Begeisterung bei Gesprächsrunde zu Gleichstellung in der Kommunalpolitik

Trotz des zunehmenden Bewusstseins für Geschlechtergerechtigkeit bleibt der Frauenanteil in der Kommunalpolitik gering. Unter dem Titel „Starke Frauen – Starke Kommunalpolitik“ luden daher die Gleichstellungsbeauftragte des Landkreises Miltenberg, Karen Wrigley-Simon, und Ulrike Werner-Paulus von der Fachstelle Bürgerschaftliches Engagement am Dienstag, 8. Juli 2025, zu einem Diskussionsabend ins Landratsamt ein.
Nach der Begrüßung durch die stellvertretende Landrätin Monika Wolf-Pleßmann, die betonte, wie wichtig eine vielfältige politische Landschaft für Demokratie und Gesellschaft sei, folgte ein Impulsvortrag der bundesweit bekannten Politikwissenschaftlerin und Beraterin Tannaz Falaknaz. Die Mit-Herausgeberin des Buches „Zu anders für die Macht?“ sprach über strukturelle Hürden für Frauen in politischen Ämtern, insbesondere im ländlichen Raum. Sie machte deutlich: Der Wille zur Veränderung sei da – was jedoch fehle, sei die konsequente Umsetzung.
Dass Frauen sich politisch engagieren wollen, zeigte die anschließende Podiumsdiskussion mit vier Kommunalpolitikerinnen aus dem Landkreis Miltenberg: Dorfprozeltens Bürgermeisterin Lisa Steger (CSU), Kreisrätin und 3. Bürgermeisterin Miltenbergs Sabine Balleier (SPD), Kreisrätin Nina Schüßler (Grüne) und die Mömlinger Gemeinderätin Katharina Hotz (Freie Wähler) teilten offen und sehr persönlich ihre Erfahrungen.
Sie sprachen über den Einstieg in die Politik – teils durch Ermutigung aus dem Freundeskreis, teils durch den Wunsch, etwas zu bewegen. Sabine Balleier schilderte, wie sie als langjährige Tageszeitungsredakteurin zunächst mit ihrer Entscheidung haderte, in die Kommunalpolitik einzusteigen, aus Sorge um ihre Unabhängigkeit und ob sie der Aufgabe überhaupt gewachsen sei. Eine Freundin habe sie dann mit der einfachen Frage aus dem Zweifel geholt: „Du hast schon so viele andere Dinge geschafft. Warum überlegst du eigentlich noch?“ Nina Schüßler legte den Zuhörenden nahe: „Wenn es Themen gibt, die dich bewegen, solltest du aktiv werden. Man ist nie allein – es gibt immer Mitstreitende.“

Allerdings machten sie auch Hürden sichtbar: schlecht mit Familie und Beruf vereinbare Sitzungstermine, Bemerkungen männlicher Kollegen mit abwertendem Unterton, das Fehlen weiblicher Vorbilder, aber auch eigene Selbstzweifel. Balleier berichtete davon, wie sie sich oft energischer und lauter geben müsse, um sich Gehör zu verschaffen. „Man meint, man müsse die Ellbogen ausfahren.“ Schüßler ist sich sicher, man wachse mit seinen Aufgaben. Katharina Hotz sei erst im Wahlkampf bewusstgeworden, wie unterschiedlich Frauen und Männer sich austauschen. „Bei Bier und Bratwurst wird oft Politik gemacht und genetzwerkt – meist von Männern. In solchen Runden sind Frauen eher selten vertreten“, so Hotz.
Viele Themen fanden parteiübergreifend Zustimmung: der Spagat zwischen Beruf und Ehrenamt, mangelndes Selbstvertrauen, aber auch der Appell, sich Unterstützung zu holen. „Kommunalpolitik ist kein Hexenwerk“, so Balleier, „und man darf auch mal was Falsches in einer Sitzung sagen.“ Lisa Steger sprach zudem über die Herausforderung, mit kleinen Kindern, alleinerziehend und berufstätig, politisch aktiv zu sein – „das ist knallhart, da fällt so manches hinten runter“. Sie sei froh, dass ihre Tochter zum Beginn ihrer politischen Karriere bereits erwachsen war und sie von ihrer Familie so viel Rückhalt erfahre.
Das Publikum lauschte mit großem Interesse, viele äußerten sich nach der Veranstaltung beeindruckt von der Offenheit der Rednerinnen. Beim anschließenden Netzwerken mit Getränken kamen einige Gespräche zustande – genau so, wie es sich die Organisatorinnen erhofft hatten. Mit der Veranstaltung setzte der Landkreis Miltenberg ein starkes Zeichen für politische Teilhabe und Diversität in der Kommunalpolitik. Denn wie Monika Wolf-Pleßmann betonte: „Wenn Frauen nicht mitentscheiden, gehen wichtige Perspektiven verloren – und das kann sich unsere Gesellschaft nicht leisten.“