schritte sind nun ein Fachworkshop „Gebäude“ sowie Workshops mit den anderen Verwaltungen der Gebietskörperschaften geplant, ehe die Maßnahmen auf Verwaltungs- und Regionsebene ausgearbeitet werden.

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