28.09.2018

Pressemitteilung Gemeinsam beim Übergang in den Beruf helfen

100 Interessierte aus Politik, Wirtschaft und Bildungseinrichtungen haben am Donnerstagabend die Aula der Main-Limes-Realschule Obernburg mit Leben erfüllt. Gemeinsam wollten sie Lösungen aus der Region für die Region finden, damit der Übergang von Schule in den Beruf gelingen kann.

Diese Bildungskonferenzen sollen künftig jährlich stattfinden, sagte Landrat Jens Marco Scherf in seiner Begrüßung. Auch wenn der Landkreis Miltenberg als Bildungsregion zertifiziert sei, so gelte es dennoch, die Arbeit kontinuierlich weiter zu führen. Es sei nötig, die Bildungsangebote stetig zu verbessern, sagte Scherf und bezeichnete dies als Daueraufgabe. Schließlich sei die berufliche Ausbildung das Fundament des wirtschaftlichen Wohlergehens, so der Landrat. Am Ende müsse es gelingen, allen Jugendlichen passgenaue Unterstützung zukommen zu lassen, damit sie den Weg in den Beruf meistern. Ein Pfeiler dieser Bemühungen sei die vor zwei Jahren unterzeichnete Kooperationsvereinbarung „Jugend stärken“. Aus dieser gemeinsamen Willenserklärung ist die seit 1. Juni 2018 bestehende Jugendberufsagentur im Landkreis Miltenberg hervorgegangen. Diese setzt eine ganzheitliche und vernetzte Betreuung von jungen Menschen beim Übergang in Ausbildung und Beruf um. „Wir brauchen jeden jungen Menschen“, steht für Scherf außer Frage und wurde deutlich: „Wir wollen es uns nicht leisten, junge Menschen zu verlieren.“

„Gelingende Übergänge von der Schule in den Beruf ermöglichen“ lautete auch der Titel des Vortrags von Frank Tillmann, Experte des Deutschen Jugendinstituts für Übergänge im Jugendalter. Er legte empirische Befunde und Schlussfolgerungen vor, die vom Publikum aufmerksam verfolgt wurden. Er wies auf oftmals schwierige Startvoraussetzungen für junge Menschen hin – etwa auf instabile familiäre Bedingungen, auf gesundheitliche Beeinträchtigungen oder Suchterfahrungen. Erschreckend sei, dass etwa 30 Prozent der jungen Menschen aus unterschiedlichsten Gründen der Übergang von der Hauptschule in die Ausbildung nicht gelingt. Auch der Übergang in den Beruf scheitere häufig – beispielsweise an prekären Arbeitszeiten oder an problematischen Familienstrukturen, die die Jugendlichen quasi als „Erblast“ für ihre gesamte Berufsbiographie mitschleppen. Auch Armut oder fehlende Bildungsabschlüsse seien schwere Hypotheken. Aus einer Studie gehe hervor, dass viele Jugendliche am meisten belastet, dass sie nicht wissen, was aus ihnen einmal werden wird. Ärger mit Eltern oder Gleichaltrigen, aber auch finanzielle Probleme wie Überschuldung ließen Jugendliche ebenfalls scheitern. Welche Auswirkungen das hat, könne man Tillmann zufolge etwa an der hohen Zahl von 37.000 wohnungslosen Jugendlichen in Deutschland sehen.

„Jeder Jugendliche muss sicher sein, dass er überall aufgenommen wird, wenn er Hilfe sucht“, forderte der Fachmann. Dies erfordere ein multiprofessionelles Vorgehen und die Zusammenarbeit aller damit befassten Institutionen – auch rechtskreisübergreifend. Um die jungen Menschen zu erreichen, sei die „aufsuchende Nachsorge“ angeraten, aber auch selbstwertstärkende Ansätze seien zu verfolgen. Der Kontakt mit Gleichaltrigen helfe ebenfalls. Er riet dazu, regelmäßig Schülerinnen und Schüler zu befragen – beispielsweise im Zuge der Kinder- und Jugendhilfeplanung. So könne man Probleme oder Gefährdungslagen erkennen.

Der Leiter der Agentur für Arbeit Aschaffenburg, Harald Maidhof, stellte die Jugendberufsagentur vor, die seit einigen Monaten im Landkreis Miltenberg aktiv ist. „Wir sind hier gar nicht so schlecht unterwegs“, fand er. Obwohl es vielfältige Hilfsangebote gibt, sei die Jugendberufsagentur notwendig. Immer wieder gebe es Jugendliche, die durch das Raster fallen, wusste er – meistens diejenigen ohne Schulabschluss. „Wir brauchen ein System, das die Hilfesysteme miteinander verzahnt“, meinte Maidhof und hob dabei die Jugendberufsagentur hervor, die einen niedrigschwelligen aufsuchenden Lösungsansatz fährt. „Die Kooperation alle Akteure wird sich lohnen“, ist er sicher.

Wie die Arbeit der Jugendberufsagentur konkret aussieht, verdeutlichten Wiebke Thamsen und Roman Zimmermann. Sie zeigten, wie in Fallkonferenzen Vertreter von Arbeitsagentur, Jobcenter, Jugendsozialarbeit und Jugendberufshilfe gemeinsam konkrete Fälle besprechen – bei Bedarf würden auch weitere Fachkräfte dazu gezogen. Das erste Gespräch finde jeweils in einer Wohlfühlzone des Jugendlichen statt, so Roman Zimmermann, den Ort könne sich der Jugendliche aussuchen. Seit dem 1. Juni 2018 seien bei der Jugendberufsagentur 31 Fälle angekommen, davon seien 20 noch aktuell und längerfristig zu sehen. In acht Fällen habe man Jugendliche bereits in Ausbildung und Beschäftigung gebracht, sagte Zimmermann unter Beifall des Publikums. Dennoch sei auch in diesen Fällen eine längerfristige Betreuung notwendig.

Nach einer kurzen Pause verteilten sich die Gäste auf sieben Thementische, an denen sie sich Gedanken machten, Erfahrungen und Ideen austauschten. Die Ergebnisse dieser Diskussionen wurden dokumentiert und sollen Eingang in die künftigen Vorgehensweisen finden.

Moderiert wurde die über dreistündige erste Bildungskonferenz von den Realschülern Amelie Kappes und Moritz Bohlender, mehrere Schülerinnen und Schüler umrahmten die Konferenz musikalisch. 

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„Was macht fit für die Berufswahl?“ – unter Leitung von Sabine Farrenkopf befasste sich diese Gruppe der Bildungskonferenz mit diesem wichtigen Thema.

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