Tagesordnungspunkt
TOP Ö 4: Information: Notinselprojekt im Landkreis Miltenberg
Bezeichnung | Inhalt |
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Sitzung: | 28.05.2008 JHA/025/2008 |
Dokumenttyp | Bezeichnung | Aktionen |
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Frau Joos, Diplom-Sozialpädagogin BA, gab anhand einer Powerpointpräsentation,
welche im Kreistagsinformationssystem zur Verfügung gestellt wird,
einen Überblick über das Notinselprojekt.
Sie führte aus, dass das Landratsamt Miltenberg das Projekt Notinsel
gemeinsam mit der Stiftung Hänsel + Gretel im Landkreis einführen und damit ein
Zeichen für Kinderfreundlichkeit und gegen Gewalt setzen werde. Gewalt und
Übergriffe an Kindern seien ein wachsendes Problem in unserer Gesellschaft.
Gewalt begegne uns und unseren Kindern leider überall. Gewalt in der Schule,
auf dem Spielplatz oder auf dem Weg nach Hause sei leider sowohl in städtischen
als auch ländlichen Regionen zum Alltag geworden. Bei Mobbing von kleineren
durch größere Kinder, bei Diskriminierung durch Schwächere, bei
ausländerfeindlich motivierter oder körperlicher und sexueller Gewalt setze die
„Notinsel“ ein Gegengewicht.
Die
Notinsel sei ein großes Netzwerk von Läden und Geschäften, die Kindern in
Gefahrensituationen eine erste Anlaufstelle und Schutz biete. Läden und
Geschäfte, die bei diesem Projekt mitmachen, unterschreiben eine
Selbstverpflichtung und erhalten dann eine Handlungsanweisung, die den
Mitarbeitern erläutere, was im Notfall zu tun sei sowie einen Aufkleber, der
gut sichtbar für Kinder an der Eingangstür angebracht werde und somit den
Kindern signalisiere, dass sie bei Gefahr hier sicher sind und Hilfe bekommen.
Diese schließe durchaus auch die Unterstützung bei alltäglichen Problemlagen
wie z.B. ein Pflaster für die Schürfwunde oder die Benachrichtigung der Eltern
beim vergessenen Haustürschlüssel mit ein.
Die Ziele der Notinsel würden über die Möglichkeit der Kinder, hier
Hilfe zu suchen, hinausreichen. Durch die Öffentlichkeitsarbeit des Projektes werde
das Thema Gewalt bzw. Schutz von Kindern in die Familien, Kindergärten und
Schulen getragen und gebe dadurch die Möglichkeit, dieses Thema nicht nur
passiv zu betrachten, sondern aktiv eigene Schutzstrategien zu entwickeln. Dies
nehme den Kindern Ängste und mache ihnen Mut. Darüber hinaus würden die
Beteiligten und Förderer des Projektes ihre Solidarität gegenüber Kindern und
Familien unterstreichen. Das Projekt Notinsel stelle somit ein bedeutendes
Signal für Kinder und deren Belange dar.
Das Projekt Notinsel sei nach dem Vorbild eines Franchisekonzeptes
aufgebaut und beruhe auf einer engen Partnerschaft mit Städten und Gemeinden.
Als Initiator und bundesweiter Träger agiere die Stiftung Hänsel + Gretel
zusammen mit jeweils einer regionalen, gemeinnützigen Organisation, hier das
Landratsamt Miltenberg. Innerhalb des Landratsamtes werde das Projekt von Frau
Claudia Joos, Fachkraft für Familienangelegenheiten, betreut.
Aktuell sei der Vertrag mit der Stiftung Hänsel + Gretel
abgeschlossen worden und es würden geeignete Firmen bzw. Banken als Sponsoren
für das Projekt gesucht werden. Wenn dieser Schritt abgeschlossen sei, können
die Materialbestellung und die konkrete Umsetzung erfolgen. Es sei geplant, mit
ca. drei Gemeinden zu beginnen und dann nach und nach weitere Gemeinden
hinzuzunehmen, bis das Projekt flächendeckend eingeführt worden sei. Hierbei sei
man auf die Unterstützung der Bürgermeister, die bei der Suche nach
Projektpaten in der Gemeinde behilflich seien, angewiesen.
Landrat Schwing sagte, man habe intern entschieden,
sofort mit der Umsetzung des Projektes anzufangen, da am darauf folgenden
Sonntag, den 01.06.2008, die dritte Familienmesse in Erlenbach stattfinde und
man dies als Startsignal nehmen wolle. Man sei positiv überrascht, wie schnell
angesprochene Sponsoren bereits reagiert hätten und man würde weiterhin
Sponsoren akquirieren wollen. Das Notinselprojekt sei eine gute Geschichte, die das Thema „Gewalt gegen Kinder“ in die Bevölkerung
trage.
Kreisrat Scherf äußerte sich begeistert zu diesem
Projekt und dazu, dass man kleinen Kindern das Gefühl von Geborgenheit
vermitteln wolle und fragte, in welchen zeitlichen Schritten man vorgehen
möchte.
Frau Joos antwortete, dass man noch vor dem Sommer
damit beginnen könne, die Projekte in einzelnen Gemeinden umzusetzen, bevor man
diese später auf den ganzen Landkreis ausdehne.
Landrat Schwing meinte, er sei überrascht, wie positiv
das Projekt ankäme, schließlich seien Kinder das höchste Gut. Man wolle
flächendeckend vorgehen, jedoch zuerst den 01.06.2008 abwarten, um zu sehen,
wie Kommunalpolitiker, Verwaltungen und die
Menschen im Landkreis reagieren.
Kreisrätin und Stellvertreterin des Landrats, Frau
Kappes, fügte an, dass sie es traurig fände, dass man so ein Projekt wie die
„Notinsel“ initiieren müsse und das dies unsere heutige Gesellschaft widerspiegele. Sie gab zu Bedenken, dass in den Ortschaften
oftmals nicht mehr genügend Geschäfte ansässig seien und wollte wissen, ob sich
auch Privatpersonen durch z. B. Mitgliedschaften an diesem Projekt beteiligen
könnten. Wenn nicht nur Geschäftsleute, sondern auch Privatpersonen mit einbezogen
würden, könne das Projekt auf breiteren Füßen stehen.
Frau Joos entgegnete, dass es aufgrund der Konzeption
nicht möglich sei, private Haushalte als Anlaufstellen mit einzubeziehen. Die
Konzeption sehe vor, dass bei der „Notinsel“
mindestens zwei Personen vor Ort sein müssen, diese ebenerdig erreichbar
sein müsse und man zudem verhindern wolle, dass das Hilfe suchende Kind im
Privathaushalt möglichen Gefahren ausgesetzt werde. Selbstverständlich könnten
sich z. B. auch Kindergärten, Büchereien, Gemeinden oder Cafe’s zur Verfügung
stellen. Man würde sich freuen, wenn auch die Politik durch Werbung
unterstützend zur Seite stünde.
Landrat Schwing schlug vor, nach einer gewissen
Anlaufzeit vor Ort bei z. B. Bürgermeistern oder Kindergärten nachzuhaken, wo es
„weiße Flecken“ gebe.
Auf die Frage von Frau Frieß, Vertreterin des
Kreisjugendringes, ob bereits bestimmte Ortschaften ausgewählt worden seien,
entgegnete Frau Joos, das dies noch nicht der Fall sei. Sie wolle mit den Bürgermeistern
Kontakt aufnehmen, um zu sehen, wer sich für dieses Projekt interessiere.
Auf die Frage von Herrn Wenzel, Stellvertreter der
Polizei, wie man dies den Kindern vermitteln wolle, sagte Frau Joos, dass dies
über Lehrer/innen oder Erzieher/innen geschehe und auch ein Elternbrief
vorgesehen sei.
Landrat Schwing wies abschließend auf die
verschiedenen Möglichkeiten der Beteiligung an diesem Projekt hin und wünschte
Frau Joos viel Erfolg bei der Umsetzung.