07.05.2021

Pressemitteilung Ausschuss sagt Ja zu Biosphärenreservats-Machbarkeitsstudie

Nach Klärung wichtiger Detailfragen zu einem möglichen UNESCO-Biosphärenreservat im Spessart hat der Ausschuss für Energie, Natur- und Umweltschutz am Donnerstag einstimmig dem Kreistag empfohlen, Ja zur Beauftragung einer Machbarkeitsstudie gemeinsam mit den Landkreisen Aschaffenburg und Main-Spessart sowie der Stadt Aschaffenburg zu sagen. Auch der Main-Kinzig-Kreis soll eingebunden werden. 

Der Ausschuss hatte bereits im Oktober 2020 über die Idee diskutiert, seitdem führten die Landräte und der Oberbürgermeister Gespräche mit zahlreichen Interessensverbänden. Barbara Engels (Bundesamt für Naturschutz), die per Video zugeschaltet war, erklärte die wichtigsten Fakten zu Biosphärenreservaten, die in geeigneten Regionen das nachhaltige Wirtschaften und das nachhaltige Miteinander des Menschen in der Natur und der von ihm geprägten Naturlandschaft etablieren möchten. Das ist aber nur möglich, wenn dies alle Akteure in der Region wollen; die UNESCO überlasse diese Entscheidung den Menschen vor Ort.
Ein Biosphärenreservat soll Engels zufolge eine „Modellregion für nachhaltige Entwicklung“ sein, die auch eine besondere Rolle in Bildung, Forschung und Partizipation spielt. Das Reservat habe folgende Funktionen:
Schutz: Beitrag zur Erhaltung von Landschaften, Ökosystemen, Arten und genetischer Vielfalt
Entwicklung: Förderung einer wirtschaftlichen und menschlichen Entwicklung, die soziokulturell und ökologisch nachhaltig ist;
Logistische Unterstützung: Förderung von Demonstrationsprojekten, Umweltbildung und Umweltausbildung, Forschung und Umweltbeobachtung im Rahmen lokaler, regionaler, nationaler und weltweiter Themen des Schutzes und der nachhaltigen Entwicklung.
Welche Schwerpunkte dabei gesetzt werden, werde in der Region gemeinsam entschieden, erklärte Engels; jede Region gehe ihren eigenen Weg. Themen wie Mobilität, Handwerk/Industrie, Daseinsvorsorge, Bewahrung der Kulturlandschaft und der regionalen Identität seien möglich.
Ein Biosphärenreservat besteht aus drei Zonen: einer geschützten Kernzone (mindestens drei Prozent der Gesamtfläche), einer Pflegezone (zusammen mit der Kernzone mindestens 20 Prozent der Gesamtfläche) sowie einer Entwicklungszone (mindestens die Hälfte der Gesamtfläche). Ein Biosphärenreservat soll mindestens 30.000 Hektar Fläche umfassen, maximal 150.000 Hektar. Damit wäre ein solches Reservat auf der Fläche des Naturparks Spessart, der 170.000 Hektar umfasst, theoretisch gut möglich.
In der Folge beantworteten Landrat Jens Marco Scherf, Regina Groll (Leitung Untere Naturschutzbehörde) und Barbara Engels einen umfangreichen Fragenkatalog der Kreistagsmitglieder Monika Schuck und Matthias Ullmer sowie zahlreiche Fragen aus dem Gremium. Dabei konnten sie Befürchtungen zerstreuen, dass ein solches Reservat in Eigentumsrechte eingreift, Entwicklungen verhindert und neue rechtliche Vorschriften mit sich bringt. „Das Biosphärenreservat setzt zu bereits bestehenden Gesetzen und Vorschriften nichts drauf“, beruhigte Barbara Engels. Weder die Landwirtschaft noch die Forstwirtschaft seien betroffen, auch die Forstrechte könnten weiter ohne Einschränkungen genutzt werden, erklärte der Landrat. Es gehe ja in diesem Reservat gerade darum, traditionelle Formen der Bewirtschaftung wie etwa die Holzrechte zu erhalten, so der Landrat.
Wie groß die drei Zonen sind, wo sie liegen und welche Entwicklungen verfolgt werden sollen, werde in der Region gemeinsam festgelegt, so Barbara Engels. Aus diesem Grund sollen nach dem Willen des Ausschusses alle Bürger*innen der betroffenen Spessartgemeinden ausführlich informiert werden; mit den Bürgermeistern wird demnächst eine Busfahrt in das Biosphärenreservat Rhön stattfinden. Dort sollen die Betroffenen zu Wort kommen und ihre Eindrücke schildern.
Wie das Reservat verwaltet wird, liegt ebenfalls im Ermessen der Region, erklärte Barbara Engels. In manchen Bundesländern umfasse die Verwaltung die Aufgaben der Unteren Naturschutzbehörde, andere Regionen betrieben lediglich eine Geschäftsstelle. Diese Möglichkeit schien auch Landrat Scherf praktikabel: „Wir könnten das aus dem Naturpark Spessart heraus entwickeln und die Schnittstelle zum Tourismus nutzen.“
Scherf sah in einem Biosphärenreservat eine große Chance, im Miteinander von Mensch und Natur einen nachhaltigen Wirtschaftsraum zu definieren. „Das passt hervorragend zu uns“, fand Scherf, denn der Landkreis Miltenberg sei der waldreichste in Bayern, auf der anderen Seite sei er relativ dicht besiedelt und verfüge über eine stabile wirtschaftliche Struktur. Dazu komme eine kleinteilige familiengeführte Landwirtschaft, die es zu schützen gelte. „Wir haben dabei die Chance, etwas zu bewahren“, so der Landrat. Auch handele es sich um einen komplett anderen Ansatz als bei einem Nationalpark, stellte er fest und betonte, dass bei der Entscheidung für ein Biosphärenreservat kein Zeitdruck herrsche.
Laut einstimmigem Votum des Ausschusses soll die Verwaltung gemeinsam mit den anderen Gebietskörperschaften die Voraussetzungen für eine Machbarkeitsstudie zur Schaffung eines Biosphärenreservats ermitteln. Eine solche Studie könnte – grob geschätzt – zwischen 100.000 und 200.000 Euro kosten. Die Summe würde unter den beteiligten Gebietskörperschaften aufgeteilt, Landrat Jens Marco Scherf hofft darüber hinaus auf eine 50-prozentige Förderung durch den Freistaat. Damit könnte die Studie den Landkreis Miltenberg zwischen 12.500 und 25.000 Euro kosten, schätzte er.
Alle Informationen rund um das Thema Biosphärenreservat stehen auf der Internetseite des Bundesamts für Naturschutz unter www.bfn.de/themen/gebietsschutz-grossschutzgebiete/biosphaerenreservate.html bereit.

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