Tagesordnungspunkt
TOP Ö 3: Geschlechtergerechte Sprachverwendung (Antrag von Bündnis 90/Die Grünen vom 01.01.2009)
Bezeichnung | Inhalt |
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Sitzung: | 26.02.2009 KA/001/2009 |
Dokumenttyp | Bezeichnung | Aktionen |
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Herr Fieger, Verwaltungsdirektor, teilte mit, dass mit
Schreiben vom 01.01.2009 Kreisrätin Münzel, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen,
folgenden Antrag gestellt habe:
„Der Kreistag möge beschließen: In allen Schreiben des
Landratsamtes (Geschäftsordnung, Briefe, Formulare, Einladungen, Satzungen,
Verträge, Sitzungsvorlagen etc.) wird entweder die geschlechtsneutrale oder die
feminine und maskuline Form verwendet.“
Zuständig für die Behandlung des Antrags wäre nach den
Vorgaben der Geschäftsordnung:
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soweit es um die
Geschäftsordnung selbst geht: der Kreistag (s. § 29 Abs. 1 Nr. 14 GeschO),
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soweit es um
Satzungen geht: der Kreistag (s. § 29 Abs. 1 Nr. 8 GeschO),
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soweit es um
Verträge mit einer Wertgrenze über 150.000 Euro geht: der Kreistag (s. § 29
Abs. 2 Nr. 1 GeschO),
-
soweit es um
Verträge mit einer Wertgrenze zwischen 50.001 Euro und 150.000 Euro geht: der
Kreisausschuss oder ein Fachausschuss (§§ 31 Abs. 2 Nr. 2 und 4, 36 Abs. 2 Satz
2, Abs. 3 Satz 3, Abs. 4 Satz 3 GeschO),
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soweit es um
Briefe, Formulare, Einladungen, Sitzungsvorlagen und Verträge bis zu einer
Wertgrenze von 50.000 Euro geht: der Landrat bzw. die Verwaltung (s. § 39 Abs.
1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 2 GeschO).
Soweit der Antrag auf eine Änderung der Geschäftsordnung
und von Satzungen abziele, würde die Verwaltung seine Ablehnung empfehlen.
Sowohl die Geschäftsordnung als auch die Satzungen des Landkreises
(Entschädigungssatzung und Abfallwirtschafts- und gebührensatzung) seien erst
vor kurzem verabschiedet worden; eine Änderung wäre allenfalls bei der nächsten
größeren Überarbeitung dieser Vorschriften sinnvoll.
Soweit der Antrag auf die inhaltliche Ausgestaltung
von Briefen, Formularen, Einladungen und Sitzungsvorlagen abziele, würde die
Verwaltung ebenfalls seine Ablehnung empfehlen. Beschlüsse von Gremien über
„laufende Angelegenheiten“ des Landrats bzw. der Verwaltung greifen in
unzulässiger Weise in die Organkompetenz des Landrats ein und wären wegen
rechtlicher Unzulässigkeit abzulehnen.
Gleichwohl nehme die Verwaltung das Anliegen der
Kreistagsfraktion von Bündnis 90 / Die Grünen ernst und greife die Anregung
auf, im täglichen Dienstbetrieb in Briefen, Formularen, Einladungen und
Sitzungsvorlagen eine geschlechtsneutrale oder die feminine und maskuline Form
zu verwenden. Die Verwaltung werde dies in Dienstbesprechungen an die Abteilungen
und Sachgebiete im Haus weitergeben.
Der
Antrag habe sich aufgrund der Stellungnahme der Verwaltung erledigt.
Kreisrat Scherf sagte, dass man bei diesem Thema
gerade unter den Männern schnell auf der Humorebene lande. Es gehe nicht um ein
paar Buchstaben, sondern um die Einstellung gegenüber den Frauen. Frauen seien
es wert, genannt zu werden und es sei wichtig, durch die Sprache zu
signalisieren, dass, obwohl viele wichtige Positionen noch immer von Männern
eingenommen werden, Frauen potentiell in der Lage seien, sich aufgrund ihrer
Qualifikationen diese Positionen auch zu erkämpfen. Er bitte darum, künftig
auch bei Satzungen entweder die geschlechtsneutrale oder die feminine und
maskuline Form zu verwenden. Das Bayerische Erziehungs- und Unterrichtsgesetz
z. B. belege, dass eine sprachliche
Umsetzung möglich sei.
Kreisrat Andre zitierte Heinrich Heine: „ Je wichtiger
ein Gegenstand ist, desto lustiger soll man ihn behandeln“. Jeder der bei dem
Thema lache, solle nicht gleich als frauenfeindlich bezeichnet werden. In
Einzelfällen halte er die Verwendung der femininen und maskulinen Form für
umsetzbar, vor allem aber sollte die Sprache der Verständlichkeit und der
Argumentation dienen.
Landrat Schwing wies darauf hin, dass das Personal des
Landratsamtes Miltenberg zu 67 % aus Frauen bestehe und man wisse, was man den
Frauen schuldig sei.
Kreisrat Dr.
Fahn teilte mit, dass er den Antrag von Kreisrätin Münzel einigen Frauen
der Partei der Freien Wähler zugesandt
habe. 15 Rückmeldungen hätten ergeben, dass diese kein Problem in der
bisherigen Handhabung sehen. Er wundere sich über die Antragstellung, denn es
handele sich um kein weltbewegendes Thema.
Kreisrätin und stellvertretende Landrätin Kappes
bedankte sich bei Kreisrat Scherf für die Unterstützung der Frauen. Sie
schließe sich ihren Vorrednern Kreisrat Andre und Kreisrat Dr. Fahn an. Man sei
es nicht gewohnt, dass Frauen Führungspositionen einnehmen. Sie sei überzeugt
davon, dass sich Frauen nicht an einem nicht formgerechten Brief stören,
schließlich seien die Inhalte wichtiger als die Anrede. Man solle von einer
Überbewertung absehen.
Landrat Schwing ergänzte, dass Formfehler oft kein
Vorsatz, sondern der Fluch der heutigen Technik seien.
Kreisrat Dr. Schüren sagte, dass klar sei, was hinter
der Antragstellung stehe, nämlich die Gleichberechtigung der Frauen. Er glaube,
dass die formalen Fragen nicht dazu dienen und dafür geeignet seien, inhaltlich
Dinge zu bewegen. Hier müsse anderweitig, z. B. bei der Kinderbetreuungszeit,
etc. angesetzt werden. Dem Vorschlag der Verwaltung wolle er zustimmen.
Auf die abschließende Frage von Kreisrat Scherf, ob in
zukünftigen Satzungen entweder die geschlechtsneutrale oder die feminine und
maskuline Form verwendet werde, antwortete Landrat Schwing, dass man heute
zukünftige Kreistage oder Gremien nicht dazu verpflichten könne, die Verwaltung
aber zu gegebener Zeit bei der Vorlagenerstellung darauf achten werde.
Die Mitglieder des Kreisausschusses erklärten sich mit
dieser Vorgehensweise einstimmig einverstanden.