Tagesordnungspunkt

TOP Ö 4: Bericht zu „Beteiligungsprozess Atommüllendlagersuche“

BezeichnungInhalt
Sitzung:04.03.2021   NU/001/2021 
Beschluss:zur Kenntnis genommen
DokumenttypBezeichnungAktionen

Die Mitglieder des Ausschusses nehmen die Ausführungen zur Kenntnis.


Landrat Scherf informiert das Gremium zum Beteiligungsprozess Atommüllendlagersuche anhand beiliegender Präsentation.

 

 

  1. Die Aufgabe auf Grundlage des Standortauswahlgesetzes

 

Endlagersuche für 30.000 Kubikmeter / 10.500 t hochradioaktiver Abfall

 

Deutschland sucht ein Endlager für seinen Atommüll. Rund 30.000 Kubikmeter Atommüll brauchen ein Endlager, welches Mensch und Umwelt vor dem Freiwerden der radioaktiven Substanzen schützt.

Nach den Vorgaben des Gesetzes soll ein geeigneter Standort bestimmt werden, der die bestmögliche Sicherheit für den dauerhaften Schutz von Mensch und Umwelt vor ionisierender Strahlung und sonstigen schädlichen Wirkungen dieser Abfälle für einen Zeitraum von einer Million Jahre gewährleistet. Dazu gehört auch die Vermeidung unzumutbarer Lasten und Verpflichtungen für zukünftige Generationen.
Die Abfälle enthalten sehr hohe Konzentrationen an radioaktiven Stoffen, die extrem hohe Strahlung entfalten, welche abgeschirmt werden muss. Außerdem geht von den hochradioaktiven Abfällen über Jahrzehnte eine deutliche Wärmefreisetzung aus, weshalb die Endlagerung in tiefen geologischen Formationen in einem für diese Zwecke errichteten Endlagerbergwerk mit dem Ziel des endgültigen Verschlusses erfolgen soll.
Die Möglichkeit einer Rückholbarkeit während der Betriebsphase des Endlagers und die Möglichkeit einer Bergung für 500 Jahre nach dem geplanten Verschluss sind vorzusehen.

Rechtlich ist dieser Anspruch an die noch festzulegenden Endlagerkonzepte in § 4 der Endlagersicherheitsanforderungsverordnung festgelegt:

 

(1)  „sicherer Einschluss der radioaktiven Abfälle“ vor der Biosphäre mindestens im Bewertungszeitraum von 1 Million Jahre

(2)  Wartungsfrei + passiv durch ein robustes, gestaffeltes System verschiedener Barrieren

(3)  Barrieren im Rahmen eines Multibarrierenkonzeptes:

a.    Ein oder mehrere geologische Barrieren (Berücksichtigung des Deckgebirges beim kristallinen Wirtsgestein ist noch nicht erfolgt, besonders der hydrogeologische Aspekt zum Beispiel in Spessart und Odenwald mit der Wechselfolge zahlreicher grundwasserleitender und grundwasserhemmender Schichten, also einer intensiven Grundwasserstockwerksgliederung, was die Eignung in Frage stellt!

b.    Steinsalz und Ton können grundsätzlich den Einschluss natürlich gewährleisten, während das Wirtsgestein Kristallingestein aufgrund der Neigung zur Klüftung um technische bzw. geotechnische Barrieren ergänzt werden können/müssen.

c.    Barrierenkonzept:

                                          i.    Matrix des Brennstoffes

                                         ii.    Art des Endlagerbehälters (z.B. Kupfer)

                                        iii.    Geotechn. Barriere durch die Verfüllung zum Beispiel mit Bentonid bei Ton oder Kristallinem Gestein

                                       iv.    Geotechnische Barriere: Heilung der Verletzung der geolog. Verletzung

                                        v.    Geolog. Barriere des Wirtsgesteins Ton / Salzstein / Kristallin

 

Anforderung an den Endlagerbehälter:

-          Rückholbarkeit: Bergbarkeit für mindestens 500 Jahre

-          Dichtigkeit, keine Freisetzung von Aerosolen

-          Mechanische Stabilität

-          Temperaturstabilität: 380°C innen und 100°C außen

-          Im Kristallingestein muss der Behälter 1 Million Jahre halten, um den Abschluss von der Biosphäre zu gewährleisten

Das Ausschreibungsverfahren für die Endlagerbehälterentwicklung für die drei unterschiedlichen Wirtsgesteine läuft derzeit in Verantwortung der BGE.

Flächenbedarf des Endlagers oberirdisch ist je nach Gesteinsart unterschiedlich. Bei kristallin: Kernanlage ca. 3,5 km² (ca. 350 ha).

In der Debatte um ein Atommüll-Endlager gab es in den 1980er Jahren einen Fehlstart, als Niedersachsens damaliger Ministerpräsident Ernst Albrecht Gorleben zur Endlagerstätte erklärte. Der nachfolgende Aufstand ist heute legendär. Nach dem Scheitern des Projekts Gorleben startete die Bundespolitik einen neuen Anlauf nach zwei selbst definierten Prinzipien: Wissenschaftlichkeit und Transparenz.

Basis hierfür ist das Standortauswahlgesetz vom Sommer 2013. Zur Vorbereitung des Standortauswahlverfahrens hatte die Kommission „Lagerung hoch radioaktiver Abfallstoffe“ (Endlagerkommission) von Mai 2014 bis Juni 2016 zunächst Grundsatzfragen für die Entsorgung hochradioaktiver Abfälle geklärt. Die Kommission bestand aus 32 Mitgliedern aus Wissenschaft, von Umweltverbänden, Religionsgemeinschaften, Wirtschaft und Gewerkschaft, Gesellschaft und Politik sowie zwei Vorsitzenden. Die Empfehlungen der Endlagerkomission waren Grundlage für die Novellierung des vom Bundestag beschlossenen Standortauswahlgesetz – StandAG, welches am 16.05.2017 in Kraft getreten ist. Damit hat der Prozess für die Suche und Auswahl eines Standortes für ein Endlager für hochradioaktive Abfälle richtig begonnen.

Mit der Novellierung wurde gegen den Willen Bayerns eine Regelung nur für das Wirtsgestein Kristallin eingeführt, die es ermöglicht, auch auf ein Endlagerkonzept auszuweichen, welches im Wesentlichen auf (geo)technischen Barrieren durch Verschlussmaterialien, wie z.B. Betonit, beruht.

 

  1. Die Akteure im Prozess

 

Die Endlagersuche wird von mehreren Akteuren und Institutionen getragen:

 

Formal:

 

  • Die Bundesgesellschaft für Endlagerung mbH (BGE) ist Vorhabenträgerin und für das operative Geschäft des Verfahrens zuständig. Das Unternehmen erarbeitet insbesondere Vorschläge für die Auswahl der Standortregionen und der zu erkundenden Standorte und erstellt standortbezogene Erkundungsprogramme und Prüfkriterien.

 

  • Das Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE) hat zwei Aufgaben:
    Zum einen ist es Kontroll- und Aufsichtsbehörde bei der Suche nach einem Endlager. Es bewertet die Vorschläge und Erkundungsergebnisse der BGE mbH und schlägt der Bundesregierung den Endlagerstandort vor. Es begleitet den Suchprozess aus wissenschaftlicher Sicht und überwacht, dass die Suche so abläuft, wie sie im Gesetz festgelegt ist.

Zum anderen beteiligt das BASE die Öffentlichkeit. Es informiert umfassend über das Verfahren, stellt die für die Standortauswahl wesentlichen Informationen für alle Verfahrensbeteiligten frühzeitig, umfassend, systematisch und dauerhaft auf ihrer Website zur Verfügung: https://www.endlagersuche-infoplattform.de/webs/Endlagersuche/DE/_home/home_node.html

Das BMU trägt die politische und administrative Gesamtverantwortung im Bereich Endlagerung. Das BASE untersteht der Fach- und Rechtsaufsicht des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU). Das Ministerium überprüft, dass das Standortauswahlverfahren nach den Anforderungen und Kriterien des Standortauswahlgesetzes durchgeführt wird.

 

  • Das Nationale Begleitgremium (NBG) hat 18 Mitglieder und setzt sich zusammen aus anerkannten Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens sowie aus Bürgerinnen und Bürgern, die in einem bestimmten Verfahren gewählt wurden. Die Mitglieder dürfen weder einer gesetzgebenden Einrichtung des Bundes oder des Landes angehören noch einer Bundes- oder Landesregierung.

 

  • Ergänzend gibt es ein Bayerisches Begleitgremium: vertreten durch das StMUV sowie die sieben Regierungen, die kommunalen Spitzenverbände und das Landratsamt Miltenberg (LR Scherf ist als Vertreter vom Bayerischen Landkreistag benannt)

 

Informelle Strukturen:

 

  • Bayerischer Landkreistag mit einer thematischen Vernetzungsstruktur
  • Unterfrankenweite Koordinierung: RUF sowie Landkreisen & kreisfreien Städten
  • Spessart-Gebietskörperschaften (drei Landkreise und kreisfreie Stadt)
  • Odenwald länderübergreifend: Odenwaldkooperation der drei Landkreise
  • Landkreisebene
    • Landratsamt: Landrat & SG 41
    • Bayerischer Gemeindetag
    • Öffentlichkeitsbeteiligung

 

  1. Die Gesteinsarten

 

Daher untersucht die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) aktuell, welche Regionen in Deutschland günstige geologische Voraussetzungen für ein Atommüll-Endlager besitzen und somit als mögliche Standorte in Frage kommen. Allgemein sollten potentielle Regionen für ein Atommüll-Endlager eine ausreichende Entfernung zu geologischen Zonen mit Klüften und Brüchen im Gestein besitzen sowie eine geringe Hebungsrate der Gesteinsschichten und eine niedrige natürliche Erdbebenaktivität. Zudem müsse der mögliche Kontakt der radioaktiven Substanzen zum Grundwasserspiegel unbedingt vermieden werden.

 

Eine erste Einschätzung, welche Gebiete in Deutschland diese Voraussetzungen erfüllen und daher grundsätzlich als Standort geeignet wären, hat die BGE am 28. September 2020 in einem Zwischenbericht bekannt geben. Laut dem Bericht kommen ca. 194 157 km², und somit ca. 54 % der Landesfläche von Deutschland, für eine Endlagerung grundsätzlich in Frage. Diese Gebiete werden allerdings in der Zukunft noch weiter erforscht und geprüft werden, da Kriterien wie beispielsweise die Besiedelung oder ein Vorkommen von Naturschutzgebieten bei den Untersuchungen bisher noch nicht berücksichtigt wurden.

Um eine möglichst dauerhafte Sicherung von radioaktiven Stoffen zu gewährleisten, müssen Wirtsgesteine bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Sie sollten sehr hitzebeständig, stabil und belastbar sein und zudem möglichst undurchlässig für Wasser oder Gase. Voraussetzungen, die die Gesteine Ton, Steinsalz und Kristallin erfüllen, weshalb sich die BGE in einem früheren Gutachten auf diese festgelegt hat. Allerdings erfüllt keine der Gesteinsarten alle Voraussetzungen gleichermaßen.

 

Die größten Vorteile von Kristallingestein sind seine geringe Wasserlöslichkeit und eine hohe Stabilität und Belastbarkeit. Zudem ist das Gestein sehr hitzebeständig. Ein zentraler Nachteil ist jedoch, dass Kristallingestein in den entsprechenden Regionen häufig stark zerklüftet ist.

Salzgestein hingegen besitzt zum einen die positive Eigenschaft der geringen Durchlässigkeit sowie der Verformbarkeit. Es verhält sich unter Druckbelastung plastisch, d.h. das Vorkommen von zusammenhängenden Klüften und Spalten wird weitgehend verhindert. Falls doch Risse entstehen sollten, heilen diese schnell wieder aus. Zum anderen besitzt es eine gute Wärmeleitfähigkeit. Allerdings weist Salzgestein eine relativ hohe Wasserlöslichkeit auf.

Tonstein wiederum ist kaum wasserlöslich, was für die Endlagerung einen Vorteil darstellt. Im Gegenteil, bei Kontakt zu Wasser entwickeln manche Tone eine Quellfähigkeit, was zu einer Volumenzunahme und damit zu einer Selbstabdichtung von Rissen und Klüften führt. Außerdem besitzt es die Fähigkeit, radioaktive Teilchen zu binden und somit ein Austreten der Substanzen in die Umwelt zu verhindern. Allerdings können höhere Temperaturen (> 100° C) dazu führen, dass es zu Mineralumbildungen kommt und die gesteinsphysikalischen Eigenschaften der Tonminerale und damit die Barrierewirksamkeit verändert. Zudem besitzt Tonstein eine vergleichsweise geringe Stabilität weshalb in tiefen geologischen Formationen die Standsicherheit der Hohlräume nur mit Sicherungsmaßnahmen wie Spritzbeton, Ankerung und eventuell Ausbau erreicht werden kann.

Die Frage lautet also realistisch gesehen: Wo finden wir einen bestmöglichen Standort, an dem die Verhältnisse für eine der Gesteinsarten optimal sind.

 

  1. Das Verfahren

 

In drei Phasen wird der Suchraum immer weiter eingeengt: vom gesamten Bundesgebiet („weiße Landkarte“) über übertägig zu erkundende Standortregionen und über untertägig zu erkundende Standorte, bis hin zu einem Vorschlag für einen Standort mit der bestmöglichen Sicherheit für ein Endlager für hochradioaktive Abfälle:

  1. Phase

·         Schritt 1: Ermittlung von Teilgebieten

Derzeit befinden wir uns am Ende des 1. Schrittes der 1. Phase des Auswahlprozesses, in der nach der Ermittlung von Teilgebieten durch die BGE im 

·         Schritt 2: Ermittlung von Standortregionen für die übertägige Erkundung festgelegt werden sollen.

 

Die BGE präsentierte im Herbst 2020 als Grundlage nach dem zu diesem Zeitpunkt geltenden Prinzip Geologie vor Technologie den Zwischenbericht Teilgebiete. Es wurden insgesamt 90 Teilgebiete mit einer Fläche von 194.157 km² ermittelt (  etwa 54% der Fläche der Bundesrepublik), die günstige geologische Voraussetzungen für die sichere Endlagerung hochradioaktiver Abfälle erwarten lassen, bei denen Tonstein-, Salzstein- oder Kristallingestensformationen in Tiefen ab 300 Metern nachgewiesen oder vermutet werden. Dieser entstand auf der Grundlage der von den Ländern zur Verfügung gestellten benötigten geowissenschaftlichen Daten - soweit diese vorhanden waren - und vorliegenden  Daten zu den Ausschlusskriterien (§ 22 StandAG), den Mindestanforderungen (§ 23 StandAG)  und den geowissenschaftlichen Abwägungskriterien (§ 24 StandAG). Ausschlusskriterien sind z.B. aktive Störungszonen mit Brüchen in den Gesteinsschichten und deutlichem Steinversatz und Erosionen im Gebirge von 300m (nicht berücksichtigt sind im Zwischenbericht mögliche Flusssenkungen ins Gestein z.B. beim Main); gefordert wurde hier seitens der 1. FK eine stärkere Einbindung der Wissenschaft zu klimatischen Veränderungen wie z.B. eine Eiszeit im Zeitraum von 1 Million Jahre.

In einem steten Beteiligungsprozess im Internet und über 3 Fachkonferenzen zu den ermittelten 90 Teilgebieten beteiligt die BASE die Öffentlichkeit.

Aus diesen Teilgebieten, die u. a. anhand von 11 geowissenschaftlichen Abwägungskriterien als geologisch grundsätzlich geeignet eingeschätzt werden, werden Standortregionen für eine übertägige Erkundung in Phase 2 durch die BGE und unter Beteiligung in den drei Fachkonferenzen ermittelt. Im Rahmen der ersten FK, welche in der Zeit vom 05.02. – 07.02.2021 als Onlineformat stattgefunden hat, wurde seitens der Wissenschaft bemängelt, dass vor allem auf Basis von Referenzdatensätzen noch ohne ortsspezifische Daten begutachtet wurde. Des Weiteren wurde ein großer Zeitdruck genannt, der, so Dr. Florian Fusseis, Mängel in der Aufarbeitung aber keine Fehler verursachte. In den 90 TG seien viele Gebiete enthalten, die herausfallen werden. Dies liege an der Strategie der BGE, nichts zu früh rausfallen lassen! Im weiteren Fortschritt werden für die Teilgebiete vorläufige Sicherheitsuntersuchungen durchgeführt, die geowissenschaftliche Abwägung erneut und zusätzlich planungswissenschaftliche Abwägungskriterien wie Abstand zu Siedlungen, Berücksichtigung von Wasser- und Naturschutzgebieten angewandt, um so die Standortregionen zu ermitteln.

Neben dieser Herausforderung beschäftigt sich die BGE außerdem mit der Frage, inwiefern eine rückholbare oder eine nicht-rückholbare Aufbewahrung sinnvoll ist. Bei der rückholbaren Endlagerung wird den zukünftigen Generationen die Möglichkeit offengehalten, die radioaktiven Abfälle gegebenenfalls wieder an die Erdoberfläche zu bringen. Es könnte zum Beispiel sein, dass man in der Zukunft einen Standort findet, der noch sicherer ist. Durch den Transport von einem in ein anderes Lager entstehe allerdings auch wieder ein gewisses Risiko. Gegen eine rückholbare Endlagerung spricht allerdings die Herausforderung, das Endlager so zu sichern, dass künftige Zivilisationen nicht ungewollt eindringen können. Ob und inwiefern eine rückholbare Endlagerung mit Blick auf die Zukunft allerdings tatsächlich sinnvoll ist, müssen die Zivilgesellschaft und Bundestag & Bundesrat schlussendlich abwägen.

 

2.   Phase

·         Entscheidung über übertägige Erkundung und Erkundungsprogramme

·         Übertägige Erkundung und Vorschlag für untertägige Erkundung

·         Festlegung eines oder weniger möglicher Standorte.

 

Untersuchungen vor Ort à weitere Regionen werden ausgeschlossen

 

3.   Phase

·         Entscheidung über untertägige Erkundung und Erkundungsprogramme

·         Untertägige Erkundung

·         Abschließender Standortvergleich und Standortvorschlag

·         Standortentscheidung

·         Sicherungsvorschriften

·

Alle diese Schritte sollen wissenschaftlich fundiert durchgeführt und unter öffentlicher Beteiligung stattfinden.

 

 

5. Fachkonferenzen

 

Die Auftaktveranstaltung mit der ersten von drei Fachkonferenzen war das bislang noch nie versuchte Vorhaben, 1600 angemeldete Teilnehmer in einer Online-Konferenz miteinander ins Gespräch zu bringen und Wissenschaftler, Behördenvertreter, Politiker und Bürger auf Augenhöhe miteinander diskutieren zu lassen.

Während sich verschiedene norddeutsche Anti-Atominitiativen schon am Sonntag mit Kritik am Format der digitalen Tagung zu Wort meldeten, kann aus bayerischer Sicht das Ergebnis zufriedenstellen. So war es gelungen, in der Woche vor der Fachkonferenz eine gute Zusammenarbeit der kommunalen Vertreter*innen in der Fachkonferenz mit den per Gesetz von einer Beteiligung ausgeschlossenen Akteuren Bayerisches Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz sowie dem Landesamt für Umweltschutz sicherzustellen.

Ebenso erfolgreich war die kurzfristig erfolgte Mobilisierung über die kommunalen Spitzenverbände, so dass nach Angaben des Bayerischen Rundfunks unter den 1600 Konferenzteilnehmenden 400 aus Bayern waren; so viele wie aus keinem anderen Bundesland.

Aus dem Landkreis Miltenberg nahmen Landrat Scherf sowie die Bürgermeister Jürgen Reinhard, Thomas Münig und Dietmar Fieger sowie seitens des Landratsamtes Stefan Pache, Karolina Speth und Susanne Dosch teil.

Parallel zur digitalen Fachkonferenz gab es eine digitale Vernetzungsplattform der bayerischen Akteur*innen, während Landrat und Bürgermeister per WhatsApp, Landrat und Landratsamt per Signal sowie Landrat und Landkreistag sowie Regierung von Unterfranken per Handy kommunizierten. So gelang ein strategisch gelungener bayerischer Auftritt.

 

Die erste Fachkonferenz vom 5. – 7.2.2021 traf u.a. folgende Beschlüsse:

-          Aufforderung an BGE zur dauerhaften Information der Öffentlichkeit

-          2. FK findet erst am Termin der 3. FK statt (355 Ja-Stimmen)

-          Wahl der AG Vorbereitung:

o   Bürger*innen: Fr. Faßbinder (junge Frau aus Lkr. Wunsiedel), Hr. Voges, Hr. Schaak

o   Gebietskörperschaften kommunal: Sabrina Kaestner (Bgm aus Marktleuthen.), Martin Behringer (Bgm aus Lkr. Freyung-Grafenau), Hr. Jörg Gantzer

o   Gesellschaftl. Organisationen: Jörg Hacker (GF Nationalpark Fichtelgebirge), Hr. Andreas Fox, Hr. Wenzel

o   Wissenschaft: Fr. Uthe, Hr. Nissen, Fr. Wendland

Die 2. Fachkonferenz findet statt vom 10. – 12. Juni.


Die 3. Fachkonferenz findet im August statt.

 

 

6. Die Betroffenheit des Landkreises Miltenberg

 

Der Landkreis Miltenberg bietet rein von den geologischen Voraussetzungen kristallines Wirtsgestein und ist damit Teil des Teilgebiets 10 von insgesamt 90 Teilgebieten (54 % der Fläche Deutschlands).

Die Teilgebiete wurden u. a. unter Berücksichtigung von 11 geowissenschaftlichen Abwägungskriterien bewertet. Hierbei wurde das Teilgebiet 10 bei insgesamt 8 Kriterien für günstig befunden, bei zwei Kriterien für bedingt günstig (Kriterium 6: Bewertung der Neigung zur Bildung von Fluidwegsamkeiten und Kriterium 11: Bewertung des Schutzes des einschlusswirksamen Gebirgsbereichs durch das Deckgebirge) und bei einem Kriterium für nicht günstig (Kriterium 9: Bewertung des Rückhaltevermögens im einschlusswirksamen Gebirgsbereichs). Die Fläche des Gebiets erscheint derzeit ausreichend groß, dass ein Teilbereich ohne Beeinträchtigung gefunden werden könnte.

Damit gilt das Teilgebiet 10 derzeit insgesamt und nur unter Betrachtung der geologischen Gesamtsituation als günstig.

 

Zu kritisieren ist hierbei u.a.:

 

-          Nicht-Berücksichtigung des Teilkriteriums 9 mit der negativen Bewertung des Rückhaltevermögens im einschlusswirksamen Gebirgsbereich („nicht günstig“) – angesprochen in FK von LR Scherf. Antwort: Bei einer Berücksichtigung wäre das gesamte kristalline Gestein herausgefallen!

-          Fragwürdigkeit des kristallinen Wirtsgesteins insgesamt: hier sind ergänzend technische Maßnahmen zur Abschirmung per Gesetz zulässig in Ergänzung zu den geologischen Eigenschaften des Gesteins!

-          Nicht-Berücksichtigung des Deckgebirges: Das Deckgebirge ist geprägt durch eine Wechselfolge zahlreicher grundwasserleitender und grundwasserhemmender Schichten und bedingt dadurch eine intensive Grundwasserstockwerksgliederung. Es handelt sich um Kluftgrundwasserleiter, d.h. die Grundwasserführung ist fast ausschließlich an Klüfte und Störungen bzw. Störungszonen gebunden.

 

 

7. Schlussfolgerungen:

 

  • Mehr Transparenz und Beteiligung der BGE: Nach der Beteiligung in den 3 Fachkonferenzen wird eine Arbeitsphase der BGE von 2-3 Jahren befürchtet, dann wird es den Endbericht der BGE mit Festlegung einer Standortregion geben, also 54% heruntergebrochen auf 1%; aktuell sind keine weiteren Interaktionen oder Zwischenberichte geplant! Wie werden die inhaltlich relevanten Hinweise ausgewertet und in den weiteren Prozess integriert à wie wird dies transparent gemacht: deshalb: Antrag in der 1. FK: Fachkonferenz wird eine Dauereinrichtung! Dies wurde als nicht durchführbar abgewiesen.

 

  • Öffentlichkeitsarbeit der BASE für die erste Fachkonferenz war mangelhaft. Öffentlichkeit war im Landkreis Miltenberg nicht informiert! à Stärkere Mobilisierung der Öffentlichkeit ist notwendig!

 

  • Gute strategische Unterstützung durch StMUV: Wie von Umweltminister Glauber nun zugesichert, muss die Landesebene StMUV und LfU die kommunale Ebene begleiten und fachlich unterstützen. Zentrales Steuerungs- und Kooperationsinstrument ist das Bayerische Begleitgremium, fachliche Zuarbeit durch LfU notwendig à Kooperation bei 1. FK war vielversprechend!

 

  • Stete fachliche Begleitung durch das LfU ist notwendig und inzwischen gesichert.

 

  • Bayer. Landkreistag: Enge Vernetzung der 7 Bezirke und Umweltausschuss

 

  • Koordinierung auf unterfr. Ebene: RUF & Landkreise über LR-DB am 1.3.2021

 

  • Koordinierung auf Spessart-Ebene: erste Initiative von LR Scherf für die vier Gebietskörperschaften / Brief an StMUV & LfU am 2.2.2021

 

  • Enge Absprache auf Landkreis-Ebene zwischen Landkreis & Bayer. Gemeindetag sowie Aktivierung der Öffentlichkeit, Einbinden von Odenwaldkreis und Neckar-Odenwaldkreis über Landrat

 

 

 

Kreisrat Dr. Fahn habe gelesen, dass im Landkreis Miltenberg alle Bereiche entlang des Mains z.B. Elsenfeld, Laudenbach, Großheubach, Freudenberg, ungeeignet seien. Er möchte wissen, ob das so richtig sei. Weiterhin möchte er wissen, ob noch andere Kommunen nicht betroffen seien.

Er stellt fest, dass es letztendlich eine politische Entscheidung sein werde.

Landrat Scherf antwortet, dass es noch zu früh für eine ortsscharfe Definition sei. Alleine für den Flächenbedarf für das oberirdische Endlager gehe man von 250 ha aus. Die Standortregion habe eher die Größe vom Bayerischen Untermain als von einzelnen Orten.

 

Kreisrätin Dr. Schüßler ist traurig und sehr wütend, dass man sich mit diesem Thema überhaupt beschäftigen müsse. In ihren Augen sei es eine historische Fehlentscheidung gewesen, Atomkraft zu nutzen, ohne eine sinnvolle Lösung dafür zu haben, wie man Atommüll generell endlagere. Mit diesem Problem setzten sich zukünftige Generationen auseinander, die diese Entscheidung nicht getroffen hätten, dass man Atomenergie überhaupt nutze. Aus diesem Grund sei es die einzige verantwortungsvolle und ethisch vertretbare Entscheidung, aus der Atomenergie auszusteigen, was 2022 auch passieren soll. Sie hält den Ansatz für richtig, nach fachlichen Kriterien zu entscheiden und das Ganze mit viel öffentlicher Partizipation zu tun.

 

Landrat Scherf antwortet, dass es die Verantwortung der jetzigen Generation sei. Natürlich will ein Atommüllendlager niemand in seiner Nähe haben, aber alle seien so realistisch und anständig genug, dass man sage, es müsse eine bestmögliche Lösung gefunden werden. Dennoch brauche man eine Beteiligung, weil es nach nachvollziehbaren Kriterien erfolgen müsse.

 

Landrat Scherf widerspricht der Aussage von Kreisrat Dr. Fahn, dass es eine politische Entscheidung sei. Der Gedanke, der hinter der Gesetzesgrundlage und dem gesamten Verfahren stecke, sei, die Entscheidung nach Gesichtspunkten der Fachlichkeit und der Transparenz zu fällen. Nur durch eine Beteiligung aller könne man auch die Fachlichkeit gewährleisten.

 

Kreisrat Ullmer stellt in den Raum, ob die Atommüllendlagersuche etwas damit zu tun habe, ein Biosphärenreservat zu errichten.

 

Landrat Scherf sagt, dass das Entscheidende bei einem Biosphärenreservat das Miteinander von Mensch und Natur sei. Die einzige Falle, in die man hineintappen könnte, dass man meine, ein Biosphärenreservat sei ein Nationalpark light oder ein Ersatznationalpark. Es sei genau andersrum. Das Biosphärenreservat sei ein Projekt der Vereinten Nationen und es gehe hier darum, experimentell zu erforschen, wie das Miteinander von Mensch und Natur so funktioniere, dass es auch in 100 Jahren noch eine Lebensgrundlage für die Menschen sei.

 

Kreisrat G. Rüth empfiehlt, sich bei der Debatte von einer rein ideellen Betrachtung zu lösen.

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