Tagesordnungspunkt

TOP Ö 2: Bericht der Strukturwandel und Qualifizierung gemeinnützige GmbH (SQG)

BezeichnungInhalt
Sitzung:26.10.2021   WT/002/2021 
Beschluss:zur Kenntnis genommen
DokumenttypBezeichnungAktionen

Beschluss:

 

Die Mitglieder des Ausschusses für Wirtschaft und Tourismus nehmen die Ausführungen zur Kenntnis.


Herr Scherf weist darauf hin, dass in der letzten Sitzung des Ausschusses Frau Ghadhab die SQG präsentiert hat. Herr Fischer hat mittlerweile die Geschäftsführung der SQG übernommen.

In der letzten Ausschusssitzung war nur ein kurzer Bericht möglich gewesen. Aufgrund der daraus resultierenden Fragen erfolgt heute ein ausführlicherer Vortrag. Fragen, beispielweise zum Vorgehen der SQG, um ihre Dienstleistung für Betriebe und Unternehmen anzubieten, die sich in einem Strukturwandel und Veränderungsprozess befinden oder wie der Veränderungsprozess zum Thema Qualifizierung stattfindet und ob eine gemeinnützige Gesellschaft das überhaupt leisten kann, sollen geklärt werden. Der zweite Aspekt des Vortrages ist, dass vor zwei Jahren aufgrund des Projektes des Freistaates Bayern und des Sozialministeriums auf die Weiterbildungsinitiator*innen der SQG zurückgegriffen wurde, um das Thema Weiterbildung gerade auch in kleineren und mittleren Unternehmen zu etablieren.

 

Herr Fischer erläutert, dass Frau Ghadhab in Kürze in den Ruhestand geht. Er ist seit dem 1.10.2021 der neue Geschäftsführer und stellt die SQG gemäß Präsentation noch einmal ausführlicher vor.

 

Herr Scherf zieht das Fazit, dass die Qualifizierungsarbeit im Transfergeschäft und die Weiterbildungsinitiierung eine schwierige Aufgabe sind. Als man sich für dieses Angebot in der Region entschieden hat, war auch klar, dass man genau an die kleinen Betrieben herantreten will, die nicht die unmittelbare Notwendigkeit und damit das Interesse haben. Wenn der Substituierungsdruck, der Druck durch den Strukturwandel, aber zum Tragen kommt, werden im Endeffekt die Menschen ohne Perspektive dastehen. Daher soll man lieber schon in den guten Zeiten in die Qualifizierung gehen. Dies ist noch ein dickes Brett, das es zu bohren gilt.

 

Frau Münzel führt aus, dass in den Wochenendausgaben der Zeitungen Unmengen an Stellenanzeigen zu lesen sind. Sie fragt, ob Herr Fischer ebenfalls die Wahrnehmung hat, dass der Transfer leichter geworden ist und möchte wissen, in welchen Bereichen noch Schwierigkeiten bestehen, welche Leute trotzdem große Probleme haben, trotz dieser Vielzahl an Stellenangeboten unterzukommen.

Herr Fischer teilt die Wahrnehmung von Frau Münzel. In der Region hat man nahezu eine Vollbeschäftigung mit Blick auf die Stellengesuche und die Arbeitslosenzahlen. Die qualifizierteren Stellen werden viel stärker gesucht als die unqualifizierteren. Herr Fischer glaubt, dass nahezu jeder, der den Willen dazu hat, etwas finden kann. Es gibt gewisse Einschränkungen. Es ist eine Frage der Altersstruktur, die die Betriebe mitgebracht haben. Ältere sind nicht so schnell wieder in einen Arbeitsprozess zu integrieren, teilweise ist es von ihnen auch nicht mehr gewollt. Für alle Stellen, die mit Elektrik zu tun haben, ist derzeit kein Personal zu finden. Ein Hindernis ist oftmals auch die Gehaltsstruktur, die beibehalten werden soll. Dies ist bereits bei einem Wechsel bei leergefegtem Arbeitsmarkt wahrnehmbar. Viele Kunden der SQG stammen aus der Metall- oder Elektrobranche und haben dort einen Tarifvertrag. Sie haben dort gutes Geld verdient, auch als Ungelernte. Das ist dann ein gewisses Hemmnis, um in den Arbeitsprozess wieder einzutreten. Sobald aber das Ende der SQG-Zeit naht, steigt wieder die Bereitschaft. Die SQG hat in all diesen Jahren eine Vermittlungsquote zwischen 70 % und 75 % gehabt. Während Corona lag die Quote bei 54 %, steigt aber aktuell wieder. Bei Herausrechnen der Altersstruktur nähert man sich sehr stark wieder der alten Quote an.

 

Herr Reichwein möchte wissen, welcher Anteil, prozentual gesehen, zur SQG kommt und sich nicht mehr weiterbilden möchte. Man kann ja durchaus gute Erfolge erzielen, wenn der Wille zur Weiterbildung besteht. Außerdem möchte er wissen, woher die SQG ihr Hauptklientel bekommt, ob diese von der Agentur für Arbeit kommen oder die Menschen aktiv auf die SQG zugehen.

Herr Fischer schätzt, dass sich ca. 1/3 damit schwertut, etwas Neues anzufangen. Davon sind mindestens 80 % über 55 Jahre alt. Aber man kann oft nicht pauschalieren. Es liegt an der SQG, wie man diese Menschen packen kann. Nicht bei jeder Person gelingt dies, auch das ist menschlich. Bei späten Austritten mit vielen Betriebszugehörigkeitsjahren haben diese oft eine sehr gute Abfindung erhalten. Dementsprechend besteht kein Handlungsdruck. Auch in diesen Fällen versucht die SQG Ansätze mit einer teils ganz anderen beruflichen Orientierung, eher Neigung und Hobby, aufzuzeigen. Es gibt teils auch jüngere Menschen, die verletzt sind und erst einmal nicht wollen. Diese sind auch nicht durch die SQG zu packen. Somit ist es nicht zwingend immer ein Altersthema. Bei den Älteren ist die Quote natürlich deutlich höher. Herr Fischer erläutert bezüglich der Frage der Klientelgewinnung, dass im Bereich des Transfers sich Arbeitgeber und Betriebsräte im Vorfeld besprechen. Wenn diese in ihren Sozialplänen das Thema Kurzarbeit mit aufnehmen, dann suchen hierfür einen Partner und kommen ggf. auf die SQG zu. Die SQG geht nicht auf diese Betriebe zu und die Agentur für Arbeit darf nicht vermitteln, sondern muss sich neutral verhalten. Es gibt mehrere Transfergesellschaften, aber keine mit solch einer regionalen Präsenz wie die SQG. Jeder, der Transferkurzarbeit machen möchte, muss im Vorfeld auch eine Beratung von der Agentur für Arbeit bekommen. In diesem Fall heißt Beratung, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer in einem gemeinsamen Gespräch von der Agentur für Arbeit über die Vor- und Nachteile aufgeklärt werden. In sehr vielen Fällen ist die SQG zu diesem Zeitpunkt bereits eingebunden. Oftmals haben die Firmen bereits seit vielen Jahren Kontakte zur SQG, sowohl von der Arbeitgeber- als auch der Arbeitnehmerseite, den Betriebsräten. Da ist auch die IG Metall ein Part. Der erste Bevollmächtigte der IG Metall ist gleichzeitig der Aufsichtsratsvorsitzende der SQG. Dies ist ein Geben und Nehmen. Zweiter Stellvertreter bei Aufsichtsratssitzungen ist die Stadt Aschaffenburg, genauso wie die Landkreise Miltenberg und Aschaffenburg oder auch der Verband Bayerische Wirtschaft und die Agentur für Arbeit.

 

Herr Reinmuth hinterfragt den Eindruck der letzten Sitzung, dass es ein Weiterbildungsangebot im Zuge von Digitalisierung, Veränderung und Wandlung gibt, das die SQG den Betrieben anbietet, von diesen aber nicht wahrgenommen wird.

Herr Scherf verweist auf ein Missverständnis. Es handelt sich nicht um ein Weiterbildungsangebot der SQG, sondern es gibt grundsätzlich ein reichhaltiges Angebot für Weiterqualifizierung. Dies wird aber gerade von kleineren und mittleren Unternehmen nicht nachgefragt. Das war eine Analyse aus der Innovationskommission für Digitalisierung und Strukturwandel. Deswegen kam man auf den Ansatzpunkt, das Projekt der Weiterbildungsinitiator*innen des Freistaates Bayern zu nutzen. Weiterbildungsangebote sollen in Einklang gebracht werden mit den Möglichkeiten zur Qualifizierung im Betrieb, insbesondere bei Angeboten, die von der Wirtschaft nicht abgerufen werden. Daher wurden die Weiterbildungsinitiator*innen bei der SQG angesiedelt.

 

Herr Reinmuth fragt nach der Zielgruppe der Weiterbildungsinitiator*innen. Ob es nur Großbetriebe sind, die ganze Abteilungen schließen und bevor sie eine Transfergesellschaft gründen müssen, im Vorfeld Weiterbildungsangebote unterbreiten, um das Personal innerbetrieblich weiter zu verwenden. Oder ob auch der kleine Mittelständler betroffen ist, der sich weder vergrößern noch verkleinern möchte, sondern einen Wandel im Arbeitsumfeld hat und digitaler werden muss. Das Thema betrifft seines Erachtens den Bereich Personalentwicklung. Beurteilung von Stelleninhaber*innen, Leistungsfähigkeit, dies ist ein hochsensibler Bereich. Das ist eine Beratung in den Eingeweiden eines Unternehmens, egal welcher Größenordnung.

Herr Fischer schließt sich den Ausführungen an. Zielgruppe sind grundsätzlich alle Betriebe. Es betrifft auch nicht nur den produzierenden Bereich, auch Handel, Dienstleister usw. Die Methodik der SQG ist nicht, dem Betrieb den „richtigen“ Weg zur Digitalisierung aufzuzeigen. Die SQG entwickelt gemeinsam mit der Firma eine mögliche Herangehensweise, zeigt Notwendigkeiten und Hilfestellungen auf. Sie benennt die notwendigen Qualifikations- und Schulungsmaßnahmen und welche Bildungsträger und Fördergelder es gibt. Herr Fischer teilt den Eindruck, dass diese Beratung einen sehr sensiblen Bereich betrifft. Daher ist die Verbundstruktur mit dem über Jahre entwickelten Vertrauen so wichtig. Dieses Vertrauen gilt es sich zu erarbeiten. Wenn man die Maßnahmenplanung nur postalisch zusendet und der Empfänger den Partner nicht kennt, wird das automatisch als Werbepost abgelegt. Herr Fischer glaubt, dass auch die SQG hier noch einen besseren Weg finden muss, wie die Weiterbildungsinitiator*innen und auch die SQG dieses Vertrauen schaffen. Die SQG hat Großbetriebe als Kunden nicht nur für den Transfer, sondern es werden auch Betreuung, Beratung, Profiling durchgeführt. Aber es gibt auch kleinere Betriebe. Seit 2019 haben ca. 200 kleinere Unternehmen Kontakt gehabt, aber die SQG hat im Moment noch keinen tiefen Zugang. Es werden mehr Ideen diskutiert. Herr Fischer vermutet, dass derzeit entweder noch nicht die Vertrauensbasis gegeben oder aber die Priorität noch nicht so hoch gesetzt ist. Er findet die kleinen mittelständischen Strukturen sehr gut. Diese benötigen seines Erachtens aber eine Unterstützung. Diese kann man sich über Kammern holen. Oder man ist auch gemeinsam organisiert. Im Handel und im Handwerk ist das ausschließlich so. Im produzierenden Bereichen kennt er das so nicht. Er denkt, über 80 % des Handels ist in einer Einkaufsgenossenschaft Mitglied. Die größten Lebensmittelgeschäfte, die man kennt, wie EDEKA und REWE beispielsweise, sind in Kooperationen und Genossenschaften organisiert. Da haben sich mittelständische Unternehmen zusammengeschlossen, um gemeinschaftlich etwas zu machen. Weil sie zum Beispiel im Schulungsbereich nicht so stark sind. Da gibt es große Konzepte. Der Umgang mit E-Commerce ist ein wichtiges Tool, aber nicht für jeden geeignet. Es gilt darüber nachzudenken, wie die SQG diese Vertrauensbasis generieren kann. Die SQG als neutraler Anbieter ist nicht darauf aus, Ergebnisse zu maximieren. Gelder, die die SQG verdient, verbleiben in der Gesellschaft und werden nicht wie anderswo an einen Gesellschafter ausgeschüttet. Mit diesen Geldern darf die SQG arbeiten, wenn die Gremien zustimmen und die Budgets freigeben. Damit ist eine Vertrauensbasis zu schaffen und in die Tiefe zu kommen. Erstgespräche führt die SQG häufig, aber die Folgeschritte sind stark verzögert im Mittelstand. Gute Ideen bleiben häufig über ein Jahr auf den Schreibtischen der Unternehmen liegen.

Herr Scherf verweist auf den bereits angedeuteten Folgeschritt, dass die SQG sich mit der ZENTEC austauscht. Diese hat die Netzwerke und Zugänge zu den Unternehmen.

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