Tagesordnungspunkt

TOP Ö 3: Beratung und Beschlußfassung über den Haushaltsplan 2003

BezeichnungInhalt
Sitzung:13.03.2003   SZ-04XI4K8 
Beschluss:noch nicht festgelegt
Abstimmung:JA-Stimmen:0 NEIN-Stimmen:0 Enthaltungen:0
DokumenttypBezeichnungAktionen

 

Landrat-Stellvertreter Eck führte namens des erkrankten Landrates Schwing folgendes aus:

 

1.  Situation der öffentlichen Finanzen

 

Man braucht nicht außen herumzureden: Die Situation der öffentlichen Finanzen ist katastrophal. Ebbe auf allen Ebenen ist die Realität. Hiobsbotschaften, was die Steuereinnahmen anbelangt, sind an der Tagesordnung. Viele, so scheint es, haben sich schon daran gewöhnt. Das Deprimierende an der Situation ist die Ohnmacht der Kommunen: Städte, Märkte und Gemeinden, Landkreise, Bezirke. Insbesondere die Konzeptionslosigkeit der Bundesregierung treibt die Kommunalpolitiker auf die Barrikaden, denn Besserung ist nicht in Sicht. Der Freistaat Bayern hat zwar zusammen mit den kommunalen Spitzenverbänden ein Konzept des kommunalen Finanzausgleichs erarbeitet, das die Schlüsselzuweisungen relativ stabil hält, aber das wurde teilweise mit Einschränkungen auf anderen Gebieten erkauft.

 

2.  Änderungen der bisherigen Situation

 

Was hat sich denn so schlagartig gegenüber den Vorjahren geändert? Man kann es mit zwei Beispielen deutlich machen:

 

1.  Jahrzehntelang haben Eltern, wenn es um die Zukunft ihrer Kinder ging, immer den einen Satz verwendet: “Mein Kind soll es einmal besser haben als ich.” Heute heißt es: “Meinem Kind soll es einmal nicht schlechter gehen als mir.”

 

2.  Viele Jahre ging es bei den Haushaltsberatungen darum, den größer gewordenen Kuchen in entsprechenden Stücken zu verteilen. Es ging den einzelnen Interessengruppen darum, ein möglichst großes Stück zu erhalten. Jetzt ist der Kuchen erstmals kleiner geworden. Das muß sich zwangsläufig auf die Größe der einzelnen Stücke auswirken.

    

     Genau hier beginnt das Dilemma unseres Kreishaushaltes 2003. Die Einnahmenseite geht zurück, die Ausgaben, zu 95 % gesetzlich oder tariflich normiert und praktisch nicht zu beeinflussen, steigen teilweise deutlich an. Deswegen, ich darf das heute noch einmal wiederholen, war es nicht zielführend, wie im Vorfeld der Beratungen von Fraktionen, Bürgermeistern und Kämmerern über diesen Haushalt diskutiert wurde. Der Kreishaushalt besteht eben nicht nur aus

     - Schlüsselzuweisungen,

     - Bezirks- und

     - Kreisumlage,

     sondern aus Tausenden weiterer bedeutender Positionen, insbesondere auf der Ausgabenseite wie Sozial- und Jugendhilfe, Personalkosten, Investitionen usw. Es ist eine nicht hinnehmbare Einschränkung der Diskussion auf die Höhe der Kreisumlage, die noch dazu in die Irre führt.

 

     Lassen Sie mich hier auch einmal die Frage stellen: Was hat diesen Landkreis und seine Städte, Märkte und Gemeinden seit der Gebietsreform so stark gemacht? Es sind zwei Faktoren:

          1.  Es war vor allem die Solidarität untereinander. Es hat zwar auch in der Vergangenheit unterschiedliche Standpunkte und Meinungen gegeben, die aber immer partnerschaftlich gelöst wurden. Der Landkreis Miltenberg hat durch eine weit unter dem Landesdurchschnitt liegende Kreisumlage seinen Beitrag zur Entlastung der Kommunen geleistet. Zur Erinnerung: 90 % der 71 bayerischen Landkreise haben eine höhere Kreisumlage als wir!

          2. Es hat von Anfang an kein Denken in Altlandkreisen gegeben. Der jetzt von einigen heraufbeschworene angebliche Nord-Süd-Konflikt hat nicht stattgefunden, außer in den Köpfen von einigen Wenigen. Ich kann nur dringend warnen, diese Diskussion fortzuführen, denn sie entbehrt jeder Grundlage. Wir haben immer darauf geachtet, unabhängig von der Einwohnerzahl den Landkreis in seiner Gesamtheit zu entwickeln. So sind gerade unsere Krankenhäuser, Gymnasien, Real-, Förder- und Berufsschulen gleichmäßig auf die Altlandkreise verteilt.

 

3.  Besonderheiten des Haushaltes 2003

 

     Sie haben sich alle intensiv mit dem Haushalt beschäftigt. Deshalb möchte ich nur auf einige wenige markante Positionen eingehen:

 

     1.  Rückgang der Umlagekraft um 3,8 % (Bayern 1,3 %) oder ca. 3 Mio €. Dies liegt vor allem am dramatischen Einbruch der Gewerbesteuer um 17,5 % bzw. 3,8 Mio €. Aber auch die Einkommensteuer ist um 1,2 % oder 422.000,00 € gesunken.

 

     2.  Die verminderte Bezirksumlage um 0,3 % entlastet bei einer vorgesehenen Kreisumlagenerhöhung um 0,7 % (200.000,00 €) den Haushalt nicht entscheidend.

 

     3. Auch die erhöhte Schlüsselzuweisung (+162.000,00  €) löst die Probleme nicht.

 

     4.  Diesen beiden Zahlen stehen allein im Einzelplan 4 (Sozial- und Jugendhilfe) Mehrausgaben von 813.000,00 € gegenüber. Angesichts der aktuellen Entwicklung am Arbeitsmarkt ist es eher unwahrscheinlich, daß diese Ansätze ausreichen werden.

 

     5.  Auch die Personalkosten steigen um weitere 538.000,00 € ohne Neueinstellungen. Auch hier wurde sehr eng kalkuliert (z.B. Nullrunde für Beamte).

 

     6. Das Gebührenaufkommen, das zeigen die ersten zwei Monate 2003, ist fast unrealistisch positiv angesetzt und dürfte nicht erreicht werden.

 

     7. Trotz einer Erstattungsquote von 69 % verbleibt bei der Schülerbeförderung ein Betrag von 752.000,00 € beim Landkreis, Tendenz steigend! Dies entspricht ca. 1 % der Kreisumlage.

 

     8. Durch die Einführung der R 6 sind die Schülerzahlen der Landkreisschulen im Jahr 2002 um 348 gestiegen. Das bedeutet, daß der Ansatz von 6,3 Mio € auch künftig eher steigen als fallen wird. Das zeigt aber auch die große Verantwortung des Landkreises für seine 7.405 Schülerinnen und Schüler.

 

     9. Wir haben jahrelang von positiven Abschlüssen der Krankenhaus-GmbH profitiert. Ab 2002 ändert sich das. Trotzdem ist im Haushalt kein Ansatz für Defizite 2002 und 2003 enthalten.

 

     10.Bei der Verschuldung fahren wir seit vielen Jahren einen antizyklischen Kurs: In guten Zeiten wird die Verschuldung zurückgefahren, so 1988 bis 1995 um 5 Mio €. In schlechten Zeiten gehen wir in eine weitere Neuverschuldung. So ist seit 1995 die Verschuldung um ca. 10 Mio €  gewachsen. Diese Entwicklung macht sicherlich Sorgen, sie ist aber angesichts der großen Investitionsvorhaben, vor allem im Straßenbau sowie im Schul- und Krankenhausbereich noch vertretbar.

 

Sie alle wissen, daß wir unser Haus seit vielen Jahren systematisch nach Sparmaßnahmen durchleuchten. Daß wir die Steuergelder der Bürgerinnen und Bürger sorgsam ausgeben und vor allem unseren Umlagezahlern nicht mehr aus der Tasche ziehen als nötig, möchte ich an drei Beispielen deutlich machen:

 

1.  Entwicklung der Kreis- und Bezirksumlage seit 1999

 

Jahr

Kreisumlage

Differenz

Bezirksumlage

Differenz

1999

41,3 %

-

20,90 %

+ 0,40 %

2000

41,3 %

-

22,50 %

+ 1,60 %

2001

41,3 %

-

22,50 %

-

2002

41,3 %

-

22,25 %

- 0,25 %

2003

42,0 %

+ 0,7 %

21,95 %

- 0,30 %

 

 

+ 0,7 %

 

+ 1,45 %

 

2.  Kreisumlage in Euro pro Einwohner

 

Die Graphik zeigt, daß der Landkreis Miltenberg mit dem geringsten Euro-Betrag pro Einwohner von allen unterfränkischen Landkreisen auskommen muß. Der Zahlbetrag ist entscheidend, nicht der Hebesatz.

 

3.  Ausgaben der Jugendhilfe pro Einwohner

 

Auf diesem wichtigen Gebiet zeigen unsere Mitarbeiter, daß sie von den Ausgaben her sowohl unter dem unterfränkischen, als auch bayerischen Durchschnitt der Landkreise liegen, ohne die entsprechende soziale Sensibilität zu vernachlässigen.

 

4.  Wichtige Maßnahmen des Vermögenshaushaltes

 

   Beim diesjährigen Haushalt sind einige Maßnahmen des Vermögenshaushaltes in die Diskussion geraten. Es ist für mich erstaunlich, welch kurzes Gedächtnis einige Kreistagsmitglieder zu haben scheinen.

 

     1.  Kreisstraße MIL34 Schippach-Streit

          Die Maßnahme wurde im Haushalt 2002 einstimmig eingeplant. Durch langwierige Grundstücksverhandlungen konnte das Projekt bisher noch nicht realisiert werden. Jetzt sind diese ebenso wie Planung und Rodung abgeschlossen. Bisher gab es keinerlei Kritik an dieser Maßnahme, die dazu dient, einen verkehrssicheren Ausbau der Kreisstraße zu ermöglichen. Es ist meiner Meinung nach eine der schlechtesten Kreisstraßen, die wir haben.

 

     2.  Generalsanierung der Rudolf-Harbig-Halle Elsenfeld

          Auch diese Maßnahme ist 2002 mit überwältigender Mehrheit beschlossen worden. Sie wird bis Herbst 2003 abgeschlossen sein. Es ist weder ein Prestigeobjekt noch eine Luxussanierung, sondern eine richtige und wichtige Maßnahme. Die Halle dient in erster Linie dem Schulsport. Ca. 2.000 Schülerinnen und Schüler erhalten dort wöchentlich Sportunterricht. Durch die Sanierung werden aber auch die Möglichkeiten für den Breiten- und Spitzensport sowie einige kulturelle Veranstaltungen erhalten bzw. geschaffen. Ich bin mir sicher, daß es nach Abschluß der Maßnahmen nur noch Befürworter geben wird, wie es schon so oft der Fall war, z.B. bei der Brücke Sulzbach a.Main – Niedernberg. Über eines sollten wir heute nicht streiten: Die zahlreichen Investitionen des Landkreises der letzten Jahre haben Arbeitsplätze geschaffen und gesichert. Und was ist augenblicklich wichtiger als Arbeitsplätze in unserem Landkreis vor allem in der Baubranche?

 

5.  Fraktionen den Spiegel vorhalten

 

   Bei den Vorbesprechungen zum Haushalt 2003 haben alle Fraktionen signalisiert, dem Zahlenwerk wie vorgelegt zustimmen zu können. Einzelne wären sogar bis zu 1,5 % Umlagenerhöhung bereit gewesen. Nachdem einige Bürgermeister, was übrigens ihr gutes Recht ist (bei Kämmerern tue ich mir schon schwerer), sich kritisch geäußert haben, hat sich bei den meisten Fraktionen ein plötzlicher Sinneswandel vollzogen. Im Lichte ihrer Äußerungen bei den Haushaltsverabschiedungen seit 1999 ist dies nicht nachvollziehbar. Es sei denn, parteipolitische Motive werden der Verantwortung als Kreistagsmitglied übergeordnet.

 

     Seit 1999 kündige ich eine Trendwende bei der Umlagenpolitik an:

-    Die Luft ist raus (1999).

-    Landkreis läßt seinen Kommunen die Luft zum Atmen - . . . dies kann so nicht mehr weitergehen (2000).

-    Ab dem nächsten Jahr müssen wir umsteuern (2001).

-    Der Druck, die Umlage zu erhöhen, bleibt bestehen (2002).

 

Kreisrat Andre, CSU-Fraktion:

-    Zweifel, ob 2000 ohne Erhöhung möglich (1999).

-    Noch einmal auf Umlageerhöhung verzichtet (2000).

-    Ab dem nächsten Jahr müssen wir umsteuern (2001).

 

Kreisrat Dr. Schüren, SPD-Fraktion:

-    Finanzielle Spielräume für Landkreis Miltenberg für SPD wichtig (1999).

-    Kreisumlage auf Dauer nicht zu halten, in maßvoller Weise an Kommunen weitergeben (2000).

 

     Kreisrat  Dr. Fahn, FWG-Fraktion:

     -    Erhöhung der Bezirksumlage nochmals aufgefangen. Kann in Zukunft nicht so weitergehen (2000).

     -    Gemeinden seit Jahren moderat belastet (2001).

 

     Kreisrat Scharrer, Bündnis 90/Die Grünen:

     -    Der größte Unsinn, die Kreisumlage nicht zu erhöhen (1999).

     -    Die Kreisumlage nicht zu erhöhen, ist nicht bürgerfreundlich sondern bürgermeisterfreundlich (2000).

     -    Landrat soll sich nicht zum Büttel der parteiübergreifenden Bürgermeisterfraktion machen lassen.

     -    Nichterhöhung der Kreisumlage schadet Bürgern im Landkreis (2001).

 

     Kreisrat Dr. Linduschka, FDP/UWG-ÖDP:

     -    Kreisumlage und andere Gebühren 2000 keine absolute Tabuzone mehr (1999).

     -    Wenn Ausgaben steigen, werden wir um eine Steigerung der Kreisumlage nicht herumkommen (2001).

 

Zu guter Letzt hatte die Presse 2000 folgende Überschrift: “Kreisumlage bleibt noch einmal stabil”. Übrigens mußte in diesem Jahr die Bezirksumlage mit 1 Mio DM aus dem laufenden Haushalt finanziert werden.

 

Wenn dann Kreisrat Dr. Schüren in der letzten Kreisausschußsitzung düstere Wolken am Horizont der Kreispolitik aufziehen sieht und zurecht feststellt, daß die Schulden enorm wachsen werden, dann ist die Schlußfolgerung der SPD, den Haushalt 2003 abzulehnen, für mich unerklärlich.

 

Die Haushaltssituation ist denkbar einfach darzustellen:

-    Seit 10 Jahren eine Kreisumlage deutlich unter dem Landesdurchschnitt und damit deutliche Entlastung der Städte, Märkte und Gemeinden,

-    seit 1995 wachsende Neuverschuldung,

-    seit vielen Jahren gewaltige Investitionen.

-    seit Jahren wachsende Ausgaben durch Verschieben der Lasten von Bund und Land.

 

Wenn wir 1999 oder in den Folgejahren die Kreisumlage bereits erhöht hätten (was offensichtlich alle Fraktionen so gesehen haben), bräuchten wir heute diese Diskussion nicht zu führen. Der Nachteil wäre nur, daß die Kommunen schon einige Zeit mehr Umlage zu zahlen hätten.

 

6.  Ausblick

 

Kreisrat Dr. Linduschka hat bei der Haushaltsberatung 2000 folgendes festgestellt: “Unserer Ansicht nach muß es schon gravierende Gründe geben, wenn man einen Haushalt ablehnt, denn damit entzieht man der Verwaltung die Handlungsgrundlage und provoziert politischen Stillstand. Das aber kann nur das letzte Mittel sein”. Wie recht er doch hat! Ein Haushalt ist immer nur eine Momentaufnahme. Er muß im Zusammenhang mehrerer Jahre gesehen werden. Wir haben in den letzten Jahren gemeinsam eine ganze Menge angekurbelt und auf den Weg gebracht:

-    ZENTEC GmbH

-    Initiative Bayerischer Untermain

-    Wirtschaftsförderung Raum Frankfurt-Rhein-Main

-    Schulbauprogramm

-    Infrastrukturausbau, z.B. Brücke Sulzbach a.Main - Niedernberg

-    Krankenhaus-GmbH mit gewaltigen Investitionen usw.

 

Dieser Weg ist noch lange nicht abgeschlossen. Wichtige kostenträchtige Maßnahmen stehen noch vor uns:

-    Holzhackschnitzelheizanlage im Schulzentrum Elsenfeld,

-    Erweiterung und Sanierung von Julius-Echter-Gymnasium/Staatl. Realschule Elsenfeld,

-    Erweiterung und Sanierung des Hermann-Staudinger-Gymnasiums Erlenbach a.Main,

-    Ausbau der MIL 42, OD Buch - Landesgrenze (ehemals Staatsstraße),

-    MIL 35, OD Altenbuch,

um nur einige zu nennen.

 

Das alles ist aber nicht nur über mehr Schulden zu finanzieren, dazu brauchen wir die Nutzung aller Möglichkeiten, d.h.

-    durch Umlagezahler

-    durch Verschuldung

-    durch weitere Sparmaßnahmen.

Vor allem aber brauchen wir den Gesetzgeber im Bund und Land. Ohne den Abbau von Standards und Leistungskürzungen und eine vernünftige und zukunftsfähige Finanzausstattung der Kommunen werden wir die finanziellen Belastungen der Zukunft nicht meistern können. Ein Beispiel soll dies verdeutlichen: Seit einigen Monaten wird über Kürzungen im Bereich der Sozialhilfe diskutiert. Die Kommunen geben hierfür jährlich 23 Mrd € aus. Allein für die Hilfe zum Lebensunterhalt müssen fast 10 Mrd € aufgewendet werden. Das entspricht fast exakt dem Gesamtdefizit der Kommunen im Jahr 2003. Hier liegen also die “Big Points” für uns.

 

Ich hoffe auch, daß es durch das Konnexitätsprinzip und den Kosultationsmechanismus in Bayern zukünftig etwas einfacher wird, sich auf Landesebene Gehör zu verschaffen. Dies bleibt aber solange ein Torso, bis auch für den Bund eine ähnliche Regelung eingeführt worden ist.

 

Dieser Haushalt ist sicher der schwierigste, den Kämmerer und Landrat bisher eingebracht haben. Verabschieden muß ihn aber der Kreistag. Jetzt haben Sie die Verantwortung, gleich ob als Bürgermeister, Unternehmer, Arbeitnehmer, Lehrer, Landwirt usw. Heute haben Sie ausschließlich als Kreisrat zum Wohl des Landkreises zu entscheiden.

 

Die einzelnen Teilhaushalte Jugend- und Sozialhilfe, sowie Bauunterhalt und Vermögenshaushalt wurden in den zuständigen Ausschüssen vorberaten und einstimmig zur Annahme empfohlen. Es wäre deshalb folgerichtig, wenn Sie auch dem Haushaltsplanentwurf 2003 zustimmen würden. Er sieht vor:

Verwaltungshaushalt                                 78,370.000,00 €

Vermögenshaushalt                                  13,850.000,00 €

Gesamthaushalt                                        92,220.000,00 €

 

Abschließend geht ein herzliches Dankeschön an unseren Kämmerer Straub, der auch in diesem Jahr ein schlüssiges Zahlenwerk vorbereitet hat. Er hat es allen Fraktionen und Gruppierungen dieses Hauses ausführlich vorgestellt und deren Fragen beantwortet. Gerade in diesem Jahr wäre eine Zustimmung für den Kämmerer ein wirkliches Dankeschön für seine nicht einfache Aufgabe. Um diese Zustimmung bitte ich Sie.

 

Der Vorsitzender der CSU-Fraktion, Kreisrat Andre, sagte folgendes:

 

“Wo Milch und Honig fließen” – so lautete die Überschrift über unsere Beratungen des Kreishaushaltes 2002 in der Presse. In der Tat verliefen die Haushaltsberatungen in eitler Harmonie, so daß sich für den Berichterstatter der Landkreis als finanzpolitisches Arkadien darstellte. Offensichtlich herrschte große Zufriedenheit mit dem Kreishaushalt 2002. Der Sprecher der SPD-Fraktion machte sich nicht einmal die Mühe, in seine launigen Erklärungen irgend etwas Substantielles zum Haushalt 2002 zu verpacken. Heute ist die Situation ganz anders. Von vielen Gruppierungen hört und liest man von Unzufriedenheit mit dem Haushalt 2003. Es wurde von Einsparmöglichkeiten und falschen Weichenstellungen gesprochen. Das finanzpolitische Arkadien hat sich innerhalb eines Jahres in einen von Kämpfen zerrütteten Balkan verwandelt und als Überschrift müßte wohl statt “Wo Milch und Honig fließen” “Wo Heulen und Zähneknirschen herrschen” stehen.

 

Wie kam es zu dieser völlig veränderten Situation? Einigkeit herrscht wohl darüber, daß diese durch den desolaten Zustand der Gemeindefinanzen ausgelöst worden ist. Bei der Suche nach dem Grund für einen dramatischen Verfall der Kommunalfinanzen sind sich eigentlich alle einig. Er liegt vor allem im Niedergang der Gewerbesteuer. Die bayerischen Städte und Gemeinden mußten in den ersten drei Quartalen des Jahres 2002 einen Gewerbesteuerverlust von 375 Mio € verkraften, das sind fast 12 % weniger als im gleichen Zeitraum des Jahres 2001. Die Gründe für den Einbruch sind nur zu einem geringen Teil auf die nachlassende Konjunktur zurückzuführen. Der Hauptgrund ist in der Steuergesetzgebung der letzten 10 Jahre zu suchen. Seitdem wird die Gewerbesteuer durch die laufende Anhebung der Freibeträge, die Streichung der Gewerbekapitalsteuer, vor allem aber durch die zahlreichen Steuervermeidungstatbestände systematisch demontiert. Darüber hinaus hat der Bundesgesetzgeber durch die Erhöhung der Gewerbesteuerumlage zum 01.01.2001 massiv in die wichtigsten Einnahmequellen der Städte und Gemeinden eingegriffen. Die Folge: Es wird erwartet, daß die Einnahmen 2002 auf das Niveau von 1992 abgesunken sein werden und für das Jahr 2003 wird das bisher einmalige Rekorddefizit von 9,9 Mrd erwartet. Wollte man die Städte und Gemeinden vor der Zahlungsunfähigkeit retten, so wäre das probate Mittel die Rückführung der Gewerbesteuerumlage auf den Stand von 2001. Das brächte den Kommunen bundesweit sofort 2,27 Mrd €. Außerdem sollte die sog. gewerbesteuerliche Organschaft beseitigt werden, die es den Unternehmern erlaubt, durch Verrechnen von Gewinnen und Verlusten ihre Steuerschuld auf Null zu reduzieren. Diese Steuerrechtsänderung würde den  Städten in diesem Jahr 214 Mio € und im nächsten Jahr 493 Mio € in die Kassen bringen. Leider hat der Bundestag den Antrag des Bundesrates, der auf Initiative Bayerns zustande kam, abgelehnt. Doch so schnell sollte man nicht aufgeben. Wenn wir alle davon überzeugt sind, daß die Senkung der Gewerbesteuerumlage eine geeignete Maßnahme gegen die Gemeindefinanzkrise darstellt, dann sollte von der Basis her Druck gemacht werden, daß nächstes Mal sowohl im Bundesrat, als auch im Bundestag eine Mehrheit zugunsten der Gemeinden zustandekommt.

 

Es ist, glaube ich, deutlich geworden, daß der Landkreis nicht schuld am schlimmen Zustand der Gemeidefinanzen ist. Dennoch wird von vielen so getan, als müsse im Zusammenhang mit dem Kreishaushalt 2003 der entscheidende Endkampf um die kommunalen Finanzen geführt werden. Dabei wird allerdings übersehen, daß der Landkreis, gerade was die Ausgabenseite betrifft, noch viel mehr Opfer der kommunalen Finanzmisere ist als so manche Gemeinde. Es ist deshalb unverständlich, daß man auf Kollisionskurs mit dem Landkreis geht, obwohl man sich eigentlich mit dem Freistaat Bayern oder dem Bund auseinandersetzen müßte.

 

Natürlich ist es in einer schwierigen Haushaltslage legitim, sich mit den Finanzen des Landkreises zu beschäftigen, zumal dieser seinen ungedeckten Bedarf über die Kreisumlage decken muß, da er über keine eigenen Einnahmemöglichkeiten verfügt und natürlich haben die Umlagezahler das Recht nachzufragen, ob die Höhe der Umlage auch gerechtfertigt ist. Allerdings würde ich mir manchmal wünschen, daß die Umlagezahler genauso energisch und konsequent nachfragen, wenn es um Festsetzungen geht, die erheblichen Einfluß auf die Aufstellung unseres Kreishaushaltes haben.

 

Nun zum Haushalt selbst:

 

1.  Der Kreishaushalt 2003 enthält keine Altlasten aus früheren Jahren, die jetzt zum Zusammenbruch der Finanzen und damit zur unangemessenen Belastung der Gemeinden führen. Das einzige, was wir uns vorzuwerfen haben und auch schon immer vorgeworfen haben, ist die Tatsache, daß die letzten sechs Jahre nichts an der Kreisumlage verändert, sondern immer eine etwas höhere Verschuldung in Kauf genommen worden ist. Das ist der Verwaltung von Rednern aus allen Lagern zum Vorwurf gemacht worden. Für mich ist es deshalb unverständlich, daß gerade dieses Jahr ein totales Umschwenken erfolgt. Wir können aber in diesem Jahr nicht erneut auf eine Erhöhung der Kreisumlage verzichten, da wir 2004 aufgrund des zu erwartenden Rückgangs der Umlagekraft noch größere Schwierigkeiten bei der Festlegung der Kreisumlage haben werden.

 

2.  Der Kreishaushalt 2003 enthält nichts, was nicht in diesem Gremium mit großer Mehrheit oder gar einstimmig beschlossen worden ist. Neue politischen Weichenstellungen sind nicht da und andere politisch motivierte Bedenken lassen sich nicht gegen ihn finden. Wenn man  gegen die Generalsanierung der Rudolf-Harbig-Halle ist, hätte man im Jahr 2002 gegen den Haushalt stimmen müssen, denn im letzten Jahr wurde diese Generalsanierung anfinanziert, ebenso wie die Erweiterung von Julius-Echter-Gymnasium/Staatl. Realschule Elsenfeld. Für beide Maßnahmen waren im Haushalt 2002  4,15 Mio € vorgesehen, im Jahr 2003 sind es insgesamt 4,2 Mio €. Eine Begründung, daß eine neue politische Weichenstellung vorgenommen wurde, kann also aus diesem Haushalt nicht abgeleitet werden. Im übrigen sollte man zu den mit großer Mehrheit gefaßten Beschlüssen stehen und zwar nicht nur in schönen Zeiten, wenn es um die Einweihung und einen Platz in der ersten Reihe geht, sondern auch bei der Finanzierung.

 

3.  Im Kreishaushalt 2003 befindet sich kaum etwas, was nicht zu den Aufgaben des Landkreises gehört. 93 % von alledem sind Pflichtaufgaben, die von Gesetzes wegen dem Landkreis zur Erledigung zugewiesen sind und bei dessen Erledigung er durch die Kreisumlage von den Gemeinden abhängig ist. Wenn z.B. der Kollege Kern oder der Kollege Dr. Schüren in einem Zeitungsartikel behaupten, daß sicherlich noch Einsparpotential bei den freiwilligen Leistungen vorhanden sei, so würde mich schon interessieren, wo sie diese sehen.  Außer der Kulturarbeit im Zusammenhang mit der von allen so geschätzten Tätigkeit der Kulturreferentin Schmidt und bei der Vereinsförderung, hier vor allem bei den Übungsleiterzuschüssen und den Zuschüssen für Bauprojekte, gewährt der Landkreis Miltenberg nur noch im Bereich der Schulen freiwillige Leistungen. Ich habe manchmal das Gefühl, daß mancher, der auf diesem Gebiet argumentiert, in den 70-er und 80-er Jahren steckengeblieben ist. Damals herrschte jedes Jahr helle Aufregung darüber, daß man die Kreisumlage anders festsetzen müßte, weil der Landkreis freiwillige Leistungen an sich ziehe, die ihm an sich nicht zuständen und die Aufgabe der Gemeinden seien. Diese Situation hat sich aber seit dem Fürstenfeldbrucker Urteil gewaltig geändert. In diesem wurde klar festgelegt, wer für welche Angelegenheiten zuständig ist: Die Gemeinden für die örtlichen und der Landkreis für die überörtlichen bzw. die verwaltungsmäßig und das finanzielle Leistungsvermögen der kreiseigenen Gemeinden übersteigenden Angelegenheiten. Der Landkreis Miltenberg akzeptiert auch, daß eine Gemeinde die Aufgabe lieber selbst wahrnimmt anstatt sie über die Kreisumlage durch den Landkreis zu finanzieren. Wir haben diesbezüglich in den letzten Jahren einige Beispiele erlebt. Ich erinnere an die Umstellung der Förderung der Jugendarbeit, die zum großen Teil die Gemeinden selbst übernommen haben und die nicht mehr über die Kreisumlage und die Zuschüsse an den Kreisjugendring abgewickelt werden. Ich kann mich nicht erinnern, daß in den letzten Jahren andere Aktionen gestartet wurden, um eine ähnliche Bereinigung der Zuständigkeit bei freiwilligen Leistungen vorzunehmen, d.h. man kann davon ausgehen, daß der Landkreis keine freiwilligen Leistungen wahrnimmt, die nicht von den Gemeinden akzeptiert werden. Freiwillige Leistungen können also kein Grund für die Ablehnung des Haushaltes 2003 sein.

 

4.  Der Haushalt 2003 enthält auch kaum Einsparungsmöglichkeiten. Wenn wir von Einsparungsmöglichkeiten sprechen, kann es sich nur um Dinge handeln, die mit dem Verwaltungshaushalt zu tun haben. Wenn Kollege Dr. Schüren im Kreisausschuß die Straße Schippach – Streit als Beispiel dafür anführt, daß der Landkreis noch im Geld schwimmt, so irrt er in zweierlei Hinsicht. Einmal ist diese Maßnahme keine Angelegenheit des Haushaltes 2003, sondern im Haushalt 2002 finanziert und steht gar nicht mehr in diesem Haushalt und zweitens ist es eine Angelegenheit des Vermögenshaushalts, die uns selbst bei einem Verzicht nicht aus der Haushaltsmisere heraushelfen würde. Wo könnte man also sparen? Die Tatsache, daß in den letzten Jahren schon als Folge der Verwaltungsmodernisierung und anderen Maßnahmen gerade im Verwaltungshaushalt Einsparungen vorgenommen worden sind, ist daran ersichtlich, daß der Verwaltungshaushalt schon 1995 die Höhe von 153 Mio DM hatte. Heute liegt er bei 78,37 Mio €, einer Summe, die etwa mit der damaligen identisch ist. Gerade auch bei den Personalkosten kann sich der Landkreis Miltenberg im Vergleich mit anderen Landkreisen durchaus sehen lassen. Es ist eben nicht zu den behaupteten überdurchschnittlichen Steigerungen gekommen und dieser Kreistag hat den Prozeß der Modernisierung und Einsparung positiv begleitet, weil mit Budgetierung und Controlling auf betriebswirtschaftliches Denken gesetzt wurde. Wir können also feststellen: Der vorgelegte Kreishaushalt 2003 ist keineswegs Ursache für die Finanzmisere der Gemeinden. Er enthält keine neuen Festlegungen und Bindungen und finanziert keine neuen oder nicht dem Landkreis zustehenden Aufgaben; er hält sich an die Gesetze der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit.

 

Zu diesem Ergebnis scheinen auch allen anderen Fraktionen bzw. Gruppierungen gekommen zu sein. Den gemeinsamen Beratungen bzw. den Presseartikeln der internen Beratungen war nichts zu entnehmen, was als Kritik an der Haushaltsaufstellung selbst bewertet werden könnte bzw. wurde nichts dargelegt, was an Einsparmöglichkeiten, Streichungen oder Verschiebungen im Verwaltungshaushalt in das nächste Haushaltsjahr möglich wäre. Besonders die in der CSU-Fraktion mitarbeitenden Bürgermeister hinterfragten energisch alle Haushaltspositionen und die geplante Erhöhung der Kreisumlage. Sehr ausführlich wurden auch die Entlastungen durch die Bezirksumlage und die Krankenhausumlage gegen die vorhandenen Risiken (ich erinnere noch einmal an die Jugendhilfe, die Beamtenbesoldung, die Schaffung von Kompetenzzentren, die Auswirkungen der Einführung der R 6, die Grundsicherung und das Krankenhausdefizit) abgewogen. Der vorgeschlagene Kompromiß, die Kreisumlage nur um 0,7 % auf 42 % zu erhöhen, soll sicherstellen, daß der Landkreis auch weiterhin seine Aufgaben erfüllen kann, daß aber andererseits die Erhöhung auch für die Städte und Gemeinden noch tragbar ist.

 

Leider haben die anderen Fraktionen den Beschluß des Bayer. Gemeindetages, alles zu versuchen, um Einsparungsmöglichkeiten zu finden, die eine Erhöhung der Kreisumlage verhindern könnten, so aufgefaßt, als ob es auf jeden Fall um eine Verhinderung der Erhöhung der Kreisumlage gehe. Dabei wurde auch die ursprünglich als überparteiliche Solidaritätsaktion geplante gemeinsame Aktivität zu einer parteipolitischen Aktion. Dies merkt man vor allem daran, daß sich die Begründung für die Ablehnung hauptsächlich auf die Gemeindefinanzen und nicht auf den Kreishaushalt allgemein bzw. den Kreishaushalt 2003 und hier insbesondere den Verwaltungshaushalt bezogen hat.

 

Es ist ohnehin die Frage, ob sich der Kreishaushalt dazu eignet, als Basis für eine solidarische Protestaktion der Gemeinden wegen deren immer knapper werdenden Finanzen zu dienen. Wenn man sich auf dieses Ziel einigt, gäbe es einige andere Möglichkeiten zu gemeinschaftlichem Handeln, z.B. das von den Gemeinde- und Kreisorganisationen schon längst geforderte Konnexitätsprinzip endlich durchzusetzen. Dabei geht es nicht nur darum, daß man sich auf einen Konsultationsmechanismus einigt. Das bedeutet, daß die kommunalen Spitzenverbände frühzeitig an allen Gesetzgebungen und Maßnahmen beteiligt werden, die neue Aufgaben und Kostenbelastungen für sie bringen. Allerdings hat sich gezeigt, daß das Konnexitätsprinzip nicht nur auf Landesebene durchgesetzt werden muß. Neue milliardenschwere Aufgaben, wie etwa die Grundsicherung, die ohne ausreichenden Finanzausgleich auf die Kommunen, hier vor allen die Landkreise, abgewälzt werden, machen deutlich, daß auch auf Bundesebene im Grundgesetz und durch entsprechende Verfahrensregelungen Konnexitätsprinzip und Konsultationsmechanismus einzuführen sind. Es wäre zu wünschen, daß sowohl die SPD, als auch die Mitglieder von Bündnis 90/Die Grünen und die Freien Wähler einen Teil ihrer Energie für die Durchsetzung dieses Prinzips auf Bundesebene aufwenden würden.

 

Der Grundsatz “Wer die Musik bestellt, hat sie auch zu bezahlen”, sollte aber auch im Kreistag gelten. Die CSU-Fraktion hat im Zusammenhang mit diesem Haushalt beschlossen, alle Ausgaben, auch die, die in diesem Haushalt stehen, hinsichtlich ihrer Notwendigkeit und der geplanten Standards auf den Prüfstand zu stellen. Der Kreistag bleibt aufgefordert, alles zu unterlassen, was den Haushalt 2004 aufblähen könnte. Es geht nicht an, neue Aufgaben oder Forderungen, wie etwa Erhaltung der Frühförderstelle, Ausweitung des ÖPNV-Angebotes, Ausbau von Ganztagsschulen oder –betreuung oder die Bereitstellung von Krippen- und Hortplätzen zu beantragen und dem Landkreis Miltenberg die nicht geringen Aufwendungen aufzubürden. Auf diesem Gebiet wäre eine solidarisch Aktion möglich, nicht nur von den Bürgermeistern. Wer die Gemeindefinanzen im Auge hat und dafür sorgen möchte, daß diese nach Möglichkeit geschont werden, kann nichts Besseres tun, als Ausgaben zu vermeiden, die über die Kreisumlage von den Gemeinden finanziert werden müssen.

 

Fazit: Bei vernünftiger Betrachtung der Haushaltsdaten und der Art und Weise wie der Haushalt 2003 aufgestellt ist, kann man eigentlich zu keinem anderen Ergebnis kommen, als zu einer Zustimmung für diesen anerkannt sehr schwierigen Haushalt. Die Tatsache, daß wir diese Schlußfolgerung so klar ausformulieren können, verdanken wir nicht zuletzt Kreiskämmerer Straub, der in souveräner Weise den Kreishaushalt 2003 aufgestellt und ihn bereitwillig und offen mit allen politischen Gruppierungen erörtert hat. Ihm gilt unser Dank ebenso wie allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Landkreises, in welchen Bereichen sie auch tätig sein mögen. Mit der Zustimmung zum Haushalt sollten ihre Verdienste anerkannt und ihre weitere Tätigkeit auf eine solide Grundlage gestellt werden. Daß dies auf einer breiten Basis der Zustimmung geschehen kann, machte uns unser Nachbar, der Main-Tauber-Kreis, vor. Dort wurde die Erhöhung der Kreisumlage über 3 % fast einstimmig beschlossen.

 

Der Vorsitzende der SPD-Fraktion, Kreisrat Dr. Schüren, trug folgendes vor:

 

Viel Lärm um Nichts

 

Selten hat es im Vorfeld der Haushaltsberatungen soviel Aufruhr und scheinbaren Kampfesmut gegeben wie in diesem Jahr. Der Kämmerer hatte seine Hausaufgaben ordentlich gemacht und einen Haushalt auf der Basis einer 1 %-igen Erhöhung der Kreisumlage erstellt, die Fraktionsvorsitzenden hatten zunächst keine ernsthaften Einwände erhoben und alles schien business as usual. Doch diesmal hatte er die Rechnung ohne die Herren Bürgermeister gemacht, die einer Erhöhung der Kreisumlage, also einem Griff in ihre Gemeindekassen, nicht zustimmen wollten. "Die Landesfürsten proben den Aufstand” hätte man in Anlehnung an Grass dieses Trauerspiel, das sich denn doch eher als Farce entpuppte, auch nennen können. In der Hauptrolle: Der scharfzähnige Löwe aus Erlenbach (sein Vorgänger Nebel ließ sich nur allzu gern “Präsident” nennen) führte die geschlossene Front der Bürgermeister samt Bürgermeisterin an. Kräftemessen vom Feinsten! Gut gebrüllt Löwe, möchte man rufen, aber leider zu kurz gesprungen! In Erlenbach mit Biß gestartet und in Röllbach als Bettvorleger gelandet. Statt der Kreisumlagenerhöhung um 1 % eine klare Absage zu erteilen, fand man sich in einem hart errungenen Kompromiß mit 0,7 % Erhöhung ab. So entpuppte sich das scharfe Gebiß als die dritten Zähne, die inzwischen sicher den wohlverdienten Weg ins Wasserglas gefunden habe, wo sie bis zur nächsten “beinharten” Auseinandersetzung frischgehalten werden.

 

Dank an den Kämmerer

 

Ich darf zunächst Kämmerer Straub ganz herzlich danken für die offene und faire Art, mit der er wie in den vergangenen Jahren unsere Fraktion informiert und ihr Rede und Antwort gestanden hat. Für ihn ist dies heute auch eine ungewohnte Situation, den Haushalt nicht nur gegen die obligatorischen Gegenstimmen von Bündnis 90/Die Grünen, sondern gegen eine starke Minderheit im Kreistag durchsetzen zu müssen. Ich sage ausdrücklich, wenn wir in diesem Jahr den Haushalt ablehnen, dann sicher nicht deswegen, weil wir der Ansicht wären, er sei unsolide gearbeitet oder mit falscher Nadel gestrickt. Im Gegenteil, ich stehe nicht an zu erklären, daß ich, wäre ich Kämmerer, wahrscheinlich auch eine Erhöhung der Kreisumlage für notwendig erachtet hätte. Wir werden den Haushalt trotzdem ablehnen müssen, weil wir glauben, dieser Haushalt setzt angesichts der Finanzlage der Kommunen politisch das falsche Signal.

 

Lage der Kommunalfinanzen

 

Ist die Auseinandersetzung um 1 % Kreisumlage, also um ca. 755.400,00 € bei einem Gesamthaushalt von über 92 Mio € sinnvoll? ist es wirklich ein Erfolg für die Kommunen, jetzt 0,3 %, also etwa 226.000,00 € weniger zahlen zu müssen? Jeder hier weiß, daß die Kommunen finanziell mit dem Rücken zur Wand stehen. Bürgermeister Berninger hat darauf hingewiesen, daß auch im Landkreis Miltenberg etwa die Hälfte der Kommunen die Mindestzuführung zum Vermögenshaushalt nicht erreichen werden. Die Ursachen dafür sind zahlreich und weder allein in München, noch in Berlin zu suchen. Hauptursache sind einerseits die lahmende Konjunktur, andererseits das kurzsichtige Wirtschaften zahlreicher Kommunen, auch des Landkreises Miltenberg selbst, nach dem Motto “es wird schon nicht so dick kommen”. Hier wäre der Punkt, einmal klar und ohne Blick auf bevorstehende Wahlkämpfe etwas zum Finanzgebahren des Bundes und des Freistaates Bayern zu sagen. Es reizt mich, aber ich tue dies nicht, weil ich mich seit Jahren bemühe, Probleme der Kommunalpolitik nicht aus fehlgeleiteter Landes- oder Bundespolitik zu erklären und weil ich mir zu schade bin, ein dünnes politisches Süppchen auf der spärlichen Flamme der kommunalen Finanzen zu kochen. Das besorgt Kreisrat Rüth viel besser als ich. Die Hausaufgaben müssen vor Ort gemacht werden. Daß dazu auch die Rahmenbedingungen für kommunales Wirtschaften zugunsten der Kommunen geändert werden müssen, dürfte inzwischen jedem geläufig sein. Ich darf allerdings daran erinnern, daß der Bund keine unmittelbaren Finanzbeziehungen zu den Kommunen unterhält, also alle finanziellen Auswirkungen von Gesetzen zunächst über die Länder abwickelt und dann in unterschiedlicher Weise an die Kommunen weitergereicht werden.

 

Abschaffung der Bezirke

 

Am Ende jeder Rede im römischen Senat soll, so ist es von Cicero tradiert, Cato Maior sein berühmtes “ceterum censeo, Carhaginem esse delendam” gesprochen, also gesagt haben, er sei der Meinung, Karthago müsse zerstört werden. Ich bin weiß Gott nicht der ältere Cato und dieses Haus hat beileibe nicht das Format des Senats von Rom, aber immer wieder auf einen Mißstand oder auf eine dringende Notwendigkeit hinzuweisen, ist auch Aufgabe eines Kommunalpolitikers in der Provinz. Was für Cato Karthago war, ist für mich der Bezirk, ja alle sieben bayerischen Bezirke. Hätten wir diese kostspielige und überflüssige politische Zwischenebene nicht, hätten wir keine Bezirksumlage. Es könnten manche Aufgaben des Bezirks in eigener Regie und Verantwortung übernommen und andere Kompetenzen vom Freistaat Bayern wahrgenommen oder Landschaftsverbänden übertragen werden, wie dies in zahlreichen Bundesländern der Fall ist. Hier wären erhebliche Kosten zu sparen, ohne dabei ein wichtiges demokratisches Instrument für die Bürgerinnen und Bürger zu opfern. Die sieben bayerischen Bezirks sind meiner Ansicht nach ebenso überflüssig wie es der Bayer. Senat war, der für den Fall seiner Abschaffung mit dem Untergang des Abendlandes gedroht hat. Und wer erinnert sich denn heute noch an ihn? Beide, Bezirke und Senat, hatten übrigens etwas gemeinsam: Die Bürgerinnen und Bürger kennen sie nicht, sie sind, anders als die kommunale Ebene  und die Staatsregierung, den Menschen fremd, weil im Grunde nur historisch erklärbar, aber nicht aus der politischen Notwendigkeit heraus zwingend. Der Bayer. Senat war obsolet und mußte weichen, die Bezirke sind es ebenfalls und werden weichen. Ob ich das allerdings noch erlebe, sei dahingestellt.

 

Prestigebau Rudolf-Harbig-Halle Elsenfeld

 

Ein weiteres Menetekel mit Blick auf die Kreisfinanzen ist die Luxusausstattung der Rudolf-Harbig-Halle. Wenn heute um 1 % Kreisumlage gestritten wird, kann ich mich angesichts der 8,6 Mio €, die für dieses Prestigeobjekt ausgegeben werden, nur wundern, daß die Kommunen dagegen nicht mehr Widerstand geleistet haben. Wer bezahlt die Halle? Natürlich letztlich die Kommunen über eine erhöhte Kreisumlage. Und es möge jetzt nicht wieder jemand den Einwand bringen, ich könnte nicht zwischen Verwaltungs- und Vermögenshaushalt unterscheiden. Auch bei der CSU scheint der finanzpolitische Weitblick bezüglich der Rudolf-Harbig-Halle sehr getrübt gewesen zu sein. Und ich bin mir sicher, daß eine Mehrheit für dieses Projekt angesichts der derzeitigen und auch künftigen Lage der Kreisfinanzen heute gewiß nicht mehr zustandekäme. Aber von Anfang an ging es in dieser Frage ja nicht um sachliche Argumentation, sondern um Kräftemessen nach dem Motto “Bindet den Helm fester!”. Was wird das Ende vom Lied sein? Die wirklich dringend notwendige Neubaumaßnahme im Schulzentrum Elsenfeld wird gestreckt, in mindestens fünf Bauabschnitte gegliedert und über sechs oder mehr Jahre verteilt werden müssen, weil die notwendigen Mittel zur Erfüllung dieser Pflichtaufgabe nicht in ausreichendem Maße vorhanden sind.

 

Die Krankenhäuser

 

Ich stimme dem Kämmerer ausdrücklich zu, daß die Senkung der Krankenhausumlage um etwa 360.000,00 € für ihn allein kein Grund sein konnte, die Kreisumlage nicht zu erhöhen. Die finanziellen Risiken, die beide Krankenhäuser in den kommenden Jahren mit sich bringen, sind nicht zu unterschätzen. Schließlich ist der Landkreis derjenige, der die auflaufenden Defizite, wenn auch nicht im selben Jahr, zu begleichen hat. In diesem Zusammenhang möchte ich nochmals auf die Notwendigkeit der Krankenhausreform hinweisen, die die SPD-Fraktion mehrheitlich mitgetragen hat. Ich will auch nicht verhehlen, daß ich diesen Reformschritt für den ersten, aber nicht den letzten halte. Ziel aber bleibt es, bei Sicherung der beiden Krankenhausstandorte und einer qualitativ hochwertigen Patientenversorgung die Wirtschaftlichkeit der beiden Häuser zu optimieren. Daß dies angesichts der Rahmenbedingungen bei der Krankenhausfinanzierung nicht einfach sein wird, ist offensichtlich. Überlegen Sie einmal, wieviel Krankenhausdefizit man abdecken könnte, hätte man die Rudolf-Harbig-Halle nach dem Motto saniert “Nur was notwendig ist, wird auch finanziert.”.

 

Schulden des Landkreises Miltenberg

 

Wenn kein Geld da ist, werden eben Kredite aufgenommen. Nach dieser einfachen Methode will und muß der Landkreis weiter in die Verschuldung gehen. Ende des Jahres 2003 wird der Schuldenstand dann wohl 50 Mio € betragen, Tendenz steigend. Die Argumentation, in einer wirtschaftlichen Krise verstärkt öffentliche Investitionen zu tätigen, ist einleuchtend, die Verlagerung des Schuldenabbaues aber auf die kommende Generation ist es nicht. Auch der scheinbar logische Gedanke, wer die Immobilie künftig nutzt, soll sie auch bezahlen, kann politisch langfristig nicht tragfähig sein. Investitionen in die Zukunft können nicht den Kindern und Enkeln aufgebürdet werden. Ihr politischer Gestaltungsspielraum wird damit zerstört. Hier gilt für die öffentliche Hand, was für jeden Privatmann auch gilt: Ich baue ein Haus, packe es bis unters Dach mit Hypotheken voll, mache mir ein schönes Leben und vererbe dann meinen Kindern ein Danaergeschenk, das der Bank gehört.

 

Sparpotentiale

 

Neulich habe ich gehört, daß den Haushalt nur ablehnen dürfe, wer Sparvorschläge machen könne. Klingt vernünftig und ich will es auch tun, ohne mich in die Detailarbeit eines Kämmerers einzumischen. Die  grundlegende Frage: “Was ist notwendig und was ist wünschenswert?” wird künftig viel prägnanter gestellt werden müssen. Ist beispielsweise der Ausbau der Kreisstraße MIL 34 Schippach – Streit, der mit 620.000,00 € zu Buche schlägt, wirklich dringlich notwendig? Ich sage Nein! Die Straße mit einer Frequenz von weniger als 500 Fahrzeugen täglich ist verkehrssicher, in einem passablen Zustand und bedarf keiner dringlichen Erneuerung. Vor allem aber müssen wir uns klar darüber sein, daß auch die freiwilligen Leistungen auf den Prüfstand gehören, also genau das, womit man bei der Bevölkerung punkten kann. Wer legt schon gern die Hand an Ausgaben für Fremdenverkehr, Freizeit, Kultur und Wirtschaft? Wer will mutwillig an den freiwillig gezahlten Gastschulbeiträgen sparen? Ich könnte die Liste fortführen. Es sind bislang nicht beachtete Sparpotentiale durchaus vorhanden, die sich schnell auf deutlich mehr als 1 % Kreisumlage addieren. Hier liegen unseres Erachtens die Handlungsspielräume und nicht mit Jammern über eine aufgedrückte Grundsicherung, von der bislang niemand genau weiß, wie sie sich in Euro und Cent auswirken wird oder in den steigenden Kosten im Einzelplan 4. Aber auch in der Überprüfung von Entscheidungen, die im Kreistag mehrheitlich getroffen wurden, können ungehobene Ressourcen liegen. Ich denke daran, daß wir Personal eingestellt haben mit der Aufgabe, die Kosten der Heimunterbringung zu verringern oder Akquirieren von geeigneten Pflegefamilien. Eine finanziell wie pädagogisch sinnvolle Aktion. Wenn jede/r Sachbearbeiter/in nur eine Heimunterbringung verhindern könnte, hätte er/sie sein/ihr Brot schon verdient, hieß es seinerzeit. Haben sie denn ihr Brot verdient? Im Haushalt spürt man von dieser Entlastung nichts. Hier herrscht für uns noch Klärungsbedarf. Auch die mit der Budgetierung zusammenhängenden Personal- und Sachkosten müssen sich irgendwann einmal amortisieren. Die Controllerin hat im Kreisausschuß einen kurzen, nicht besonders aufrüttelnden Arbeitsbericht geliefert. Ich habe den Eindruck, es fehlt irgendwie der Elan der Anfangszeit des Projektes “Verwaltungsreform”, hoffentlich nicht der Glaube an die Sinnhaftigkeit des Unterfangens. Was mich am meisten bedrückt, ist der nicht erkennbare Wille, wirklich mit dem Sparen zu beginnen. Wenn im Kreisausschuß angesichts der vorliegenden Zahlen und nach dem gescheiterten Aufstand der Bürgermeisterriege so als ob nichts geschehen wäre, eine zusätzliche freiwillige Leistung an die in kirchlicher Trägerschaft stehende Maria-Ward-Schule Aschaffenburg in Höhe von 110,00 € pro Kind, also in diesem Jahr immerhin 27.000,00 € mit der CSU und ihren Hilfstruppen durchgedrückt wird, dann verstehe das, wer mag, die SPD-Fraktion hat dafür kein Verständnis.

 

Künftige Haushaltsberatungen

 

Ich befürchte, die Haushaltsberatungen der kommenden Jahre werden nicht so harmonisch verlaufen wie die bisherigen. Vielleicht sollte man über einen neuen Modus der Beratungen nachdenken. Ich meine, daß nicht nur die Rahmendaten, sondern alle Positionen, bei denen der Landkreis einen Handlungsspielraum hat, mit Vertretern der Fraktionen ausführlich durchgesprochen werden sollten. Das kostet mehr Zeit als bisher, man könnte stattdessen aber die seperate Erläuterung durch den Kämmerer innerhalb der einzelnen Fraktionen entsprechend kürzen und auf die wesentlichen Knackpunkte beschränken. Haushaltsberatungen werden künftig auch politischer werden, weil es nicht mehr so viel zu verteilen, sondern viel mehr wirklich abzuwägen und zu entscheiden gibt.

 

Ablehnung des Haushalts

 

Die SPD hat sich klar entschieden. Die Fraktion wird den Haushalt in der vorliegenden Fassung ablehnen, weil sie fest davon überzeugt ist, daß der Landkreis in einem solidarischen Kraftakt mit den 32 Kommunen die Kreisumlage stabil halten könnte, wenn auch unter Inkaufnahme von erhöhtem Risiko. Desweiteren sind wir davon überzeugt, daß längst nicht alle Sparpotentiale wirklich erfaßt und ausgeschöpft worden sind. Zu guter Letzt lehnen wir den im Spagat zwischen Vasallentreue und leeren Kassen in den Gemeinden zustandegekommenen Formelkompromiß einer Senkung der Umlage um 0,3 % ab, da er nicht sachgerecht ist, sondern rein parteitaktischem Kalkül der CSU entsprungen ist.

 

Der Vorsitzende der FW-Fraktion, Kreisrat Dr. Fahn, äußerte folgendes:

 

Freie Wähler gegen einseitige Kostenverlagerung von Bund, Land und Bezirk auf die Kommunen

Dem Landkreis geht es vergleichsweise besser als den 32 Gemeinden (“Wir sitzen alle in einem Boot, der Landkreis steuert und die Kommunen rudern mit letzter Kraft”) – 41,3% Kreisumlage genügen! Bereits im Jahr 2000 setzten die Freien Wähler als Überschrift zu ihrem Beitrag zum Haushalt: “Die Ruhe vor dem großen Sturm”. Und 1999 hatten wir sogar angemahnt, in Zukunft Abschied von einem zu großen Anspruchsdenken zu nehmen. Aber der Sturm kam zunächst nicht. Im Jahr 2002 schrieb das “Main-Echo” sogar: “Wo Milch und Honig fließen - Haushaltsberatungen in eitler Harmonie” und der Fraktionsvorsitzende der SPD hielt es sogar für überflüssig, überhaupt eine Haushaltsrede zu halten. Natürlich hing dies alles auch mit der großen “Stern”-Umfrage zusammen, bei der 82% der Befragten antworteten, gerne in der Region Untermain zu leben. Natürlich waren die Finanzprobleme auch 2002 schon absehbar; aber wir haben dies noch nicht ausreichend wahrgenommen, vielleicht auch, weil wir durch den Kommunalwahlkampf sehr engagiert waren. Aber inzwischen ist die Ernüchterung wieder eingekehrt. Auch im Landkreis Miltenberg gibt es viele Konkurse oder starken Personalabbau aufgrund von Gesundschrumpfungen von Firmen. Die finanziellen Hiobsbotschaften haben inzwischen auch alle Kommunen im Landkreis Miltenberg erreicht; daher waren die Hausberatungen 2003 bei allen Fraktionen noch nie so kontrovers und spannend wie dieses Jahr. Insbesondere die Bürgermeister artikulierten sich dank ihres neuen Vorsitzenden klar und eindeutig wie noch nie. Jeder weiß bereits heute, daß die folgenden Jahren noch problematischer werden als dieses Jahr. Bei allen Kontroversen sollte man aber auch bedenken, daß wir in einem Boot sitzen. Wenn die Kommunen pleite sind, wird der Landkreis auch nichts mehr holen können. Dies hat auch Kämmerer Straub gespürt. Wir möchten uns bei ihm recht herzlich für seine Informationen zum Haushalt 2003 bedanken. Er muß schließlich die Vorgaben von Bund, Land und Bezirk akzeptieren und in den Haushaltsentwurf einbauen. Das gleiche gilt für die Vorgaben, die er von den einzelnen Sachgebietsleitern erhält. Im Kreisausschuß am 26.02.2003 wurde bereits ausführlich über den Haushalt diskutiert und ein (angeblicher) Kompromiß von 42 % mehrheitlich verabschiedet. Dagegen möchten die Freien Wähler folgende Gegenargumente vortragen:

 

1.  Die von der CSU und der Neuen Mitte vorgeschlagene Umlagenerhöhung um 0,7 % ist kein Kompromiß, sondern ein willkürlich herausgegriffener Wert

 

     Die Freien Wähler haben bereits frühzeitig und als erste politische Gruppierung NEIN zu einer Erhöhung der Kreisumlage gesagt. Dies war am 10.12.2002 in der Presse zu lesen. Wir haben in der Folgezeit alle Daten geprüft und diskutiert und sind bei unserer Auffassung geblieben. Die Landkreisverwaltung hatte bereits am 17.12.2002 vorgeschlagen, die Kreisumlage um 1 % zu erhöhen; dies bedeutet im Vergleich zur bisherigen Kreisumlage von 41,3% ein Mehr von rd. 755.000,00 €, die der Landkreis von den 32 Gemeinden holen wollte. Begründet wurde dies mit der gesunkenen Umlagekraft des Landkreises im Vergleich zu der geringen Senkung der Bezirksumlage und den geringer als erwartet ausgefallenen Schlüsselzuweisungen. Dies ist aber nicht notwendig. Einige Beispiele dazu:

     -    Die Reduzierung der Krankenhausumlage belastet den Landkreis um rd. 370.000,00 € weniger als erwartet. 370000 € sind schon 0,5 %  weniger Kreisumlagenerhöhung.

     -    Die tatsächliche Zuführung vom Verwaltungs- in den Vermögenshaushalt war auch im Jahr 2002 wieder höher als die geplante; nach bisherigen Rechnungen beträgt sie ca. 180.000,00 €. Auch dieser unplanmäßige Überschuß ist ein zusätzliches finanzielles Polster.

     -    Die restlichen 200.000,00 € kann man durch Kürzungen im Sozial- und Jugendhilfeetat einsparen. Die Umsetzung des Grundsicherungsgesetzes bedeutet nach einer Berechnung von Sozialamtsleiter  Vill eine zusätzliche Nettobelastung des Landkreises Miltenberg von 146.000,00 €. Das Grundsicherungsgesetz ist ein Musterfall für das Konnexitätsprinzip. Wer bestellt, soll auch bezahlen und das ist die rot-grüne Bundesregierung. Der Landkreis ist hier als Zahler nicht zuständig. Weitere Einsparungen müssen im Haushaltsplan 4, insbesondere im Jugendhilfenbereich vorgenommen werden.

     -    Wir könnten sofort und heute Investitionen im Baubereich “strecken” und damit finanzielle Mittel freisetzen.

     -    Wir haben immer noch eine allgemeine  Rücklage  des Landkreises von 2,7 Mio €, die im Bedarfsfall als “Notnagel” dienen kann.

Die CSU-Fraktion fand einen angeblichen Kompromiß von 42 %, um zum einen den Interessen der Kommunen und zum anderen den Interessen des Landkreises gerecht zu werden. Man will die Kommunen um 0,3 % weniger belasten, was einem Betrag von rd. 227.000,00 € entspricht. Dies ist ein völlig willkürlicher herausgegriffener Wert, der sachlich nicht begründbar und in keiner Weise nachvollziehbar ist. Hätte die CSU z.B. argumentiert, die Kreisumlage nur auf 41,8 % zu erhöhen und nicht auf 42,3 %, weil dies dann genau der “eingesparten” Krankenhausumlage entspricht, dann wäre die Entscheidung zumindest sachlich nachvollziehbar gewesen. So ist ein Wert von 42 % herausgenommen, bei dem die CSU glaubt, zusammen mit den Neuen Mitte eine politische Mehrheit zu finden.

 

2.  Schlechte Rahmenbedingungen belasten den Landkreis Miltenberg – Schlechte Kunde aus Berlin, München und Würzburg

 

     -    Die rotgrüne Bundesregierung vernachlässigt die Kommunen.

     1998 kam etwas Hoffnung auf, als in der damaligen Koalitionsvereinbarung eigens ein Passus aufgenommen wurde, die Interessen der Kommunen stärker zu vertreten, um dadurch letztlich auch die Finanzen der Kommunen zu stärken. In Wirklichkeit hat aber die rot-grüne Bundesregierung die Interessen der Kommunen vernachlässigt. Negativer Höhepunkt war die Entscheidung des Bundestages vom 13.02.2003, die von CDU/CSU-Fraktion und Bundesrat eingebrachten Gesetzesentwürfe, die Gewerbesteuerumlage zugunsten der Kommunen wieder auf den Stand von 2001 zurückzuführen, abzulehnen. Die Gewerbesteuerumlage war zum 01.01.2001 im Zuge der Steuerreform erhöht worden, weil die Gewerbesteuer insbesondere wegen verschlechterter Abschreibungsbedingungen massiv ansteigen sollte, was aber nicht der Fall war. Das Gegenteil trat ein. Eine Senkung der Gewerbesteuerumlage hätte den Städten und Gemeinden in diesem Jahr 2,3 Mrd € gebracht. Der Vorsitzende des Bayer. Städtetages, Deimer, drückte dies so aus: ”Das wäre eine lebenserhaltende Geldspritze für die vor dem finanziellen Infarkt stehenden Städte und Gemeinden gewesen.” Aber der Bundestag lehnte dies mit seiner rot-grünen Mehrheit ab. Herr Schwenk vom Deutschen Städtetag drückte dies in einem Brief an alle Kämmerer in Bayern folgendermaßen aus: ”Hier haben die Bundestagsabgeordneten, die gegen die Senkung votierten, wieder einmal ihre kommunalunfreundliche Haltung offenkundig gemacht. Das Faustrecht des Stärkeren wurde gegenüber der kleinsten Keimzelle der Demokratie, wie schon oft, demokratisch durchgesetzt.” Der Bund sorgt nicht nur dafür, daß die Kommunen weniger Einnahmen erhalten, sondern er bürdet gleichzeitig den Landkreisen zusätzliche Kosten auf. Ein klassisches Beispiel hierfür ist das am 01.01.2003 in Kraft getretene Grundsicherungsgesetz. Mit der neuen Grundsicherung will die rot-grüne Bundesregierung den Beziehern sehr kleiner Renten die Altersarmut ersparen. Doch die Regelung führt in erster Linie zu höheren Verwaltungskosten. Zudem werden die Kinder aus der Pflicht entlassen, ihre Eltern zu unterstützen. Die Zeche zahlt der Steuerzahler. Die Bundesregierung hat angekündigt, dafür 409 Mio € den Ländern (Bayern soll 34,9 Mio € erhalten) zu erstatten, obwohl nach offiziellen Berechnungen die anfallenden Kosten fünf- bis sechsmal so hoch sein werden. Der Deutsche Landkreistag will gegen diese Vorgehensweise, die sich fundamental gegen das Konnexitätsprinzip wendet, klagen. Die Freien Wähler unterstützen diese Klage. Wenn schon der Bund ein Gesetz erläßt, dann muß er auch für die Finanzierung sorgen und darf diese nicht den Kommunen im Landkreis Miltenberg aufbürden, die bereits heute “am Krückstock” gehen. Wir müssen gegen ein derartiges Finanzgebahren der Bundesregierung ein Zeichen setzen.

 

     -    Auch die bayerische Staatsregierung hat jahrzehntelang das Konnexitätsprinzip abgelehnt und sich auch nicht kommunalfreundlich verhalten.

Die Freien Wähler haben sich auf ihrer Delegiertenversammlung am 12.10.2002 in Berghreinfeld für ein Volksbegehren zur Aufnahme des Konnexitätsprinzips (“Wer bestellt, muß auch zahlen.”) ausgesprochen. Erst dadurch kam Bewegung in der bayerische Politik. Jahrzehntelang hat die Bayer. Staatsregierung dies mit dem Argument abgelehnt, Bayern betreibe im Vergleich zu allen anderen Bundesländern eine kommunalfreundliche Politik. Selbst eine von der Bayer. Staatsregierung eingesetzte Enquetekommission lehnte es in ihrem Gutachten 2002 ab, das Konnexitätsprinzip in die Bayer. Verfassung aufzunehmen. In der “Süddeutschen Zeitung” wurde dies Anfang November 2002 treffend beschrieben: “CSU und Staatsregierung sind bekannt für ihre klaren Grundsätze. Einer  davon heißt: Du sollst weder in Gedanken, Worten noch Taten sündigen, abgesehen von Ausnahmefällen, in denen es politisch opportun oder sonst wie vernünftig erscheint.” Getreu diesem Gebot war es bis vor einigen Wochen noch streng untersagt, das teuflische Wort "Konnexitätsprinzip" in den Mund zu nehmen. Es besagt, daß derjenige, der ein Gesetz beschließt, auch die Kosten dafür übernehmen soll. Solche Erwägungen galten in der CSU als sozialdemokratische Einflüsterungen, an denen allenfalls Ketzer vom Städte- und Gemeindetag Gefallen fanden, namentlich der Landshuter Oberbürgermeister Deimer, dem die CSU freilich schon seit 30 Jahren vergeblich ihren Katechismus einzutrichtern versucht, und der trotzdem ständig sündigt. Dummerweise drohen jetzt die Freien Wähler mit einem Volksbegehren zur Einführung des Konnexitätsprinzips. Weil auch SPD und Bündnis 90/Die Grünen die Forderung unterstützen, steigt Ministerpräsident Dr. Stoiber brenzliger Geruch in die Nase: Es wird doch hoffentlich keinen Volksentscheid geben im Jahr der Landtagswahl! Einen, den die Staatsregierung obendrein auch noch verlieren könnte! Deshalb gilt ab sofort Teil zwei des CSU-Gebots: Weil es politisch opportun und vernünftig ist, will die Regierung selber einen Gesetzentwurf zur Einführung des Konnexitätsprinzips vorlegen. Vielleicht fällt ihr die Entscheidung auch deshalb so leicht, weil sie den Kommunen die Kosten für die Ganztagsbetreuung an den Schulen ohnehin schon letztes Jahr aufs Auge gedrückt hat. Jetzt muß die CSU in ihrem Meßbüchlein nur noch schnell ein paar kleine Änderungen vornehmen. Künftig heißt es: “Gepriesen seien das Konnexitätsprinzip und die Staatsregierung, die all das geschaffen hat!” (aus SZ vom  04.11.2002).

 

     -    Leider hat sich die Bayer. Staatsregierung in der Vergangenheit auch nicht kommunalfreundlich verhalten, was folgende Beispiele belegen:

          Bei der Technik-Offensive der Freistaates sollen unsere Kinder die neuen Technologien erlernen, der Freistaat will aber nur eine Anschubfinanzierung mit ca. 25 Mio € einleiten und dann den weiteren Bedarf von 300 Mio € von den Kommunen zahlen lassen. Bayern wird in Kürze Konsequenzen aus der PISA-Studie ziehen und an möglichst vielen Orten die Ganztagsschule einführen, was wieder bedeuten wird, daß die Kommunen den größten Teil finanzieren müssen. Analoges haben viele Landkreise schon durch die Einführung der sechsstufigen Realschule erfahren müssen. An Bayerns Grund- und Hauptschulen wird die Mittags- und Nachmittagsbetreuung ausgebaut. Hier entzieht sich der Freistaat der Finanzierung dadurch, daß er die Angebote nicht als pädagogische schulische Leistungen betrachtet, was zur Folge hat, daß nur eine anteilige Mitfinanzierung des Staates zum Tragen kommt. Hier ist Widerstand angesagt mit den Worten: “Wer die Musik bestellt, muß auch bezahlen. In diesem Zusammenhang muß auch erwähnt werden, daß die Bayer. Staatsregierung als Zielvorgabe immer einen ausgeglichenen Haushalt ohne Neuverschuldung für das Jahr 2006 angibt. Unabhängige Sachverständige sagen eindeutig, daß dies nur gehe, wenn die Kommunen stärker als bisher belastet werden. Auch hier muß im Interesse der Kommunen ein Riegel vorgeschoben werden. Wir brauchen in Zukunft zunächst einmal ein strenges Konnexitätsprinzip. Die Freien Wähler haben mit ihrer Ankündigung, ein diesbezügliches Volksbegehren einzuleiten, landesweit über 50.000 Stimmen gesammelt, im Landkreis Miltenberg waren es 1.069, das drittbeste Ergebnis in Unterfranken. Vor diesem Hintergrund bitte ich um Verständnis, daß die Freien Wähler in ihrer Politik vor Ort auch diesem Grundsatz treu bleiben werden und sich gegen diese Kostenverlagerungen auf den Landkreis und die Gemeinden klar und deutlich artikulieren.

 

     -    Auch der Bezirk Unterfranken hat sich in den letzten Jahren sehr kommunalunfreundlich verhalten.

In unserem Haushalt ist dies auf den Seiten 54 und 55 sehr anschaulich dargestellt. Im Zeitraum 1976 bis 2003 hatte der Landkreis Miltenberg eine Steigerung der Umlagekraft um 334 % zu verzeichnen, während im gleichen Zeitraum die Kreisumlage um 283 % anstieg. Im gleichen Zeitraum (1976 bis 2003) stieg die Umlagekraft des Bezirks ebenfalls um 334 %, dagegen stieg die Bezirksumlage um 473 %, also um 140 % mehr als die Kreisumlage. Dieses Finanzgebahren des Bezirks nehmen wir seit Jahren hin, ohne daß sich etwas ändert. Zwei Beispiele belegen, daß hier vieles im Argen liegt: Im Dezember 2002 wurde in allen Medien in Unterfranken verbreitet, daß der Bezirk die unterfränkische Kultur mit über 11 Mio Euro unterstützt. Aus dem Verkauf eines EON-Aktienpakets hatte der Bezirk zusätzliche Gelder eingenommen. Anstatt diese Gelder dafür zu verwenden, die Bezirksumlage nachhaltig zu senken und damit die Kommunen in Unterfranken zu entlasten, werden solche Gelder verteilt, wofür die Öffentlichkeit in der heutigen Zeit kein Verständnis mehr aufbringen kann, vor allem dann nicht, wenn Kommunen aufgrund ihrer finanziellen Probleme nicht einmal mehr ihre Pflichtaufgaben ordnungsgemäß erledigen können. Bei der Kreisversammlung des Bayer. Gemeindetages am 28.01.2003 in Miltenberg wurde auch darüber gesprochen. Auf Seite 3 des Protokolls wird Bürgermeister und Bezirksrat Dotzel mit den Worten zitiert: ”. . . der Bezirk hätte auch um 0,5 % senken können, aber dafür gab es keine Mehrheit.”. Dazu ist zu sagen, daß die CSU im Bezirkstag von Unterfranken die absolute Mehrheit hat und damit die Möglichkeit gehabt hätte, die Bezirksumlage von 22,25 % auf 21,75 % zu senken. Stattdessen kam nur eine Senkung um 0,3 % auf 21,95 % heraus, was den Landkreis Miltenberg allein nur nach dieser Rechnung wiederum um 140.000,00 € ärmer macht. Die CSU-Bezirkstagsfraktion hat diese Senkung um 0,3 % als besonders kommunalfreundlich angepriesen. Wenn man bedenkt, daß Jahr für Jahr mehr als 50 % der Kreisumlage an den Bezirk fließen (1991: 47 %, 1996: 53 %, 2001: 54,5 %; 2002: 53,9 %; 2003; 52 %), dann erkennt man den engen Finanzierungsspielraum des Landkreises Miltenberg und die Raffsucht des Bezirks. In den vergangenen Jahren wurde schon desöfteren über die Abschaffung des Bezirkstages diskutiert. Hier könnte man viele Millionen € einsparen. Jüngst hat der Bayer. Bund der Steuerzahler erklärt, er würde ein entsprechendes Volksbegehren unterstützen.

Fazit: Es kann nicht so weitergehen wie bisher, daß die Kommunen, die Keimzellen der Demokratie, weiter wie eine Zitrone ausgepreßt werden. Die Freien Wähler sind überzeugt, daß nahezu alle Kreistagsmitglieder die eben genannten Kritikpunkte inhaltlich unterstützen. Aber damit ist es nicht getan. Wir müssen irgendwie denen “da oben” ein Zeichen setzen, daß es so nicht weitergeht. Sonst werden Bund, Land und Bezirk ihre Politik nur unwesentlich ändern und alles bleibt beim alten. Es ist mehr als unkonsequent, wenn der Stellv. Vorsitzende des Bayer. Landkreistages, Landrat Schwing, eine Klage gegen die Umsetzung des Grundsicherungsgesetzes offensiv vertritt und auf seiner kommunalen Ebene diese einseitige Kostenverlagerung von oben nach unten toleriert, indem er seinen Haushalt mit zusätzlichen 146.000,00  € belastet. Bund, Land und Bezirk verhalten sich gegenwärtig und auch in der Vergangenheit sehr kommunalunfreundlich. Dies hat auch der Kreisverband des Bayer. Gemeindetages so gesehen, als im “Main-Echo” vom 07.02.2003 die Schlagzeile lautete: “Kommunen als Spielball der großen Politik”. Dagegen müssen wir ein Zeichen setzen: Wenn  nicht  heute – wann dann? Schauen Sie einmal auf die Internetseite www.rettetdiekommunen.de (Homepage des Städte- und Gemeindebundes, auch der Bayer. Landkreistag ist hier Mitglied). Hier werden Aktionsmöglichkeiten (z.B. Plakate, T-Shirts) gegen diese einseitigen Kostenverlagerungen aufgezeigt. In vielen Landkreisen gehen inzwischen die Bürgermeister auf die Straßen und demonstrieren für ihre Belange. Dies sollten wir auch tun. Die Kommunen waren bisher der “Packesel” der Nation; aber jetzt sind sie “bockig” geworden und damit haben sie recht.

 

3.  Auch im Landkreis Miltenberg gibt es einige Ungereimtheiten, unerfüllte Hoffnungen und viel Gegenwind und noch viel zu tun!

 

Beispiel 1: Die Gemeinden stehen mit dem Rücken zur Wand.

Die Situation in den 32 Gemeinden des Landkreises Miltenberg ist finanziell desolat. Den Gemeinden steht derzeit “das Wasser bis zum Hals, ihnen fehlt die Luft zum Atmen”; es besteht die Gefahr, daß viele Pflichtaufgaben nicht mehr erfüllt werden können. Lt. Angaben des Kreisverbandes des Bayer. Gemeindetages haben die Kommunen im Landkreis Miltenberg rd. 5 Mio € weniger an verfügbaren Einkommen; die geplante Erhöhung der Kreisumlage  um 1 % ist damit nicht zu finanzieren. In 2003 haben die Gemeinden neben der überproportional steigenden Gewerbesteuerumlage von 102 % auf 114 %, der ebenfalls steigenden Solidarumlage von 9,05 % auf 10,53 % zusätzlich noch die Flutopferhilfe an den Osten mit landkreisweit ca. 1,5 Mio € (= 2 % Kreisumlage) zu schultern. In den Gemeindenkassen verbleiben in 2003 gerade einmal 58 % aller Steuereinnahmen und allgemeinen Zuweisungen. Oder anders ausgedrückt: Von jedem Euro Gewerbesteuereinnahme verbleiben in 2003 nur 5 Cent in der Gemeindekasse, was bedeutet, daß Steuern durchlöchert wurden “wie ein Schweizer Käse” (Zitat von Bürgermeister Oettinger in der “Main-Post” vom 08.03.2003). Alles andere wird über Umlagen und sinkende Schlüsselzuweisungen von Bund, Land, Bezirk und Landkreis abgeschöpft. Und dies soll so weitergehen und zwar zulasten der Erfüllung der Pflicht- und freiwilligen Aufgaben der Kommunen. Sollen etwa in Zukunft die Ampeln ausgeschaltet, die Musikschulen, Schwimmbäder und Kindergärten geschlossen werden? In einem Brief an die Bundesregierung und alle Abgeordneten schreibt der Vorsitzende des Kreisverbandes des Bayer. Gemeindetages, Bürgermeister Berninger, am 24.02.2003: “Die Zeit drängt, denn von den 32 Gemeinden des Landkreises Miltenberg wird rd. die Hälfte nicht mehr die Mindestzuführung zum Vermögenshaushalt erreichen. Einige davon werden deutlich negative Zuführungen ausweisen müssen. Auch weiterhin wird es möglich sein, daß Unternehmen hohe Gewinne ausweisen, ohne einen müden Euro an die Kommunen in Form von Gewerbesteuer abführen zu müssen.”. Der Brief endet mit dem Satz: “Uns fehlen einfach die Worte.”. Konsequenterweise müßte jeder Bürgermeister des Kreistages eine Erhöhung der Kreisumlage ablehnen. Sollte es aber sein, daß die CSU-Bürgermeister heute doch einer Erhöhung zustimmen, dann folgen sie höchstens der Parteiräson, aber nicht den Interessen ihrer Bürgerinnen und Bürger vor Ort bzw. nicht  ihrer eigenen Einsicht.

 

Beispiel 2: Der Landkreis Miltenberg hat finanziell gesehen “mehr Luft zum Atmen”.

Im Vergleich zu den Gemeinden steht der Landkreis Miltenberg sicherlich besser da; seit vielen Jahren ist die tatsächliche Zuführung vom Verwaltungshaushalt zum Vermögenshaushalt weitaus höher als die geplante. 1990 waren dies z.B. 5,2 Mio DM, 1996 8,5 Mio DM, 2000 2,5 Mio DM, 2001 4,7 Mio DM, 2002 sind es zwar weniger aber nach Abzug einer Sonderrücklage für die Klärschlammdeponie Schippach bleiben immerhin noch 179.000,00 € übrig. Dies sind Zahlen, von denen die Gemeinden nur träumen können. Zwar hat Kämmerer Straub angekündigt, daß in den nächsten vier Jahren noch die Defizite der Krankenhäuser ausgeglichen werden müssen, aber hier ist Vorsicht angesagt. Der Kämmerer von Großheubach hat in einem Leserbrief von Zahlenspielereien des Landkreises gesprochen. Im November 2002 wurde den Fraktionsvorsitzenden von Geschäftsführer Büchler klar und eindeutig vorgerechnet, daß  das Krankenhausdefizit im Jahre 2002 ca. 1,2 Mio € betragen und im Jahre 2003 auf insgesamt 2,5 Mrd € anwachsen werde. Aus diesem Grund gebe es keine Alternative zur  Krankenhausstrukturreform. Inzwischen wird aber nur von einem Defizit von 800.000,00 € gesprochen, was einem Schätzfehler von über 33 % entspricht. Dies hat mit seriöser Information nichts mehr zu tun. Daß es dem Landkreis Miltenberg vergleichsweise besser geht, zeigt auch folgendes Beispiel: Im Haushaltsansatz 2002 war eine Kreditaufnahme von 7,7 Mio € vorgesehen, die bisher nicht realisiert werden mußte. Dazu kommen noch weitere nicht ausgeschöpfte Kreditmöglichkeiten aus dem Jahr 2001, insgesamt also 13,9 Mio € Kreditspielraum. Tatsächlich sollen aber 2003 nur 5 Mio € aufgenommen werden. Da er lt. Haushaltsrechnung auf 1,237 Mio € verzichten will, verbleiben dem Landkreis insgesamt noch 7,7 Mio € + 5 Mio € = 12,7 Mio € an Krediten, die er bei finanziellen Engpässen aufnehmen kann. Natürlich wissen auch wir, daß die Verschuldung des Landkreises zurückgefahren werden muß, wollen auch wir nicht, daß dieser Betrag auch ausgeschöpft wird.

 

Beispiel 3: Die Knebelung der Gemeinden durch das Landratsamt muß aufhören.

Die Finanznot der Gemeinden im Landkreis Miltenberg hängt auch damit zusammen, daß inzwischen viele staatliche Pflichtaufgaben von den Kommunen erledigt werden müssen, z.B. im Bereich Brandschutz, Altdeponien, Maßnahmen im Bereich Abwasser, usw. Das Landratsamt als Aufsichtsbehörde schreibt dann an die Gemeinde u.a. ”. . . der Stauraumkanal SKO 3 ist bis zum 31.12.2003 und das Durchlaufbecken DB 4 bis zum 31.12.2004 fertigzustellen. Oder durch infolge einer Eigenüberwachungsverordnung muß eine Gemeinde z.B. jährlich ca. 25.000,00 für die TV-Befahrung der Kanalisation aufwenden. Die Beamten des Landratsamtes kennen hier keine Gnade. Unabhängig von der finanziellen Situation der Kommunen werden die Gemeinden permanent angeschrieben (Titel: Wiedervorlage) oder entsprechend gemahnt. Zwar ist klar, daß es hier um den Vollzug von Gesetzen geht, aber es müßte auch möglich sein, diese Investitionen zeitlich zu strecken und bei der Umsetzung dieser Vorgaben Rücksicht auf die finanzielle Situation der Kommune zu nehmen. Hier haben einige Beamte oder Sachbearbeiter des Landratsamtes noch einen gewissen Nachholbedarf. Sie tun allerdings auch nur ihre Pflicht, daher ist es angebracht, wenn hier von der Spitze des Landratsamtes ein Signal an die Kommunen im Landkreis käme. Gott sei Dank ist im Bundesrat eine Schwimmbadbeckenwasser-Verordnung (u.a. Verschärfung der Hygienevorschriften) von der Tagesordnung genommen worden. Diese hätte die Kommunen bundesweit 180 Mio € gekostet und für viele kommunale Schwimmbäder, auch im Landkreis Miltenberg das Aus bedeutet. Wir erwarten daher, daß die Sachbearbeiter des Landratsamtes künftig bei der Umsetzung solcher Gesetze oder Verordnungen zunächst vornehmlich die Interessen bzw. die finanziellen Möglichkeiten der Gemeinden im Auge haben. Dies würde allen Kommunen im Landkreis helfen. Bürgermeister Oettinger sagte bereits 1997: ”Wir sitzen alle in einem Boot, aber es kann nicht sein, daß die Kommunen rudern müssen, während der Landkreis steuert.”. Und so sieht es 2003 immer noch aus bzw. die Situation hat sich seither deutlich verschärft.

 

Beispiel 4: Wir müssen auch als Kreispolitiker die Interessen der Gemeinden vertreten, ansonsten wird unser Fundament zerstört!

Im Vorfeld der Sitzung wurde immer wieder angemahnt, alle Kreistagsmitglieder sollen hier und heute die Interessen des Landkreises vertreten. Aber was sollen die Kreistagsmitglieder machen, die ein Doppelmandat haben? Im Bundestag dafür stimmen, daß die Reduzierung der Gewerbesteuerumlage nicht gesenkt wird? Im Landtag dafür stimmen, da der Bayer. Haushalt bald ohne Neuverschuldung auskommt oder im Bezirkstag dafür stimmen, daß viele finanzielle Wohltaten verschenkt werden und damit die Bezirksumlage viel zu wenig gesenkt wird? Alle diese einseitigen Interessen schaden den Kommunen. Hier sind die Prioritäten falsch gesetzt. Wir müssen von der untersten Ebene, der Gemeinde, ausgehen. Die Kommune ist die Keimzelle unserer Demokratie. Dies ist der Maßstab. Und wenn man dies zur Richtschnur der politischen Entscheidung macht, dann dürfte heute die Entscheidung, gegen eine Erhöhung der Kreisumlage um 0,7 % zu stimmen, leicht fallen.

 

4.  Ergebnis: So kann es nicht weitergehen. Wir müssen in Zukunft andere Weichen stellen und neue Schwerpunkte setzen.

 

Die Freien Wähler beantragen hiermit, daß in Zukunft neben dem Bericht über die Haushaltsabwicklung in der Oktober-Sitzung des Kreistages noch in mindestens zwei weiteren Sitzungen Berichte des Kämmerers über die Haushaltsentwicklung stattfinden. Die Umlagegrundlagen für 2004 stehen nämlich schon seit 31.12.2002 fest. Wir können und müssen bereits in einer der nächsten Sitzungen noch vor der Sommerpause wissen, wie die Eckdaten für 2004 lauten, um uns rechtzeitig darauf einstellen zu können. Alle Ausgaben gehören auf den Prüfstand und auf der Grundlage der veränderten finanziellen wie wirtschaftlichen Rahmenbedingungen kritisch hinterfragt und ggfs. auch gestrichen. Hauptziel für die Jahre 2004 ff muß es sein, die Ausgaben den Einnahmen anzupassen und nicht umgekehrt. Unter den aufgezeigten schlechten Rahmenbedingungen und den damit verbundenen finanziellen Engpässen und vor allem aufgrund der eingangs aufgezeigten Möglichkeiten, Kosten einzusparen, ist eine Erhöhung der Kreisumlage nicht mehr zu vertreten. In der heutigen Zeit brauchen die Gemeinden keine Mehrbelastungen, sondern zusätzliche Entlastungen. Bereits 1990 schrieb die CSU-Kreistagsfraktion in ihr Wahlprogramm: ”Leistungsfähige Kommunen müssen durch ausreichende Finanzausstattung zu selbständigen Entscheidungen fähig sein. Dies muß erhalten bleiben.”. Bund, Land und Bezirk müssen sich für die Kommunen viel mehr als bisher stark machen. Gegen die bisherige Politik der Ignoranz gegenüber den Kommunen müssen wir ein Zeichen setzen! Wenn man ein Haus baut, muß das Fundament auf stabilem Boden stehen, sonst kann das Haus einstürzen. Das Fundament unseres Staates sind die Gemeinden, sie sind die Keimzelle der Demokratie. Eine Beibehaltung der Kreisumlage von 41,3 % kann der Landkreis Miltenberg verkraften, eine Erhöhung der Kreisumlage auf  42 % bringt die Kommunen in größte finanzielle Bedrängnis. Die kommuale Selbstverwaltung ist in Gefahr. Landkreis und Kommunen sitzen in einem Boot. In Zukunft muß der Landkreis nicht nur steuern, sondern auch kräftig mitrudern. Die Freien Wähler stimmen daher für die Kommunen und gegen eine Erhöhung der Kreisumlage.

 

Kreiskämmer Straub bemerkte, daß vor der Sommerpause kein Zwischenbericht gegeben werden könne, denn die Steuerkraftzahlen werden jeweils erst Ende September und die Schlüsselzuweisungen frühestens Anfang November bekanntgegeben. Nachdem dieses Jahr in Bayern eine Landtagswahl stattfinde, werde die Verabschiedung des Staatshaushaltes voraussichtlich erst nach der Wahl erfolgen. Im übrigen mache es keinen Sinn, den Haushalt des Folgejahres im September zu besprechen und im Dezember einen Nachtragshaushalt vorzulegen.

 

Der Stellv. Vorsitzende der Fraktion Neue Mitte, Kreisrat Stappel, führte folgendes aus:

 

Die Vertreter der Neuen Mitte haben gemeinsam, sorgfältig, sehr gewissenhaft, aber auch kritisch den Haushaltsplan 2003 für unseren Landkreis Miltenberg besprochen. Wir waren alle der Meinung, daß dieser Haushalt für das laufende Jahr 2003 sehr ausgewogen, gut verständlich und übersichtlich erstellt wurde, was für eine gute Maßarbeit unseres Kämmerers Straub spricht. Doch bei all dieser Maßarbeit sehen wir natürlich auch die eingeplante Erhöhung der Kreisumlage um 1 % als eine sehr große zusätzliche Belastung unserer ohnehin sehr finanzschwachen Kommunen, die fast alle mit dem Rücken zur Wand stehen, an. Auf der einen Seite sehen wir schon, daß die im Haushalt aufgeführten Maßnahmen und finanziellen Aufwendungen sowie laufende Zuschüsse ohne eine leichte Erhöhung der bisherigen Kreisumlage fast nicht getätigt und bewältigt werden können. Auf der anderen Seite stellen wir uns natürlich auch die bestimmt berechtigte Frage, ob man schon alle Einsparungsmöglichkeiten voll ausgeschöpft hat und ob man nicht die eine oder andere schon eingeplante Maßnahme verzögern, leicht straffen oder wenn es sein muß sogar zurückstellen, also auf Eis hätte legen sollen.

 

Aus unternehmerischer und kaufmännischer Sicht ist auf jeden Fall Fakt, daß man nie mehr ausgeben und investieren sollte, als man an Eigenkapital sowie sonstigen Sicherheiten und persönlichen Rücklagen zur Verfügung hat. Wir verabschieden heute einen Haushaltsplan, der unseren Landkreis Miltenberg leider von einer bisherigen Schuldenlast von 40,8 Mio € zu einer Neuverschuldung von 48,2 Mio € führt. Dies ist für uns alle alarmierend und wir haben in unserer Fraktion aufgrund unserer Verantwortung den Bürgerinnen und Bürgern gegenüber für die Zukunft die Alarmstufe 1 ausgelöst. Kosten sparen und mit Augenmaß sowie kaufmännischem Sachverstand, aber auch verantwortungsbewußt in naher und ferner Zukunft zu investieren, wird von unserer Fraktion einstimmig gefordert und ist das Gebot der Stunde. Wir müssen in Zukunft darauf achten, daß die Notwendigkeit jeder Maßnahme richtig eingestuft wird, damit wir uns nicht übernehmen. Bei der geforderten Erhöhung der Kreisumlage um 1 % haben wir es uns bei der Entscheidungsfindung nicht leicht gemacht. Ich könnte hier natürlich über Zahlen und Fakten reden, doch das bringt uns nicht weiter. Tatsache ist doch, daß wir gerade jetzt in einer wirtschaftlich sehr schwierigen Zeit mit einer sehr schwachen Auftragslage der Industrie, des gesamten Mittelstandes und des Handwerks, verbunden mit einem immer geringer und schwächer werdenden Steueraufkommen in allen wirtschaftsplitischen Bereichen einer Kreisumlageerhöhung zustimmen sollen, die wir den Bürgerinnen und Bürgern gegenüber in der Höhe von 1 % nicht verantworten können, denn auch die Haushaltskassen vieler Familien sind geschwächt oder fast leer. Auf der einen Seite sehen wir aus dem Haushalt eine evtl. Notwendigkeit für eine Erhöhung, auf der anderen Seite aber erkennen wir auch die, wie schon erwähnt, äußerst schwierige und zum Teil prekäre Lage unserer Kommunen. Was mich dabei am meisten stört, egal ob Landkreis oder Kommune, immer  trifft es letztlich unsere werten Bürgerinnen und Bürger.

 

Insgesamt gesehen möchten wir eine ehrliche, faire und bei unseren Bürgerinnen und Bürgern vertretbare Entscheidung treffen. Mit dem festen Grundsatz “selber leben, aber auch andere leben lassen” hat deshalb die Fraktion Neue Mitte einstimmig beschlossen, einer Erhöhung der Kreisumlage um 0,7 % zuzustimmen und diese Erhöhung auch mitzutragen. Ich hoffe, daß wir diese Entscheidung mit ruhigem Gewissen vertreten können. Zum Schluß möchte ich mich, auch im Namen meiner Kollegen, bei Kämmerer Straub für die Erstellung des Haushaltsplanes 2003 recht herzlich bedanken. Selbstverständlich gilt mein Dank auch allen verantwortlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Landkreisverwaltung. Mein ganz besonderer Dank gilt natürlich Herrn Landrat Schwing sowie seinen beiden Stellvertretern, Herrn Eck und Frau Fichtl.

 

Kreisrat Scherf, Stellv. Vorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen, sagte folgendes:

 

Die Haushaltsberatungen 2003 fallen in eine absolut schwere Zeit. Unter diesem Druck steht auch der Haushalt des Landkreises Miltenberg. Nur logisch erscheint dabei die Forderung nach einer Erhöhung der Kreisumlage. Der Landrat wird nicht müde, immer wieder zu betonen, daß der Haushalt trotz der 1 %-igen Umlageerhöhung sehr eng gestrickt sei und keineswegs Luft zum befreiten Atmen biete. Also gibt es wohl keinen Weg vorbei an einer Erhöhung der Kreisumlage. An der Fraktionssitzung mit angeblich breiter Zustimmung konnten wir nicht teilnehmen, da die Mehrheit hier uns diesen Status entzogen hat und so die Erfüllung unserer Aufgabe erschwerte. Es mutet erstaunlich an, daß der Kreishaushalt so eng gestrickt sei, daß es plötzlich auf Antrag der Mehrheitsfraktion möglich sein soll, auf 0,3 % zu verzichten, ohne daß - wie von denen, die ablehnen wollen, gefordert – in der Kreisausschußsitzung am 26.02.2003 auch nur eine einzige Einsparmöglichkeit aufgezeigt wurde. Also sollten wir uns auf die ernsthafte Suche nach Einsparmöglichkeiten machen. Und diese Mühe haben wir uns gemacht und sind auf Ungereimtheiten gestoßen, wie viele andere auch. Wo aber ist zu sparen?

-    Ein “autobahnähnlicher” Ausbau der Straße Schippach – Streit ist nicht nötig. Als Jogger ist mir dort  tagsüber nie ein LKW begegnet.

-    Ist jede Baumaßnahme in dieser Form nötig, wie bereits im Kreisausschuß der Zusatzbeschluß gefaßt wurde, alles was läuft zu überprüfen?

-    Wie effektiv arbeitet unsere Verwaltung; braucht die Kfz-Zulassungsstelle wirklich 13 Stellen?

-    Die Altersteilzeit wird z.Z. auch an anderen Stellen eingeschränkt.

-    Viel geredet wird vom “schlanken Staat”; ist unsere Verwaltung auch schlank genug?

 

Eine Erhöhung der Kreisumlage in diesem Jahr ist politisch das absolut falsche Zeichen. Seit 1995 wurde nichts gegen die steigende Verschuldung getan; dieses Jahr ist eine Erhöhung der Lasten fatal und politisch falsch! Neben der unserer Meinung nach zutreffenden Berechnung von Grundsicherung und Krankenhausumlage sehen wir Spielraum in diesem Kreishaushalt. Z.B. halten wir auch eine Verschiebung des Kreisels in Großwallstadt (320.000,00 €, zu 30 % vom Landkreis zu tragen) in dieser schweren Zeit für nicht unmöglich. Wir wären wie bei der Krankenhausstrukturreform einen harten, aber gerechtfertigten Weg mitgegangen. Für diesen sog. “unseren” Haushalt können wir jedoch keine Verantwortung mittragen und verweigern diese entsprechend. Noch schärfer verurteilen wir neben dem ursprünglichen Haushaltsentwurf die Reduzierung der Erhöhung auf 0,7 %, wie der Kompromiß der CSU-Fraktion lautet. Dies ist ein reiner Schauantrag, um den Bürgermeistern zu ermöglichen, hier einen großen und erfolgreichen Kampf geführt zu haben.

 

Zurück zum Haushalt: Fakt ist, berechnen wir Krankenhausumlage und Grundsicherung reell, haben wir Minderausgaben von über 800.000,00 €, was 1 % Kreisumlage ausmacht! Wir zeigen die Lücken im Haushalt! Hier stecken die Möglichkeiten, auf eine Erhöhung zu verzichten. Natürlich haben wir von Bündnis 90/Die Grünen vor zwei Jahren den Haushalt abgelehnt, weil die Schulden steigen und auf eine Kreisumlageerhöhung in guten Zeiten fahrlässigerweise verzichtet wurde. Hinter dieser Argumentation stehe ich als Kreisvorsitzender auch heute noch, denn damals in noch nicht so schlechten Zeiten wurde es versäumt, etwas gegen die Verschuldung zu tun! Damals wäre die Umlageerhöhung für die Gemeinden nicht untragbar gewesen.

 

Doch wie sieht es heute aus? Sowohl den Landkreisen, als auch den Städten und Gemeinden fehlt jegliche Investitionskraft, nötige Investitionen werden verschoben. Und genau in einem solchen Jahr sollen wir zusätzliche Lasten auf die Städte und Gemeinden verschieben? Muß ich mir im Kreistag Appelle anhören, wir seien hier in erster Linie Kreisräte und nicht Vertreter der Gemeinden und dies sei “unser” Haushalt? Wir müssen verantwortlich für den gesamten Landkreis handeln und dazu gehören auch die Städte und Gemeinden.

 

Was hätte ich erwartet? Auch beim Krankenhaus waren wir in einer sehr schweren Lage und haben harte, aber in Anbetracht der Lage vertretbare Schritte gemeinsam getragen. Warum hat es nie den ernsthaften Versuch gegeben, den Haushalt auch nach schmerzhaften Einsparmöglichkeiten zu untersuchen? Worauf verzichtet der Landkreis in Anbetracht der schweren Finanzsituation? Am Punkt “Jugend” kann nicht gespart werden. Heimunterbringung läßt sich nur durch HPT oder Erziehungsbeistand ermöglichen. Viele Kinder werden heute in Heimen gar nicht angenommen und für Pflegefamilien wird es immer schwerer.

 

Gestatten Sie mir diesen einen Seitenhieb, wenn in der Öffentlichkeit mal wieder versucht wurde, Rot-Grün den “Schwarzen Peter” zuzuschieben: Wie gelingt es denn der Bayer. Staatsregierung, ihren Haushalt bis zum Jahr 2006 auszugleichen?

-    Die Schülerbeförderung wird z.Z. nur noch zu ca. 60 % vom Land getragen, der Rest den Kommunen aufgebürdet!

-    Die Einführung der R 6 sollte die Landkreise nicht belasten, maximal 85 Mio DM sollte es bayernweit die Kommunen belasten. Und wie viel wird es? Nach Auskunft des Kultusministeriums tragen die Landkreise heute eine Last von 261,96 Mio €. Diese Last finden wir auch in unserem Haushalt wieder.

-    Und bei der Mittagsbetreuung und Schulsozialarbeit geht es gleich weiter.

Die Lasten werden von oben nach unten verteilt. In Anbetracht dieser Fakten reden Sie dann von Konzeptlosigkeit der Bundesregierung. Dabei ist es Konzeptlosigkeit der Landesregierung. Was möchte ich damit sagen? Lassen Sie uns in der Öffentlichkeit fair und ehrlich miteinander umgehen und es vermeiden, irreführend und unsachlich falsche Schuldige zu finden wie dies in der Pressemitteilung der Mehrheitsfraktion geschah.

 

Lassen Sie mich meinen Exkurs mit einem Zitat beenden. Am 23.11.2002 sagte die Präsidentin des Deutschen Städtetages, die Frankfurter Oberbürgermeisterin Roth (CDU) gegenüber der “Frankfurter Rundschau”: “Ohne das rot-grüne Finanzpaket ginge es den Kommunen noch schlechter!”

 

Lücke Nr. 1: Im Haushalt sind – mittlerweile allen bekannt – ursprünglich 2,5 Mio € Krankenhaus-umlage an den Freistaat Bayern veranschlagt, tatsächlich beläuft sich dieser Posten nur auf 2,1 Mio €. Das sind ca. 350.000,00 € bis 400.000,00 € (½ % Kreisumlage) womit die Gemeinden nicht belastet werden müßten.

 

Lücke Nr. 2: Für die von der rot-grünen Bundesregierung endlich eingeführte soziale Grundsicherung sind im Haushalt 2003  420.000,00 € veranschlagt. Dies wurde in einer Pressemitteilung der Mehrheitsfraktion so der Öffentlichkeit dargelegt, die damit massiv in die Irre geführt wird, denn das Aufkommen für die Grundsicherung, die auch den Sozialhilfesektor entlastet, wird vom Bund getragen. Das vorgesehene bundesweite Volumen von 310 Mio € wurde sogar auf Betreiben der Grünen auf 410 Mio € aufgestockt. Der Landkreis Miltenberg trägt also lediglich die Verwaltungsaufgaben sowie die Zinslast, bis im 2. Halbjahr 2003 die erste Abschlagszahlung aus Berlin erfolgt. Finden Sie es dann korrekt, daß der Landkreis Miltenberg die Gemeinden mit 420.000,00 € belastet, um eine Ausgabe zu finanzieren, die der Landkreis zurückerstattet bekommt. Dies sollten die Vertreter der Mehrheitsfraktion in ihren Pressemitteilungen bitte ebenfalls der Öffentlichkeit mitteilen.

 

Entweder ist der Haushalt so eng und ohne jeden Spielraum wie behauptet, dann geht es nur mit einer Erhöhung um 1 % (wobei wir die Gegenrechnung erfolgreich aufstellten). Wie aber die Zauberei funktioniert, daß jetzt 0,7 % ausreichen sollen, das verrät uns die Mehrheitsfraktion nicht. Sie dürfen – was uns verwehrt wird – ohne Vorschläge zur Gegenfinanzierung den Haushalt reduzieren, stattdessen wird von den Grünen behauptet, wir setzten uns mit dem Haushalt nicht ernsthaft auseinander. Darüber kann ich in Anbetracht des schönen 0,7 %-Kompromisses nur lächeln! Die Mitglieder von Bündnis 90/Die Grünen lehnen den Haushalt 2003 mit einer Erhöhung um 1 % Kreisumlage sowie den Antrag der CSU-Fraktion, den Haushalt mit einer Erhöhung der Kreisumlage von 0,7 % zu verabschieden, ab.

 

Kreisrat Dr. Linduschka (FDP/UWG) trug folgendes vor:

 

“Ein Bauer verkauft einen Sack Kartoffeln für 50,00 DM. Die Erzeugerkosten betragen 40,00 DM. Berechne den Gewinn!” So oder so ähnlich sah an bayerischen Schulen viele Jahre lang eine gängige Textaufgabe im Fach Mathematik aus. Aufstellung und Vorlage des jeweiligen Kreishaushaltes war lange Jahre genau so: Überschaubar, sauber und nachvollziehbar. Und noch eines war in bayerischen Schulen genau so wie in bayerischen Kreistagen: Die Bayern waren die Besten, die Spitzenreiter auf allen Gebieten – oder sie hielten sich jedenfalls dafür.

 

Seit einigen Jahren kündigt sich eine Wende zum Schlechteren an, vor allem Landrat Schwing tritt schon seit längerem als warnende Kassandra auf und ihm geht es genau so wie der tragischen Seherin im antiken Troja: Er hat bedauerlicherweise Recht behalten. Ende des laufenden Jahres werden wir bei hochgerechnet gut 48 Mio € Schuldenstand angelangt sein und sind damit alles andere als Klassenprimus. Ein Blick auf unsere Nachbarn zeigt das. Die Stadt Aschaffenburg z.B. legt heuer zum neunten Mal einen Haushalt ohne Nettoverschuldung vor, der Landkreis Aschaffenburg bringt ebenfalls einen Haushalt ohne Neuverschuldung zustande, nachdem er in den Jahren zuvor in außerordentlich sorgfältiger Weise seine Hausaufgaben bei den Pflichtaufgaben, beispielsweise bei den Schulum- und –neubaute, gemacht hat. Und Ende 2003 werden wir mit unserer Pro Kopf-Verschuldung um 20 % über der des Landkreises Aschaffenburg liegen, in konkreten Zahlen: Bei voraussichtlich knapp 370,00 €, verglichen mit 310,00 € des Landkreises Aschaffenburg. Ich weiß, Sie können es nicht mehr hören, aber ich muß es trotzdem noch einmal sagen: Angesichts unserer bedenklichen Lage war die fast euphorische Entscheidung für die “fernsehgerechte” Renovierung der Rudolf-Harbig-Halle ein gravierender Fehler, der uns noch jahrelang belasten wird. Welche Kommune nimmt heute noch ein Projekt in Angriff, bei dem Fördersumme ganze 8 % beträgt? Hier sind wir allerdings sicher bayernweit Spitzenreiter! Und damit nicht genug: Sonst wird – oft zurecht – auf kleine und kleinste Beträge geschaut. Ich erinnere mich noch gut, als unmittelbar nach dem Fürstenfeldbrucker Urteil den Pfarr- und Gemeindebibliotheken die 200,00 DM Kreiszuschuß gestrichen wurden. Und bei Beträgen die mehr als 8,5 Mio € ausmachen, ändern wir plötzlich unsere Rechenweise so, wie dies von böswilligen Kabarettisten in den 90-er Jahren den Waldorf-Schulen nachgesagt wurde. Die anfangs genannte Textaufgabe lautet nun: “Male einen Sack Kartoffeln und singe ein Lied dazu!” Mit dem Rechnen war jeden falls plötzlich Schluß, wie sonst hätte man souverän die unumgänglichen Folgekosten vernachlässigen können, die nach dem aufwendigen Umbau folgen müssen? Ich habe mich in Kleinostheim erkundigt. Dort steht die Maingauhalle, durchaus vergleichbar mit der Rudolf-Harbig-Halle und vermutlich deutlich besser ausgelastet als dies in Elsenfeld mit dem konkurrierenden Bürgerzentrum jemals gelingen wird. Der dortige Kämmerer hat für das Jahr 2003 in weiser Voraussicht ein Betriebskostendefizit von 600.000,00 € eingestellt: Voraussichtlichen Einnahmen von 100.000,00 € stehen laufende Kosten von 700.000,00 € gegenüber.

 

Auch wenn wir uns damit nicht nur Freunde machen, sage ich es für die FDP noch einmal ganz deutlich, wie wir das schon bei der Kommunalwahl getan haben: In Zeiten leeren öffentlicher Kassen müssen Kommunen darauf achten, nur noch die Pflichtaufgaben zu erfüllen. Das aber heißt für uns: Pflichtaufgaben sind beispielsweise Bau und Unterhalt weiterführender Schulen. Pflichtaufgaben sind nicht finanzielle Unterstützung des Profisports und der Bau fernsehgerechter Hallen. Voller Überraschung habe ich vor einigen Tagen im “Main-Echo” einen Vorschlag des CSU-Ortsvorsitzenden aus Röllfeld gelesen. Er forderte am Aschermittwoch dazu auf, die Dreifach-Turnhalle in Trennfurt an den TV Trennfurt abzutreten und damit die Kosten langfristig zu senken. Ob das klappt weiß ich nicht, daß ein solcher Vorschlag aber das Gegenteil dessen fordert, was im Kreistag vor ein paar Monaten beschlossen wurde, das weiß ich.

 

Ich hoffe, Sie haben es alle bemerkt: Als FDP haben wir im Landkreis Miltenberg mehr als einmal bewiesen, daß die negativen Urteile über unsere Partei falsch sind. Wie sind nicht umgefallen, sondern bei allen zentralen Entscheidungen immer sehr gradlinig in unserer Argumentation gewesen und – noch eine Widerlegung eines Vorurteils – wir kümmern uns um soziale Belange. Uns liegt nämlich, ähnlich wie Kreisrat Dr. Schüren, das Wohlergehen der Bürgermeister sehr am Herzen. Und deshalb bedauern wir sehr, daß so viele Bürgermeister als Kreistagskollegen in eine fast schizophrene Situation hineingetrieben werden. Oder wie sonst kann man es nennen, wenn Ein- und Derselbe im Landkreis für den Bau teurer Großprojekte stimmt und anschließend in den Gemeinden den Mangel verwaltet und sich gegen eine Erhöhung der Kreisumlage wehren muß oder müßte, wenn er dürfte?

 

Nach all dem kann es wohl nicht überraschen, wenn wir als FDP zum ersten Mal seit drei Jahrzehnten dem Kreishaushalt nicht zustimmen können, weil eine Zustimmung nachträglich einer Entscheidung Absolution erteilen würde, die wir für verfehlt und für langfristig schädlich halten. Mit der inhaltlichen und formalen Aufstellung des Haushaltes hat das gar nichts zu tun, im Gegenteil. Wir bedanken uns ebenfalls für die  umfassende und bereitwillige Information durch den Kämmerer und seine Helfer. Es gibt aber noch einen Grund für unserer Ablehnung. In einer Zeit, in der den Gemeinden das Wasser bis zum Hals steht, muß das Konnexitätsprinzip von der Leerformel zur täglichen Praxis werden. Und der Landkreis muß da mit gutem Beispiel vorangehen, wenn er das Prinzip seinerseits gegen Bund und Land einfordert. Auch wir müssen alles tun, um die Kreisausgaben zu reduzieren, daß den Gemeinden möglichst viel Handlungsspielraum bleibt. Unsere Stimmen gegen den diesjährigen Haushalt sollen eine Mahnung sein, auch an die Kollegen, die als Bürgermeister hier im Kreistag sitzen: Eine solche Entscheidung wie die über die Rudolf-Harbig-Halle darf einfach nicht passieren, denn eines sage ich voraus: Auch das Bayer. Kultusministerium wird nicht umhin kommen, in den nächsten Jahre eine freiwillige Einführung der Ganztagsschule zu forcieren, wenn Bayern nicht noch weiter von seinen südlichen Nachbarn Baden-Württemberg, Hessen und Rheinland-Pfalz abgehängt werden will. Und selbst ein ganz gläubiger CSU-Kreisrat wird wohl nicht glauben, daß eine derart späte Einsicht des Kultusministeriums für die Kommunen kostenneutral bleiben wird. Wer das wirklich glaubt, stellt Textaufgaben nach dem Muster, wie sie angeblich in den 90-er Jahren in den Integrierten Gesamtschulen gestellt worden sein sollen: “Ein Bauer verkauft einen Sack Kartoffeln für 50,00 DM. Die Erzeugerkosten betragen 60,00 DM. Der Gewinn beträgt 10,00 DM. Unterstreiche das Wort “Gewinn” und überzeuge Deine Mitschüler in der Diskussion, warum es sich dabei um kein Defizit handelt.”.

 

Landrat-Stellvertreter Eck sagte, er wisse, daß die Generalsanierung der Rudolf-Harbig-Halle für die Fraktionen, die dem Kreishaushalt heute nicht zustimmen wollen, ein willkommenes Thema sei. Er errinnerte in diesem Zusammenhang an demokratische Praktiken und Tradition der Vergangenheit, wonach alle Kreistagsmitglieder zu einer vom Kreistag mehrheitlich getroffene Entscheidung gestanden hätten. Die Rudolf-Harbig-Sporthalle Elsenfeld werde von über 2.000 Schülerinnen und Schülern genutzt. Für die geplante Sanierung seien vorrangig Sicherheitsgründen ausschlaggebend gewesen. Die Rudolf-Harbig-Sporthalle Elsenfeld sei keinesfalls mit der Maingauhalle Kleinostheim oder dem Bürgerzentrum Elsenfeld vergleichbar. Die Rudolf-Harbig-Sporthalle soll in erster Linie dem Schulsport und gemäß der bisherigen Tradition für größere Sport- und kulturelle Veranstaltungen zur Verfügung stehen.

 

Was die soziale Situation im Landkreis Miltenberg betreffe, müsse darauf hingewiesen werden, daß enorme Steigerungen zu verzeichnen seien. Aufgrund unguter Erfahrungen seien leider immer weniger Familien bereit, eine soziale Aufgabe zu übernehmen. Kurzsichtiges Wirtschaften könne man dem Landkreis Miltenberg mit seinem engagierten Landrat Schwing an der Spitze nicht unterstellen. Tatsache sei, daß Landrat Schwing in Zeiten des Booms die Verschuldung des Landkreises zurückgeführt habe, so daß die jetzige Verschuldung haushaltsrechtlich vertretbar sei.

 

Bezüglich der Gewährung eines jährlichen Betriebskostenzuschusses an die Maria-Ward-Schule Aschaffenburg sei zu sagen, daß der Kreisausschuß mehrheitlich die Meinung vertreten habe, daß dem Landkreis Miltenberg mit dieser Zuschußgewährung Kosten gespart werden.

 

Der Vorsitzende des Bayer. Gemeindetages, Kreisverband Miltenberg, Kreisrat Berninger, führte folgendes aus:

 

Der Kreishaushalt 2003 bietet die Wahl zwischen Not und Elend. Als Bürgermeister ist die Zustimmung nicht möglich. Die Finanzlage der Kommunen bringt die Bürgermeister ins Schwitzen. Sie sind gewählt, um Schaden von ihren Gemeinden abzuwenden. Sie haben einen Eid geschworen, ihre Amtspflichten gewissenhaft zu erfüllen. Die geplante Erhöhung der Kreisumlage 2003 ist von vielen Gemeinden nicht finanzierbar, ihnen fehlen insgesamt 5 Mio € verfügbare Mittel. 14 Gemeinden können im Jahr 2002 nicht die Mindestzuführung erreichen, sieben davon haben eine negative Zuführung. Die Finanzlage schnürt die Gemeinden ein und nimmt ihnen die Luft zum Atmen.

 

Als Kreisrat ist den Bürgermeistern eine Zustimmung zum Kreishaushalt möglich und notwendig. Die Ausgaben werden von oben diktiert oder es handelt sich um Ausgaben, die vom Kreistag bzw. seien Ausschüssen beschlossen wurden. Wer bei diesen Ausgaben mitgestimmt hat , muß auch die Finanzierung mittragen. Kreistagsmitglieder haben schließlich ebenfalls geschworen, ihre Amtspflichten gewissenhaft zu erfüllen.

 

Die Bürgermeister im Landkreis Miltenberg befinden sich in einer schwierigen Situation. In der Sitzung des Bayer. Gemeindetages haben die Bürgermeister eine Erhöhung der Kreisumlage wegen ihrer Gemeindefinanzen abgelehnt und die im Kreistag vertretenen Bürgermeister beauftragt, sich in ihren Fraktionen dafür einzusetzen, daß keine Erhöhung notwendig wird. Diesem Auftrag sind die Bürgermeister aller Fraktionen nachgekommmen. Echte Einsparungsvorschläge konnten aber in keiner Fraktion gefunden werden. Trotzdem hat diese Haltung und Anstrengung dazu geführt, daß die geplante Erhöhung der Kreisumlage von 1 % aufgrund der Senkung der Krankenhausumlage auf 0,7 %  zurückgenommen wurde. Hierin zeigt sich aber schon die Haushalts-Problematik. Der Kreishaushalt 2003 birgt sehr viele Risiken, aber keine Einsparmöglichkeiten. Die Folge: Der Haushalt ist nicht ablehnbar und muß normalerweise im Kreistag eine deutliche Mehrheit erhalten. Trotzdem sollten und wollten dann einige Bürgermeister die Chance nutzen, in einem Gegenvotum auf die Lage der Gemeindefinanzen hinzuweisen. Dies wäre eine parteiübergreifende Aktion aller Bürgermeister gewesen, nicht gegen den Landkreis und den Landrat, sondern als Zeichen für und gegen alle, die zum Zustand der Kommunalfinanzen beigetragen haben.

 

Leider wurde der Haushalt wieder einmal zum parteipolitischen Zankapfel. Einige haben die Chance gesehen, mit Bürgermeister-Überläufern aus den Reihen der CSU dem Landrat die Mehrheit zu nehmen. Als Begründung dient der angebliche Wille, die Interessen der Gemeinden vertreten zu wollen. Diese Begründung kann aber keine Partei für sich in Anspruch nehmen, denn alle Parteien haben mit ihren übergeordneten bundes- und landespolitischen Entscheidungen zur heutigen Lage der Kommunalfinanzen beigetragen. Das Ergebnis wäre: Der Haushalt 2003 wird aus parteipolitischen Gründen abgelehnt und der Landrat erhält die alleinige Verantwortung für die Beschlüsse, die eine breite Mehrheit aller Fraktionen, auch der im Kreistag vertretenen Bürgermeister, mitgetragen hat. Dies wäre unredlich, unehrlich und unseriös. Dies werden die CSU-Bürgermeister nicht mitmachen, sondern geschlossen den Haushalt 2003 mittragen, obwohl einige gern einen allgemeinen Protest formuliert hätten.

 

In der Sitzung des Bayer. Gemeindetages, Kreisverband Miltenberg, am 12.03.2003 wurde die Situation ausführlich diskutiert mit folgendem Ergebnis:

-    Mit der Rücknahme der Kreisumlageerhöhung auf 0,7 % konnten die Bürgermeister für ihre Kommunen einen im  Rahmen der Möglichkeiten liegenden Teilerfolg erringen.

-    Die im Kreistag vertretenen Bürgermeister werden heute so stimmen, wie es jede/r einzelne für richtig hält, egal ob aus eigener Überzeugung oder zum Teil ausdrücklich aus parteipolitischer Disziplin.

-    Der Kreisverband des Bayer. Gemeindetages hat seine Vorstandschaft jedoch beauftragt, für die Gemeinden, die den Haushalt mitfinanzieren müssen (auch die, deren Bürgermeister nicht im Kreistag vertreten sind) heute folgende Position deutlich zu machen: Die Finanzlage der Gemeinden ist erdrückend, sie zieht ihnen regelrecht das Hemd aus. Die Erhöhung der Kreisumlage gleicht bei vielen Gemeinden dem Griff in die Taschen eines nackten Mannes. Dieser Haushalt ist nicht mehr zu ändern, da die Ausgaben bereits beschlossen und die meisten Maßnahmen begonnen sind. Wir müssen uns deshalb auf künftige Haushalte konzentrieren. Eine weitere Ausweitung der Kreisumlage zum jetzigen Zeitpunkt ist für uns nicht vorstellbar, da sich eine weitere deutliche Verschlechterung der Gemeindefinanzen abzeichnet. Daher ist sowohl in den Gemeinden, als auch im Kreistag ein sparsamer Umgang mit den Finanzressourcen notwendig.

     -    Der Kreistag wird deshalb aufgefordert, weiter nach Einsparpotentialen zu suchen und notwendige Investitionsmaßnahmen zu strecken.

     -    Der Kreistag wird weiter aufgefordert, bei allen Entscheidungen die finanziellen Folgen zu bedenken, auch die für die Gemeinden.

     -    Ziel der Kreistagsarbeit sollte dabei sein, die vorhandenen freiwilligen Leistungen möglichst zu erhalten, wenn diese ohne zukünftige Erhöhung der Kreisumlage finanziert werden können. Ein Ausbau bestehender oder die Schaffung neuer freiwilliger Leistungen muß z.Z. jedoch unbedingt vermieden werde.

     -    Die im Kreistag vertretenen Abgeordneten in Bund und Land werden aufgefordert, innerhalb ihrer Mandate auf eine bessere Finanzausstattung der Kommunen hinzuwirken. Sie werden weiter aufgefordert, über die Gesetzgebung definierte bestehende Standards auf ihre tatsächliche Notwendigkeit zu überprüfen und unnötige Standards abzubauen.

     -    Die Landkreisverwaltung wird aufgefordert, bei den Gemeinden bei der Umsetzung dieser Standards die längstmöglichen Fristen einzuräumen und bei der jetzt notwendigen Erfüllung von Aufgaben ebenfalls großzügige Fristen zu gewähren.

     -    Die im Kreistag vertretene/n Bezirksräte/-rätin werden aufgefordert, auf eine weitere Senkung der Bezirksumlage hinzuarbeiten und den Entwurf des Bezirkshaushaltes 2004 im Vorfeld sowohl mit den Landkreisen, als auch mit dem Bezirksverband des Bayer. Gemeindetages vorzubesprechen.

     Für die Durchsetzung dieser Positionen werden sich die Bürgermeister im Kreistag einsetzen und eigene Vorschläge einbringen. Wir bitten die übrigen Kolleginnen und Kollegen daran mitzuarbeiten.

 

Eine Anmerkung zum Schluß: Das Landratsamt hat Doppelfunktion. Es ist Kreisverwaltungsbehörde und zum Teil in Personalunion Aufsichtsbehörde. Es muß der Kreisverwaltungsbehörde Landratsamt klar sein, daß die Erhöhung der Kreisumlage für viele Kommunen bedeutet, daß dies ein weiteres Mosaiksteinchen ist, der Aufsichtsbehörde Landratsamt eigentlich nicht genehmigungsfähige Haushalte vorlegen zu müssen. Wir hoffen dann seitens des Landratsamtes auf ebensolche wohlwollende Zustimmung.

 

Landrat-Stellvertreter Eck dankte für diese Ausführungen, die ausdrücken, daß der Landkreis und seine Städte, Märkte und Gemeinden eine kommunale Familie sei und zusammenarbeiten müsse. Oberregierungsrat Fieger habe bereits signalisiert, daß den Gemeinden, die Probleme mit der Haushaltsgenehmigung hätten, seitens der Landkreisverwaltung geholfen werde.

 

Kreisrat Frey, ödp, äußerte folgendes:

 

Unser Landrat Schwing schreibt in “blickpunkt MIL” vom Februar 2003 im Zusammenhang mit der Krankenhaus-Strukturreform: “. . . noch mehr Belastungen für die Kommunen und Bürgerinnen und Bürger gerade in dieser Zeit sind nicht zu verantworten . . . “. Ich glaube, damit ist das wesentliche gesagt. Ich schließe mich der Meinung unseres Landrates voll an. Umso mehr wundert es mich, daß jetzt die Kreisumlage erhöht werden soll, was ja das Gegenteil der vorgenannten Aussage zur Folge hat. Dazu habe ich im wesentlichen drei Anmerkungen:

1.  Stichwort “Signalwirkung”: In Zeiten knapper öffentlicher Kassen ist es das falsche Signal, die Kommunen, die ja in aller Regel selbst schon finanziell das Ende der Fahnenstange erreicht haben, noch stärker zur Kasse zu bitten.

2.  Stichwort “wachsende Bürokratisierung”: Seit über 20 Jahren verfolge ich bewußt die Politik in unserem Land und habe dabei den Eindruck gewonnen, daß die Bürokratisierung permanent voranschreitet. Der “schlanke Staat” wird oft zitiert, aber nun selten realisiert. Offenbar unterliegt die Bürokratie einer Wachstumsdynamik, die sie aus eigener Kraft nicht umkehren kann oder will. Diese Dynamik muß aber durchbrochen werden, wenn die produktiven Bereiche unserer Wirtschaft auch in Zukunft noch in der Lage sein sollen, unsere Verwaltung zu finanzieren. Vielleicht birgt der wachsende Kostendruck hierfür eine Chance, die Ausgaben – wenn es sein muß mit harten Mitteln – den vorhandenen Einnahmen anzupassen.

3.  Stichwort “Finanzdruck fordert Reformen”: Wenn die Einnahmen aus der Kreisumlage rückläufig sind, ist dies ein Zeichen einer wirtschaftlichen Flaute, die natürlich auch vor den Grenzen unseres Landkreises nicht Halt macht. Es kann doch nicht richtig sein, darauf in der Weise zu reagieren, daß man die Schleusen, durch die Geld in den Kreishaushalt einfließen soll, weiter öffnet. Vielmehr sollte man den Mittelabfluß eindämmen. Ein Durchreichen der Defizite von oben nach unten kann keine zukunftsfähige Lösung sein. Der Umstand überproportional steigender Kosten im Vergleich zu den Einnahmen trifft seit Jahren Unternehmer und Privatleute. Wir alle müssen Verhaltensweisen und Strategien entwickeln, um unsere Betriebe und Familien trotzdem weiterzubringen. Es wird höchste Zeit, daß auch die öffentliche Seite in entsprechender Weise reagiert. Die Verantwortlichen sind gefordert, sich unternehmerisch zu engagieren und für ihre freiwilligen Bereiche in der Verwaltung entsprechende Konzepte auszuarbeiten. Dies sollte auch ohne teure Gutachten möglich sein.

 

Da der vorgelegte Haushalt eine Umlageerhöhung um 0,7 % beinhaltet, lehne ich ihn im Namen der ödp ab und verweigere meine Zustimmung.

 

Kreisrat Spinnler wies auf die Aussagen der Kreisräte Dr. Schüren und Scherf bezüglich des Grundsicherungsgesetzes hin und bemerkte, daß Kreisrat Scherf behauptet habe, die Bundesregierung werde den Kommunen die Aufwendungen hierfür im 2. Halbjahr 2003 erstatten. Er sei gespannt, ob dies wahr werde.

 

An Kreisrat Dr. Schüren gewandt sagte Kreisrat Spinnler, er habe mit seiner Rede vom eigentlichen Desaster ablenken wollen. Schuld daran, daß sich die Bürgermeister mit der Zustimmung zum Kreishaushalt 2003 so schwer tun, sei die rot-grüne Bundesregierung mit ihren Entscheidungen bezüglich Körperschaftssteuer, Gewerbesteuer für Konzerne, Gewerbesteuerumlage usw. Allein die Senkung der Gewerbesteuerumlage hätte den Kommunen 2,3 Mrd € gebracht und die Bürgermeister könnten heute leichter über den Kreishaushalt abstimmen.

 

Kreisrat Dr. Schüren stellte folgendes klar: Er habe mit seiner Aussage “kurzsichtiges Wirtschaften zahlreicher Kommunen” niemals Landrat Schwing gemeint, sondern diese Passage gezielt auf die kostspielige Generalsanierung der Rudolf-Harbig-Halle gemünzt. Dabei bleibe er auch, denn mit dieser Maßnahme habe der Landkreis Miltenberg kurzsichtiges Wirtschaften bewiesen.

 

Zu den Bemerkungen des Vorsitzenden des Bayer. Gemeindetages, Kreisrat Berninger, sagte Kreisrat Dr. Schüren folgendes:

1.  Er habe noch nie Anträge gestellt, von denen er von vornherein gewußt habe, daß sie chancenlos seien.

2.  Welche Anträge haben dazu geführt, daß die beabsichtigte 1 %-ige Erhöhung der Kreisumlage um 0,3 % reduziert werden soll?

3.  Die Bürgermeister-Riege zu spalten, habe er sich nie zugetraut.

 

Auf Empfehlung des Kreisausschusses vom 26.02.2003 faßte der Kreistag sodann mit Stimmenmehrheit (28 : 23) folgenden

 

B e s c h l u ß :

 

Die Kreisumlage 2003 wird von bisher 41,3 % um 0,7 % auf 42 % erhöht.

 

 

Nach dieser Beschlußfassung gab Landrat-Stellvertreter Eck folgende von Kreisrat Neuser in der Kreisausschußsitzung am 26.02.2003 zu Protokoll gegebene Wortmeldung bekannt: “Künftig dürfen Maßnahmen erst nach vorheriger Überprüfung hinsichtlich der Dringlichkeit begonnen werden. Erforderlichenfalls müssen Maßnahmen zurückgestellt oder eine kostengünstigere Ausführung gewählt werden.”

 

Kreisrat Neuser erklärte dazu, seine Wortmeldung sei gleichzeitig ein Antrag. Er lege Wert darauf, daß auch Maßnahmen des Haushalt 2003 entsprechend behandelt werden.

 

Landrat-Stellvertreter Eck sagte zu, daß die Wortmeldung von Kreisrat Neuser dem Bauausschuß, der über die Baumaßnahmen des Landkreises Miltenberg zu entscheiden habe, vorgetragen werde.

 

 

Weiter faßte der Kreistag auf Empfehlung des Kreisausschusses vom 26.02.2003 ebenfalls mit Stimmenmehrheit (28 : 23) folgende

 

B e s c h l ü s s e :

 

1.  Das von der Landkreisverwaltung vorgelegte Investitionsprogramm wird genehmigt (Art. 64 Abs. 2 LKrO).

 

2.  Der Finanzplan, der von der Verwaltung der Entwicklung angepaßt bzw. fortgeschrieben ist, wird angenommen (Art. 64 LKrO).

 

3.  Der Stellenplan für die Verwaltung wird genehmigt (Art. 58 Abs. 3 LKrO).

 

4.  Die Landkreisverwaltung (Landrat und Kämmerer) wird ermächtigt, die in § 2 Abs. 1 der Haushaltssatzung aufgeführten Kredite in Höhe von 5,000.000,00 € im Haushaltsjahr 2003 bei der Bank mit dem günstigsten Zinssatz aufzunehmen.

 

5.  Von allen Haushaltsansätzen, die Neuanschaffungen betreffen (Bürobedarf, Lehr- und Lernmittel, Werken, Bücherei u.ä.), werden bis 01.12.2003 nur 80 % freigegeben. Weitere Beschaffungen dürfen nur mit Genehmigung des Kämmerers erfolgen.

 

6.  Die Haushaltssatzung für das Haushaltsjahr 2003 wird gemäß Art. 55 ff LKrO erlassen.

 

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