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TOP Ö 3: Klage des Kreisrates Thorsten Meyerer gegen die Kreistagswahl 2008: Sachstandsbericht

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Sitzung:08.10.2009   KA/006/2009 
DokumenttypBezeichnungAktionen

 

Verwaltungsdirektor Fieger gab folgenden Sachstandsbericht:

 

In der Verwaltungsstreitsache Kreisrat Thorsten Meyerer gegen den Freistaat Bayern wegen Anfechtung der Kreistagswahl vom 02.03.2008 hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 03.08.2009 den Berufungszulassungsantrag abgelehnt.

 

Der Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs war ein Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 15.10.2008 vorausgegangen. Bereits das Verwaltungsgericht Würzburg als auch die Regierung von Unterfranken hatten die Wahlanfechtung von Kreisrat Meyerer für unbegründet gehalten.

 

Aus der Begründung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs lassen sich folgende Leitsätze entnehmen:

 

  • Die „Neue Mitte“ erfüllt die vom VGH umrissenen Voraussetzungen einer Wählergruppe.

 

  • Ihr Wahlvorschlag durfte nicht daraufhin überprüft werden, ob und wie stark das Programm der „Neuen Mitte“ dem Programm einer Partei oder einer anderen Wählergruppe ähnelt.

 

  • Dass sich im Wahlvorschlag der „Neuen Mitte“ Mitglieder der CSU haben aufstellen lassen, führt nicht zu der Annahme, die „Neue Mitte“ wolle keine eigene politische Verantwortung tragen.

 

  • Das Wahlrecht verbietet es nicht, dass ein Parteimitglied, das auf dem Wahlvorschlag „seiner“ Partei keinen Platz erhält, von einer anderen Partei oder Wählergruppe als Kandidat aufgestellt wird. Dies gilt auch dann, wenn die Person sich in einem anderen Gremium als Parteimitglied zur Wahl gestellt hat.

 

  • Politische Absichten der einzelnen Bewerber haben bei der Entscheidung über die Zulassung von Wahlvorschlägen außen vor zu bleiben. Eine in politische Bereiche eindringende Überprüfung der einzelnen Wahlvorschläge darf nicht vorgenommen werden.

 

  • In Zweifelsfällen muss die Entscheidung im Hinblick auf das Grundrecht der Wahlfreiheit zugunsten der Zulassung eines Wahlvorschlages ausfallen.

 

  • Ein „beherrschendes Betreiben“ im Sinne von Art. 24 Abs. 3 Nr. 4 GLkrWG liegt sowohl nach den vom Bayerischen Verfassungsgerichtshof als auch vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Kriterien nicht vor.

 

Nach diesen Leitsätzen aus dem Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs steht auch fest, dass der Landkreiswahlausschuss bei der Zulassung der Wahlvorschläge rechtmäßig gehandelt hat.

 

Der Beschluss des BayVGH ist nach § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar. Mit ihm wird das Urteil des VG Würzburg rechtskräftig. Damit steht endgültig fest, dass die Kreistagswahl vom 02.03.2008 nicht wiederholt werden braucht.

 

Unter Hinweis auf die Wahlkampfattacken gegen die Neue Mitte erklärte Kreisrat Klimmer, dass Polemik und Aktionismus keinen Gewinn bringen. Er wünsche, dass sich der Kreistag endlich auf seine Aufgaben konzentrieren könne. Alles andere sei Energie- und Zeitvergeudung. Schließlich gebe es in einer Demokratie Spielregeln, an die man sich halten müsse.

 

Kreisrat Meyerer bemerkte zur angesprochenen Polemik, dass das Verwaltungsgerichtshof nur juristisch bewertet habe, dass die Neue Mitte keine unzulässige Zweitliste der CSU gewesen sei. Dies müsse angenommen werden. Das heiße aber auch, dass die Neue Mitte eine zulässige Tarnliste der CSU gewesen sei, denn über die Hälfte der Liste sei mit Mandatsträgern der CSU besetzt gewesen. Aufgabe der Kandidaten der Neuen Mitte sei es gewesen, der CSU und dem Landrat die Mehrheit im Kreistag zu sichern.

 

Kreisrat Stolz sagte, ihm falle auf, dass Kreisrat Meyerer das Urteil offenbar nicht verstanden habe. Die Richtlinien, die der Verwaltungsgerichtshof angewandt habe, seien rechtmäßig, zumal die Neue Mitte schon sechs Jahre im Kreistag Miltenberg vertreten gewesen sei. Im Übrigen werde diese Praxis schon seit vielen Jahren von den Freien Wählern betrieben, wonach vor Wahlen in einigen Ortsteilen eigene Kandidatenlisten erstellt werden.

 

Kreisrat Dr. Linduschka sprach sich dafür aus, das Thema, nachdem sich der „Pulverdampf“ des Wahlkampfes verzogen habe und die Gerichte entschieden hätten, zu beenden. Er erinnerte daran, dass bereits anlässlich der vor sechs Jahren durchgeführten Kreistagswahl eine Diskussion über die Zulassung der Neuen Mitte geführt worden sei. Das Urteil des Verwaltungsgerichtshofes sei eindeutig und die rechtliche Situation klar. Trotzdem müsse es genehmigt sein, eine strittige Frage rechtlich klären zu lassen. Die FDP habe diesbezüglich keine Chance gesehen und sich deshalb auch nicht beteiligt.

 

Kreisrat Schötterl teilte mit, dass auch die Freien Wähler keine Chance für eine Klage gesehen hätten. Es sei schade, dass die Angelegenheit immer noch nicht zum Abschluss gekommen sei, denn es gebe genügend andere Probleme, die vom Kreistag angegangen werden müssen.

 

Landrat Schwing bemerkte, dass das Urteil rechtlich und juristisch einwandfrei sei. In Klingenberg a.Main z.B. hätten die Freien Wähler sogar zwei Listen und zwei Bürgermeisterkandidaten aufgestellt.

 

Kreisrat Meyerer wies abschließend darauf hin, dass in einer Demokratie die Entscheidung der Mehrheit akzeptiert werden müsse. Aufgrund des Urteils halte er es für eine Aufgabe einer politischen Partei, Konsequenzen aus dem Urteil zu ziehen.

 

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