Tagesordnungspunkt

TOP Ö 1: Wasserrechtliches Planfeststellungsverfahren des Landratsamtes Main-Tauber-Kreis zur „Neuaufschluss Kieslagerstätte mit Schiffsverladestation am Tremhof sowie Verlegung der L 2310 mit Neubau Radweg, Gemarkung Boxtal, Stadt Freudenberg“

BezeichnungInhalt
Sitzung:16.02.2022   KA/007/2022 
Beschluss:zur Kenntnis genommen
DokumenttypBezeichnungAktionen

Beschluss:

 

Die Mitglieder des Ausschusses nehmen die Ausführungen zur Kenntnis.


Landrat Scherf begrüßt die Anwesenden und stellt fest, dass sie rechtzeitig und ordnungsgemäß eingeladen worden seien und der Ausschuss beschlussfähig sei.

Herr Scherf teilt mit, dass die CSU-Fraktion und die Fraktion Neue Mitte sowie die Fraktion Ödp/BLU einen Antrag zum zweiten Tagesordnungspunkt zur Biosphärenreservat Machbarkeitsstudie gestellt haben und dass der Antrag zusammen mit dem entsprechenden Tagesordnungspunkt behandelt wird.

 

Frau Christiane Weber, SG 51, stellt vor.

 

Die Firma Fritz Weber GmbH & Co. Miltenberger Industriewerk KG plant zur Sicherung der zukünftigen Rohstoffversorgung des Aufbereitungsstandortes Bürgstadt die Erschließung einer ca. 23 ha großen Quarzsand- und Quarzkieslagerstätte im Bereich Tremhof, Gemarkung Boxtal, östlich von Freudenberg zwischen Mainkilometer 139 und 140, mit Errichtung einer Schiffsverladeanlage am Mainufer. Im Rahmen dieser Erschließung soll die Verlegung eines unfallträchtigen Teilstückes der L 2310 zwischen Tremhof und der Gemeindegrenze Freudenberg-Wertheim als notwendige Folgemaßnahme des Kiesabbaus erfolgen. Mit Verlegung der L 2310 soll fahrbahnbegleitend ein Radweg zur Ergänzung der Radwegelücke des baden-württembergischen Maintalradweges errichtet bzw. geschlossen werden.

Da im Zuge des Abbauvorhabens ein Gewässer hergestellt wird sowie eine Schiffsverladeanlage errichtet werden soll, bedarf es gem. § 68 WHG einer wasserrechtlichen Planfeststellung. Für das Vorhaben wurde ein Bericht zu den voraussichtlichen Umweltauswirkungen des Vorhabens vorgelegt.

Mit Schreiben vom 2. Dezember 2021 hat das Landratsamt-Main-Tauber-Kreis das Landratsamt Miltenberg am Verfahren beteiligt und um Stellungnahme gem. § 73 Abs. 2, 3a VwVfG bis spätestens 14. Januar 2022 gebeten.

Die vorgelegten Planunterlagen sind unterteilt in Teil A „Neuaufschluss Kieslagerstätte mit Schiffsverladeanlage“ und Teil B „Verlegung der L 2310 und Neubau Radweg“. Zur Beurteilung der Vorhaben liegen folgende Unterlagen bei:

Teil A: Umweltverträglichkeitsuntersuchung, saP, Natura 2000-Vorprüfung, landschaftspflegerischer Begleitplan, Grundwasserhydrologisches und hydraulisches Gutachten, Schall- und Staubimmissionsprognose.

Teil B: Erläuterungsbericht, Übersichtskarten, landschaftspflegerische Maßnahmen, immissions- und wasserrechtliche Untersuchungen sowie umweltfachliche Untersuchungen.

 

Stellungnahme

 

Immissionsschutz

Die Betriebszeiten sind im Regelfall von 7:00 Uhr bis 16:00 Uhr und die Schiffsverladung von 7:00 Uhr bis 17:00 Uhr. Die Zeiten sollen ausnahmsweise bis 18:00 Uhr ausgeweitet werden können.

Eingesetzte Maschinen:

-       Radlader Komatsu WA500-7 (Lösen und Laden)

-       Planierraupe Caterpillar D6 (Abschieben, verfüllen)

-       Tieflöffelhydraulikbagger Caterpillar 352F (Lösen und Laden)

-       Siebmaschine Powerscreen Warrior 1400 / 1800 (Klassieren)

-       Gurtförderbänder (innerbetrieblicher Transport)

-       Verladeanlage Schiffe (Verladen)

-       Schiffe (Transport)

-       LKW (Transport)

Eine Vorbrechanlage soll nicht betrieben werden. Dem Antrag liegen eine Schallimmissionsprognose (Bericht-Nr. X0060.003.02.003 vom 27. Oktober 2021) und eine Staubimmissionsprognose (Bericht-Nr. X0060.003.01.002 vom 22. Juli 2020) der Wölfel Engineering GmbH bei.

 

Lärmschutz

Gemäß dem einschlägigen Arbeitspapier des Bayerischen Landesamtes für Umwelt, Stand 07/2003 „Anforderungen zum Lärmschutz bei der Planung von Abbauflächen für Kies, Sand und andere Bodenschätze“ ist bei Einhaltung bestimmter Mindestabstände zwischen Abbaufläche und Siedlungsgebieten davon auszugehen, dass erhebliche Belästigungen vermieden und die Immissionsrichtwerte nach TA Lärm (zu reinen Wohngebieten 300 m, zu allgemeinen Wohngebieten 200 m und zu Mischgebieten 150 m) eingehalten werden.

Dabei wird vorausgesetzt, dass die tägliche Betriebszeit 7:00 Uhr bis 17:00 Uhr nicht überschritten wird und die eingesetzten Abbaugeräte und Aufbereitungseinrichtungen dem Stand der Schallschutztechnik entsprechen. Die Unterschreitung der genannten Abstände stellt kein Ausschlusskriterium dar, sofern Detailuntersuchungen vorgelegt werden. Im vorliegenden Fall wurde eine detaillierte Schallimmissionsprognose vorgelegt, die die Einhaltung der Immissionsrichtwerte darlegt, z.T. unter Voraussetzung betrieblicher Einschränkungen.

Die der Schallimmissionsprognose der Wölfel Engineering GmbH vom 27. Oktober 2021 zugrundeliegenden Annahmen sind plausibel. Gegen das Vorhaben bestehen keine Bedenken, sofern die sich aus dem Gutachten ergebenden Anforderungen an den Betrieb (z.B. maschinentechnische und zeitliche Einschränkungen des Betriebs im nordöstlichen Abbaubereich), die Betriebszeiten und die zulässigen Immissionsrichtwertanteile an den einschlägigen Immissionsorten für das Vorhaben verbindlich festgelegt werden.

Hinweis: Die Prognose zielt auf eine Ausschöpfung der Immissionsrichtwerte nach Nr. 6.2 TA Lärm ab. Dies schränkt die Möglichkeiten weiterer Gewerbeansiedlungen sowohl auf bayerischer als auch auf baden-württembergischer Seite für die Dauer des Abbauvorhabens erheblich ein.

 

Luftreinhaltung

Die Annahmen, die der Staubimmissionsprognose zugrunde liegen, erscheinen nach überschlägiger Prüfung plausibel. Auf die relevanten Aspekte nach VDI 3873 Blatt 13 geht der Gutachter ein. Gegen das Vorhaben bestehen keine Bedenken, sofern die Annahmen und Anforderungen, die sich aus dem Gutachten ergeben, im Betrieb umgesetzt werden (z.B. S. 13 Nr. 5.3, S. 45: Minimierung der Abwurfhöhen bei Verladearbeiten und Bandabwürfen, Begrenzung der Fahrgeschwindigkeit der LKW, Befeuchtung der Fahrwege, Staubniederschlagung am Übergabetrichter zwischen Siebanlage und Bandkonstruktion).

 

Naturschutz

Aus naturschutzrechtlicher Sicht wird festgestellt, dass von dem geplanten Vorhaben mittelbare Beeinträchtigungen auf die auf bayerischer Seite gelegenen Schutzgebiete und gesetzlich geschützten Arten ausgehen können. Die durchgeführte Natura 2000-Vorprüfung kommt zum Ergebnis, dass die Erhaltungsziele oder Schutzzwecke der Schutzgebiete nicht erheblich beeinträchtigt werden. Ergänzend ist anzumerken, dass es im Vogelschutzgebiet 6221-401 „Buntsandsteinfelsen am Main“, Teilfläche 04, im Jahr 2021 zu einem Bruterfolg des Uhus gekommen ist. Diesbezüglich ist die Natura 2000-Vorprüfung zu ergänzen.

 

Bauleitplanung und Bauordnungsrecht

Die geplanten Kiesabbauflächen liegen gegenüber der bayerischen Gemarkung Dorfprozelten. Von den Maßnahmen ist in erster Linie das Mainvorland der Gemeinde Dorfprozelten betroffen. Hier gibt es bereits konkretisierte Planungen für eine touristische Nutzung des Mainvorlandes als Freizeit- und Erholungsflächen, sowie zur Anlage von Wohnmobilstellflächen. Hier sind die Auswirkungen von Immissionen auf die geplanten Nutzungen der Gemeinde Dorfprozelten (in Bezug auf Lärm, Staub) erneut gutachterlich zu prüfen.

Die geplante Schiffsverladung liegt gegenüber dem Natursteinwerk „Umscheid“ – dieser Standort scheint daher verträglich. Die Kiesabbauflächen liegen überwiegend gegenüber dem Werftgelände in Dorfprozelten.

Gegen eine Verlegung der L2310 bestehen keine Einwendungen.

 

Beteiligung der betroffenen angrenzenden bayerischen Gemeinden

Die landkreiseigenen bayerischen Städte und Gemeinden Dorfprozelten, Collenberg und Stadtprozelten, die von diesem Planfeststellungsverfahren betroffen sein könnten, hat das Landratsamt Miltenberg per E-Mail vom 9. Dezember 2021 am Verfahren beteiligt. Die beteiligten landkreiseigenen Städte und Gemeinden äußerten sich folgendermaßen:

Die Gemeinde Collenberg erhob keine Bedenken.

Die Stadt Stadtprozelten bekundete an dem ortsnah entstehenden Retentionsraum für ihr zukünftiges infrastrukturelles Projekt (Ortsumfahrung ST 2315 mit Hochwasserschutz) Interesse und bat diesbezüglich um Benennung eines Ansprechpartners.

Die Gemeinde Dorfprozelten wies darauf hin, dass der Gemeinderat Dorfprozelten mit Beschluss vom 8. September 2020 die Neuaufstellung des Flächennutzungsplanes beschlossen habe. Im Rahmen dieses Verfahrens solle das Mainvorland neu strukturiert werden. Als Maßnahmen im Mainvorland seien die Errichtung einer Kneipp Anlage, eines Wohnmobilstellplatzes sowie eines neuen Wegesystems vorgesehen. Das Projekt zur Mainufergestaltung laufe bereits seit 2014. In der Gemeinderatsitzung vom 5. Februar 2019 wurde dem Büro Arc. Grün ein Planungsauftrag für das Projekt erteilt. Am 25. Juni 2019 fand eine Bürgerinformationsveranstaltung statt. Ziel der Mainufergestaltung sei es, das Mainvorland weitgehend offen zu halten, eine Naherholungsfläche inklusive Spielbereiche bzw. Outdoor-Fitness, Wanderwege mit Sitzmöglichkeiten entlang des Weges zu schaffen sowie die Errichtung eines Wohnmobilstellplatzes. Die Gemeinde Dorfprozelten stimme dem vorliegenden Planfeststellungsverfahren nicht zu, da mit dieser Maßnahme der Charakter des Tales nachhaltig und zum Nachteil verändert werde. Der Naherholungswert des Mainvorlandes und das Landschaftsbild werde in Dorfprozelten dadurch negativ beeinflusst und stehe im Widerspruch zur geplanten Mainufergestaltung in Dorfprozelten. Die betriebsbedingten Schall-, Staub- und Abgasimmissionen der Kieslagerstätte mit der Schiffsverladeanlage würden die geplante Naherholungsfunktion nachhaltig beeinträchtigen.

Mit den vorliegenden Unterlagen (Erläuterungsberichte, Umweltberichte und verschiedene Gutachten) werde zwar grundsätzlich nachgewiesen, dass das Vorhaben aufgrund seiner Entfernung zur bayerischen Landkreisgrenze Miltenberg, keine negativen Auswirkungen nach sich ziehen werde. Dennoch wurde darum gebeten, die von den beteiligten bayerischen Gemeinden vorgebrachten Bedenken und Anregungen sowie die dargelegten Planungsabsichten der Gemeinde Dorfprozelten im Rahmen des interkommunalen Abstimmungsgebotes gem. § 2 Abs. 2 BauGB im vorliegenden Planfeststellungsverfahren zu berücksichtigen. Das Landratsamt Miltenberg und der Landkreis Miltenberg erhebe diesbezüglich Bedenken gegenüber dem vorliegenden wasserrechtlichen Planfeststellungsverfahren.

 

Zusammenfassende Würdigung

Das Landratsamt Miltenberg und der Landkreis Miltenberg erhebt Bedenken gegenüber dem vorliegenden wasserrechtlichen Planfeststellungsverfahren. Hiervon sind insbesondere die Planungsabsichten der Gemeinde Dorfprozelten betroffen. Die dargelegten Planungsabsichten der Gemeinde Dorfprozelten sind im Rahmen des interkommunalen Abstimmungsgebotes gem. § 2 Abs. 2 BauGB im vorliegenden Planfeststellungsverfahren zu berücksichtigen.

 

Herr Scherf bedankt sich für die umfangreiche Vorstellung sowie die gewissenhafte und umfassende Erarbeitung der Stellungnahme von Landratsamt Miltenberg. Das Vorhaben ist rechtlich genehmigungsfähig, aber der Landkreis Miltenberg hat auch unter Berücksichtigung der Belange der betroffenen Landkreisgemeinden hinsichtlich deren Entwicklung Bedenken. Die Standpunkte der Gemeinden werden in die Stellungnahme mit aufgenommen.  

 

Herr Zöller bedankt sich für die Vorstellung und berichtet von Informationen aus der Presse; Die Gemeinde von Dorfprozelten habe Bedenken bezüglich des Projekts. Er fragt, ob die Gemeinde Dorfprozelten nach Ausgang des Planfeststellungsverfahrens in einem möglichen Rechtsverfahren Unterstützung durch das Landratsamt erhalten könne.

Herr Scherf antwortet, dass die enge Zusammenarbeit mit der Verwaltung der Gemeinden in der vorliegenden Stellungnahme erkennbar ist. Zudem ist Herr Feil ein geeigneter Ansprechpartner für die Gemeinden ergänzend zum fachlichen Austausch mit der Bauabteilung mit Herrn Krah und Frau Weber. Im Rahmen eines Rechtsverfahrens reichen jedoch die Ressourcen des Landratsamtes Miltenberg nicht aus, so dass sich die Gemeinden externe Unterstützung holen müssen.

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