„Inklusion und Bildung“ als Themen der vierten Bildungskonferenz
Die mittlerweile vierte Bildungskonferenz im Landkreis Miltenberg hat sich am Freitag, 22. November, mit dem Thema „Inklusion und Bildung“ befasst. Rund 100 Gäste aus allen Bereichen der Bildung und der Inklusion zeigten in der Aula der Miltenberger Johannes-Hartung-Realschule ihr Interesse an diesen wichtigen Themen.
Für stellvertretende Landrätin Monika Wolf-Pleßmann steht fest, dass auch der Landkreis eigene inklusive Akzente in Bezug auf Bildung setzen kann – auch wenn Bildung eigentlich Aufgabe des Freistaats ist. Im Landkreis sei dies Aufgabe des Bildungsmanagements, das alle Bildungseinrichtungen vernetzt, wusste Wolf-Pleßmann – beginnend mit der frühkindlichen Bildung über die Bildung an den verschiedenen Schularten bis hin zu außerschulischer Bildung sowie dem Einstieg ins Berufsleben oder Studium. Auf diese Weise könnten Ressourcen zielgerichteter und effektiver zum Wohl von Kindern und Jugendlichen eingesetzt werden. Einen wichtigen Beitrag leiste auch die „Modellregion Inklusion“ im Landkreis Miltenberg, so die stellvertretende Landrätin. Sie ging auf das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderung, UN-BRK, ein und zeigte sich überzeugt, dass es notwendig sei, die Netzwerke mit Hilfe des Bildungsmanagements weiter auszubauen. Nur so könne Inklusion gelingen, sagte sie. Es gehe dabei darum, Vorurteile zu überwinden und sich immer wieder zu fragen, wie der Landkreis seine Ressourcen so nutzen kann, so dass Inklusion nachhaltig gelebt und verankert werden kann.
Anna-Lena Klassert, Fachkraft für Bildungsmanagement im Landratsamt, leitete zum Vortrag „Was ist Inklusion und warum brauchen wir sie?“ von Professor Dr. Clemens Dannenbeck über. Für den Wissenschaftler, der an der Hochschule Landshut Soziologie und Sozialwissenschaftliche Methoden und Arbeitsweisen in der Sozialen Arbeit lehrt, ist Inklusion mehr als nur ein Schlagwort, der Begriff beziehe sich auf alle Lebensbereiche und die gesamte Gesellschaft. Inklusion ziele auf „unsere Haltung, unser Handeln und auf bestehende strukturell-organisatorische Rahmenbedingungen.“ Inklusion entspreche einem Maßstab, dem man gesamtgesellschaftlich verpflichtet sei und zwar aufgrund der durch Bund und Länder ratifizierten UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung. Dies beinhalte das Recht auf Diskriminierungsfreiheit und volle gesellschaftliche Teilhabe für alle Menschen. Damit verbunden seien praktische Herausforderungen für die gesamte Gesellschaft, stellte Dannenbeck fest. Für ihn bedeutet Inklusion einen grundlegenden Perspektiven- und Paradigmenwechsel und das gleichwürdige gesellschaftliche und soziale Miteinander aller Akteure. Denn, so stellte er fest, Vielfalt sei kein Risiko, sondern eine Voraussetzung für ein gelingendes Miteinander.
Inklusion beginne im Kopf, sagte der Professor, aber es brauche auch Ressourcen. Die Regelschulen seien eigentlich die ersten, die anfangen müssten, sich zu überlegen, was am System Schule zu Teilhabehindernissen führt. Für den Professor geht es bei der Behindertenrechtskonvention nicht um eine festgefügte Zielgruppe der Behinderten, vielmehr um eine Lebenslage, die es erschwert, in den Genuss der Menschenrechte im vollen Umfang zu kommen. Das gelte im Übrigen auch für andere Randgruppen.
Inklusion dürfe nicht scheitern, forderte Dannenbeck, denn dabei handele es sich um einen Rechtsstandard und um eine Verpflichtung. Der Professor ging zudem auf mehrere Punkte der UN-Behindertenrechtskonvention ein und sprach von einem „ganz anderen, revolutionären Verständnis von Behinderung.“ Wenn man das Thema Inklusion in Deutschland betrachte und bewerte, müsse man sagen, „das Land hat sich bemüht“, gefolgt von 30 Seiten mit Artikeln, die die Defizite aufführen. Am Ende gehe es darum, das ganze Leben inklusiv zu gestalten, stellte Dannenbeck fest und bezeichnete eine Kommunalplanung als wichtigen Schritt. Nach seinem Dafürhalten werde der Wind rauer für diese Idee von Inklusion, denn es gebe gesellschaftliche Kräfte, die gegen Inklusion seien und Angst vor den Herausforderungen hätten.
Wie Inklusion niedrigschwellig funktioniert, zeigten Lotte, Michael und Lui vom Circus Blamage. 1989 auf Pellworm gegründet, hat sich der Circus, in dem Menschen mit und ohne Behinderung Zirkusvorstellungen gestalten, zu einem vielfach prämierten Erfolgsmodell entwickelt. Gemeinsam wollen alle Aktiven die sozialen, kreativen und motorischen Fähigkeiten fördern, miteinander in Kontakt kommen, ihrer Kreativität freien Lauf lassen und der Welt zeigen, was in ihnen steckt. 1.200 Mitglieder hat der Verein mittlerweile, 135 ehrenamtliche Trainerinnen und Trainer studieren mit ihren Zöglingen die tollsten Kunststücke ein – Jonglage, Trampolin, Trapez und viele mehr. In jedem Jahr gibt es sieben Zirkuswochen, jede Woche mit einer neuen Truppe. Der Circus finanziert sich über Spenden und Mitgliedsbeiträge, auch der Bayerische Jugendring beteilige sich finanziell. Zu den Vorstellungen im eigenen Zirkuszelt kommen jedes Mal bis zu 250 Zuschauerinnen und Zuschauer. Willkommen sind Kinder ab neun Jahren, nach oben hin gibt es keine Altersgrenze. Wer den Circus mal sehen will, hat übrigens am 2. Dezember dazu Gelegenheit, wenn er um 18 Uhr vor dem Adventskalender in Erlenbach auftritt. Mehr zum Circus unter www.circus-blamage.de.
Anschließend gab es Gelegenheit zum Austausch. Fachleute standen an Ständen für Gespräche zur Verfügung – etwa zu den Themen Bildungsmanagement, außerschulische Bildung, Übergang Schule – Beruf, weiterführende Schulen, Grundschule sowie frühkindliche Bildung. Man kam schnell ins Gespräch und bald füllten viele Karteikarten mit Anregungen die Stellwände. Die Gäste konnten konkrete Bedarfe benennen und ihre Meinung kundtun, was Fachkräfte, Eltern sowie Kinder und Jugendliche in den einzelnen Bereichen benötigen.