Erster Frauengesundheitstag im Landkreis Miltenberg setzt starkes Zeichen
Rund 140 Frauen haben am Samstag den ersten Frauengesundheitstag des Landkreises Miltenberg im Johannes-Butzbach-Gymnasium besucht – eine Premiere, die auf große Resonanz stieß. Bei Vorträgen, Workshops und zahlreichen Infoständen stand ein Thema im Mittelpunkt, das lange zu wenig Beachtung fand: die spezifische Gesundheit von Frauen in ihren unterschiedlichen Lebensphasen.
Bereits die Begrüßung durch Dr. Susanne Reysen vom Gesundheitsamt machte deutlich, warum dieser Tag so wichtig ist: Viele medizinische Studien und Diagnostikverfahren orientieren sich noch immer am männlichen Körper. Beschwerden von Frauen werden dadurch oft später erkannt oder falsch eingeordnet. Der Gesundheitstag wolle helfen, Wissen zu vermitteln, Bewusstsein zu schaffen und Frauen zu stärken, für sich selbst einzustehen.
Ein Schwerpunkt am Vormittag war der Vortrag zu Mental Load, gehalten von Dagmar Holländer (szeneria). Sie verdeutlichte, wie viel unsichtbare Denkarbeit vor allem Frauen tagtäglich leisten – von Familienorganisation über emotionale Fürsorge bis hin zu unzähligen Kleinstentscheidungen. Diese Dauerbelastung könne krank machen, wenn sie nicht gesehen und geteilt werde. „Entlastung entsteht nicht durch kleine Hilfsaufträge, sondern durch echte geteilte Verantwortung“, sagte Holländer. „Wer eine Aufgabe übernimmt, übernimmt sie komplett – mit Planen, Entscheiden und Abschließen.“ Viele Besucherinnen erkannten sich in den Beispielen wieder und nahmen konkrete Strategien zur Entlastung mit.
Einen großen Zuspruch erhielt der Workshop „Achtsamkeit, Resilienz, Entspannung“ mit Daniela Höfer. Höfer, die heute als Achtsamkeitstrainerin und Hypnobirthing-Kursleiterin tätig ist, betonte den Wert innerer Stabilität angesichts äußerer Belastungen. Viele Herausforderungen – ob im Familienalltag, im Beruf oder durch gesundheitliche Sorgen – ließen sich nicht verändern, erklärte sie. „Aber wir können bei uns anfangen – bei unserer Haltung, unserer Atmung und unserer Art, mit Stress umzugehen.“ In einer gemeinsamen Achtsamkeitsübung lernten die Teilnehmerinnen, im Trubel des Alltags kurze Momente der Ruhe und Selbstfürsorge zu finden.
Nach der Mittagspause standen am Nachmittag körperliche und hormonelle Gesundheit im Mittelpunkt. In Workshops ging es um Ernährung, Bewegung und den Einfluss von Hormonen auf Wohlbefinden und Psyche. Der letzte Programmpunkt widmete sich einem Thema, das nach wie vor zu wenig bekannt ist: Endometriose. Chefarzt der Gynäkologie Dr. Georgi Popivanov (Helios Erlenbach) beschrieb eindrücklich, wie verbreitet die Erkrankung ist und wie häufig Beschwerden jahrelang verharmlost werden. Er warb eindringlich dafür, stärker hinzuhören, früher zu diagnostizieren und Betroffene ernst zu nehmen. Alle Referierenden bekamen ein kleines Dankeschön.
Parallel nutzten viele Teilnehmerinnen die Möglichkeit, sich an Infoständen regionaler Beratungs- und Gesundheitsangebote zu informieren. Vertreten waren unter anderem der Landesverband Bayern der Frauenselbsthilfe nach Krebs, SEFRA e.V., die Endometriose Selbsthilfe Aschaffenburg-Miltenberg, alle Schwangerenberatungsstellen der Region sowie das Gesundheitsamt Miltenberg selbst.
Organisiert wurde der Frauengesundheitstag vom Gesundheitsamt, der Gleichstellungsstelle und der Gesundheitsregion Plus. Außerdem engagierte sich das Netzwerk „weiblICH“ an der Planung und Durchführung. Die vom Landratsamt angebotene Kinderbetreuung vor Ort ermöglichte es zudem vielen Müttern, in Ruhe an den Vorträgen und Workshops teilzunehmen.
Die Organisatorinnen zogen ein rundum positives Fazit: Der Tag habe gezeigt, wie groß der Bedarf an Austausch, Wissen und Enttabuisierung rund um weibliche Gesundheit ist. Viele Besucherinnen äußerten bereits den Wunsch nach einer Wiederholung.