Tagesordnungspunkt

TOP Ö 3: Infrastrukturen des Bürgerschaftlichen Engagements - Erfahrungen aus einer Untersuchung des Landkreises München (Vortrag Dr. Thomas Röbke, Geschäftsführer des Landesnetzwerkes Bürgerschaftliches Engagement)

BezeichnungInhalt
Sitzung:27.05.2009   BKS/001/2009 
DokumenttypBezeichnungAktionen

 

Landrat Schwing begrüßte zu diesem Tagesordnungspunkt Herrn Dr. Thomas Röbke und führte folgendes aus:

 

Zunächst möchte ich Sie über den bisherigen Sachstand und die bisherigen Entwicklungen hinsichtlich der geplanten Einrichtung einer hauptamtlichen Fachstelle zur Förderung des bürgerschaftlichen Engagements im Landkreis Miltenberg informieren:

 

Wie Sie alle wissen, hat der Kreisausschuss am 26. Februar 2009 im Rahmen seiner Beratung und Beschlussfassung über den Haushaltsplan 2009 auf einen Antrag der CSU-Kreistagsfraktion hin mit Stimmenmehrheit den Beschluss gefasst, zur Vorbereitung der Einrichtung einer entsprechenden hauptamtlichen Fachstelle im Stellenplan eine Ausweisung vorzunehmen. Die Stelle soll aber nur dann besetzt werden, wenn – wie in der Koalitionsvereinbarung zwischen der CSU und FDP vereinbart und im Doppelhaushalt 2009/2010 des Freistaates Bayern vorgesehen – eine staatliche Förderung/ Anschubfinanzierung erfolgt.

 

Wie Sie weiter alle wissen, hat der Kreistag am 05. März 2009 den Stellenplan für die Verwaltung einstimmig genehmigt.

 

Nach diesem Kreistagsbeschluss hat unser Stimmkreisabgeordneter, Herr Berthold Rüth, am 10. März 2009 im Sozialministerium angefragt, ob die Einrichtung einer solchen Stelle mit staatlichen Mitteln gefördert werden könne.

 

Frau Sozialministerin Haderthauer begrüßte in einem Antwortschreiben vom 31. März 2009 an ihn die Initiative des Landkreises Miltenberg sehr und sah gute Chancen, dass der Landkreis eine Förderung erhalten könne. Derzeit würden in ihrem Hause die Fördergrundsätze erstellt. Für die Finanzierung seien Mittel des Sozialfonds vorgemerkt. Mit den beabsichtigten Maßnahmen und Projekten des Sozialfonds im Bewilligungszeitraum 2009/2010 würden sich noch der Ministerrat und anschließend der Haushaltsausschuss des Landtags befassen. Die Fördergelder würden voraussichtlich Ende des 2. Quartals 2009 zur Bewirtschaftung zur Verfügung stehen. Förderanträge könnten deshalb z.Z noch nicht bearbeitet werden. Auch die Genehmigung eines vorzeitigen Maßnahmebeginns sei aus haushaltsrechtlichen Gründen noch nicht möglich. Der Landkreis Miltenberg werde aber informiert, sobald die Fördergrundsätze feststehen würden.

 

Über diese Anfrage unseres Stimmkreisabgeordneten Berthold Rüth und die Antwort der bayerischen Sozialministerin ist in einer Pressemitteilung vom 14. April 2009 und in der Lokalpresse (Main-Echo und Bote vom Untermain) am 16. April 2009 berichtet worden.

 

Die Einrichtung der geplanten Fachstelle war auch Thema der letzten Sitzung der Arbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtsverbände und anderer Sozialinstitutionen im Landkreis Miltenberg am 10. März 2009, auf der auch die anderen in Planung bzw. im Aufbau sich befindenden Projekte im Landkreis, das „Main-Ehrenamt“, die Freiwilligenagentur des Beratungszentrums für Senioren und pflegende Angehörige, der „Miltenberger Tauschring“ sowie das Projekt „Stunden schenken – Nachbarschaftshilfen“ des Diözesan-Caritasverbandes vorgestellt worden sind.

 

Außerdem wurde seitens der Landkreisverwaltung am 26. März 2009 auch nochmals ein Gespräch mit der Vorstandschaft des Beratungszentrums für Senioren und pflegende Angehörige, Frau Zöller und Herrn Hellmuth, geführt.

 

Sowohl in der ARGE-Wohlfahrt-Sitzung als auch im Gespräch mit der Vorstandschaft des Beratungszentrums wurden keine Überschneidungen/Kollisionen mit bestehenden bzw. in Planung oder im Aufbau befindenden Einrichtungen und Projekten gesehen.

 

Dasselbe gilt auch für die bereits bestehenden segmentbezogenen Netzwerke und Knotenpunkte innerhalb des Landratsamtes u.a. im Bereich des Kulturreferates, des Sportreferates, des Sachgebietes „Kinder, Jugend und Familie“, der Selbsthilfeunterstützungsstelle, des Senioren-Netzwerkes sowie des Palliativ-Hospiz-Arbeitskreises usw..

 

Heute nun freue ich mich, in unserem Ausschuss den Geschäftsführer des Landesnetzwerkes Bürgerschaftliches Engagement, Herrn Dr. Thomas Röbke, Nürnberg, begrüßen zu dürfen. Das Landesnetzwerk ist eine landesweite Servicestelle für Fragen rund um das Thema Ehrenamt. Die Geschäftsstelle engagiert sich für eine allgemeine weitere Verbreitung des Bürgerschaftlichen Engagements in Bayern und für die Entwicklung entsprechender Strukturen. Herr Dr. Röbke wird zu uns über das Thema „Infrastrukturen des Bürgerschaftlichen Engagements – Erfahrungen aus einer Untersuchung des Landkreises München“ sprechen. Außerdem wir er anschließend einige kurze Ausführungen zu bereits bestehenden Fachstellen an Landratsämtern in Bayern (u.a. im Landkreis Cham) und den dortigen praktischen Erfahrungen machen. Ich denke und gehe davon aus, dass wir hierbei einige wichtige und wertvolle Hinweise, Anregungen und Ideen für die weitere Planung der Fachstelle erhalten werden. Von Herrn Dr. Röbke ist in der Dezember-Ausgabe 2008 der Zeitschrift „Der Landkreis“ ein Artikel über die Untersuchung im Landkreis München veröffentlicht worden. Diesen Artikel haben wir für Sie kopiert und an Ihren Plätzen zum Mitnehmen und Nachlesen ausgelegt.

 

Herr Dr. Röbke informierte den Ausschuss sodann anhand eines Beamer-Vortrages über Infrastrukturen des Bürgerschaftlichen Engagements.

 

Landrat Schwing dankte Herrn Dr. Röbke für seine Ausführungen und sagte zu, dass dieser Vortrag im Kreistagsinformationssystem eingestellt wird.

 

Landrat Schwing bemerkte weiter, dass der Landkreis Miltenberg eine zentrale Stelle, nicht religiös oder an einen sonstigen Bereich gebunden, anstrebe. Diese Stelle soll absolut keine Konkurrenz, sondern eine Kopfstelle sein, die ein Netzwerk aufbaue, welches die bestehenden Strukturen einbinde. Herr Dr. Röbke habe bereits zwei Beratungstermine angeboten, die der Landkreis Miltenberg gern annehmen werde, sobald die Stelle besetzt sei. Der Zeitpunkt für die Schaffung dieser Stelle sei ein Gebot der Stunde, dass ehrenamtliches Engagement für alle Bereiche ausgeschöpft werde.

 

Kreisrat Schötterl dankte Landrat Schwing für seine Aussage, dass bestehendes Engagement nicht ausgeschlossen werden soll. Dass eine Stelle, wie von Landrat Schwing vorgeschlagen, eingereichtet werden soll, sei ehrenwert. Ein Problem sei leider, dass man immer weniger an die Jugend herankomme. Um Jugendliche für ehrenamtliche Tätigkeiten begeistern zu können, sei daher die Schnittstelle Schule wichtig. Dies bestätigen die Erfolge am Hermann Staudinger-Gymnasium Erlenbach a. Main. Sinnvoll wäre es auch, wenn die bestehenden Vereinsringe künftig besser zusammenarbeiten würden. Außerdem brauche jeder Verein einen Visionär, der die Richtung vorgebe.

 

Zum Vorschlag von Kreisrat Schötterl „Schnittstelle Schule“ bemerkte Landrat Schwing, dass man diesbezüglich optimistisch sein könne. Es gebe einen Arbeitskreis Schule und Handwerk, der sich kürzlich mit ca. 30 Jugendlichen an einer großen Veranstaltung im Landratsamt ehrenamtlich beteiligt habe. Diese Veranstaltung sei toll gelaufen. Es werde gehofft, das dieses Engagement auf weitere Schulen ausgeweitet werden könne. Leider gebe es auch Veränderungen im ehrenamtlichen Engagement. Während sich früher viele Menschen viele Jahre in einem Verein ehrenamtlich engagiert hätten, übernehmen heute viele Menschen nur noch kurzzeitig ehrenamtliche Aufgaben.

 

Kreisrätin Follner bezeichnete eine Vernetzung und die Einbindung der Jugend als sinnvoll. An der Schule, an der sie unterrichte, erhalten Schülerinnen und Schüler mit dem Zeugnis eine Bestätigung über wahrgenommene ehrenamtliche Tätigkeiten, welche ihnen bei späteren Bewerbungen oftmals sehr hilfreich sei. Außerdem gebe es für dieses Engagement der Schüler Ehrungen.

 

Kreisrätin Follner bat sodann um nähere Erläuterungen des Vorschlages Schule und Ehrenamt.

 

Herrn Dr. Röbke lobte diesbezüglich das ehrenamtliche Engagement am Erlenbacher Gymnasium, das schon viele Jahre bestehe und in Bayern bekannt sei. Er berichtete, dass es an der Lehrerakademie in Dillingen gemeinsam mit Vertretern des Kultusministeriums im letzten Jahr ein größere Diskussion über ehrenamtliches Engagement in Schulen gegeben habe. Viele Lehrer haben dabei geäußert, sie würden gern etwas tun, seien aber in vielen Bereichen überlastet. Jetzt komme vom Kultusministerium das Thema Projektklasse und die Lehrer fragen, wo können sich die Schüler ehrenamtlich engagieren. Dafür gebe es bereits die Zusammenarbeit einiger Schulen mit Agenturen, z.B. Bamberg und Bad Neustadt/Aisch. Diese Agenturen vermitteln Tätigkeiten in sozialen Einrichtungen oder im Tierschutz. Es sei schon heute erkennbar, wie dieses Engagement in die Höhe springe. In Bamberg z.B. hätten innerhalb von drei Jahren ca. 500 Schülerinnen und Schüler ehrenamtliche Aufgaben übernommen. Der Vorschlag Schnittstelle Schule sei auch deswegen wichtig, weil der Trend zur Ganztagsschule gehe. D.h. es müssen Brücken zwischen Vereinsleben und Schulen errichtet und Bürgerschaftliches Engagement in die Schulen geholt werden. Damit stehe man aber erst am Anfang.

 

Kreisrat Fischer schlug ebenfalls vor, zu versuchen, die Jugend für ehrenamtliches Engagement zu begeistern, was allerdings nicht einfach sein dürfte.

 

Kreisrätin Weitz sprach sich dafür aus, nicht nur auf Vernetzung zu setzen, sondern insbesondere auch um Hilfestellung seitens der Kommunen zu bitten. Darin sehe sie den Schwerpunkt der Initiative, denn es gebe ein großes Potenzial an Menschen, die sich engagieren, aber nicht an Vereinsstrukturen binden wollen. Sie wollen sich vielmehr einer bestimmten Gruppe anschließen, ohne in einem festen Korsett eingemeißelt zu werden. Dieses Potenzial gelte es auszuschöpfen und zunächst einen Anreiz zu schaffen. Es werde eine große Aufgabe der Politik sein, den Leistungsbegriff neu zu definieren. Leistung sei nicht nur, im Beruf erfolgreich zu sein und Geld zu verdienen, sondern auch anderen Menschen zu helfen und ihnen eine Freude zu bereiten. Im Hinblick auf die immer knapper werdenden Finanzmittel werden die anstehenden sozialen Aufgaben sonst künftig nicht mehr zu bewältigen sein.

 

Herr Dr. Röbke bestätigte, dass ein großes Potenzial an Menschen gebe, die sich gern ehrenamtlich engagieren würden, aber bisher nicht die Gelegenheit dazu gehabt hätten. Gerade für diese Menschen seien in den letzten Jahren mehrere Projekte entwickelt worden, wie z.B. die Hospizbewegung, wo sich zwischenzeitlich mehrere Tausende ehrenamtlich betätigen. Es müsse daher immer wieder auf neue Entwicklungen in der Gesellschaft reagiert werden. Außerdem müsse auf den hauptamtlichen Bereich Rücksicht genommen werden. Dieser Bereich dürfe nicht mit zu viel ehrenamtlichem Engagement abgedeckt werden.

 

Kreisrat Demel wies darauf hin, dass sich viele Grundvoraussetzungen geändert hätten. Als Vorsitzender vieler Miltenberger Vereine habe er beobachtet, dass Schüler heute großen Stresssituationen ausgesetzt seien und deshalb weniger Zeit für Vereinsaktivitäten hätten. Es erhebe sich daher die Frage, wie mit der zu schaffenden Stelle das erreicht werden soll, was die Vereine vor Ort nicht fertig bringen. Dazu müsste seiner Meinung nach eine extrem enge Zusammenarbeit am Runden Tisch erfolgen.

 

Landrat Schwing sagte dazu, dass viel von der Kreativität der Stelleninhaberin bzw. des Stelleninhabers abhängen werde. Es seien bereits viele Ansätze vorhanden. Der Boden für Bürgerschaftliches Engagement sei im Landkreis Miltenberg bereitet. Dieser Bestand müsse gehalten und nach Möglichkeit weiter ausgebaut werden.

 

Zur Aussage von Herrn Dr. Röbke, bezüglich Vision wies Kreisrätin Fichtl darauf hin, dass es die gesellschaftliche Veränderung auch in der Kirche gebe. Die Kirche habe deshalb bereits Pfarreigemeinschaften gebildet. Vielleicht wäre es möglich, regionale Stellen Bürgerschaftlichen Engagements zu bilden und diese mit der Stelle im Landratsamt Miltenberg zu vernetzen.

 

Herr Dr. Röbke bestätigte dass Vernetzung die wichtigste Aufgabe sei. Es gehe zunächst darum, festzustellen, was bereits vorhanden sei, um Doppelbesetzungen zu vermeiden. Außerdem gelte es, die Schnittstelle zum hauptamtlichen Bereich zu definieren und dann festzustellen, welche Dinge gemeinsam getätigt werden können. Dann könne viel Neues entstehen.

 

Landrat dankte abschließend Herrn Dr. Röbke für seine Informationen und teilte mit, dass sich die Kreisgremien nach Vorliegen der Förderrichtlinien erneut mit der Angelegenheit befassen werden.

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