Tagesordnungspunkt
TOP Ö 3: Gemeinschaftskraftwerk Schweinfurt: Änderung des Partnerschaftsvertrages;
Empfehlungsbeschluss
Bezeichnung | Inhalt |
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Sitzung: | 27.03.2014 NU/001/2014 |
Beschluss: | mehrheitlich beschlossen |
Abstimmung: | Nein: 2 |
Dokumenttyp | Bezeichnung | Aktionen |
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Landrat Schwing begrüßt Herrn Walter vom GKS Schweinfurt.
Herr Feil erläutert die Beschlussvorlage:
Die Beziehungen der Gesellschafter der GKS
GmbH untereinander und zur Gesellschaft sind im Wesentlichen geregelt
-
im
Gesellschaftsvertrag der GKS GmbH und
-
im
Partnerschaftsvertrag der Gesellschafter der GKS GmbH.
Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 des
Gesellschaftsvertrages der GKS – Gemeinschaftskraftwerk Schweinfurt GmbH (GKS)
ist Gegenstand des Unternehmens die Versorgung der ortsansässigen
Gesellschafter und gegebenenfalls anderer Abnehmer mit Heizwärme (Wärme und Fernwärme).
Die Gesellschaft baut, betreibt und unterhält dazu ein Heizkraftwerk und eine
damit verbundene thermische Abfallbehandlungsanlage.
Es ist geplant, dass die
Industriegesellschafter (Schaeffler AG, ZF Friedrichshafen AG, SKF GmbH)
künftig – jeweils zu gleichen Teilen – den Betrieb des selbstständigen
Anlagenteils des Gemeinschaftskraftwerks im Pachtwege übernehmen, der nicht die
thermische Abfallbehandlung zum Gegenstand hat (sog. „Kohleteil“). Ziel des Modells ist es, im Rahmen der Eigenstromerzeugung
die Stromnutzung auf die neuen Erfordernisse der Energiewende anzupassen
(„Eigenstrom-Modell“). Dazu soll mit Wirkung möglichst zum 01.03.2014 der
Betrieb des Kraftwerkes dahingehend umgestellt werden, dass nicht mehr die GKS,
sondern einer oder mehrere ihrer Industriegesellschafter in eigenem Namen und
auf eigene Rechnung Wärme und Strom erzeugen. Hierzu werden die Industriegesellschafter
die entsprechenden Anlagen des Kohleteils zu jeweils einem Drittel im Rahmen
des sog. „Scheibenpachtmodells“ von der GKS pachten. Die technische und
kaufmännische Betriebsführung übernimmt weiterhin die GKS. Die
Industriegesellschafter wiederum liefern die erzeugte Wärme an die GKS, wodurch
diese durch Zusammenfassung der erzeugten Wärmemengen in die Lage versetzt wird,
ihrer Pflicht zur Versorgung mit Heizwärme zu entsprechen. Die Versorgung der
ortsansässigen Gesellschafter und anderer Abnehmer mit Heizwärme ist damit
weiterhin sichergestellt.
Erforderlicher Nachtrag zum
Partnerschaftsvertrag
Der Abschnitt D des Partnerschaftsvertrages
soll zur Umsetzung der beschriebenen Ziele neu gefasst werden. Dieser Abschnitt
enthält Regelungen zu folgenden Themen:
·
- Leistungen der Gesellschaft
·
- Gesonderte Kosten von Kohle- und Müllteil
·
- Fernwärme
·
- Abfallbehandlung
·
- Art der Bereitstellung der Leistung der
Gesellschafter
·
- Künftige Investitionen.
Die bisherigen und künftig beabsichtigten
Regelungen in Abschnitt D des Partnerschaftsvertrages sind in beiliegender
Synopse ersichtlich (Anlage 1).
1.
Kernstück der Änderungen ist es, eine freie
Vermarktbarkeit des erzeugten Stroms zu ermöglichen (bislang muss die
Vermarktung zwingend über die Stadtwerke Schweinfurt erfolgen). Daneben wird
geregelt, dass dem Müllteil der Strombedarf künftig kostenlos zur Verfügung
gestellt wird. Mit den weiteren Änderungen sollen in den Partnerschaftsvertrag
tatsächliche und praktizierte Gegebenheiten (ohne echte inhaltliche Änderungen)
aufgenommen werden.
Die Industriegesellschafter werden durch
diese Änderung so gestellt, wie vor der Errichtung des GKS, als die Industrie
noch über eigene Energieerzeugungsanlagen verfügte. Für die Müllgesellschafter
erfolgt durch die beabsichtigte Änderung eine Verbesserung, die sich
vorteilhaft auf die Preise für die Abfallbehandlung auswirken dürfte
(kostenlose Stromversorgung des Müllteils). Negative Auswirkungen durch die
Vertragsänderung auf die kommunalen Gesellschafter sind nicht zu erkennen.
Diese Einschätzung vertritt auch der bayerische kommunale Prüfungsverband in
seiner Stellungnahme vom 19.12.2013.
Zusätzlich enthält der Änderungsvertrag eine
Regelung, wonach dieser Nachtrag wieder aufgehoben werden kann (auf Verlangen
von mindestens 3 Gesellschaftern). Darüber hinaus ist im Protokoll der letzten
Gesellschafterversammlung, das von allen Gesellschaftern – insbesondere den
Industriegesellschaftern - bestätigt wurde, festgehalten, dass den
Müllgesellschaftern hinsichtlich jedweder möglichen Rückforderung (z.B. durch
den vorgelagerten Netzbetreiber) keine Nachteile entstehen.
Zu diesem Projekt wurde eine Stellungnahme
des Bayerischen Kommunalen Prüfungsverbandes eingeholt, dies insbesondere die
Prüfung hinsichtlich möglicher Nachteile für die kommunale Seite umfasste.
Daraus ergibt sich, dass Nachteile für die kommunalen Partner nicht zu erwarten
sind.
Dagegen ergaben sich kleine finanzielle
Vorteile für den Müllverbrennungsteil. Bisher musste der Strombezug gegenüber
dem Kohleteil verrechnet werden. In Zukunft erhalten wir den Strom für den
Müllteil als Ausgleich umsonst. Die Höhe dieser entfallenden Verrechnung
schwankt allerdings entsprechend dem jeweiligen Strompreis.
Die Änderungen des Partnerschaftsvertrages
enthalten auch eine Rückabwicklungsklausel für den Fall der Fälle. Und eine
Kündigungsmöglichkeit für diese Eigenstromregelung die von drei Gesellschaftern
mit einer Frist von sechs Monaten zum Jahresende ausgesprochen werden kann.
In den letzten Tagen hat sich die
Angelegenheit ein wenig verändert. Jetzt will nur noch einer der drei
Industriegesellschafter, die Fa. ZF, 75 % des Kohleteils pachten. Für die
restlichen 25 % bleibt es bei der bisherigen Regelung, d.h. dafür sind die drei
Industriegesellschafter wie bisher verantwortlich. Die beiden weiteren
Industriegesellschafter halten sich jedoch die Option zum Einstieg offen.
Dazu haben die Industriegesellschafter in
der Beiratssitzung vom 13.03.2014 ausdrücklich versichert, dass sich dadurch
für die kommunalen Gesellschafter nichts ändern wird. Sie sichern weiter die
kostenlose Bereitstellung des Betriebsstrom des Müllteils in vollem Umfang zu
und sichern auch dazu bei einer eventuell erforderlichen Rückabwicklung alle
entstehenden Kosten, einschließlich öffentlicher Abgaben, zu übernehmen.
Diese Zusage wird im Protokoll der Sitzung
vom 13.03.2014 erscheinen.
Auf dieser Grundlage haben wir gegen die
Abweichung zur ursprünglichen Planung keine Bedenken und halten diese
Abweichung auch die Beschlüsse und Vertragsvorlagen für gedeckt.
Alle anderen kommunalen Partner haben
bereits entsprechende Beschlüsse gefasst und dieses Projekt soll und darf an
Miltenberg nicht scheitern.
Aufgrund der Entwicklung in Berlin müssen
wir Sie heute bitten einen Empfehlungsbeschluss hierüber zu fassen. Auf der
Grundlage Ihrer Empfehlung werde ich dann eine Eilentscheidung treffen.
Alle Verträge müssen unter Dach und Fach
sein bevor der Gesetzentwurf zur Änderung des Erneuerbaren Energien Gesetzes in
das parlamentarische Verfahren eingebracht wird und damit der Vertrauensschutz
entfällt. Dies soll nach unserem Kenntnisstand auf jeden Fall vor unserer Kreistagssitzung
am 10. April sein.
Wir bitten Sie Ihre Fraktionskollegen zu
informieren und werden auch selbst in der Kreistagssitzung am 10. April einen Bericht
abgeben.
Kreisrätin Münzel erklärt, man favorisiere damit den Kohleanteil und damit habe sie ihre Probleme. Schließlich wolle man weg von Kohle, hin zu Erneuerbarer Energie. Mit diesem Schritt sehe sie eine Stärkung des Kohleanteils.
Herr Walter erklärt, der Kohleteil werde dadurch sicherlich nicht gestärkt. Das EEG-Gesetz befasse sich mit Erneuerbarer Energie und da spiele die Umlage die große Rolle. Der Strombezug, der bei der Industrie erfolgen muss, müsse vor dem Stichtag erfolgen, denn die große Entscheidung sei, ob es eine Neuanlage oder eine Bestandsanlage sei. Daher sei der Zeitpunkt wichtig. Davon hängen die Geldmittel ab. Bei einer Neuanlage sehe EEG eine schlechtere Umlage vor.
Kreisrat Dr. Fahn erklärt, es habe ihn nicht ganz überzeugt. Er habe genau dasselbe Problem. Grundsätzlich sei es gut, dass man Einnahmen bekomme. Aber durch einen Finanztrick werden keine Erneuerbare Energien gefördert. Er halte dies für moralisch bedenklich und wenn man die Energiewende wirklich wolle, müsse man sich von Kohle langfristig trennen.
Landrat Schwing erklärt, wenn man am Zeitplan festhalten wolle (und er gehe davon aus, dass dies alle Anwesenden wollen) die Atommeiler abzuschalten, dann brauche man in der Übergangsphase ganz einfach auch noch die konventionellen Kraftwerke. Wenn man die auch noch abschalte, breche alles zusammen. Denn noch seien die damit gesicherten Arbeitsplätze wichtig. Und wenn man nun dem GKS helfen könne, warum denn nicht, denn man habe keinen Nachteil dadurch. Die Anlage sei sowieso da und sei auf dem neusten Stand. Man müsse hier keine Bedenken haben und könne guten Gewissens zustimmen. Alle anderen Gesellschaften hätten dies bereits getan.
Kreisrat Kern bemerkt, mit diesem Thema habe man sich bereits im Januar beschäftigt. Er selbst sei in Schweinfurt gewesen und das Thema intensiv diskutiert. Es bestehe eine klare Trennung von Kohle- und Müllteil, es werde immer separat abgerechnet. Der Unterschied sei nur, dass man in Zukunft Importkohle brauche. Natürlich hoffe auch er, dass es langfristig irgendwann einmal geändert werde, aber momentan sei es so und notwendig und gut. Seine Fraktion stimme zu und er gehe davon aus, dass im Laufe der Jahre auch die Müllgebühren dadurch sinken werden.
Kreisrat Dr. Steidl meint, es gehe hier gar nicht um die Frage der Förderung oder Nichtförderung von Erneuerbarer Energie, sondern darum, ob eine bestehende Anlage entweder unter der Trägerschaft der Kommunen oder unter der Trägerschaft der Industrie laufe. Dies sei eben aufgrund der gesetzlichen Regelungen sinnvoller in Trägerschaft der Industrie unter Eigenstromerzeugung. Von diesem Vorteil werde sozusagen ein Stückchen abgegeben. Daher sei es eine Win-Win-Situation und im Interesse der Gebührenzahler sollte man hier zustimmen. Welche Maßnahme man zur Förderung Erneuerbarer Energien noch zusätzlich treffe, werde man sicherlich in den nächsten sechs Jahren intensiv in diesem Gremium behandeln.
Kreisrätin Münzel weist darauf hin, es gehe darum, dass man eine bestehende Anlage attraktiver mache oder nicht. Durch diese Maßnahme mache man den Kohleanteil attraktiv. Natürlich sei das erste Ziel: Ausstieg aus der Atomkraft. Aber man müsse auch den CO²-Anteil und die Emissionen im Blick haben, und dann müsse man auch weg von der Kohle. In dieser Übergangszeit müsse man somit zu modernen Gaskraftwerken. Man habe erst im großen Maße die Müllgebühren gesenkt, und sie sage ehrlich, ihr erstes Ziel sei nie gewesen, die Müllgebühren beliebig niedrig zu machen. Müll müsse auch etwas kosten. Sie sei in den ganzen Jahren nie dagegen gewesen, habe es aber auch nie gefordert. Unsere Müllgebühren seien vernünftige Gebühren.
Landrat Schwing antwortet, sie habe ja recht, wenn die Anlage abgeschaltet werden würde. Die Anlage laufe aber die ganze Zeit und laufe auch weiter. Es gehe nämlich darum, das Gesetz als Betreiber so zu nutzen, um die kommunale Seite und damit die Gebührenzahler um 800.000 Euro pro Jahr zu entlasten. Es gehe nicht darum, eine Anlage abzuschalten, denn man brauche sie auch für die Nahwärmeversorgung.
In Vorbereitung auf die heutige Sitzung habe er die damalige Diskussion rekapituliert, als man überraschenderweise in Schweinfurt eingetreten sei. Damals habe man eine riesige Diskussion geführt und eine Menge sei damals dagegen gewesen. Es sei aber bereits damals ein riesiger Fortschritt für die Luftsituation gewesen. Denselben Fehler dürfe man bitte nicht wieder machen. Man entlaste die Gebührenzahler um 800.000 Euro und an der Situation ändere sich erst einmal gar nichts.
Kreisrat Dr. Fahn bemerkt, er lasse sich mit den Gebühren nicht aufs Glatteis führen. Im nächsten Kreistag werde man in Sachen Benchmarking noch einmal darauf zurückkommen. Grundsätzlich sei dies nicht der richtige Weg, auch wenn das GKS positiv sei. Man müsse ein Zeichen gegen Kohle setzen. Er werde nicht zustimmen und gebe Frau Münzel Recht.
Kreisrat Reinhard bemerkt, wenn Frau Münzel die ganzen Jahre nie für Gebührensenkung gewesen sei und es nie jemand gemerkt habe, bitte er dies nun im Protokoll festzuhalten. Dies sei hier eine ideologische Diskussion, wenn dies so laufe, bekomme man nie eine Energiewende hin. Wenn man nun 800.000 Euro sparen könne, die unseren Gebührenzahlern helfen, und eine solche Diskussion führe, verstehe er dies nicht, so komme man nicht weiter.
Kreisrat Kern merkt an, der Kohleteil sei immer verpachtet gewesen und sei immer separat berechnet worden, die drei Industrieunternehmen seien faktisch immer Eigentümer. Daher sehe er keinen Grund, dagegen zu stimmen.
Der Ausschuss für Natur- und Umweltschutz fasst mehrheitlich bei zwei Gegenstimmen den
Beschluss:
Der Landkreis Miltenberg stimmt
der Änderung des Partnerschaftsvertrages der Gemeinschaftskraftwerk Schweinfurt
GmbH, wie vorgelegt, zu.
Die Vertragsänderung ermöglicht
die Verpachtung des Kohleteils an einen oder bis zu drei
Industriegesellschafter des Gemeinschaftskraftwerkes und eröffnet die
Möglichkeit zur Nutzung des Kohleteils zur Eigenstromerzeugung nach den
Maßgaben des derzeit gültigen Gesetzes über Erneuerbare Energien.
Landrat Schwing unterzeichnet sodann sofort die Änderung des Partnerschaftsvertrages.
Herr Walter erläutert im Anschluss daran den Umweltbericht des GKS anhand beiliegender Präsentation.
Der Ausschuss für Natur- und Umweltschutz nimmt seine Ausführungen zur Kenntnis.
Landrat Schwing verabschiedete Herrn Walter und übergab ein kleines Präsent.