Tagesordnungspunkt
TOP Ö 6: Entsorgungsvertrag mit dem Landkreis Aschaffenburg: Entsorgung von Bauabfällen aus den Anlagen der Fa. Siemens, Karlstein
Bezeichnung | Inhalt |
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Sitzung: | 10.12.2001 SZ-04A1CTG |
Beschluss: | noch nicht festgelegt |
Abstimmung: | JA-Stimmen:0 NEIN-Stimmen:0 Enthaltungen:0 |
Dokumenttyp | Bezeichnung | Aktionen |
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Landrat Schwing führte aus, daß der Ausschuß für Natur- und
Umweltschutz und der Landrat das Versprechen, daß keine Abfälle aus den
atomrechtlich genehmigten Anlagen in Karlstein auf der Kreismülldeponie
Guggenberg abgelagert werden dürfen, erfüllt haben. Nach den Erfahrungen in
dieser Angelegenheit müsse man jedoch
fragen, ob es das wert gewesen sei. Voreilig bekanntgeworden durch
Indiskretionen von Mitgliedern der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, nun zur
Verwertung freigegeben durch einen grünen Bundesumweltminister, hätten alle
Verantwortlichen den Kopf für eine verwirrende und für die Bevölkerung
unverständliche grüne Umweltpolitik hinhalten dürfen. Außerdem sei die
kommunale Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Abfallentsorgung mit dem Landkreis
Aschaffenburg der unsachlichen Stimmungsmache, insbesondere seitens der grünen
KreisrätInnen, geopfert worden.
Die Vorgeschichte sei bekannt: Aufgrund des Vertrages mit
dem Landkreis Aschaffenburg sei der Landkreis Miltenberg verpflichtet gewesen,
die nach der damaligen Strahlenschutzverordnung beschränkt freigegebenen
Bauschuttabfälle aus den Laboranlagen der Fa. Siemens in Karlstein auf der
Kreismülldeponie Guggenberg zu entsorgen. Der Ausschuß für Natur- und
Umweltschutz sei darüber in nichtöffentlicher Sitzung vorab informiert worden,
die Verwaltung habe sich verpflichtet, die Öffentlichkeit rechtzeitig und
umfassend zu informieren. Leider seien die Informationen aus nichtöffentlicher
Sitzung seitens der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen der “Frankfurter Allgemeinen
Zeitung” übergeben und damit eine unsachliche und fachlich völlig unbegründete
Kampagne eingeleitet worden. Der Landkreis Miltenberg und die Kreismülldeponie
Guggenberg seien in den Medien bereits als Atommüllzwischenlager der Nation
vorgestellt worden.
Die Verwaltung habe darauf reagieren müssen und habe am
29.11.1999 versprochen, diese Abfälle nicht in Guggenberg abzulagern sondern
andere Entsorgungswege zu finden. Geholfen habe dabei die neue
Strahlenschutzverordnung der rot-grünen Bundesregierung. Diese enthalte nämlich
keine schärferen Grenzwerte für die Freimessung und Ablagerung auf Deponien,
sondern gebe Abfälle, wie sie in Karlstein anfallen, nicht nur zur Deponierung,
sondern auch zur deponiebautechnischen Verwertung frei. Damit müssen diese
Abfälle nicht mehr sofort abgelagert und gut weggeschlossen werden, sondern
können z.B. für den Deponiewegebau und den Bau von gaswegsamen Schichten
verwendet werden. Der größte Clou dabei sei, daß durch diese möglichen
Verwertungswege der Weg aus dem Bereich der öffentlich-rechtlichen
Abfallentsorgung auf privatwirtschaftliche Verwertungswege eröffnet werde.
Aufgrund des vom Bayer. Umweltministerium und der Regierung
von Unterfranken auf der Grundlage der alten Strahlenschutzverordnung
verhängten Exportverbotes in Bayern habe ein Entsorgungsweg gesucht werden
müssen. Der Landkreis Miltenberg habe
dieserhalb bei über 20 bayerischen Deponien “angeklopft”, teilweise hätten sich
die dortigen Umwelt- und Werkausschüsse mit der Anfrage befaßt. Aufgrund der
politischen Situation habe der Landkreis Miltenberg jedoch nur Absagen
erhalten.
Die Landkreisverwaltung habe sich frühzeitig mit dem Entwurf
der neuen Strahlenschutzverordnung beschäftigt und dabei die Änderung gegenüber
der alten Vorschrift, nämlich bei gleichen Grenzwerten keine Unterscheidung
mehr zwischen Verwertung und Beseitigung, erkannt und sowohl die Regierung von
Unterfranken, als auch das Bayer. Landesamt für Umweltschutz und das Bayer.
Umweltministerium auf diese Tatsache hingewiesen. Auch nach einem persönlichen
Gespräch bei Staatsminister Dr. Schnappauf am 9.05.2001 habe sich keine Lösung
abgezeichnet. Das Bayer. Umweltministerium hat noch mit Schreiben vom
13.08.2001 ein vorliegendes Angebot zur deponiebautechnischen Verwertung dieser
Bauabfälle abgelehnt. Offensichtlich sei erst mit dem Inkrafttreten der neuen
Strahlenschutzverordnung (verkündet am 26.07.2001) langsam die Wende für die
Lösung des Problems des Landkreises Miltenberg gekommen. Die
Landkreisverwaltung bedanke sich ausdrücklich bei Bundesumweltminister Trittin
für seine sicherlich ungewollte, aber erfolgreiche Hilfestellung. Für den
Umwelt- und Strahlenschutz in Deutschland sei dies aber eine Lösung, die man
nicht angestrebt habe.
Kreisrat Andre äußerte, es könne nicht sein, daß das, was im
Landkreis Miltenberg für große Aufregung gesorgt habe, jetzt mit dem Erlaß von
Bundesumweltminister Trittin aus der Welt geschafft sein soll. Der politische
Schaden, den die Mitglieder von Bündnis 90/Die Grünen mit dem Schüren von
Ängsten bei der Bevölkerung verursacht hätten, sei unendlich groß gewesen. Nur
wegen der Ängste der Bevölkerung sei letztlich der Vertrag mit dem Landkreis
Aschaffenburg gekündigt worden, was der bisherigen guten Zusammenarbeit in der
Region Bayer. Untermain nicht dienlich gewesen sei. Mit seinem Erlaß habe
Bundesumweltminister Trittin dann den Landkreis Miltenberg von seinem Problem
erlöst. Es frage sich nur, wo der politische Gewinn dieser Sache liege. Auf
jeden Fall sollten alle daraus lernen, daß derartige Dinge nicht leichtfertig
hochgespielt werden dürfen.
Kreisrätin Münzel wies entschieden zurück, daß die
Mitglieder von Bündnis 90/Die Grünen verantwortungslos gehandelt hätten. Im
Gegenteil, ihr Handeln sei verantwortungsvoll gewesen. Der besagte Punkt habe
seinerzeit nicht auf der Tagesordnung der Ausschußsitzung gestanden. Den
Ausschußmitgliedern sei versprochen worden, daß die BürgerInnen entsprechend
informiert werden. Bis zur Information seitens der Landkreisverwaltung sei
allerdings eine lange Zeit verstrichen. Die Mitglieder von Bündnis 90/Die
Grünen hätten nur notwendige Informationen weitergegeben, aber keine Kampagne
gestartet. Es sei spürbar gewesen, daß
die Menschen, die an Deponiestandorten leben, keinen radioaktiv belasteten
Bauschutt haben wollen. Im übrigen sei die Strahlenschutzverordnung seit
Monaten in Bearbeitung gewesen und Landrat Schwing habe gewußt, daß etwas auf
den Weg komme. Sie (Kreisrätin Münzel) lasse es sich jedenfalls nicht nehmen,
vor Ort für das zu kämpfen, was sie für richtig halte. Aus diesem Grund halte
sie auch ihre damalige Position aufrecht.
Landrat Schwing erklärte, er habe nie bedauert, daß Abfälle
aus Karlstein nicht auf Deponien des Landkreises Miltenberg abgelagert werden.
Er sei vielmehr froh, daß es dieses Problem nicht mehr gebe. Wenn Kreisrätin
Münzel sage, sie stehe zu ihrer damailigen Position, müßte sie den Rücktritt
von Bundesumweltminister Trittin fordern. Das Verhalten von Kreisrätin Münzel
sei nicht in Ordnung gewesen. Die Angelegenheit sei seinerzeit in
nichtöffentlicher Sitzung besprochen und versprochen worden, daß die
Öffentlichkeit informiert werde. Die Mitglieder von Bündnis 90/Die Grünen
hätten dann ohne Not Informationen aus nichtöffentlicher Sitzung der Presse
übergeben. Damit hätten sie gegen die Geschäftsordnung des Kreistages
verstoßen. Wenn sie nur einmal bei der Landkreisverwaltung nachgefragt hätten,
hätten sie die entsprechende Auskunft erhalten.
Kreisrat Bieberle bemerkte, er habe den Eindruck, daß
Kreisrätin Münzel das Thema systematisch zerreden und die Bevölkerung erneut
irreführen wolle. Sie habe Bundesumweltminister Trittin keinen Protestbriefe
geschrieben und keine Demonstration gestartet. Es sei ein Skandal, daß jetzt
lt. Bundesumweltminister Trittin Abfälle aus atomrechtlich genehmigten Anlagen
auf allen Deponien abgelagert werden dürfen. Kreisrat Bieberle forderte
Kreisrätin Münzel auf, sich zu entschuldigen und die Angelegenheit in der
Presse richtigzustellen, sonst sei sie auf allen Ebenen unglaubwürdig.
Kreisrat Schmedding wies darauf hin, daß er seinerzeit viele
Vorwürfe erhalten habe und in allen Verhandlungen von “Atommüll” gesprochen
worden sei. Er sei auch dafür, daß Kreisrätin Münzel die Angelegenheit jetzt
richtigstelle.
Kreisrätin Münzel erklärte, sie sei in dieser Angelegenheit
anderer Meinung als Bundesumweltminister Trittin. Sie habe im Verlauf der
Auseinandersetzung nicht ein einziges Mal von Atomzwischenlager, sondern nur
von schwach radioaktiv belastetem Bauschutt gesprochen.
Unter Hinweis darauf, daß zu Beginn der Diskussion gesagt
worden sei, die Angelegenheit müsse politisch gewürdigt werden, bemerkte
Kreisrätin Almritter, sie finde die Redebeiträge stark emotional. Normalerweise
müßte die Industrie nachweisen, wie die Entsorgung erfolge.
Kreisrat Andre widersprach der Aussage von Kreisrätin
Münzel. Tatsache sei, daß die Mitglieder von Bündnis 90/Die Grünen nie von
schwach radioaktiv belastetem Bauschutt gesprochen haben. Kreisrätin Münzel
habe sich zwar von Bundesumweltminister Trittin distanziert, er (Kreisrat
Andre) wisse aber immer noch nicht, ob Trittin irre oder nicht. Im übrigen
hoffe er, daß sich so etwas nicht wiederhole.
Landrat Schwing bemerkte abschließend, daß, nachdem die
Diskussion seinerzeit über Wochen und Monate geführt worden sei, ein
entsprechender Hinweis erlaubt sein müsse.