Tagesordnungspunkt

TOP Ö 5: Änderung der Richtlinien zur Förderung von voll- und teilstationären Pflegeeinrichtungen im Landkreis Miltenberg

BezeichnungInhalt
Sitzung:27.03.2006   KT/023/2006 
DokumenttypBezeichnungAktionen

 

Verwaltungsamtsrat Vill führte folgendes aus:

 

Rechtslage

 

Seit 01.04.1995 seien die Landkreise und kreisfreien Städte nach dem Bayerischen Ausführungsgesetz zum Pflegeversicherungsgesetz (AGPflegeVG) verpflichtet, betriebsnotwendige Investitionsaufwendungen von bedarfsgerechten Pflegeeinrichtungen zu fördern. Dazu gehören im Zuständigkeitsbereich der Landkreise und der kreisfreien Städte voll- und teilstationäre Altenpflegeeinrichtungen und Einrichtungen der Kurzzeitpflege für alte Menschen sowie die ambulanten Pflegedienste. Die Investitionskostenförderung sei eine kommunale Pflichtaufgabe des eigenen Wirkungskreises, der sich die Landkreise und kreisfreien Städte nicht vollständig entziehen dürfen.

 

Seit Inkrafttreten dieses Gesetzes habe der Landkreis Miltenberg für den Umbau vollstationärer Altenpflegeheime 1,075.000,00 € gewährt. Darüber hinaus seien von 1996 bis 2005 die ambulanten Pflegedienste mit 1,033.000,00 € gefördert worden. Weitere 37.000,00 € seien für eine teilstationäre Altenpflegeeinrichtung bewilligt worden, jedoch bislang nicht zur Auszahlung gekommen.

 

An der kommunalen Förderung der vollstationären Altenpflegeeinrichtungen habe sich der Freistaat Bayern nach der gesetzlichen Vorschrift jeweils mit dem gleichen Förderbetrag beteiligt, wobei aber die staatliche Förderung unter dem Vorbehalt bereiter Haushaltsmittel stehe. Die kommunale Förderung voll- und teilstationärer Altenpflegeeinrichtungen im Landkreis Miltenberg sei nach Richtlinien, welche vom Kreistag mit Wirkung ab 01.07.1999 beschlossen worden seien, erfolgt. Die ursprüngliche Fassung habe sich weitgehend den vom Bayerischen Landkreistag vorgegebenen Musterrichtlinien vom April 1996 entsprochen. Die damals festgelegten Fördersätze hätten zunächst zu 100 % den staatlichen Fördersätzen entsprochen. Im Rahmen des Projektes „Intelligentes Sparen“ seien die Sätze der Richtlinien Ende des Jahres 2003 auf 80 % der staatlichen Fördersätze gekürzt worden. Die Rechtsprechung (Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 15.11.2004, W 8 K 03.520) habe zwischenzeitlich festgestellt, dass es unzulässig sei, dass sich die Kommune auf die Förderhöhe des Staates beschränke, wie dies in umgekehrter Weise der Staat tue. Dies habe keine gesetzliche Grundlage und sei systemfremd.

 

Rückzug des Freistaates Bayern

 

Nachdem im Juni 2004 der Bayerische Oberste Rechnungshof in seinem Jahresbericht beanstandet habe, dass die staatliche Förderung für Altenpflegeheime zu großzügig geregelt sei, weil der Bedarf an Altenheimen in Bayern im Wesentlichen gedeckt sei, habe der Freistaat Bayern zwischenzeitlich seine Beteiligung an der Investitionskostenförderung für Altenpflegeheime eingestellt. Auf eine entsprechende Anfrage des Landrats habe dies der zuständige Staatssekretär im Bayerischen Sozialministerium in einem aktuellen Schreiben vom 03.03.2006 noch einmal bestätigt. Man setze auf die Aufrechterhaltung der Versorgung primär durch private Investoren. „Durch die Eigendynamik des Wettbewerbs solle es gelingen, ohne staatliche Förderung effiziente, preiswerte Strukturen ohne Qualitätsverlust zu erhalten.“ Eine Streichung der kommunalen Förderpflicht sei dagegen nicht vorgesehen. Es sei lediglich beabsichtigt, die Förderpflicht der Kommunen jetzt ebenfalls unter einen Haushaltsvorbehalt zu stellen. Ein konkreter Gesetzentwurf liege aber noch nicht vor.

 

Vorgelegte Richtlinienentwürfe

 

Die jetzt vorgelegten Entwürfe zur Änderung der Förderrichtlinien sehen vor, die Fördersätze auf maximal ein Drittel (“bis zu“) der bisherigen staatlichen Höchstfördersätze zu kürzen (Änderung von Ziff. 5: „Höhe der Förderung“ in beiden Richtlinienentwürfen). Außerdem sei unter Ziff. 4.1.1 jeweils der Vorbehalt, die kommunale Förderung nur bei gleichzeitiger staatlicher Förderung zu erbringen, gestrichen worden. Im Übrigen werde auf die ansonsten unveränderten Richtlinienentwürfe verwiesen, denn es sei nicht einzusehen, dass sich der Staat vollständig aus seiner Verantwortung zurückziehe und die alleinige Förderpflicht in beträchtlicher Höhe bei den Kommunen bleibe. Die gleiche Argumentation, mit der der Staat seine Förderpflicht streiche, müsse auch für die Kommunen gelten. Eine weitergehende Herabsenkung der maximal möglichen Fördersätze auf weniger als ein Drittel erscheine andererseits vor dem Hintergrund, dass es sich zumindest momentan noch um eine kommunale Pflichtaufgabe des eigenen Wirkungskreises handele, rechtlich nicht vertretbar. Der Vorbehalt der kommunalen Förderung unter der Voraussetzung der gleichzeitigen staatlichen Förderung sei aufgrund der eindeutigen Rechtsprechung bedauerlicherweise nicht mehr haltbar.

 

Kreisrat Ritter teilte mit, dass er sich dem Empfehlungsbeschluss des Kreisausschusses nicht anschließen werde. Es sei heute bereits gesagt worden, dass die Rohe´sche Altenheimstiftung gut geführt und dies dem Einsatz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu verdanken sei. In diesem Zusammenhang sollte auch die Förderung durch den Freistaat Bayern bedacht werden. In Mömlingen stehe derzeit die Errichtung einer Senioreneinrichtung an und es werde gehofft, dass dafür Mittel bereitgestellt werden. Es gebe einen Bedarfsplan, der fortgeschrieben werde, weil die Anzahl der alten Menschen zunehme. Als Landtagsabgeordneter habe er sich dafür eingesetzt, dass wohnortnahe Einrichtungen für alte Menschen geschaffen werden, weil alte Menschen gern in ihrer gewohnten Umgebung bleiben möchten. Wenn nun die Gemeinden künftig die Baukosten für Senioreneinrichtungen allein tragen sollen, werden diese Kosten in die Pflegesätze eingehen, so dass Heimplätze nicht mehr bezahlbar sein werden.

 

Landrat Schwing erklärte dazu, dass die Gemeinden selbst keine Senioreneinrichtungen bauen werden und private Investoren keine Zuschüsse beantragen.

 

Durch den Kreistag wurde auf Empfehlung des Kreisausschusses vom 24.03.2006 bei zwei Gegenstimmen folgender

 

B e s c h l u s s

gefasst:

 

Die „Richtlinien zur Förderung von vollstationären Pflegeeinrichtungen im Landkreis Miltenberg“ sowie die „Richtlinien zur Förderung von teilstationären Pflegeeinrichtungen und von Einrichtungen der Kurzzeitpflege im Landkreis Miltenberg“ werden in der geänderten Fassung der vorliegenden Entwürfe beschlossen.“

 

 

 

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