Tagesordnungspunkt

TOP Ö 2: Unterzeichnung der Charta zur Betreuung schwerstkranker und sterbender Menschen in Deutschland durch den Landkreis Miltenberg - Beschluss

BezeichnungInhalt
Sitzung:13.09.2017   BKS/004/2017 
DokumenttypBezeichnungAktionen

Die Mitglieder des Ausschusses fassen den einstimmigen

 

Empfehlungbeschluss:

 

Dem Kreistag wird empfohlen, Folgendes zu beschließen:

 

Der Landkreis Miltenberg trägt als Gesundheitsregion plus die Ziele der Charta zur Betreuung schwerstkranker und sterbender Menschen in Deutschland mit und erklärt seine Bereitschaft, sich im Sinne der Charta für die Verbesserung der Situation schwerstkranker und sterbender Menschen und die Einlösung ihrer Rechte einzusetzen.

 

Finanzielle Förderungen bedürfen einer gesonderten Beschlussfassung.


Herr Dr. Dittmeier, Leiter Abteilung 2 – Gesundheit und Soziales, berichtet, dass es im Landkreis Miltenberg bereits seit dem Jahre 2005 einen Palliativ-Hospiz-Arbeitskreis gibt, in dem alle palliativ und hospizlich tätigen Dienste und Einrichtungen im Landkreis und in der Region – auch aus dem benachbarten Baden-Württemberg und Hessen – äußerst engagiert sowie sehr eng und vertrauensvoll zusammenarbeiten. Mitglieder neben den palliativ und hospizlich tätigen Diensten und Einrichtungen sind u.a. auch Kliniken und Krankenhäuser, ambulante Pflegedienste, Ärzte mit entsprechender Zusatzqualifikation, Seelsorgerinnen / Seelsorger, Apotheken und Beratungsstellen. Aufgabe und Ziele des Arbeitskreises sind

 

   1.) der Informations- und Erfahrungsaustausch,

   2.) die Kooperation und Abstimmung der vorhandenen Angebote sowie

   3.) deren weiterer Ausbau und Weiterentwicklung.

 

Ein öffentlichkeitswirksames Projekt des Arbeitskreises stellt der seit dem Jahre 2006 einmal jährlich im Landkreis stattfindende Palliativ-Hospiz-Tag dar. Die Organisation, Koordination und Moderation des Arbeitskreises obliegen unserem Gesundheitsamt. Zuständig hierfür ist der stellvertretende Leiter des Gesundheitsamtes, Herr MedOR Dr. Hubert Hortig.

 

Die Arbeitsgruppe Pflege, Palliativ- und Hospizversorgung der Gesundheitsregion plus hatte bei ihrer Bestandserhebung im Jahre 2016 noch Defizite bei der Allgemeinen ambulanten Palliativversorgung (AAPV), der gemeinsamen Fort- und Weiterbildung sowie der Öffentlichkeitsarbeit festgestellt und deswegen die Gründung eines Hospiz-Palliativ-Versorgungsnetzwerkes (HPVN) vorgeschlagen.

 

Der Palliativ-Hospiz-Arbeitskreis hat sich bei seinem Treffen am 11. Januar 2017 mit diesem Vorschlag beschäftigt und sich dabei einstimmig gegen ein neues / weiteres Netzwerk und stattdessen für eine Fort- und Weiterentwicklung des bereits seit 12 Jahren bestehenden und erfolgreichen arbeitenden Arbeitskreises ausgesprochen. Als Handlungsfelder, die verstärkt angegangen werden sollen, wurden die von der Arbeitsgruppe der Gesundheitsregion plus festgestellten Defizite genannt. Außerdem wurde der Wunsch geäußert, dass der Landkreis Miltenberg als Gesundheitsregion plus die Charta zur Betreuung schwerstkranker und sterbender Menschen in Deutschland unterzeichnet.

 

Eine gemeinsame ganztägige Fortbildungsveranstaltung des Ärztlichen Kreisverbandes und der Gesundheitsregion plus für niedergelassene Ärztinnen und Ärzte zum Thema „Palliativmedizinische Symptomenkontrolle“ und damit zu einer verbesserten Allgemeinen ambulanten Palliativversorgung hat bereits am 08. Oktober 2016 im Seehotel in Niedernberg stattgefunden und war mit über 30 Teilnehmerinnen / Teilnehmern sehr gut besucht.

 

Der Palliativ-Hospiz-Arbeitskreis ist momentan auch dabei, gemeinsame Fort- und Weiterbildungs-veranstaltungen für Mitarbeiterinnen / Mitarbeiter in der Palliativ- und Hospizversorgung zu initiieren und steht diesbezüglich in Gesprächen sowohl mit der Palliativakademie des Juliusspitales in Würzburg als auch mit der Hans-Weinberger-Akademie in Aschaffenburg und der BRK-Berufsfach-schule für Altenpflege in Erlenbach.

Im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit wurden zwischenzeitlich die Flyer mit den Kontaktdaten der in der Hospiz- und Palliativversorgung tätigen Dienste, Einrichtungen und Beratungsstellen aktualisiert und u.a. an alle Hausärztinnen/-ärzte, Pflegedienste, Apotheken und Gemeinden versandt / verteilt, sind die in der Hospiz- und Palliativversorgung tätigen Dienste, Einrichtungen und Beratungsstellen nun auch mehr in den Amts- und Gemeindeblättern präsent und findet am 08.11.2017 auch wieder –  inzwischen zum zwölften Mal – ein Palliativ-Hospiz-Tag im Bürgerzentrum Elsenfeld statt.

Dabei soll auch – so der Wunsch des Palliativ-Hospiz-Arbeitskreises – öffentlichkeitswirksam vom Landkreis als Gesundheitsregion plus die Charta zur Betreuung schwerstkranker und sterbender Menschen in Deutschland unterzeichnet werden.

 

Mit der Unterzeichnung der Charta soll zum Ausdruck gebracht werden, dass es dem Landkreis Miltenberg als Gesundheitsregion plus ein zentrales und wichtiges Anliegen ist, dass die Menschen im Landkreis hier nicht nur gut wohnen, leben und arbeiten, sondern im Alter und bei schwerer Erkrankung auch gut betreut und versorgt werden sowie in Würde sterben können. Darüber hinaus soll damit auch die bisherige Arbeit und das seitherige Engagement der in der Hospiz- und Palliativversorgung tätigen Dienste, Einrichtungen und Beratungsstellen anerkannt und wertgeschätzt werden und zum Ausdruck kommen, dass der Landkreis hinter ihnen steht, die Ziele der Charta zur Betreuung schwerstkranker und sterbender Menschen in Deutschland mitträgt und bereit ist, sich im Sinne der Charta für die Verbesserung der Situation schwerstkranker und sterbender Menschen und die Einlösung ihrer Rechte miteinzusetzen.

 

Eine finanzielle Förderung einzelner Dienste und Einrichtungen ist damit nicht verbunden.

 

Das Gesundheitsforum der Gesundheitsregion plus hat den Wunsch des Palliativ-Hospiz-Arbeitskreises auf Unterzeichnung der Charta durch den Landkreis Miltenberg als Gesundheitsregion plus bereits in seiner Sitzung am15.03.2017 positiv zur Kenntnis genommen und befürwortet.

 

Herr Dr. Hortig, Sachgebietsleiter Sozialmedizin/Prävention, fasst den Inhalt und die Ziele der Charta zusammen, die als Anlage beigefügt ist.

 

Dieser Beschluss hat für den Landkreis keine finanziellen Auswirkungen.

 

Landrat Scherf fasst zusammen, dass es zum einen darum gehe, das Engagement in diesem Bereich durch den Landkreis Miltenberg anzuerkennen, zum anderen, das Sterben als Teil des Lebens ins öffentliche Bewusstsein zurückzuholen. Damit verbunden sei auch das große Dankeschön für das Engagement im Palliativ- und Hospiz-Arbeitskreis, das auch öffentlich klar zu machen, dass die Gremien der Gesundheitsregion plus zugestimmt haben. Er bemerkt, wie wunderbar es sei, wie es gelungen sei, mit einer neuen Struktur Gesundheitsregion plus neue Inhalte mit den bewährten Strukturen zu verbinden.

 

Kreisrat Dr. Linduschka findet, dass es eine sehr wichtige und positive Entwicklung sei. Früher sei es sehr schwer gewesen, einigermaßen würdig und allzu große persönliche Verrenkungen eine gute Betreuung zu gewährleisten. In den letzten zweieinhalb Jahrzehnten habe sich im Landkreis Miltenberg unglaublich viel getan. Man habe segensreiche Einrichtungen im Landkreis wie z.B. den ökumenischen Hospizverein und die Beratungsstelle für Senioren und pflegende Angehörige. Die Charta sei der i-Punkt auf dem Ganzen.

 

Kreisrat Zöller glaubt, dass eine Unterstützung der Charta zweifelsfrei sei. Er wünsche sich allerdings für die Charta, dass noch der Bezug auf die Angehörigen aufgenommen werde. Diese fielen oft in ein Loch und würden vergessen. Dies müsse allerdings im Rahmen der Charta gemacht werden.

 

Kreisrätin Fecher äußert das Anliegen, im Landkreis Miltenberg noch vier bis sechs Hospiz- und Palliativbetten zur Verfügung zu stellen. Es zeige sich immer mehr, dass die Familien, die schwerstkranke Angehörige zuhause hätten, oftmals überlastet seien. Sie möchte wissen, ob über die Charta die Möglichkeit bestünde, dieses Thema im Landkreis publik zu machen.

 

Landrat Scherf erklärt, dass dies unser aller Wunsch sei, es allerdings in den Händen der Krankenkassen liegen würde. Es gebe in Unterfranken 22 Betten, wovon die meisten in Würzburg seien. In der Region selbst habe man auch einige dieser Betten. Manche Regionen in Unterfranken hätten viel längere Wege zurückzulegen als die Menschen im Landkreis Miltenberg. Man müsse ehrlich und realistisch sein, dass man diesbezüglich wenig Chancen habe. Der Landkreis Miltenberg sei durch den Gesetzgeber auf einen bestimmten Aufgabenbereich konzentriert, daher dürfe man rein von Gesetzes wegen nicht die Aufgaben anderer Aufgabenträger übernehmen.

 

Kreisrätin Kreuzer schließt sich Kreisrätin Fecher an und möchte wissen, ob man eventuell mit der HELIOS Kliniken GmbH reden könne, damit diese in Erlenbach Plätze schaffen könnte.

 

Landrat Scherf wiederholt, dass er keine falschen Hoffnungen wecken wolle. Er werde es sicherlich überall immer wieder ansprechen. Man müsse sich auch vergegenwärtigen, dass mit der Charta unmittelbar nicht verbunden sei, dass man in diesem Bereich Möglichkeiten habe, in den Planungen mitberücksichtigt zu werden.

 

Kreisrat Stappel unterstützt die Charta. Er unterstütze aber auch, dass man im Landkreis Miltenberg etwas tun müsse. Man solle daher zu diesem Thema die Krankenkassen und Versicherungen ansprechen. Man müsse Vorsorge treffen, da es immer mehr ältere Menschen gebe.

 

Landrat Scherf bietet an, die Versorgung mit Betten entweder im Palliativ-Hospiz-Arbeitskreis oder in der Arbeitsgruppe Pflege, Palliativ- und Hospizversorgung der Gesundheitsregion plus zu diskutieren, vielleicht auch dahingehend, was man bezüglich der demografischen Veränderung wirkungsvoll tun könne, damit man mit der Bettenzahl berücksichtigt werde.

 

Kreisrat Zöller findet es sinnvoller, eine bestehende Station um drei Betten zu erhöhen, bevor man eine neue Station installieren würde. Die Qualität der Versorgung wäre dann wesentlich höher.

 

Herr Dr. Dittmeier ergänzt, dass man mit der allgemeinen Palliativversorgung wolle, dass die Menschen dort sterben könnten, wo sie leben und wohnen. Das heißt, man wolle, dass der, der zuhause lebe, auch zuhause in Würde sterben könne. Man wolle, dass derjenige, der im Pflegeheim sei, auch im Pflegeheim in Würde sterben könne und nicht ins Krankenhaus abgeschoben werde. Jeder solle dort sterben können, wo er lebt. Deswegen brauche man eine Stärkung der allgemeinen ambulanten Palliativversorgung.

Wenn die Versorgung funktioniere, dann wäre es sinnvoll, andernorts, wo schon die Qualität vorhanden sei, etwas aufzustocken, als dezentral drei Betten einzurichten. Diese Betten dürften keinesfalls Betten seien zum Abschieben. Man solle die Menschen dort sterben lassen, wo sie leben. Dies sei Sinn und Zweck der Charta.

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