Tagesordnungspunkt

TOP Ö 1: Antrag von Spessartbund und Odenwaldklub auf Austragung des Deutschen Wandertags 2018 in Miltenberg

BezeichnungInhalt
Sitzung:14.03.2016   KA/002/2016 
Beschluss:einstimmig beschlossen
DokumenttypBezeichnungAktionen

Die Mitglieder des Ausschusses empfehlen dem Kreistag einstimmig,

 

die Antragstellung zur Austragung des DWT 2018 durch eine Ausfallbürgschaft in Höhe von bis zu 265 000 € nicht zu unterstützen.


Landrat Scherf trägt vor, dass der 1. Vorsitzende des Spessartbundes, Herr Dr. Gerrit Himmelsbach, und der 1. Vorsitzende des Odenwaldklubs, Herr Karl Ohlemüller, im Jahresverlauf 2015 sowohl dem Landratsamt, den Bürgermeistern von Miltenberg und Bürgstadt als auch dem Bayerischen Gemeindetag im Landkreis Miltenberg die Idee vorstellten, den Deutschen Wandertag (DWT) 2018 in Miltenberg auszurichten. Der Deutsche Wandertag ist eine jährlich stattfindende Veranstaltung des Deutschen Wanderverbands (2015 in Paderborn, 2017 in Sebnitz), welche für 2018 ursprünglich in Schleswig-Holstein geplant war; nach Versagen der Unterstützung seitens der dortigen Landesregierung wurde die Bewerbung für 2018 zurückgezogen und es entstand ein „Vakuum“ für 2018, für das aktiv auf Miltenberg als Austragungsort zugegangen wurde. Daraus entwickelte sich die Idee von Spessartbund und Odenwaldklub zur Ausrichtung des DWT in Miltenberg als „Brückenstandort“ zwischen den Wanderregionen Spessart und Odenwald. Ein Antrag auf Austragung des DWT 2016 müsste im Frühjahr 2018 erfolgen, da beim Deutschen Wandertag 2016 in Sebnitz am 24.06.2016 über den Austragungsort entschieden wird.

 

Der DWT ist ein jährlich wiederkehrendes Ereignis, das jeweils von Mittwoch bis Montag stattfindet und in der Regel ca. 30.000-50.000 Tagesbesucher/innen anzieht. Er gilt als größtes deutsches Wanderfest. Es werden während des Wandertages kulturelle Veranstaltungen, Vorträge, geführte Wanderungen, Besichtigungstouren etc. im gesamten Spessart und Odenwald durch die beiden Wandervereine angeboten. Es finden aber auch Fachtagungen, Vorstandsitzungen und die Jahreshauptversammlung des Deutschen Wanderverbandes statt. Der DWT bezieht sich also nicht nur auf eine Gemeinde, sondern auf die ganze Region, Spessart und Odenwald sowie das Maintal.

 

Zur Prüfung der Machbarkeit wurden seit Herbst 2015 folgende Schritte seitens des Landratsamtes unternommen:

 

  • Erstellen eines Organisations- und Finanzierungskonzepts
  • Absprache mit dem Gebietsausschuss Spessart-Mainland sowie den beteiligten Gebietskörperschaften Landkreis und Stadt Aschaffenburg, Main-Kinzig-Kreis und Main-Spessart-Kreis
  • Absprache mit dem Gebietsausschuss „Liebliches Taubertal“
  • Absprache mit dem Odenwaldkreis und dem Neckar-Odenwald-Kreis
  • Absprache mit dem Dt. Wanderverband und dem Bay. Wanderverband
  • Absprache mit der Stadt Miltenberg, dem Markt Bürgstadt
  • Absprache mit dem Vorsitzenden des Bayer. Gemeindetags

 

Im Rahmen der konzeptionellen Überlegungen wurde deutlich, dass eine Ausrichtung des Dt. Wandertags in Miltenberg unter Einbeziehung der Region (Spessart-Mainland & Odenwald) sinnvoll ist, u.a. aufgrund der Bettenkapazitäten. Alleine für Ehrengäste erwartet der Deutsche Wanderverband ca. 65 Betten (25 DZ & 15 EZ) für die Gesamtdauer der Veranstaltung. Dazu müssen auch Büroräume inklusive Büroausstattung (besonders mit EDV) sowie mindestens zwei Schreibkräften gestellt werden. Während der Veranstaltung müssen 12 – 15 Ausgaben der Zeitschrift „Wandertag aktuell“ erstellt und verteilt werden. Für die Deutsche Wanderjugend wird die Übernachtung in Klassenräumen bevorzugt (kostenfrei). Für die Veranstaltung sind weiterhin Tagungsräume (sieben für ca. 25-50 Personen, weitere für 100, 250 und 1000 Personen) kostenfrei zur Verfügung zu stellen. Weiterhin muss eine Touristinformation und eine Tourismusbörse (mit kostenlosen Ständen) gestellt werden.

 

Stattfinden kann er im August 2018 vor der Michaelismesse, um die entsprechende Logistik mitnutzen zu können. Eine Unterstützung der Stadt Miltenberg durch die Organisation der geforderten Veranstaltungsformate (u.a. Festumzüge, Feierstunden im Freien bzw. in Festzelten, Messeausstellungen, Parkplätze und Park & Ride – Verkehr etc.) ist grundsätzlich möglich, aber ohne Übernahme von Kosten.

 

Ursprünglich war von den beiden Antragstellern angedacht, dass der Landkreis Miltenberg als Träger und Hauptverantwortlicher für Personal, Organisation und Finanzierung zu fungieren. Mittlerweile hat sich der Bayerische Wanderverband (BWV) bereit erklärt, als Träger für die Ausrichtung zu fungieren. Der BWV würde dann entsprechendes Personal einstellen bzw. ein Projektbüro mit der Organisation und Durchführung des Wandertags beauftragen. Aufgrund der Vielfalt der organisatorischen Aufgaben erscheint uns nur die Vergabe der Arbeit an ein externes Büro sinnvoll.

 

Voraussetzung ist allerdings, dass der Landkreis Miltenberg für die Kosten des BWV aufkommt und ein mögliches Defizit ausgleicht. Co-Ausrichter sind der Odenwaldclub und der Spessartbund. Der Bürgermeister der Stadt Miltenberg hat ebenfalls seine Bereitschaft geäußert, mit Miltenberg als Wanderhauptstadt des DWT zu fungieren und vor Ort einen reibungslosen Ablauf sämtlicher Großveranstaltungen (Festumzug, Tagungen, Mitgliederversammlung, Eröffnungsfeier etc.) zu gewährleisten.

 

Gemeinsam mit Spessartbund, Odenwaldclub, dem Gebietsausschuss Spessart-Mainland, der Stadt Miltenberg, dem BWV und einem externen Beratungsbüro wurde ein erstes Finanzkonzept mit Aufgabenverteilung erarbeitet und beraten (s. separates Dokument). Nach dieser Kalkulation ergibt sich eine Finanzierungslücke von 265.000 €.

 

Sowohl aufgrund der finanziellen Deckung als auch wegen der Sinnhaftigkeit einer breiten touristischen Wirkung (Vermarktung der Gesamtregion auch im Hinblick auf die begrenzte Bettenkapazität) wurde die Einbindung der Partner in der Region gesucht.

Keine festen Zusagen bzw. Absagen bezüglich einer finanziellen Beteiligung kamen vom:

 

  • Odenwaldkreis (Odenwald Tourismus GmbH)
  • Main-Spessart-Kreis (Spessart-Mainland)
  • Main-Kinzig-Kreis (Spessart-Mainland)
  • Stadt Aschaffenburg (Spessart-Mainland)
  • Gebietsausschuss „Liebliches Taubertal“

 

U.a. wurde kritisch angemerkt, dass in der Zeit August / September die Hoteliers nicht bereit seien, größere Kontingente zulasten der Stammkunden/kundinnen für den Dt. Wandertag zur Verfügung zu stellen. Auch das Verhältnis Aufwand / Nutzen wurde kritisch hinterfragt. Ergebnis: Alleine der Landkreis Aschaffenburg könnte sich grundsätzlich eine finanzielle Beteiligung vorstellen, auch aus dem Odenwaldkreis wurde grundsätzlich Interesse geäußert..

 

Somit muss der Landkreis Miltenberg im Fall einer Ausrichtung des DWT 2018 neben dem personellen und organisatorischen Aufwand ein Defizit von bis zu 265000€ abdecken. Hierbei würde es sich um eine freiwillige Leistung des Landkreises handeln. Zu beachten ist seitens des Kreistags, dass am 30.07.2015 der Markt Weilbach gegen den Kreisumlagebescheid des Landkreises Miltenberg für das Jahr 2015 Klage erhoben hat. Im Rahmen dieser Klage werden explizit die freiwilligen Leistungen des Landkreises durch das Gericht untersucht. Speziell angefordert wurden seitens des Gerichts die Kosten für den Produktbereich Tourismus, für den sowohl die Sachkosten als auch die Personalkosten vorgelegt werden mussten.

 

Bei der Defizitübernahme für die Veranstaltung „Deutscher Wandertag“ handelt es sich um Kosten dieses Produktbereiches in einem nicht unerheblichen Umfang. Die im Raum stehende Finanzierungslücke von 265.000 € entspricht dem gesamten Jahresetat für den Tourismus des Landkreises Miltenberg. Für 2018 müsste dieses Budget somit verdoppelt werden.

 

Aus vorgenannten Umständen kann seitens der Verwaltung keine Empfehlung zur Übernahme der Pflichten als Ausrichter des Deutschen Wandertags 2018 an den Landkreis Miltenberg gegeben werden.

 

 

Kreisrat Reinhard findet es bedauerlich, dass die anderen Gebietskörperschaften kein Interesse an der Mitwirkung haben. Der Deutsche Wandertag sei eine Nummer zu groß für den Landkreis.

 

Herr Seiterle, Geschäftsführer Spessart-Mainland, erklärt, dass er die Zahlen der letzten fünf Wandertage, die ihm vorgelegt worden seien, mit seinen eigenen Erfahrungen, gerade im Bereich des Marketings, abgeglichen habe. Weiterhin habe er die Zahlen mit dem potentiellen Fachbüro, das schon zwei Wandertage in Deutschland als externer Dienstleister durchgeführt habe, abgeglichen und dadurch komme er dann auf diese Kalkulation.

 

Landrat Scherf sagt, es sei eine verlässliche Kalkulation, wovon man ausgehen müsse. Deswegen halte er es für das Landratsamt Miltenberg in keinster Weise für machbar.

 

Kreisrat Dr. Fahn erklärt, dass die Freien Wähler den Vorschlag der Verwaltung unterstützen. 265.000 Euro sei eine sehr hohe Summe. Der Bürgermeister von Miltenberg habe gesagt, er unterstütze das Projekt, allerdings nicht finanziell. Kreisrat Dr. Fahn verstehe zwar die Argumentation, aber wenn die Veranstaltung in Miltenberg sei, müsse auch die Stadt etwas finanzieren. Auf der anderen Seite wisse er aus Erfahrung vom Tag der Franken, dass noch zusätzliche Kosten angefallen seien, die dann nachträglich abgedeckt werden mussten. Diese Erfahrung sollte das Gremium dazu anhalten, Vorsicht walten zu lassen. Ein weiterer Punkt sei, dass das Landratsamt bei der Ausrichtung dieses Wandertags fremdbestimmt sei. Man habe eventuell einen kleinen Nutzen, aber letztendlich sei es besser, wenn man Geld für die Förderung des Tourismus vor Ort ausgebe. Alle anderen Landkreise der Region haben eine finanzielle Beteiligung abgelehnt, schon alleine das sei ein Grund, dass man den DWT nicht unterstütze.

 

Kreisrat Fieger berichtet, dass das Projekt letzten September im Bayerischen Gemeindetag vorgestellt worden sei, wo auch Herr Dr. Himmelsbach und Herr Ohlemüller vertreten gewesen seien. Man sei damals positiv dazu eingestellt gewesen, allerdings habe man damals auch schon das Problem bei der Finanzierung und dem Gesamtaufwand gesehen. Man sei dem Projekt skeptisch gegenübergestanden, weil es kein Gemeinschaftskonzept sei. Es sei eine sehr hohe Defizitabdeckung, die einer alleine nicht schultern könne, daher unterstütze er den Vorschlag der Verwaltung.

 

Landrat Scherf findet, dass der DWT zwar eine interessante Idee sei, der Sinn allerdings in Frage zu stellen sei.

 

Kreisrat Weber stimmt für die SPD der Ablehnung zu. Es scheitere schon an den Forderungen an den Landkreis Miltenberg. Am Tag der Franken habe man sehr hohe Kosten tragen müssen, obwohl es nicht die Veranstaltung des Landkreises gewesen sei. Der Anforderungskatalog an sich zeuge auch von einer gewissen Maßlosigkeit.

 

Kreisrat Oettinger berichtet, dass er sich in mehreren Sitzungen mit allen Entscheidern ausgetauscht habe. Seines Erachtens gebe es keine andere Entscheidung, als die Ablehnung, zumal andere Landkreise sich nicht beteiligen.

 

Kreisrat Schmitt sieht eine positive und negative Seite an der Ausrichtung des DWT.

Grundsätzlich sei der Deutsche Wandertag ein Event mit großer Nachhaltigkeit, wovon die Region profitieren könne. Allerdings sei es ein enormes finanzielles Risiko. Alle wollen, aber keiner möchte sich finanziell beteiligen. Weder der Odenwaldkreis noch der Spessartbund tragen etwas zur Finanzierung bei. In der Odenwald Tourismus GmbH habe man sich auch intensiv mit dem Thema beschäftigt. Auch von dort sei von Anfang an darüber gesprochen worden, dass die Finanzierung länderübergreifend gestemmt werden müsse. Dafür sehe er ganz besonders die TSOB mit allen bayerischen und hessischen Kommunen, genauso wie die TGO, vor allen Dingen aber auch im Hinblick auf den Odenwald die Nachbarlandkreise des Odenwaldkreises und des Neckar-Odenwaldkreises im Boot. Es ist schade, da man regional sehr gut aufgestellt sei, dass die Region gemeinsam ein solches Event für eine regionale Vermarktung nicht sehe. Aus dem Grund müsse er auch das Fazit ziehen, dass es ein gigantisches und fahrlässiges Risiko sei, dem Landkreis Miltenberg allein die Kosten aufzubürden.

 

Kreisrätin Kappes schließt sich ihren Vorrednern an.

 

Kreisrat Dr. Linduschka erklärt, dass keine andere Entscheidung möglich sei, als den Antrag abzulehnen. Man müsse bei freiwilligen Leistungen sehr vorsichtig sein, und er empfehle eine freundliche Absage aus sachlichen Gründen.

 

Landrat Scherf stimmt zu, dass es eine freundliche Absage gebe, vor allem gegenüber dem Spessartbund und dem Odenwaldclub, weil diese die einzigen seien, die auch bereit seien, mit großem ehrenamtlichen Engagement die Wanderführungen etc. zu machen. Das seien im Endeffekt die Traurigen bei der Sache, die auch enttäuscht seien, deshalb sei es wichtig gewesen, dass man sich sehr intensiv und ergebnisoffen mit dem Antrag auseinandergesetzt habe.

 

Kreisrat Reinhard möchte zu den freiwilligen Leistungen wissen, wie schwerwiegend dieses Argument für Landrat Scherf sei.

 

Landrat Scherf erwidert, dass der Landkreis momentan verklagt werde, und der Hauptangriffspunkt seien aktuell die freiwilligen Leistungen, weil dies der freie Gestaltungsraum sei, den der Landkreis habe. Daher sei es ein wichtiger Gesichtspunkt, ob man hier noch einmal in diesem großen Umfang weitere freiwillige Leistungen bewillige.

 

Kreiskämmerer Krämer berichtet, dass im Moment noch keine Klagebegründung vorliege. Die Anwälte des Marktes Weilbach haben verschiedene Unterlagen angefordert, aktuell seien es detaillierte Informationen zu den freiwilligen Leistungen im Bereich der Personal- wie Sachkosten, und explizit noch einmal eine Aufstellung zum Bereich Tourismus. Aus dem Amtsblatt des Marktes Weilbach sei ersichtlich gewesen, dass sie im Endeffekt auf die liquiden Mittel abzielen wollen, aber eine Klagebegründung liege noch nicht vor.

 

Landrat Scherf wies abschließend darauf hin, dass die Austragung des Deutschen Wandertags 2018 vor allem wegen der Wertschätzung der Bereitschaft zu einem hohen ehrenamtlichen Einsatz der Mitglieder von Spessartbund und Odenwaldklub intensiv geprüft worden sei, aber unter Abwägung aller Aspekte eine Austragung im Jahr 2018 nicht als sinnvoll erscheint.

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