»Die Bevölkerung wird im Schnitt älter und somit steigt die Zahl der an Demenz erkrankten Menschen stetig«, merkte Landrat Jens Marco Scherf zu Beginn des Informationsabends mit Vorführung des mit zwei Oscars prämierten Filmes »The Father« am Sonntag, 25. September 2022 im Kino Passage in Erlenbach an. Rund 50 Kinobesucher haben Interesse gezeigt und an der knapp vierstündigen Veranstaltung teilgenommen.
»Demenz – ich kenn mich aus«, das Motto des vom staatlichen Gesundheitsamt in Kooperation mit der Beratungsstelle Demenz Untermain im Sommer umgesetzten Projekts, war die Grundlage für den Themenabend. Schüler und Schülerinnen der fünften und neunten Klassen des Erlenbacher Hermann-Staudinger-Gymnasiums (HSG) hatten sich mit einem Projekttag beteiligt. Die Einzelheiten dazu schilderte Lehrerin Julia Hohm, die im Rahmen der seit vielen Jahren bestehenden Initiative »Begegnung der Generationen« das Projekt begleitet hatte. Sinn sei gewesen, die Schülerinnen und Schüler zu sensibilisieren und Verständnis für dementiell Erkrankte zu erreichen. Es sei geplant, dies perspektivisch weiterzuführen und so Alltagskompetenzen zu vermitteln.
Landrat Scherf führte aus, dass das bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege von einem Anstieg von bislang diagnostizierten 240.000 Demenzkranken bis zum Jahr 2030 auf 300.000 in Bayern ausgeht. »Umso wichtiger ist es, in diesem Bereich Aufklärungsarbeit und Unterstützung für Betroffene, aber auch für deren pflegende Angehörige zu betreiben.« Der Landkreischef bedankte sich bei Dieter Lebert, der die Veranstaltung im Kino möglich gemacht hatte sowie bei der Beratungsstelle Demenz, der Selbsthilfegruppe »Angehörige von Menschen mit Demenz«, der Caritas Sozialstation St. Johannes, Erlenbach sowie der Betreuungsstelle des Landratsamtes Miltenberg, die im Foyer mit Informationsmaterial und Beratungsangeboten vertreten waren.
Eine kurze Zusammenfassung der Intention zu dem Projekt gaben Anke Haas von der Demenzberatung Untermain und Tammy Duval als Ansprechpartnerin im Gesundheitsamt. Besonders bereichernd empfanden sie den Austausch mit den Schulen, die aus einer anderen Perspektive das Thema sehen als die Betroffen und Angehörigen, die hautnah damit befasst sind.
Umfassend und informativ war der Vortrag von Chefarzt Dr. Benghebrid, Neurologe und Chefarzt der geriatrischen Abteilung der Helios-Kliniken Erlenbach-Miltenberg. Er stellte klar, dass mit zunehmendem Alter das Risiko steigt, an Demenz zu erkranken und Frauen häufiger betroffen sind als Männer. Er mutmaßte als Ursache die längere Lebenserwartung der weiblichen Bevölkerung und insgesamt ein Älterwerden der Menschen. Von derzeit erfassten 1,8 Millionen Betroffenen in Deutschland werde die Zahl im Jahr 2050 auf 2,8 Millionen steigen. Die möglichen Ursachen seien vielfältig, wobei die Alzheimer-Demenz bei 60 Prozent liege und hier die Gründe für diese Art der Erkrankung noch immer im Dunkeln lägen. Als Risikofaktoren nannte er unter anderen Bluthochdruck, Diabetes und Übergewicht. Es sei zwar möglich, eine Alzheimer Demenz zu behandeln, eine Heilung sei aber bisher ausgeschlossen.
Den pflegenden Angehörigen riet er zur Gelassenheit, den Betroffenen die zeitliche und räumliche Orientierung zu erleichtern und Streiten zu vermeiden, weil es angesichts der völlig anderen Sicht und der veränderten Persönlichkeit der Erkrankten zu nichts führe. »Informieren Sie sich über das Krankheitsbild«, empfahl der Mediziner.
An Information wurde bei dem Kinoprojekt eine Menge geboten, zumal die Besucher auch gezielt Fragen stellen konnten. Der Film »The Father« von Florian Zeller rührte an, denn die Erkrankung Demenz steht hier im Mittelpunkt und zeigt die einzelnen Stufen der Entwicklung eines Kontrollverlustes und des schwindenden Erinnerungsvermögens auf. Es werden sowohl die Emotionen des Betroffenen (Anthony Hopkins) als auch der pflegenden Tochter (Olivia Colman) beleuchtet. Ein zu Tränen rührendes cineastisches Meisterwerk.
Beratung und Information bietet die Ausstellung im Foyer des Kinos (© Ruth Weitz)