Tagesordnungspunkt

TOP Ö 2: Müllabfuhr im Landkreis Miltenberg
Informationen zur verzögerten Abfuhr

BezeichnungInhalt
Sitzung:11.10.2022   NU/008/2022 
Beschluss:zur Kenntnis genommen
DokumenttypBezeichnungAktionen

 

Der Ausschuss für Natur- und Umweltschutz nimmt die Ausführungen zur Kenntnis.

 


 

Frau Heim trägt zu TOP 2 vor:

 

Seit 1. Dezember 2021 entleert die Fa. REMONDIS im Auftrag des Landkreises Miltenberg die Restmüll-, Bio- und Papiertonnen, führt den Behälteränderungsdienst durch und sammelt Sperrmüll inklusive Sperrmüll-Altholz und Elektrogroßgeräte. REMONDIS war dem Landkreis bisher ein zuverlässiger Vertragspartner. Im Sommer 2022, besonders in den Monaten Juli und August kam es bedingt durch Personal- und Fahrzeugausfällen, aber offensichtlich auch durch Fehlentscheidungen im Hause REMONDIS, zu nicht tragbaren Zuständen bei der Müllabfuhr. Durch intensive Gespräche und Planungen zwischen Landkreisverwaltung und REMONDIS ist es zwar gelungen, die Bio- und Restmüllabfuhr sicher zu stellen, jedoch kam es zu Verzögerungen bei der Sperrmüllabholung und beim Behälteränderungsdienst. Die Entleerung der Papiertonnen jedoch fand mit großer zeitlicher Verzögerung statt oder entfiel für eine Abholung ganz.

 

Zwischenzeitlich können die Regeltouren wieder eingehalten werden. Beim Behälteränderungsdienst werden die Rückstände aktuell aufgearbeitet. Auch die gelben Säcke, welche die Firma REMONDIS im Landkreis Miltenberg im Auftrag der Dualen Systeme einsammelt, werden zwischenzeitlich wieder planmäßig gesammelt.

 

Die verspätet abgeholten oder nicht entleerten Mülltonnen führten verständlicherweise zu vielen Beschwerden und Nachfragen, sowohl bei der Landkreisverwaltung als auch bei den Gemeinden als erste Anlaufstelle vor Ort. Die Landkreisverwaltung bedankt sich bei den Bürgermeister*innen und Mitarbeiter*innen der Gemeinden für ihre Unterstützung. Der Dank gilt aber auch der großen Mehrheit der Bürger*innen für das Verständnis in der angespannten Situation und den Kolleg*innen im Landratsamt, welche die Reklamationen geduldig abgearbeitet haben.

 

Mit der Firma REMONDIS führt die Landkreisverwaltung aktuell Gespräche über den finanziellen Ausgleich für die schlechte Müllabfuhrleistung im Sommer und den personellen Mehraufwand durch die Beschwerden.

 

Außerdem wird ein Kommunikationsplan erarbeitet.

 

 

Die Firma REMONDIS, Herr Funk und Herr Van Delden, erhalten nun Gelegenheit aus ihrer Sicht zur Müllabfuhrleistung im Sommer Stellung zu nehmen und Fragen zu beantworten.

 

Herr Funk, seit 01.12.2021 bei der Fa. Remondis für die Müllabfuhr im Landkreis Miltenberg verantwortlich, erläutert, welche Gründe für den Qualitätseinbruch bei der Müllabfuhr im Landkreis Miltenberg in der zweiten Sommerhälfte beigetragen haben. Er führt die durch Corona und Nicht-Corona bedingten Personalausfälle, den Weggang von zwei Mitarbeiter, welche von der Vorgängerfirma übernommen wurden, sowie den Ausfall von Fahrzeugen als Ursache für die nicht mehr ordnungsgemäße Durchführung der Müllabfuhr an. Aus seiner Sicht führte die Summe dieser Probleme zu diesem Qualitätseinbruch und hätte auch nie ganz abgefangen werden können. Eine weitere Ursache sehe er in den massiven Personalproblemen gerade in dieser Branche. Jedes Jahr würden 15.000 zusätzliche Fachkräfte fehlen. Eine Lösung sei nicht in Sicht. Für Remondis könne es daher nur der Ansatz sein, die Problematik besser zu meistern als der Durchschnitt in der Branche.

 

Folgende Verbesserungen werden angestrebt bzw. umgesetzt:

-       Aufbau neuer Verwaltungsstrukturen in Kleinwallstadt

-       im Oktober/November wird ein neuer Niederlassungsleiter, der bereits in dieser Branche tätig ist, kommen

-       Verbesserung der Personalsituation durch Neueinstellungen und mehr Ausbildung

-       Optimierung der Fahrzeugflotte: hier wurden bereits 400.000 € investiert.

 

Derzeit bestünden noch Rückstände im Bereich Behällterdienst und Sperrmüllabfuhr, wobei derartige Rückstände bereits bei Vertragsübernahme übernommen und abgearbeitet wurden und jetzt wieder aufgelaufen seien. Auch müsse noch die Bereinigung der Stammdaten (wann und wie oft müsse geleert werden?) abgeschlossen werden. Diese seien bei der Datenübernahme nicht optimal gewesen. Zur schnelleren Behebung der Rückstände bzw. Missstände würden aktuell auch Subunternehmer aus der Region eingesetzt.

Insgesamt könne er nur betonen, dass er die Situation, wie die Müllabfuhr in der zweiten Sommerhälfte gelaufen sei, sehr bedauere und die Firma daraus gelernt und ihre Konsequenzen gezogen habe.

 

In der anstehenden Diskussion werden folgende Aspekte im Gremium angesprochen und erörtert:

 

-       Kommunikationsplan: hier wird darum gebeten, sich von den Gemeinden ein Feedback zu dem Plan geben zu lassen, um die künftige Vorgehensweise in derartigen Situation für beide Seiten optimal zu gestalten. Die Gemeinden seien bei Problemen mit der Müllabfuhr erste Ansprechpartner vor Ort und müssten qualifiziert Auskunft geben können. Dies sei in der Vergangenheit wegen widersprüchlicher Aussagen nicht der Fall gewesen.

Hierzu stellt Herr Scherf klar, dass nie zum gleichen Zeitpunkt unterschiedliche Informationen herausgegeben wurden. Das Problem sei gewesen, dass die an einem Tag herausgegebenen und klaren Informationen bereits am nächsten Tag überholt waren und damit an diesem (nächsten) Tag nicht mehr gestimmt haben. Hinsichtlich der Kommunikationswege sei für künftige Informationen klar, dass diese sowohl beim Sachbearbeiter als auch beim Bürgermeister eingehen müssten.

-       Problematik des zweigeteilten Müllsystems – einerseits Sammlung von Müll durch den Landkreis andererseits Abfuhr des gelben Sackes durch DSD-Personal – interessiere den Bürger nicht; dieser sehe den Landkreis in einer ganzheitlichen Verantwortung.

Hier weist Herr Scherf darauf hin, dass der Aspekt, dass der Landkreis sich um alles kümmere und bei Nachfragen auch Auskunft gebe, nicht gleichbedeutend damit sei, dass er auch für alles verantwortlich sei. Deswegen müsse klar kommuniziert werden, dass die gelben Säcke nicht in der Verantwortung der kommunalen Hand, sondern beim DSD liege. Ähnlich sehe es bei der Ausgabe von gelben Säcken durch die Kommunen aus. Nur weil die Kommunen die gelben Säcke ausgeben, seien sie nicht für die Abfuhr des gelben Sacks zuständig.

Für die Abfuhr der braunen, blauen und schwarzen Tonne sei der Landkreis Miltenberg als Auftraggeber zuständig.

Im vorliegenden Fall gebe es aber die Besonderheit, dass der Ausführende immer die Fa. Remondis sei, weil die Firma den Vertrag vom DSD für die gelben Säcke erhalten habe und auch den Vertrag vom Landkreis, die braunen, blauen und schwarzen Tonnen abzuholen. Die Abfuhr der gelben Säcke erfolge in Anpassung an den Abfuhrplan des Landkreises und somit in Abstimmung mit dem Landkreis bzw. der Landkreisverwaltung.

Bei Anrufen von Bürgern bzgl. der Selbstanlieferung von gelben Säcken bei der MUSE habe sich der Landkreis daher erlaubt, auf die Anlieferung direkt bei Remondis in Kleinwallstadt, wo die Säcke hingehören, hinzuweisen.

-       In der „Müllkrise“ habe Remondis den Beruf des Entsorgers stärker beworben, um mehr Personal zu generieren. Es werde daher um Informationen gebeten, welche Anforderungen an den Beruf „Entsorger“ gestellt werden bzw. was diesen Beruf attraktiv mache?

Hierzu führt Herr Funk aus, dass Remondis stabile Arbeitszeiten, vernünftige Arbeitskleidung und eine moderne Fahrzeugflotte biete. Allerdings werde auch eine körperlich schwere Arbeit geboten, die nicht jedermanns Sache sei. Ebenso gebe es große Probleme beim Nachwuchs für Berufskraftfahrer. Auch lebe die Branche von der Arbeitsmigration, d.h. der Anteil von Migranten im Bereich der Müllabfuhr sei höher als in der freien Wirtschaft. Um die Probleme bei den Berufskraftfahrern zu lösen, müsse es aus seiner Sicht Zugangserleichterungen für Arbeiter aus dem Ausland geben. Hier könne man sich z.B. fragen, ob eine IHK-Prüfung in deutscher Sprache bei gewissen Berufsbildern überhaupt erforderlich sei.

-       Appell zur Besonnenheit durch ein Gremiumsmitglied, das in einer ähnlichen Branche tätig ist: die BewohnerInnen des Landkreises hätten einen hohen Qualitätsanspruch, da die Müllabfuhr bislang funktioniert habe. Man müsse in der jetzigen Zeit auch Verständnis aufbringen, da Lieferzeiten für einen bestellten Lkw derzeit 2 – 2,5 Jahre betragen und defekte Fahrzeuge bei der Werkstatt stehen würden, bis Ersatzteile geliefert werden und die Fahrzeuge dann repariert werden könnten. Verschiedene Umstände hätten sich hier aufsummiert und zu den Missständen geführt.

Wolle man einen hohen Qualitätsstandard haben, müsse man auch fragen, unter welchen Rahmenbedingungen man diesen gewährleisten könne. Es gehe jedem an den Geldbeutel, wenn von der Fa. Remondis verlangt werde, für solche Fälle mehr Lkw´s und mehr Personal vorzuhalten. Aus seiner Sicht hätten sich viele missliche Umstände aufsummiert, die zu der verzögerten Müllabfuhr geführt haben. Es bestünde die Hoffnung, dass es nicht wieder passiere.

Herr Scherf bedankt sich für diesen abwägenden Beitrag. Eine Garantie, dass es nicht wieder vorkommen könne, gebe es nicht. Man müsse auch das derzeitige Infektionsgeschehen sehen, wie viele Personen infiziert, wie viele in Quarantäne seien. Keiner könne abschätzen, wie es sich weiterentwickele. Man müsse sich aber auch bewusstmachen, dass die Müllabfuhr ein sensibler Bereich sei. Dortige Missstände merke jeder Haushalt sofort. Falle dagegen bei einem Busunternehmen nur die erste und letzte Fahrt am Tag aus, so beschweren sich vielleicht nur fünf Personen. Die Fa. Remondis und er seien weit davon entfernt, eine Schlechtleistung schön reden zu wollen. In solchen Krisenzeiten, in denen die Pandemie klinisch kaum mehr dramatische Folgen habe, brauche es dennoch mehr Krisenresistenz und Belastbarkeit in der Bevölkerung, da nochmal Monate mit einem enorm erhöhten Infektionsgeschehen vor uns stünden, wo alle mit Personalausfällen zu kämpfen hätten, die kaum zu bewältigen seien, um damit umgehen zu können. Auch müsse man sehen, dass Remondis noch nicht dort angekommen sei, wo sie mit ihren Maßnahmen hinwollten. Sollten solche Krisensituationen nochmals vorkommen, sei festzuhalten, dass die Kommunikationsstrategie bereits verbessert worden sei, damit die Information sofort an den richtigen Stellen ankomme.

-       Finanzieller Ausgleich für Gebührenzahlende:

Herr Scherf erläutert, dass die mit Remondis auszuhandelnde Entschädigung in den Gebührenhaushalt einfließe und den künftigen Gebührenzeitraum entlaste.

Frau Heim führt hierzu weiter aus, dass die Gebührenzahlenden keinen direkten finanziellen Ausgleich erhalten. Sofern die Abfallentsorgung infolge höherer Gewalt oder technischer Gegebenheiten nicht durchgeführt werden könne, bestehe nach der vom Kreistag in der Vergangenheit beschlossenen Abfallwirtschaftssatzung kein Anspruch auf Gebührenermäßigung oder Nichtzahlung der Gebühr. Die unterbliebenen Maßnahmen müssten jedoch sobald als möglich nachgeholt werden. Dies sei im Ergebnis erfolgt, auch wenn z.B. eine Papierabfuhr einmal ausgefallen sei. Auch werde keine Gebühr speziell für die Papiertonne gezahlt, sondern die Gebühr richte sich nach der Größe der Restmülltonne. Indirekt profitieren die Gebührenzahler aber davon, da alles, was an finanzieller Entschädigung bei Remondis ausgehandelt werde, in den Gebührenhaushalt als Einnahme und damit in die Berechnung der Gebührendeckung (Einnahmen – Ausgaben) einfließe. Somit habe jeder/jede Gebührenzahler/in etwas von der Entschädigungsleistung.

Zur Verdeutlichung bringt Herr Scherf ein fiktives Beispiel: die Entschädigungsleistung belaufe sich z.B. auf 40.000 €, wovon die 40.000 angeschlossene Landkreishaushalte profitieren sollen. Jeder erhalte rein rechnerisch einen Euro. Um diesen einen Euro direkt erstatten zu können, sei der Erlass von Rückzahlungsbescheiden erforderlich. Dies allein verdeutliche schon den bürokratischen Aufwand mit einer direkten Erstattung. Von daher sei es sinnvoll, dass diese in den Gebührenhaushalt einfließe und den nächsten Gebührenzeitraum entlaste.

-       Einsatz kommunaler AbfallApp als Kommunikationsmittel?

Frau Heim erläutert hierzu, dass die AbfallApp als Kommunikationsmittel eingesetzt wurde. Große Verschiebungen – also Änderungen von Abfuhrterminen in einzelnen Gemeinden – wurden über die App kommuniziert und sind dort automatisch eingeflossen. Einzelne Verschiebungen der Abfuhr, z.B. Verschiebungen von heute auf morgen, müssten jedoch händisch eingegeben werden und wären aufgrund der hausinternen Kapazitäten nur begrenzt leistbar. Aufgrund der Fülle der abzuarbeitenden Gespräche und Beschwerden per E-Mail und Telefonate mit Remondis sei es nicht möglich gewesen, einen der Mitarbeiter abzustellen, der in diffiziler Kleinarbeit einzelne Mitteilungen in die App hätte eingeben können. Aber auch hier wolle man sich noch zusammensetzen und prüfen, was mit vertretbarem Aufwand verbessert werden könne (z.B. Kommunikation über Bayernfunk)

-       Remondis ist weltweit tätig und verfüge über ca. 36.000 Mitarbeiter. Gab es in anderen Landkreisen ähnliche Probleme wie im Landkreis Miltenberg und wie habe Remondis diese gelöst?

Herr Funk berichtet hierzu, dass es überall ähnliche Probleme gab. An vielen Stellen sei die Personaldecke zu dünn gewesen. Büroleute mussten daher massiv aushelfen, um die Löcher stopfen zu können. Es sei nicht überall die Brisanz wie im Landkreis Miltenberg gewesen. Besonders schlimm sei es aber in anderen Landkreisen gewesen, wenn eine doppelte Bioabfuhr organisiert werden musste. Die Themen seien überall gleich gewesen. Überall hätten Sie gekämpft, um dann am Feiertag die Tour machen zu können.

-       Vorhandensein einer Dispositionsplanung für die Müllfahrzeuge, so dass sogar Bürger nachschauen könnten, was das Fahrzeug gerade fährt.

Hierzu schildert Herr Funk, dass es technische Mittel gebe, die so etwas erlauben. Der Einsatz hänge aber immer davon ab, ob der Betreiber dies verlange. Auch gebe es unterschiedliche Systeme mit unterschiedlichen Pros und Kontras. Ein derartiges System verteuere aber die Abfuhr. Sie seien gerade dabei ein hauseigenes System zu implementieren. Dies werde allerdings noch einige Monate dauern.

-       Bessere Information von Kreisräten in Krisensituationen, damit diese Auskunft geben können.

Herr Scherf lehnt eine Einbindung von Kreisräten in die künftige Informations- und Kommunikationsstrategie ab, da es in der Vergangenheit zu Ungenauigkeiten bei der Informationsweitergabe durch Dritte gekommen sei, zum Beispiel durch Mitglieder des Kreistags über die sozialen Medien. Und gerade bei einer so dynamischen Situation, wo sich die Informationslage täglich ändere, bringe, eine Informationsweitergabe an „Dritte“, die die Information noch mit anderen teilen wollen, nichts. Besser sei der Verweis auf das Landratsamt oder die AbfallApp.

 

Abschließen führt Herr Scherf an, dass der Fachkräftemangel auch ein gesellschaftliches Problem sei. Der Respekt vor dem Beruf des Entsorgers oder Berufskraftfahrers müsse größer werden, da hohe Leistungen erbracht werden und es sich um ehrbare Berufe handele.

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