Tagesordnungspunkt

TOP Ö 1: Vorstellung Jugendgerichtshilfe / Jugendhilfe im Strafverfahren

BezeichnungInhalt
Sitzung:25.05.2020   JHA/001/2020 
Beschluss:zur Kenntnis genommen
DokumenttypBezeichnungAktionen

Die Mitglieder des Jugendhilfeausschusses nehmen die Ausführungen zur Kenntnis.


Frau Annika Zimmermann, SB 222 – Erziehungshilfe und Kindeswohl, stellt anhand beiliegender Präsentation die Jugendhilfe im Strafverfahren vor:

 

Grundlage:

Die Jugendhilfe im Strafverfahren (JuHiS) ist eine Aufgabe, die sich aus den gesetzlichen Vorgaben des § 52 SGB VIII in Verbindung mit den §§ 38 und 50 Absatz 3 Satz 2 des Jugendgerichtsgesetzes ergibt. Sie bringt die erzieherischen, sozialen und sonstigen bedeutsamen Gesichtspunkte im Hinblick auf die Ziele und Aufgaben der Jugendhilfe im Verfahren vor den Jugendgerichten zur Geltung.

 

Spezialisierung im Landkreis Miltenberg:

Im September 2018 wurde die Jugendhilfe im Strafverfahren im Landkreis Miltenberg mit einer Vollzeitstelle, die durch eine Sozialpädagogin besetzt ist, als Fachdienst aus dem Allgemeinen Sozialen Dienst heraus spezialisiert. Sie ist Ansprechpartner für straffällige Jugendliche (14 - 17 Jahre) und deren Eltern, sowie straffällige Heranwachsende (18 - 20 Jahre), gegen die ein Jugendstrafverfahren eingeleitet wurde. Ziel ist es, durch einen ressourcenorientierten und wertschätzenden Umgang mit dem straffälligen jungen Menschen weiterer Straffälligkeit entgegenzuwirken. Zu diesem Zweck werden die Jugendlichen und Heranwachsenden im Verfahren begleitet, über den Verlauf des Strafverfahrens und dessen Folgen informiert, der Jugendhilfebedarf erhoben und bei Problemen und Konflikten über geeignete Unterstützungsangebote beraten. Die JuHiS erstellt einen Bericht über die Persönlichkeit des Beschuldigten, seine Entwicklung, den familiären, sozialen und wirtschaftlichen Hintergrund des Angeklagten, eine mögliche Schutzbedürftigkeit, Gründe, die zur Tat geführt haben, und gibt überdies einen pädagogischen Ahndungsvorschlag ab. Bei Heranwachsenden wird geprüft, ob die Möglichkeit der Anwendung des Jugendstrafrechts gegeben ist oder die Tat nach Erwachsenenstrafrecht geahndet werden sollte. Auch über möglicherweise vorliegende schädliche Neigungen, die zur Verhängung einer Jugendstrafe führen, gibt die Jugendhilfe im Strafverfahren eine Einschätzung ab. Über ihre Ergebnisse informiert sie das Jugendgericht und die Staatsanwaltschaft.

Die Jugendgerichtshilfe des Landratsamtes Miltenberg begleitet die jungen Menschen vor allem zu den Hauptverhandlungen vor dem Amtsgericht Obernburg und der Außenstelle in Miltenberg sowie dem Amts- und Landgericht Aschaffenburg. Hier erhält sie auf Verlangen das Wort und berichtet mündlich über den Beschuldigten.

 

Aktuelle Situation und Ausblick:

Am 17.12.2019 ist das Gesetz zur Stärkung der Verfahrensrechte von Beschuldigten im Jugendstrafverfahren in Kraft getreten, das die schutzwürdigen Interessen der jungen Menschen im Strafverfahren in den Fokus rückt. Die Jugendhilfe im Strafverfahren erfährt hierdurch eine Stärkung ihrer Rolle im Jugendstrafverfahren. Sie wird früher und verbindlicher in das Verfahren eingebunden, was mit einem erheblichen Mehraufwand verbunden ist. Die JuHiS soll spätestens zum Zeitpunkt der Ladung der Jugendlichen zu ihrer ersten Vernehmung über die Einleitung des Verfahrens informiert werden, um einen frühen Kontakt zu den Beschuldigten zu ermöglichen. Über das Ergebnis der Nachforschungen soll die Staatsanwaltschaft bereits vor Anklageerhebung informiert werden, um frühzeitig die Voraussetzungen für eine Diversion zu bereiten. Ein Bericht muss spätestens zur Hauptverhandlung vorliegen. Bei einer wesentlichen Änderung im Leben des Beschuldigten soll sie ergänzende Nachforschungen durchführen und der Staatsanwaltschaft und dem Gericht hierüber berichten. Die Teilnahme an der Hauptverhandlung ist verpflichtend.  In Haftsachen berichtet die JuHiS beschleunigt über das Ergebnis ihrer Nachforschung. Die JuHis soll darüber wachen, dass der Jugendliche Weisungen und Auflagen nachkommt. Während der Bewährungszeit soll eine enge Zusammenarbeit mit dem Bewährungshelfer erfolgen. Während des Vollzugs soll sie mit dem Jugendlichen in Verbindung bleiben und sich seiner Wiedereingliederung in die Gemeinschaft annehmen.

 

Die bisherigen Prozesse müssen daher angepasst werden. Geplant ist die Erstellung einer Konzeption unter Berücksichtigung des neuen Gesetzes. Seine konkreten Auswirkungen gilt es im Blick zu behalten

 

Frau Lange, Direktorin des Amtsgerichts Obernburg, dankt Frau Zimmermann und dem Jugendamt für die hervorragende Zusammenarbeit.

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