Tagesordnungspunkt

TOP Ö 6: Klimaschutzmanagement
European-Energy-Award (EEA), Energiebericht, Maßnahmen

BezeichnungInhalt
Sitzung:02.06.2022   EBV/008/2022 
Beschluss:zur Kenntnis genommen
DokumenttypBezeichnungAktionen

Die Mitglieder des Ausschusses nehmen die Ausführungen zur Kenntnis.


Herr Randig, B 5.2, berichtet ergänzend zum jährlichen Tätigkeitsbericht des Klima- und Energiemanagements aus aktuellem Anlass über die derzeitigen Herausforderungen in diesem Tätigkeitsbereich.

 

Insgesamt sind die Aufgaben seit Schaffung der Stelle des Klimaschutzmanagements stetig gewachsen. Dazu führen einerseits gestiegene nationale und regionale Klimaschutzambitionen, die nicht zuletzt durch die neue Bundesregierung einen neuen Schub erfahren haben. Andererseits hat die Entwicklung der Energiepreise, die bereits seit Herbst 2021 stark gestiegen sind, unmittelbare Auswirkungen.

 

Besonders deutlich wird dies bei der seit 2020 stark gestiegenen und in den letzten Monaten explodierenden Nachfrage beim Thema Energieberatung. Waren die Beratungszahlen 2015/16 ca. 20 Beratungen pro Jahr, gab es allein in der 2. Osterferienwoche 2022 ca. 30 Anfragen innerhalb von 4 Tagen. Die Themen Heizungstausch und Photovoltaik stehen bei den Beratungsanfragen an erster Stelle, beides mit großer Relevanz für den Klimaschutz; viele Bürger wenden sich für eine erste Orientierung vertrauensvoll an das Landratsamt als neutrale Informationsquelle. In der Vergangenheit hat die Beratung aus dem Landratsamt häufig direkt zu Terminen mit dem Kooperationspartner „Verbraucherzentrale“ geführt, dort sind jedoch die Kapazitäten für viele Beratungsangebote bereits Monate im Voraus erschöpft. Umso wichtiger ist aktuell die Orientierung durch das Landratsamt durch das telefonische Beratungsangebot.

 

Die, nicht zuletzt im Sinne des Klimaschutzes, notwendige Diversifizierung der Energiebeschaffung und -gewinnung führt zu gestiegenem administrativen und technischen Aufwand im Energiemanagement. Beispielhaft seien die Nutzung der Abwärme Firma FRIPA mit Monitoring und Abrechnung, die gestiegene Komplexität bei der Betreuung der neuen Photovoltaikanlagen mit Einstromnutzung (Monitoring und Controlling, EEG-Vergütung, EEG-Umlage auf Eigenverbrauch, Vorsteueranmeldung) und die Beschaffung von Biomasse (Holzhackschnitzeln, Holzpellets), jeweils mit komplexerem Vertragswerk mit Preisgleitklauseln im aktuellen Umfeld, sowie die Beschaffung von Erdgas und Strom nach neuen Methoden (Tranchenmodellen) genannt.

 

Der von der neuen Bundesregierung angeschobene Ausbau der regenerativen Energien führt durch neue Nationale Ausbauziele für 2030 zu einer Vervierfachung der Ausbaugeschwindigkeit der regenerativen Stromerzeugungskapazitäten (im Wesentlichen Wind- und Solarenergie). Es ist abzusehen, dass neben Photovoltaik das Thema Windkraft, als Schlüsseltechnologie zum Gelingen der Energiewende und zum Erreichen der Klimaschutzziele, auch in der Region an Bedeutung gewinnen wird. Es gilt die Chancen zu ergreifen und soweit wie möglich im Sinne der Region zu steuern und zu koordinieren, um einen unkontrollierten Ausbau zu vermeiden. Durch den Freiflächen-Planungsleitfaden der Regierung von Unterfranken können wir, nach der Vorstellung des Leitfadens in der Bürgermeisterdienstbesprechung, interessierten Bürgern jetzt durch die Integration des Leitfadens in das w3-Geoinformationssystem dazu Auskunft geben, mit welchem Raumwiderstand einzelne Photovoltaikprojekte rechnen müssen.

 

Aktuelle investive Klimaschutzmaßnahmen an den Kreisliegenschaften sind administrativ aufwändig, von Förderantragsstellung über die Durchführung bis zum Berichtswesen / Verwendungsnachweis. Einige aktuelle Beispiele beinhalten die Umrüstung der Beleuchtung der Janusz-Korczak-Schule auf energiesparende LED-Technik (Förderprogramm: Kommunalrichtlinie), Ladeinfrastruktur für öffentliches Laden im Landratsamt mit der Herausforderung, neben dem Erschließen eines neuen Stromanschlusses auch den passenden Betreiber für die Ladepunkte zu finden (Förderprogramm: Ladeinfrastruktur vor Ort), Heizungsoptimierung u.a. durch Pumpentausch an diversen Liegenschaften (Förderprogramm: BAFA Heizungsoptimierung), Umbau und Nachrüstung von Lüftungsanlagen (Förderprogramm BAFA Lüftungssanierung).

 

Das übergeordnete Thema „Organisatorischer Klimaschutz“ gewinnt durch neue Ansätze wie das Ziel der klimaneutralen Kommunalverwaltung zunehmend an Gewicht. Die Einführung des European Energy Awards (eea), dessen Umsetzung im April gestartet wurde, sieht bereits im ersten Schritt, der Bestandsaufnahme, die aufwändige Ermittlung von Daten und Informationen aus vielen Fachbereichen vor, eine Aufgabe, die betreut und koordiniert werden muss. Die für den Jahresverlauf geplante Fortschreibung des regionalen Klimaschutzkonzepts „Klimapfade für die Region Bayerischer Untermain“ wird neben dem Engagement der Energieagentur erhebliche Kapazitäten des Klimaschutzmanagements binden. Die Bemühungen der Kreisverwaltung zur klimaneutralen Verwaltung stellen bereits im ersten Schritt, der Treibhausgasbilanzierung, eine umfangreiche zusätzliche Aufgabe dar, die sukzessive weitere Kapazitäten benötigen wird, wenn es in die Formulierung und Umsetzung von Maßnahmen geht.

 

Aktionen und Öffentlichkeitsarbeit zum Klimaschutz, um die Bevölkerung auf dem Transformationsprozess in eine klimafreundlichere Zukunft „mitzunehmen“, individuell zu informieren und Chancen aufzuzeigen, sind ein wichtiger Bestandteil des Klimaschutzmanagements. In diesem Bereich können mit den momentanen Personalkapazitäten punktuell Akzente gesetzt werden. So kann die Konzeption, Planung und Durchführung der Vortrags- und Veranstaltungsreihe „Energie & Klima“ u.a. als Ergänzung zur Energieberatung (mit 8 Terminen 2020, 12 Terminen 2021, bis Mai 2022 bereits 8 durchgeführten Terminen) aktuell nicht der wachsenden Nachfrage angepasst werden. Eine aktive Teilnahme an weiteren Aktionstagen wie der globalen „Earth Hour“ oder den Bayerischen Energiewendetagen ist aktuell aus Kapazitätsgründen nicht möglich. Das STADTRADELN mit stetig wachsendem Engagement der Kreiskommunen (im Jahr 2022 nehmen 13 Kommunen mit eigener Wertung teil, im Jahr 2021 waren es 9 Kommunen, im Jahr 2020 nahmen 5 Kommunen teil) verursacht einen wachsenden Mehraufwand. Auch die Klimapartnerschaft mit Tansania tritt durch Lockerungen beim Infektionsschutz in eine aktivere Phase. Ein Besuch der Partnerkommune im Landkreis Miltenberg noch vor der Sommerpause ist in Vorbereitung.

 

Herr Scherf erinnert an den Auftrag, zur klimaneutralen Verwaltung ein Konzept vorzulegen und zu bilanzieren, jedoch ist dies aus Auslastungsgründen nicht schaffbar gewesen. In den letzten drei, vier Monaten haben sich die Rahmenbedingungen und die Bedeutung der Energiewende verändert. Dies überrollt auch das Klimaschutzmanagement der Verwaltung.

 

Herr Faust rät aufgrund der Kapazitätsengpässe zu überdenken, welche Dinge eine entsprechende Wirkung entfalten. Dies kann er nicht beurteilen. Er spricht sich dafür aus, den Mut zu zeigen, laufende Projekte immer wieder auf den Prüfstand zu stellen und unter Umständen ein Projekt auch mal sterben zu lassen, wenn es zwar eine Außenwirkung hat, aber der Effekt verpufft.

Herr Scherf richtet den Fokus auf die Frage, ob Herr Randig der Bevölkerung des Landkreises die grundlegende Energieberatung geben darf, die von dieser nachgefragt wird. Damit ist Herr Randig aktuell bereits weitgehend ausgelastet. Beim Thema Stadtradeln würde Herrn Scherf eine Einstellung schmerzen mit Blick auf das exponentielle Wachstum der Teilnehmerzahl. Das Radfahren gewinnt zunehmend an Bedeutung. Man hält wie in den vergangenen Jahren daran fest, dass die Verwaltung nur eine Abschlussveranstaltung für die TOP3-Gewinner ausrichtet. Der Kooperationspartner VCD hatte sich noch eine Auftaktveranstaltung gewünscht, dies kann die Verwaltung jedoch nicht leisten.

 

Herr Scholtka plädiert dafür, alles zu tun, was machbar ist an Aufgaben, ggf. muss priorisiert und Aufgaben zeitlich geschoben werden. Anhand einer Aufgabenliste könnte er Aufwand und Nutzen abwägen und Prioritäten setzen, so pauschal fällt es ihm schwer. Er erinnert an Planungsleistungen für externe Berater des Klimaschutzmanagements und wirft die Frage auf, ob es die Aufgabe der Verwaltung ist, private Häuslebauer zu beraten. Eine pauschale Erstberatung kann Herr Randig machen, aber in detailliertem Ausmaß sieht er die Zuständigkeit beim Energieberater.

Herr Scherf und Herr Wosnik geben beide an, dass keine überschneidende energetische Beratung stattfindet.

Herr Scherf bittet Herrn Randig um Ausführungen zum Beratungsbedarf und die CSU-Fraktion diesbezüglich um Unterstützung, da von dieser die Frage zur Bilanzierung gestellt wurde.

Herr Randig gibt an, dass seine Beratung meist in koordinierender Funktion erfolgt. Die meisten haben ein Haus. Oftmals wird die Frage nach einem Zuschuss gestellt. Das Gespräch dauert im Schnitt ca. 30 Minuten. Hier bringt er sinnvolle Hinweise an und erläutert seinen Verweis auf die Zwischenstufe der Beratung durch die Verbraucherzentrale oder auf den individuellen Energie- und Sanierungsberater. Im Nachgang fasst er dies in einer E-Mail zusammen und versendet diese an den/die Anrufer*in.

Herr Scherf befürchtet, dass ohne die orientierende Erstberatung durch Herrn Randig dieser die Anrufer genauso lange am Telefon hat, um zu erklären, dass die Verwaltung keine Beratungsleistung anbietet.

Herr Wosnik plädiert ebenfalls dafür, den bisherigen Beratungsumfang aufrecht zu erhalten.

Herr Scholtka schließt sich dieser Auffassung an.

 

Herr Scholtka moniert, dass sich bereits zwei Leute in der Verwaltung mit Energie beschäftigen. Dazu zählt er neben Herrn Randig auch Herrn Haas, da der Radverkehr ebenfalls einen Anteil am Klimaschutz hat. Man kann seines Erachtens unmöglich alle 129.000 Einwohner des Landkreises Miltenberg beraten. Man kann lediglich die Bevölkerung sensibilisieren für dieses Thema und auf Förderprogramme hinweisen. Dies sieht er aber eher im automatisierten Prozess. Er verweist auf die Möglichkeit von Informationsbroschüren und -veranstaltungen zur Sensibilisierung, Kosten-Nutzen-Berechnung, Best-Practice-Beispiele. In dieser Form sieht er die Aufgabe der Verwaltung bei einer allgemeinen Erstberatung, auch in Form von Flyern und Homepage-Einträgen. Für die individuelle Erstberatung soll verwiesen werden. Damit ist der Beratungsaufwand auch leistbar und finanzierbar. Mit der Einstellung von weiterem Personal wird es seines Erachtens beim bisherigen Beratungsumfang nicht besser. Die Sanierungsquote hängt nicht daran, dass die Leute nicht wissen, was sie tun sollen. Es geht vielmehr darum, ob das Geld für eine vollumfängliche Sanierung des Hauses vorhanden ist. Der Kostendruck wird größer, unabhängig von der Beratungsleistung durch die Verwaltung.

Herr Wosnik greift den Vorschlag zur strafferen Organisierung durch Flyer etc. gerne auf. Gerne kann beim Erstanruf erst einmal die E-Mailadresse abgefragt werden, um standardisierte Basisinformationen zuzusenden. Er vertritt aber die Meinung, dass der weitere Prozess ohne ein kurzes persönliches Gespräch nicht möglich ist. Die Verwaltung agiert neutral, die Gewerke haben ein finanzielles Interesse, dort kann man keine neutrale und unabhängige Beratung erwarten. Herr Randig soll unabhängig und ohne den Einfluss von Budgetgrenzen des Anrufers/der Anruferin kurz beraten. Hintendran muss die Verbraucherzentrale oder der freie Energieberater beraten und das Gewerk ein Angebot im finanziellen Rahmen unterbreiten. Herr Wosnik führt aus, dass bei Herrn Randig jetzt ebenfalls - wie bei Herrn Haas bereits erfolgt - die Arbeiten inklusive Zeitanteile erhoben werden und nach prozentualer Verteilung und Gewichtung entschieden wird, welche Aufgaben priorisiert werden und was liegen bleibt. Mit diesen Angaben will man das Gremium erneut informieren. Herr Wosnik führt an, dass Herr Randig dann evtl. nicht mehr wissenstechnisch auf dem aktuellen Stand sein wird, da ein Teil seiner Stellenbeschreibung auch das Netzwerken mit anderen Energiemanagern sowie das aktuell zu haltende Fachwissen umfasst. Es lässt sich allerdings nichts an seiner Aufgabe als Energiemanager einsparen. Dies ist eine sehr praktische Lösung. Für alle vorhandene Energieerzeugungsanlagen hat man für Schulen und Medien monatlich eingehende Rechnungen. Somit kommen alleine für die Schulen monatlich 50 bis 60 Rechnungen zur Bearbeitung zusammen. Für die verwaltungstechnischen Arbeiten kann man die Sachbearbeitung evtl. auf andere Bereiche verlagern, sofern hierfür explizit kein Energiemanager benötigt wird. Er gibt zu bedenken, dass man alleine in diesem Jahr 66.000 EUR für die Prüfung ortsveränderlicher Geräte ausgibt.

 

Frau Becker gibt zu bedenken, dass nicht jeder Handwerker beraten kann oder sich neutral verhält. Daher dankt sie Herrn Randig ausdrücklich für seine Arbeit. Für diese Beratungsleistung wurde Herr Randig auch eingestellt. Die Antragstellung für Fördermaßnahmen kann durch keinen Flyer ersetzt werden, da diese teils sehr individuell ist und im Vorfeld vor einem Maßnahmenbeginn erfolgen muss. Keine Energie ist schlechter, nur mit einem Mix kann das Klimaziel erreicht werden. Handwerker sind grundsätzlich schwer und nur mit starker zeitlicher Verzögerung zu erreichen, da bleibt kaum Zeit für eine ausführliche Beratung.

 

Frau Raab-Wasse hinterfragt die Alternative, die man hat, wenn man nicht mehr in dem Umfang berät. Für sie geht man damit einen Schritt rückwärts. Den Bürger*innen bleibt dann oftmals nur eine kostenpflichtige Beratung, und diese wird dann oft nicht in Anspruch genommen.

 

Frau Stellrecht-Schmidt möchte den Verantwortlichen die Entscheidung überlassen, was priorisiert wird. Sie ist eine flammende Befürworterin des Stadtradelns. Es ist Öffentlichkeitsarbeit, es dient der Sensibilisierung. Daher spricht sie sich für den Beibehalt aus.

 

Herr Scherf dankt den Mitgliedern des Ausschusses für die intensive Diskussion. Herr Wosnik wird in einer der nächsten Sitzungen eine Auflistung der verschiedenen Aufgaben, deren Zeitanteile und eine Priorisierung vorstellen, um anhand dieser Ergebnisse die Diskussion fortzuführen.

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