Tagesordnungspunkt
TOP Ö 2: Pilotprojekt Entrümpelung:
Diskussion und Beschluss
Bezeichnung | Inhalt |
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Sitzung: | 27.03.2014 NU/001/2014 |
Beschluss: | einstimmig beschlossen |
Dokumenttyp | Bezeichnung | Aktionen |
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Frau Heim erläutert den Sachverhalt:
Europäische Abfallrahmenrichtlinie und
Kreislaufwirtschaftsgesetz fordern Vorbereitung zur Wiederverwendung von
Abfällen
Neue Anforderungen an öffentlich-rechtliche
Entsorgungsträger
Projekt: Haus- und Wohnungsauflösungen
Das am 1.
Juni 2012 in Kraft getretene deutsche Kreislaufwirtschaftsgesetz hat
entsprechend den Vorgaben der Europäischen Abfallrahmenrichtlinie die
bestehende Abfallhierarchie um den Punkt „Vorbereitung zur Wiederverwendung“
erweitert.
Dies ist
also seit 1. Juni 2012 eine gesetzliche Verpflichtung die insbesondere die
öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger und damit auch den Landkreis
Miltenberg trifft.
Parallel
haben uns steigende Nachfragen nach Dienstleistungen zur Haus- und
Wohnungsauflösung bewogen über entsprechende Lösungen und Konzepte nachzudenken
und diese mit den neuen gesetzlichen Pflichten zu verbinden.
Der
demografische Wandel und die Lösung der Familienbanden, aber auch unsere schnelllebige
Zeit führen dazu, dass der Bedarf an derartigen Dienstleistungen wächst und in den
nächsten Jahren noch weiter anwachsen wird.
Beispiele:
Die Eltern ziehen ins Altersheim, Verwandte sind in der näheren Umgebung nicht vorhanden;
Todesfälle alleinstehender Personen; Zeitmangel bei Wegzug.
Dabei steht
bei unseren Überlegungen nicht die Gewinnerzielungsabsicht im Vordergrund. Vielmehr
suchen wir nach Möglichkeiten brauchbare Gegenstände aus derartigen Maßnahmen
einer Wiederverwendung zuzuführen und nur nicht mehr brauchbare Teile zu verwerten
oder zu beseitigen.
Diese
Überlegungen entsprechen den Vorgaben des Kreislaufwirtschaftsgesetzes und der
dort festgeschriebenen Abfallhierarchie.
In einem
ersten Schritt haben wir uns im Internet und bei bekannten ÖRE Informationen eingeholt.
Ein Besuch zu diesem Thema erfolgte beim Landkreis Rhön-Grabfeld, der bereits aufgrund
steigender Nachfrage ein zweites Team für derartige Aufgaben einsetzt.
Wir haben
im Juli 2013 Kontakt mit den Herren Grauschopf und Löschinger von der
Gesellschaft zur beruflichen Förderung Aschaffenbug mbH – GbF - aufgenommen.
Diese gemeinnützige Gesellschaft, deren Träger die Handwerkskammer Unterfranken
ist, beschäftigt Menschen die nur schwer in den Arbeitsmarkt zu integrieren
sind und betreibt in Obernburg, Johannes-Obernburger-Straße 13 das Sozialkaufhaus
„Main Second". Dies ist ein echtes Kaufhaus das Möbel,
Gebrauchsgegenstände, Kleider, Spielwaren usw. also ein umfassendes Sortiment,
anbietet.
Damit
verspricht dieses Kaufhaus eine möglichst weitgehende Wiederverwendung der bei
Haushalts- und Wohnungsauflösungen anfallenden brauchbaren Gegenstände.
Wir haben
uns kundig gemacht, was andere öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger in
diesem Bereich anbieten.
Unsere
Nachbarlandkreise Neckar-Odenwaldkreis und Odenwaldkreis bieten ähnliche
Leistungen über landkreiseigene Beschäftigungsgesellschaften an.
Die Stadt
Aschaffenburg, wie auch die Stadt Schweinfurt und die Stadt Würzburg bieten Haushaltsauflösungen
und gebrauchte Gegenstände über soziale Vereine an. In den unterfränkischen Landkreisen
gibt es eigene Angebote in Rhön-Grabfeld (bereits erwähnt) und Hassberge. Die
Landkreise Main-Spessart, Schweinfurt und Würzburg bieten diese Leistungen über
gemeinnützige Organisationen an. Diese Aufzählung ist nicht vollständig. Einen
Überblick bietet das Bayerische Landesamt für Umwelt im Internet unter http://www.lfu.bayern.de/abfall/abfallvermeidung/gebrauchtwaren/moebel/doc/kgo_lkr.pdf an. Allerdings ist dort für unseren
Landkreis immer noch der nicht mehr existente DAKAUF aufgeführt.
Inwieweit
soziale und gemeinnützige Einrichtungen durch die Landkreise finanziell
unterstützt werden, haben wir nicht ermittelt, da dies wahrscheinlich immer
einzelfallabhängig ist und es verschiedene Wege und öffentliche Töpfe zur
Finanzierung gibt.
Auf jeden
Fall ist dies seit 1. Juni 2012 eine neue gesetzliche Aufgabe der kommunalen
Abfallwirtschaft und damit auch über die Abfallgebühren finanzierbar.
All unsere
bisherigen Gespräche haben ergeben, dass eine derartige Maßnahme zumindest
einer Anschubfinanzierung bedarf.
Im
Landkreis Rhön-Grabfeld, doch um einiges kleiner wie Miltenberg, läuft das
Projekt inzwischen so gut, dass dort die Einsetzung eines zweiten Trupps
geprüft wird, da der erste Entrümpelungstrupp den Bedarf nicht mehr decken
kann.
Die
Nachfrage ist im Landkreis Miltenberg gegeben und wird weiter ansteigen. Das
wissen wir aus Nachfragen die bei uns auflaufen und ein Blick auf die erwartete
demografische Entwicklung bestätigt dies.
Es haben
auch bereits Gespräche mit der ARGE bezüglich der Unterstützung dieses
Projektes stattgefunden. Derzeit unterstützt nach unserem Kenntnisstand die
ARGE das Projekt.
Wir
erwarten neben den direkten Kosten auch indirekte Kosten – Gebührenausfälle.
Bei Wohnungs- und Haushaltsauflösungen fallen auch größere Mengen an Abfällen,
z.B. Sperrmüll an, die die festgelegten haushaltsüblichen Mengen übersteigen.
Auch fallen Abfälle an, die nach unserem Abfallwirtschaftssystem, zum Beispiel
als Restmüll, gebührenpflichtig wären. In der Einführungsphase wollen wir
Erfahrungen sammeln um das System dann optimal gestalten zu können. Wir
schlagen daher vor auch für das erste Jahr auf die Gebührenerhebung für
Mehrmengen und gebührenpflichtige Abfallanteile zu verzichten.
Allerdings gilt
das System selbstverständlich nur für Privathaushalte.
Die Kosten
für diese Maßnahme veranschlagen wir auf 15.708,00 € Fahrzeugkosten im Jahr.
Hinzu
kommen im ersten Jahr Gebührenausfälle die schwer zu schätzen sind aber von uns
mit pauschal 5.000 € veranschlagt werden.
Damit
erwarten wir Gesamtprojekt Kosten von 36.416,00 €.
Vor Ablauf
des zweiten Jahres werden wir dann darüber entscheiden, wie es weitergeht.
Dabei
erwarten wir heute, dass nach der Einführungsphase die Fahrzeugkosten wegfallen
und sich das Projekt, natürlich mit Unterstützung weiterer öffentlicher
Stellen, der Kostenerhebung der GbF beim Besteller und dem Weiterverkauf
brauchbarer Gegenstände weitgehend selbst trägt.
Man schlage den Start von Wohnungsauflösungen und
Haushaltsentrümpelungen im Landkreis Miltenberg mit folgenden Randbedingungen
vor und bitte um Beschluss.
Landrat Schwing fügt hinzu, er halte es für eine gute
Sache, die auch in die Zeit passe. Es gebe auch genug Landkreise, die das
bereits so machen. Man sollte es behutsam beginnen und beobachten und dann
rechtzeitig, bevor die zwei Jahre herum sind, sich entscheiden, ob es in
unserem Sinne sei.
Kreisrat Dr. Fahn erklärt, grundsätzlich begrüße man dies, er weise aber auch darauf hin, dass seine Fraktion vor nicht allzu langer Zeit neun Anträge gestellt habe, die alle abgewiesen worden seien. Da sei es teilweise um ähnliche Dinge gegangen.
Er bittet um konkretere Angaben zu Nr. 8, erwarte eine Überprüfung vor Ablauf der zwei Jahre und fragt weiterhin er nach den Erfahrungswerten mit den sozialen Vereinen. Er fragt auch nach der genauen Nachfrage im Landkreis Miltenberg.
Landrat Schwing antwortet, es stehe ausdrücklich darin, dass man vor Ablauf der zwei Jahre prüfe und dann entscheide. Die GbF sei ein gemeinnütziger Verein des Handwerks in Unterfranken. Auch ein sozialer Aspekt sei also dabei. Es könne eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten sein. Man stelle sich schon vor, dass sich das Projekt nach zwei Jahren alleine trägt. Natürlich müsse man für zusätzliche Leistungen zahlen. Die Erfahrungen in anderen Landkreisen zeigen, dass die Leute froh seinen darüber.
Frau Heim fügt hinzu, die Kosten kalkuliere die GbF selbst. Wenn die GbF zu teuer wäre, würde sie nicht angefordert werden. Die Nachfrage sei jahreszeitbedingt, man führe keine Liste, im Frühjahr und Herbst rufen erfahrungsgemäß mehr Menschen an. Aber es seien durchaus 5-7 Anfragen pro Woche, was sich summiere. Es sei schön, wenn man dann ein Angebot machen könne. Natürlich wolle man vor dem Ablauf der zwei Jahren schauen, wie es funktioniert habe und ob man etwas ändern müsse. Bis dahin sammelt man Erfahrungen.
Kreisrat Kern bemerkt, die Vorlage sei sehr umfassend und informativ. Auch im Internet finde man eine Vielfalt an Informationen. Er halte es für sehr positiv und die GbF sei auch sehr aktiv (er verweise auf das Kaufhaus in Obernburg). Er weise auch darauf hin, dass dadurch weitere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt werden können. Es passe gut zum Motto der GbF, die Menschen in den Arbeitsmarkt integrieren wolle. Dies sei Sinn und Zweck der ganzen Maßnahme und darauf sollte man hinarbeiten.
Der Ausschuss für Natur- und Umweltschutz fasst einstimmig den
Beschluss:
1.
Die Maßnahme wird für zwei Jahre mit der GbF vereinbart.
2.
Die Maßnahme gilt nur für Privathaushalte.
3.
Die GbF und deren Mitarbeiter erhalten unterstützende
Beratung durch die Abfallberater des Landkreises.
4.
Die GbF kann alle anfallenden nicht von ihr verwertbaren
Abfälle im Rahmen der bei den Abholungen üblichen Mengen (Sperrmüll und Altholz
je 5 cbm, Altschrott und Elektrogeräte unbegrenzt) gebührenfrei beim Landkreis
anliefern. Dabei muss die GbF die Anlieferungen in Abfälle zur Verwertung und
in Abfälle zur Beseitigung trennen und die Herkunft der Abfälle mittels
Objektnummer nachweisen.
5.
Anlieferungen die über die in Ziffer 4 genannten Mengen
hinausgehen und gebührenpflichtige Abfälle werden im ersten Jahr vom Landkreis
gebührenfrei angenommen, ab dem zweiten Jahr sind sie gebührenpflichtig
entsprechend den satzungsrechtlichen Bestimmungen und den
Wertstoffhofrichtlinien.
6.
Elektrogeräte muss die GbF nicht auf ihre
Wiederverwendungsmöglichkeiten prüfen, sondern kann diese immer bei den
Landkreisanlagen anliefern (Produkthaftung).
7.
Für den Vertragszeitraum von 24 Monaten zahlt der
Landkreis für die Anmietung eines geeigneten Transportfahrzeuges monatlich
1.100 € zzgl. Umsatzsteuer an die GbF. Dieser Betrag entspricht einem Angebot
für einen Mercedes Sprinter mit Hochdach und 6.000 Monatskilometern. Das
Fahrzeug kann auch für andere Zwecke der GbF innerhalb des Landkreises
Miltenberg eingesetzt werden, z.B. Auslieferung von gebrauchten Gegenständen.
8.
Die GbF darf beim Besteller einen aufwands- und
zeitabhängigen Beitrag erheben. Ebenfalls darf sie anfallende Abfallgebühren
des Landkreises in Rechnung stellen.
9.
Die GbF erhält für diese Tätigkeit einen Auftrag des
Landkreises und gilt damit als beauftragter Dritter i.S. § 22 KrwG.
Die GbF räumt dem
Landkreis für diese Tätigkeiten Auskunfts- und Überwachungsrechte ein und wird
einen jährlichen Bericht über ihre Tätigkeit für den Landkreis erstellen.