Tagesordnungspunkt
TOP Ö 2: a) Einstellung der Investitionskostenförderung für ambulante Dienste im Landkreis Miltenberg b) Förderung der "Beratungsstelle für Senioren und pflegende Angehörige"
Bezeichnung | Inhalt |
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Sitzung: | 29.11.2012 BKS/002/2012 |
Beschluss: | einstimmig beschlossen |
Dokumenttyp | Bezeichnung | Aktionen |
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Herr Vill erläuterte die Beschlussvorlage anhand der anliegenden Präsentation
und weiteren Anlagen.
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„Beratungsstelle für Senioren und pflegende
Angehörige“ - bis 31.12.2012 von der Stiftung Altenhilfe gefördert - keine weitere
Förderung durch die Stiftung mehr finanzierbar
Die „Beratungsstelle für Senioren und pflegende
Angehörige“ (BSPA) besteht seit 2008. Trägerin ist eine Arbeitsgemeinschaft
aus allen großen Wohlfahrtsverbänden im Landkreis sowie zahlreicher stationärer
und ambulanter Pflegeeinrichtungen. Durch dieses einzigartige Konstrukt gewährleistet
die Beratungsstelle eine trägerunabhängige und neutrale Beratung von
Senioren, Pflegebedürftigen und deren Angehörigen.
Sie beschäftigt heute in ihrer Hauptstelle in
Miltenberg, Brückenstr. 19, und ihrer Zweigstelle in Erlenbach, Bahnstr. 22, sowie
in Räumlichkeiten der Kliniken Miltenberg-Erlenbach insgesamt fünf Mitarbeiter
(„Köpfe“ = 2,74 rechnerische VZK) und setzt sich heute zusammen aus
- der
Beratungsstelle Demenz Untermain
- der Fachstelle für pflegende Angehörige
- dem Seniorenbüro Horizont
- einem Freiwilligenzentrum
- der Pflegeüberleitung der Kliniken Miltenberg-Erlenbach
Neben der
fachkompetenten Beratungstätigkeit (Jan. bis Okt. 2012: 443 Einzelberatungen +
910 Pflegeüberleitungen) organisiert die BSPA Vorträge für pflegende Angehörige,
Schulungen für Alltagsbegleiter für Demenzkranke (bislang 120 TN),
Lesepatenprojekte (bislang 35 TN), öffentliche Veranstaltungen (2012 z.B. „JA
zum Alter“ mit Henning Scherf), Demenz-Gottesdienste (bislang 13), die
Seniorenzeitung „Mitten im Leben“ (MiL)
und vieles mehr.
Die Stelle wird
gefördert vom Bezirk
Unterfranken und dem Freistaat
Bayern, das Freiwilligenzentrum über drei Jahre daneben auch vom Bundesfamilienministerium. Die Stiftung Altenhilfe gab Förderzusagen
von jährlich bis zu insgesamt 40.000 € zunächst für die Jahre 2008 bis 2010
sowie zuletzt noch einmal befristet für die Jahre 2011 bis 2012.
Die beteiligten
Trägerverbände erbringen darüber hinaus eine hohe finanzielle Eigenleistung (2012 ca. 96.000 €).
Die Erhaltung der Beratungsstelle ist als Handlungsempfehlung
in unserem vom Kreistag beschlossenen „Seniorenpolitischen Gesamtkonzept“
festgelegt.
Weitere
Informationen über die Beratungsstelle sind der Präsentation sowie der
Internetseite der Beratungsstelle: www.seniorenberatung-mil.de
zu entnehmen.
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Einstellung
der Investitionskostenförderung für ambulante Dienste
Investitionskosten von Pflegeeinrichtungen, also auch der
ambulanten Pflegedienste, werden von der Pflegekasse nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) XI nicht bezahlt.
Seit 1996 bis
zuletzt erbringt der Landkreis Miltenberg deshalb jährlich Leistungen der Investitionskostenförderung für bei uns
tätige ambulante Pflegedienste.
Die Förderrichtlinien wurden erst im letzten Jahr noch einmal angepasst. Der
jährliche Haushaltsansatz hängt von der Höhe der im „Seniorenpolitischen
Gesamtkonzept“ prognostizierten Zahl der Pflegebedürftigen ab und betrug
zuletzt für 2011 (Auszahlung
in 2012) 96.600 €. Er deckt jedoch je nach Höhe der Investitionskosten beim einzelnen
Pflegedienst nur etwa ein
Drittel bis maximal die Hälfte der Kosten der Dienste ab, die insoweit seit Jahren mehr
oder weniger defizitär arbeiten. Seit 2007 ist in Bayern die Förderung von
Investitionskosten für ambulante Pflegeeinrichtungen in das Ermessen der Landkreise und kreisfreien
Städte nach Maßgabe bereiter
Finanzmittel gestellt. Viele Kommunen
erwägen daher eine Einstellung oder Reduzierung der ambulanten
Investitionskostenförderung.
Deshalb hat die
Landesarbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtspflege mit dem Bayerischen Städtetag
und dem Bayerischen Landkreistag in diesem Jahr einen bayernweit gültigen Berechnungsmodus
ausgehandelt, nach dem die ambulante Dienste ihre von der kommunalen Förderung nicht
gedeckten Investitionskosten
auf die Patienten umlegen können. Eine solche Vorgehensweise ist bei den stationären
Pflegeeinrichtungen schon lange gängige Praxis und ist nach dem SGB XI auch
möglich und zulässig (§ 82 Abs. 3 SGB XI).
Dadurch kämen – je nach Höhe der Investitionskosten
beim einzelnen Pflegedienst – Zuschläge
auf die Patienten in Höhe um 4 - 5 % der Pflegedienstrechnung zu, die von der
Pflegekasse nicht ersetzt werden. Nur noch für sozialhilfebedürftige Menschen würden diese
Kosten im Rahmen der „ambulanten
Hilfe zur Pflege“ vom Sozialamt übernommen.
In zwei Besprechungen
des Arbeitskreises Pflege im März und Juli wurde die Thematik mit den
ambulanten Diensten besprochen. Schon früh kristallisierte sich seitens der
Dienste der Tenor heraus, dass die Umlage der ungedeckten Investitionskosten ab
2013 in jedem Fall erfolgen
solle, unabhängig davon, ob der Landkreis die Investitionskostenförderung
fortsetzt oder nicht. Dies sei nach Ansicht der Dienste auf Dauer schon
deshalb unvermeidlich, weil die Pflegekasse bei künftigen
Pflegesatzverhandlungen eine solche Inanspruchnahme vorrangiger
Finanzierungsmöglichkeiten einfordern würden.
Schließlich
unterbreiteten die Dienste selbst im Juli den Vorschlag, die ohnehin nicht kostendeckende Investitionskostenförderung einzustellen und die dadurch frei werdenden Finanzmittel in die weitere
Förderung der Beratungsstelle zu investieren.
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Förderung der Beratungsstelle ab 01.01.2013 durch
den Landkreis
Bei diesem
Vorschlag ist zu beachten, dass die Einsparung des Landkreises bei der
Investitionskostenförderung sich um die Kosten der dann zu zahlenden
Sozialhilfeleistungen für bedürftige Patienten reduziert.
Auch bei
Bewilligung der vorgeschlagenen bis zu 50.000 € für zunächst zwei Jahre werden
die Trägerverbände im Jahr
2013 immer noch einen Eigenanteil von über 60.000 € aufzubringen haben.
Die Reduzierung
des Eigenanteils um ca. 30.000 € ist
auch darauf zurückzuführen, dass die bisher viermal jährlich erschienene Seniorenzeitung „Mitten im Leben“ (= MiL) in
ihrem Umfang deutlich reduziert werden und in kostengünstigerer Form
erscheinen soll.
Die Formulierung
des Beschlussvorschlags entspricht weitgehend der seitherigen
Bewilligungspraxis durch die Stiftung Altenhilfe.
Die Kosten der Pflegeüberleitung werden keinesfalls vom
Landkreis übernommen, weil dies originäre Krankenhausaufgabe ist.
Ein Förderantrag
wurde mit Datum vom 29.10.2012 gestellt (Anlage). Darin wird es zusätzlich als
wünschenswert bezeichnet, den Förderbetrag nach Ablauf von zwei Jahren unter
Umständen auf bis zu 70.000 € aufzustocken. Hierüber solle aber erst entschieden
werden, wenn feststeht, welche Aufwendungen dem Landkreis für die Tragung der
Investitionskostenzuschläge für finanziell bedürftige Menschen im Rahmen der
Sozialhilfe entstehen.
Landrat Schwing fügte hinzu, man müsse trotzdem genau hinschauen, was trotzdem noch auf einen zukomme und man dann eventuell nachjustieren müsse. Der Landkreis habe relativ lange und viel bezahlt und seine Einrichtungen gut unterstützt.
Zur Seniorenzeitung fügte er hinzu, diese sei auch sehr aufwendig und hochwertig gemacht. Solange es finanziert werde, sei dies kein Problem, aber die Verbände selbst diskutieren dies jetzt auch sehr kontrovers. Der Landkreis habe bereits vor Erscheinen dieser Seniorenzeitung das Angebot gemacht und dies auch nun noch einmal wiederholt, dass man bereit sei, in blickpunkt MIL eine Seite kostenlos zur Verfügung zu stellen. Bisher sei dies noch nicht angenommen worden, aber er sei gespannt, wie lange man noch bereit sei so viel Geld für eine Zeitung auszugeben.
Insgesamt sagte er, dies sei natürlich ein großes Gebiet, um das man sich von Haus aus seit vielen Jahren intensiv kümmere. Man sei sozusagen „Geburtshelfer“ der einmaligen Konstruktion. Natürlich haben auch die Verbände ein Eigeninteresse daran.
Kreisrätin Weitz danke Herrn Vill für seine schlüssigen und einleuchtenden Ausführungen. Sie sehe keinen Grund hier nicht zuzustimmen, wolle aber darauf hinweisen, dass der Investitionskostenzuschuss als Privatrechnung den zu Pflegenden bzw. den Angehörigen in Rechnung gestellt werde. Die logische Folge sei, dass es die ambulanten Dienste in Folge auch so machen würden. Wenn max. 40 Euro bei Pflegestufe 2 anfallen, seien die Angehörigen sicher bereit dies zu zahlen, sofern das möglich ist.
Die Beratungsstelle sei eine wichtige und sinnvolle Einrichtung. Man lese täglich in der Zeitung, welcher Bedarf auf uns zurollen werde, gerade bei der Zunahme der Demenzerkrankungen. Eine tolle Geschichte sei die Ausbildung der Alltagsbegleiter.
Kreisrätin Fichtl erklärte, es sei auch mit ein Verdienst von Landrat Schwing, dass man die Verbände und beteiligten Gremien unter dem Dach der Beratungsstelle zusammenführen konnte. Dies habe wirklich bayernweit Modellcharakter. Wichtig sei die Zustimmung auch allein aus der Verpflichtung des Seniorenpolitischen Gesamtkonzeptes.
Landrat Schwing antwortete, er gebe den Dank an seine Mitarbeiter weiter, die sich das von Anfang an verdient hätten. Viele Gespräche und Diskussionen seien geführt worden.
Kreisrätin Kreuzer bedankte sich ebenfalls und halte es auch für eine Pflicht hier zuzustimmen. Probleme habe sie lediglich mit den Kosten für die Zeitung. Weiterhin sei die Beratungsstelle gut platziert und eine gute Einrichtung. Sie sei in der Nachbarschaftshilfe Kleinwallstadt tätig und habe schon viele Leute dorthin verwiesen. Man müsse hier weiterhin am Ball bleiben.
Landrat Schwing antwortet in Bezug auf die Zeitung, man fördere diese nicht mehr explizit. Das müsse dort selbst entschieden werden, man rede hier nicht hinein. Aber eine Unterstützung in diesem Umfang sei nicht mehr möglich. Günstiger und effektiver wäre die Verbreitung über die blickpunkt MIL, die in jeden Haushalt gelange.
Kreisrat Dr. Linduschka erklärte, man könne hier fast nur zustimmen, dieses relativ schwierige und komplexe Geflecht sei sehr positiv. In Bezug auf die Kosten Pflegeüberleitung sei es wichtig, Informationen zur Beteiligung des Krankenhauses und die Rechtslage zu bekommen.
Er sei vor wenigen Monaten bei einer Veranstaltung in Erlenbach mit fast allen Trägern und Pflegeverbänden gewesen, dort habe er auch eine Diskussion zum Thema Investitionskostenzuschuss Landkreis gehört. Von Trägern und Verbänden dort kam der Vorschlag, darauf zu verzichten. Es sei zu sehen, dass man keine einschneidenden und grausamen Maßnahmen ausführe.
Es gehe auch um Stellenvergabe. Bezüglich Herrn Schmitt mit der halben, vom Bezirk geförderten Stelle, sei der Landkreis Miltenberg im Vergleich (z. B. mit Aschaffenburg) erfreulich dargestellt.
Landrat Schwing erklärte, die Stelle sei etabliert und werde auch angenommen. Unser Umgang sei zu allen Verbänden, nicht nur in diesem Bereich, besser geworden. Man sei Partner. Alle Dinge, die man beschließe, seien im Vorfeld eng besprochen worden. Hier bestehe ein gutes Einvernehmen. Man müsse natürlich auch wirtschaftliche Aspekte sehen.
Kreisrätin Follner bestätigte ebenfalls, dass die Beratungsstelle wichtig und gut sei. Ihr sei es auch ein Anliegen, dass Landrat Schwing die Angelegenheit mit blickpunkt MIL forciere, da diese in alle Haushalte komme.
Kreisrat Maurer erklärte, ihm sei wichtig, dass in Bezug auf die Zeitung ein Controlling erfolge, kein Loch entstehe und damit es auch übergangslos weitergehe. Vielleicht finde sich für die Finanzierung ja ein freier Träger. Es sei ja ein besonderes Thema und müsste dann in der Landkreiszeitung entsprechend platziert werden.
Landrat Schwing antwortete, es habe schon einmal eine solche Seite in der Landkreiszeitung gegeben, die sei eingestellt worden, weil sie etwas Eigenes machen wollten. Er glaube auch, die großen Verbände schauen nun genauer hin was die Kosten anbelange.
Der Ausschuss für Bildung, Kultur und Soziales fasste einstimmig den
Beschluss:
a)
Dem Kreistag wird empfohlen, zu beschließen:
Die Investitionskostenförderung für ambulante
Dienste wird eingestellt. Die letzte Förderung wird im Haushaltsjahr 2013 für
das Jahr 2012 gewährt.
b)
Vorbehaltlich der Einstellung der
Investitionskostenförderung nach Buchst. a) durch den Kreistag gewährt der
Landkreis Miltenberg eine Förderung für die „Beratungsstelle für Senioren und
pflegende Angehörige“ für die Jahre 2013 und 2014 von jährlich bis zu 50.000,00
€, soweit
-
nach Ausschöpfung von Fördermöglichkeiten durch Dritte und
-
nach Abzug eines Eigenanteils der beteiligten Verbände und Einrichtungen
von 10 % der Gesamtkosten
ein ungedeckter Bedarf in mindestens dieser Höhe
verbleibt.
Die Kosten sowie der Eigenanteil für
Pflegeüberleitung und Krankenhaussozialdienst werden dabei nicht
berücksichtigt.
Die Gewährung erfolgt unter der Voraussetzung, dass
ein Vertreter des Landkreises bei den künftigen Sitzungen des Trägerkuratoriums
beteiligt wird.