Tagesordnungspunkt
TOP Ö 8: Werbekampagne des Pflegekinderwesens im Landkreis Miltenberg
Bezeichnung | Inhalt |
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Sitzung: | 25.11.2019 JHA/003/2019 |
Dokumenttyp | Bezeichnung | Aktionen |
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Die Mitglieder des Ausschusses
nehmen die Ausführungen zur Kenntnis.
Frau Meister und
Herr Lieb, Pflegekinderwesen im Landkreis Miltenberg, berichten anhand
beiliegender Präsentation, dass im Landkreis Miltenberg aktuell 52 Pflegekinder in 46 Pflegefamilien leben.
Der Pflegekinderdienst (PKD) betreut sowohl auf längere Zeit angelegte
Pflegeverhältnisse. Hierzu zählen „Fremdpflegen“,
„Verwandtenpflegen“ und „Netzwerkpflegen“. Bei Fremdpflegen werden die Kinder
bei ihnen bis dato unbekannten Familien untergebracht. In der Verwandtenpflege
sind die Pflegeeltern häufig Großeltern, bei der Netzwerkpflege Personen aus
dem sozial bekannten Umfeld, z.B. die Nachbarn. Hinzu kommen
Bereitschaftspflegefamilien, die nur für eine schnelle und kurze Übergangszeit
die Kinder bei sich beherbergen. Im Jahr 2019 wurden bisher 31 Kinder in diesem
Kontext betreut. Die Gründe hierfür können beispielsweise eine akute
Kindeswohlgefährdung oder der geplante Krankenhausaufenthalt eines
alleinerziehenden Elternteils sein. Die Dauer sollte 60 Tage nicht
überschreiten.
Das wesentliche Ziel der Arbeit im
Pflegekinderdienst ist es, ein Pflegeverhältnis kontinuierlich zu begleiten,
die Kinder bei der Bewältigung ihrer Entwicklungsaufgaben zu unterstützen und
die Eltern (sowohl annehmende als auch abgebende Eltern) zu beraten und zu
unterstützen. Hierbei gilt es, die Bedürfnisse des Kindes zu vertreten und die
Interessen beider Familiensysteme damit zu verbinden. Dies führt immer wieder
zu Spannungen und Auseinandersetzungen (beispielsweise bei der Regelung von
Umgangskontakten). Zudem weisen Pflegekinder aufgrund ihrer Vorgeschichte im
Regelfall erhebliche Belastungen bzw. Risiken auf. Pflegekinder benötigen
aufgrund ihrer Vorgeschichte eine größtmögliche Sicherheit und Kontinuität;
weitere Beziehungsabbrüche sollen vermieden werden. Zu keinem Zeitpunkt ist die
rechtliche Sicherheit gegeben, dass ein Kind dauerhaft bei einer Pflegefamilie
bleiben wird. Bei jedem Pflegeverhältnis arbeitet der Allgemeine Soziale
Dienste (ASD) des Jugendamtes parallel mit der Herkunftsfamilie weiter an einer
Rückführung der Kinder.
Um eine für die steigenden Bedarfe
ausreichende und für unterschiedliche kindliche Bedürfnisse geeignete Anzahl
passender Pflegeeltern zu haben, sucht und prüft der Pflegekinderdienst immer wieder
Bewerberfamilien für diese Aufgabe. Bisher wurde über Anzeigen in Amtsblättern,
Presseartikel, Auslage von Infobroschüren bei Ärzten und Gemeinden,
Bücherausstellung in mehreren Büchereien im Landkreis Miltenberg für
Pflegefamilien geworben. Diese Art der Werbung wurde bisher vom
Pflegekinderdienst organisiert und durchgeführt. Um die Werbung und
Öffentlichkeitsarbeit weiter zu entwickeln, die Effizienz zu steigern und
ausreichend Pflegefamilien vorhalten zu können, hat sich das Jugendamt
entschieden, professionelle Unterstützung hinzuzunehmen. Im Oktober 2019
startete eine Werbekampagne des PKD in Zusammenarbeit mit dem News-Verlag.
Hierbei wurden die inhaltlichen Aspekte von den Profis des Pflegekinderdienstes
mit dem kommunikativen Know-how der Marketingprofis zusammengeführt. Es
entstanden ein Logo für PKD, Roll-Up und neue Flyer. Werbung erfolgt zusätzlich
über Onlinebanner und Anzeigen im Wochenblatt. Im nächsten Jahr ist angedacht,
die Kampagne durch das Drehen eines Filmes über Pflegefamilien zu erweitern.
Das Pflegekinderwesen ist ein hochkomplexer
Bereich der Hilfe zur Erziehung. Der fachliche Standard im Pflegekinderdienst
des Landkreises ist qualitativ gut und muss auf diesem Niveau gehalten werden. Neben
der Werbung wurden auch weitere Maßnahmen der Qualitätssteigerung unternommen.
Im Juni startete das erste Vorbereitungsseminar für Pflegeeltern (bestehend aus
vier Seminareinheiten mit zusätzlichen drei bis vier Hausbesuchen und unter
Einbeziehung der leiblichen Kinder). Ferner ist die kontinuierliche Fort- und
Weiterbildung der Fachkräfte ein wichtiger Aspekt der Qualitätssicherung.
Je leistungsfähiger ein Pflegekinderdienst
ist, desto besser die Entwicklungschancen der Betroffenen und die
Erfolgschancen der Jugendhilfe. Hierzu bedarf es neben einer geeigneten Anzahl
von Pflegefamilien auch einer guten persönlichen Betreuung. Von steigenden
gesellschaftlich komplexeren Herausforderungen werden auch gerade
Pflegefamilien nicht verschont. Hierfür bedarf es einer intensiven Betreuung
der Pflegefamilien durch das Jugendamt, um Kinder und Jugendliche aus stark
belasteten Familien nicht in Heimen unterbringen zu müssen.
Frau Müller berichtet, dass eine Bekannte im Raum Nürnberg eine Pflegschaft mit ihrer Frau übernommen habe. Sie möchte wissen, ob im Raum Miltenberg eine Offenheit dafür da sei, dass homosexuelle Paare eine Pflegschaft übernehmen könnten oder ob das nur ein Großstadtphänomen sei.
Weiterhin möchte Sie wissen, was konkret von interessierten Familien erwartet würde.
Herr Lieb sagt, dass man diesbezüglich fast eine Vorreiterrolle eingenommen habe. Er sei seit 2002 im Pflegekinderdienst. Bereits vor seiner Zeit habe es schon die ersten gleichgeschlechtlichen Pflegeeltern gegeben. Das Bewerbungsverfahren müsse ein gleichgeschlechtliches Paar ebenso wie ein heterosexuelles Paar durchlaufen.
Frau Meister erklärt, dass Krisenfestigkeit sehr wichtig sei ebenso wie Flexibilität im Denken und bereit sein, sich immer wieder auf eine neue Situation einzulassen.
Herr Lieb fügt hinzu, dass eine Bindungstoleranz wichtig sei.
Herr Prof. Dr.
Adams berichtet vom Fachtag zur Sozialen
Landwirtschaft im November beim Bezirk Unterfranken, wo ein breites Publikum
anwesend war, u.a. Landwirtschaftliche Unternehmerinnen und Unternehmer, die an
dem Betriebszweig Soziale Landwirtschaft interessiert sind. Ein Gesprächsforum
habe sich mit sozialer Landwirtschaft in der Kinder- und Jugendhilfe
beschäftigt. Wenn im Landkreis Miltenberg Interesse bestünde, könne man
in dieser Zielgruppe gezielt Werbung für diese tolle Idee machen. Es gebe eine
Kontaktstelle im Bezirk Unterfranken und beim Ministerium.