Arbeitskleidung statt Abendgarderobe: LPV feiert 40. Jubiläum mit Pflanzaktion
40 Jahre Landschaftspflegeverband (LPV) Miltenberg – das ist ein Grund zum Feiern. Wer gedacht hätte, dass dies im Rahmen einer festlichen Abendveranstaltung passiert, hat sich getäuscht: In Arbeitskleidung trafen sich knapp 40 Gäste am Freitag, 14. November, um in der Obernburger Streuobstanlage „Amerika“ 40 Bäume zu pflanzen. Darunter waren nicht nur Mitglieder, sondern auch zertifizierte Landschaftsobstbaumpfleger, Mitglieder des Runden Tisches Streuobst sowie mehrere Bürgermeister.
Bevor es an die Pflanzaktion ging, lobte stellvertretender LPV-Vorsitzender Steffen Scharrer das gemeinsame Vorgehen von Naturschutz, Landwirtschaft und Kommunen beim Schutz und der Pflege der Landschaft. Die Landschaft sähe ohne den Landschaftspflegeverband anders aus, verwies er auf zahlreiche bislang umgesetzte Maßnahmen. So halte man beispielsweise Täler frei von Verbuschung, durch Pflegemaßnahmen sorge man für Artenvielfalt. So werden Arten wie die Herbstdrehwurz erhalten, von der es nur ein Vorkommen im Landkreis Miltenberg gibt. Auch für den Erhalt anderer Orchideen an verschiedenen Standorten im Landkreis setze man sich ein. In die Zukunft gerichtet seien Fort- und Weiterbildungen von Naturinteressierten – etwa durch Baumschneidekurse und die Ausbildung von Mistelbeauftragten. Die Kurse seien allesamt ausgebucht, freute sich Scharrer. Er bedankte sich bei der Bayerischen Staatsregierung, die die Pflanzaktion über die LNPR-Richtlinie fördert. Zudem habe man anlässlich des 40-jährigen Bestehens eine großzügige Spende der Sparkasse erhalten, die in die Aktion miteinfließen wird, sagte er zu den Teilnehmern und der Vertreterin der Sparkasse Aschaffenburg-Miltenberg, die zur Pflanzaktion gekommen war.
Da die Aktion im Obernburger Streuobstgebiet „Amerika“ stattfand, begrüßte auch Bürgermeister Dietmar Fieger die Versammelten. Er gab einen kurzen historischen Abriss der über 100-jährigen Geschichte des Obstanbaus in Obernburg. In dem rund acht Hektar großen Streuobstgebiet seien ab 1920 Obstbäume gepflanzt und deren Früchte von der Obstverwertungsgesellschaft Obernburg (OVGO) verarbeitet worden. Zur Bezeichnung „Amerika“ gäbe es mehrere Deutungsvarianten, sagte Fieger, 100-prozentig könne man aber nicht sagen, welche stimmt. Heute kümmere sich die Familie Jakob im Auftrag der Stadt um die Streuobstanlage, erklärte er. Die Pacht werde dabei in Naturalien bezahlt: So würden jedes Jahr aus den Früchten 1.000 Liter Flüssigkeit gepresst – 600 Liter Apfelsaft und 400 Liter Apfelwein. Die Produkte gäbe es aber nicht zu kaufen, sie würden als Geschenke der Stadt bei Jubiläen verteilt. Darüber hinaus würden die „Omborscher Äbbelwoibuwe“ Früchte keltern und bei verschiedenen Veranstaltungen unter das Volk bringen.
Bevor die Gäste die 40 Hochstämme – 30 Apfel- und zehn Birnbäume – pflanzten, gab Manfred Knippel (LPV), unterstützt von Wolfgang Ludwig und Teresa Bachmann (LPV), einen Crashkurs im Baumpflanzen: Da das Loch bereits ausgehoben war, führte Knippel die Gäste durch alle Arbeitsschritte vom Einbringen eines Wühlmauskorbs, dem Ausrichten und Setzen des Baums mit Stützpfahl, das Anbinden des Baums, der Zugabe von Schafwollpellets, dem Schließen des Pflanzlochs (mit der Maßgabe, die Veredlungsstelle nicht mit Erde zu bedecken) über das Bilden eines Gießrands (mit nach unten platzierten Grassoden) bis zum Anbringen eines Verbissschutzes. Reichliches Angießen sowie ein Pflanzschnitt schließen die Pflanzungen ab, erläuterte Knippel.
In Kleingruppen machten sich die Akteurinnen und Akteure dann an die mehrstündige Arbeit. Die war gar nicht so einfach, denn alle Pflanzlöcher lagen am Hang, der Boden war sehr lehmig und das Gras feucht. Obwohl die Pflanzlöcher bereits ausgehoben waren, floss der Schweiß dennoch in Strömen – etwa beim Bedienen der Ramme für das Einbringen des Stützpfahls. Ob Goldparmäne, Brettacher, Landsberger Renette oder Gravensteiner – zahlreiche bekannte Apfelsorten bereichern nun seit Freitag die Streuobstanlage und tragen zu ihrer Verjüngung bei. Nach getaner Arbeit freuten sich alle Arbeiterinnen und Arbeiter über die reichhaltige Verpflegung, Kaffee zum Aufwärmen und natürlich Apfelsaft.
Hintergrund: Landschaftspflegeverband Miltenberg
- Der Landschaftspflegeverband Miltenberg hat sich folgende Aufgaben zum Ziel gesetzt:
- Sicherung und Entwicklung einer einzigartigen und wertvollen Kulturlandschaft durch Erwerb und Pacht
- Umsetzung von Landschaftspflegemaßnahmen
- Entwicklung und Förderung eines Biotopverbundsystems durch vernetzende Flächensicherung
- Umsetzung von Maßnahmen zum Erhalt und zum Schutz besonders schützenswerter Landschaftsbestandteile
Diese Aufgaben erfolgen in enger Zusammenarbeit und Abstimmung mit den Behörden für Naturschutz, Landwirtschaft, Forst- und Wasserwirtschaft, mit Grundstückseigentümerinnen und Grundstückseigentümern, Naturschutzverbänden sowie Mitgliedsgemeinden.
Zu den Mitgliedern gehören der Landkreis Miltenberg, 29 von 32 Kommunen, sechs Vereine und Verbände aus Naturschutz, Landwirtschaft, Jagd und Fischerei sowie 30 Einzelmitglieder (hauptsächlich Landwirte, die dem Verband durch aktiven Einsatz in der Landschaftspflege tatkräftig unter die Arme greifen). Unterstützt wird der LPV zudem von den regionalen Banken, Pflegemaßnahmen werden vom Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz in der Regel mit 70 bis 90 Prozent gefördert.
Der LPV-Vorstand setzt sich zu gleichen Teilen aus Vertretern der Kommunalpolitik, der Landwirtschaft und dem Naturschutz zusammen. Vorsitzender ist Landrat Jens Marco Scherf, seine Stellvertreter sind Dr. Steffen Scharrer und Eugen Reinhart.
Die Geschäfte des LPV erledigt ein Team mit Teresa Bachmann, Manfred Knippel und Kim-Joelle Groß.
Weitere Informationen: www.lpv-miltenberg.de
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Nach der Begrüßung der rund 40 Gäste durch Dr. Steffen Scharrer und Bürgermeister Dietmar Fieger (links, stehend) und einem kleinen Empfang ging es an die Arbeit. Foto: Winfried Zang -
Bevor gepflanzt wurde, erläuterten Manfred Knippel (links) und Wolfgang Ludwig (rechts), wie man einen Baum korrekt in den Boden bringt. Foto: Winfried Zang -
An 40 Pflanzlöchern in der Streuobstanlage „Amerika“ waren die Gäste der LPV-Jubiläumsfeier bei der Arbeit. Foto: Winfried Zang